Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft eine Elektronenröhre mit einer Kathode, einer Anode und mindestens
einem selbständigen ersten Gitter zwischen Kathode und Anode.
Stand der Technik
[0002] Elektronenröhren der genannten Art sind seit langem bekannt und im Handel erhältlich.
Die Kathode einer solchen Elektronenröhre ist ganzflächig mit Osmium bedeckt, um höhere
Stromdichten erreichen zu können. Das Osmium hat dabei die Aufgabe, die Austrittsarbeit
der Elektronen zu erniedrigen.
[0003] Eine osmiumbeschichtete Dispenserkathode ist z.B. aus dem Patent EP-0 156 454 oder
aus dem Technical Bulletin #116, "Osmium coated dispenser cathodes - 'M' Type", Spectra-Mat
Inc., 1240 Highway 1, Watsonville, California CA 95076, USA, bekannt.
[0004] Weitere Veröffentlichungen, die sich mit Schichten hoher Emissivität für Kathoden
befassen sind:
- Japan J. Appl. Phys. 1, Regul. Paper short Notes (Japan), Vol 27 No. 8, S. 1411-14,
August 1988, S. Yamamoto, S. Taguchi, I. Watanabe, S. Sasaki. Zum Erhöhen der Elektronenemission
einer mit WSc₂O₃ bedeckten, imprägnierten Kathode wird eine monoatomare Oberflächenschicht
bestehend aus Ba, Sc und O abgeschieden.
- "High current density cathodes - an update", M. Feinleib, M.C. Green, IEDM 84, S.
314-317. Um die störende Wirkung der Interdiffusion zu verringern und die Emission
zu stabilisieren, wird eine Wolfram-Matrixkathode mit zwei Schichten abgedeckt. Als
erste Schicht dient eine Os- oder Os/Ru-Schicht, und als zweite eine W/Os-Legierung.
- "Modern dispenser cathodes", J.L. Cronin, IEE Proc. Vol. 128, Pt. 1, No. 1, 19-31,
Februar 1981. Darin wird u.a. eine M-Typ Dispenserkathode beschrieben (bestehend
aus porösem und mit Barium-Calcium-Aluminat imprägniertem Wolfram), welche mit einer
dünnen Schicht aus Os/Ru oder Os/Ir bedeckt ist.
- "Long Life High Reliability Iridium-coated M-Type Dispenser Cathode", Ioshiaki Ouchi,
Sakae Kimura, Toshiharu Higuchi, Kasou Kobayashi, Toshiba Review No. 157, Frühling
1987, S. 25-29. Imprägnierte Dispenserkathoden, die mit Os, einer Os/Ru-Legierung
oder Ir beschichtet sind (sog. M-Typ Kathoden), haben wegen ihrer etwa um 100° niedrigeren
Arbeitstemperatur eine höhere Lebensdauer als S-Typ Kathoden ohne Oberflächenmetallisierung.
- "Performance analysis of three different M-type dispenser cathodes", B. Latini,
P. Cristini, I. Fragala, G. Marletta, Int. Conf. on Microwave Tubes in Systems, Problems
and Prospects (Conf. Publ. No. 241), Heft 22-23 Oktober 1984, S. 35-41. Verschiedene
M-Typ Kathoden wurden auf ihre Emissivität hin untersucht und mit S-Typ Kathoden verglichen.
Bei 1300 K ergab sich bei einer Os(80%)/Ru(20%)-Beschichtung eine Erhöhung der Emissivität
um den Faktor 4.2, bei einer Os(50%)/W(50%)-Beschichtung eine Erhöhung um den Faktor
3 und bei einer Ir(100%)-Beschichtung eine Erhöhung um den Faktor 1.6.
- "Dispenser Cathodes: The Current State of the Technology", L. R. Falce, IEDM - 83,
S. 448-451. Dieser Artikel verschafft einen Ueberblick über die gängigen Arten von
Kathoden.
[0005] Ein Problem bekannter Elektronenröhren hoher Stromdichte stellt die Gitterbelastung
durch Elektronenbombardement dar. Sie führt zu einer unerwünschten thermischen Emission
des Gitters, welche daher rührt, dass sich Kathodenmaterial während des Betriebs durch
Abdampfen auf dem Gitter niederschlägt und dadurch die Austrittsarbeit der Elektronen
erniedrigt.
Darstellung der Erfindung
[0006] Aufgabe der Erfindung ist es, eine Elektronenröhre der eingangs genannten Art anzugeben,
die auch bei grossen Stromstärken eine niedrige Gitterbelastung aufweist.
[0007] Erfindungsgemäss besteht die Lösung darin, dass die Kathode sowohl stark emittierende
als auch höchstens schwach emittierende Bereiche aufweist, wobei die stark emittierenden
Bereiche hinter Oeffnungen des ersten Gitters angeordnet sind und die höchstens schwach
emittierenden Bereiche einem Schattenwurf des der Kathode benachbarten ersten Gitters
auf die Kathode entsprechen.
[0008] Der Vorteil der erfindungsgemässen Anordnung liegt darin, dass der Strom geladener
Teilchen nur dort erzeugt wird, wo er auch zum Tragen kommt. Er wird damit gleichsam
auf die Oeffnungen des Gitters fokussiert. Die vorzugsweise zylinderförmige Kathode
gewährleistet die nötige Stabilität und Präzision bei den üblicherweise sehr kleinen
Abständen zwischen erstem Gitter und Kathode.
[0009] Bei besonders feinen Gitterstrukturen wird vorzugsweise ein Blechgitter verwendet.
Solche Gitter lassen sich besser herstellen und sind mechanisch weniger empfindlich
als Drahtgitter.
[0010] Besonders vorteilhaft sind Graphitgitter, da sie auch bei grösserer Strombelastung
nur sehr geringe temperaturbedingte mechanische Verformungen erleiden. Auch bei einer
Elektronenröhre mit einer erfindungsgemäss strukturierten Kathode treten nämlich Gitterströme
auf, die zu Temperaturerhöhungen führen. Wenn das Gitter nun sehr fein und nahe an
der Kathode ist, dann können Verformungen des Gitters die geometrische Ausrichtung
in der Röhre empfindlich stören.
[0011] Zu den bevorzugten Graphitgittern gehören insbesondere Pyrographit- und Elektrographitgitter.
[0012] Die Erfindung eignet sich aber auch im Zusammenhang mit herkömmlichen Drahtgittern.
[0013] Bei einer einfachen Ausführungsform sind die Oeffnungen im Gitter rautenförmig oder
rechteckig. Damit haben auch die stark emittierenden Bereiche eine regelmässige, gitterartige
Form.
[0014] Eine Tetrode mit einer erfindungsgemäss ausgebildeten Kathode vermag hohe Ströme
zu schalten, ohne die beim Stand der Technik vorhandene hohe Belastung des Steuergitters
zu zeigen.
[0015] Um die Emission in den höchstens schwach emittierenden Bereichen weiter abzusenken,
kann die Kathode dort vorzugsweise mit einer Schicht, z.B. aus Mo/Ru, passiviert werden.
[0016] In den stark emittierenden Bereichen ist die Kathode vorzugsweise mit einem Material
aus der folgenden Gruppe beschichtet: Sc₂O₃/W, Os/Ir, Os/Ru, Os/W, Ir, Os, Os + W/Os,
Os/Ru + W/Os. Wegen der starken Erhöhung der Emissivität sind Os, Os/Ru, Os/W besonders
bevorzugt. Eine spezielle Gruppe stellen ausserdem die Zweifachschichten aus Os +
W/Os, Os/Ru + W/Os dar, wegen ihren die Interdiffusion hindernden Eigenschaften.
[0017] Es entspricht einer bevorzugten Ausführungsform, als Kathode eine sogenannte Matrix-
oder Dispenserkathode zu verwenden, die für ihre Stromkapazität bekannt ist.
[0018] Weitere vorteilhafte Ausführungsformen ergeben sich aus der Beschreibung und den
Patentansprüchen.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
[0019] Nachfolgend soll die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen und im Zusammenhang
mit den Zeichnungen näher erläutert werden. Es zeigen:
Fig. 1 einen Längsschnitt durch eine erfindungsgemässe Tetrode;
Fig. 2 einen Querschnitt durch eine erfindungsgemässe Tetrode; und
Fig. 3 eine Draufsicht auf die Kathode der Tetrode.
[0020] Die in den Zeichnungen verwendeten Bezugszeichen und deren Bedeutung sind in der
Bezeichnungsliste zusammenfassend aufgelistet. Grundsätzlich sind in den Figuren gleiche
Teile mit gleichen Bezugszeichen versehen.
Wege zur Ausführung der Erfindung
[0021] Fig. 1 zeigt gemäss einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung eine Tetrode
im Längsschnitt.
[0022] Eine zylindrische Kathode 1, ein der Kathode 1 benachbartes, erstes Gitter 2, ein
zweites Gitter 3 und eine zylindrische Anode 4 sind koaxial zu einer gemeinsamen Achse
5 angeordnet.
[0023] Das erste Gitter 2 ist z.B. ein Blechgitter mit Oeffnungen 6. Das zweite Gitter ist
entsprechend ausgebildet.
[0024] Gemäss einer bevorzugten Ausführungsform ist die Kathode in der Art einer Matrixkathode
aufgebaut, wie sie z.B. aus der zitierten Patentschrift EP-0 157 454 bekannt ist.
Dabei ist eine poröse Wolframmatrix mit einem bariumhaltigen Stoff getränkt.
[0025] Um nun gemäss der Erfindung die Gitterbelastung zu verringern, ist die Kathode 1
selektiv mit einer stark emittierenden Schicht bedeckt. Vorzugsweise handelt es sich
dabei um eine osmiumhaltige, d.h. osmierte Schicht. Im Sinn der Erfindung befinden
sich stark emittierende Bereiche 7.1, 7.2, 7.3 hinter den Oeffnungen 6 des ersten
Gitters 2. Dazwischen sind ein oder mehrere höchstens schwach emittierende Bereiche
8 vorgesehen. Die höchstens schwach emittierenden Bereiche 8 entsprechen einem gedachten
Schattenwurf des Gitters 2 auf die Kathode 1.
[0026] Der erwähnte Sachverhalt wird in Fig. 2 veranschaulicht. Sie zeigt einen Querschnitt
durch die Tetrode von Fig. 1. Der (gedachte) Schattenwurf entsteht dabei durch eine
Projektion des ersten Gitters 2 in radialer Richtung (bezogen auf die Achse 5). Die
stark emittierenden Bereiche 7.1, 7.4, 7.7 werden durch den höchstens schwach emittierenden
Bereich 8 getrennt.
[0027] Fig. 3 schliesslich zeigt eine Draufsicht auf die Kathode 1, wenn die Oeffnungen
des Gitters 2 rechteckig sind. Die stark emittierenden Bereiche 7.1, 7.2, ..., 7.9
sind in diesem Fall Rechtecke, die in zwei zueinander senkrechten Richtungen ein regelmässiges
Muster bilden. Der höchstens schwach emittierende Bereich 8 trennt die stark emittierenden
Bereiche 7.1, 7.2, ..., 7.9 in gleicher Weise wie das Gitter 2 die Oeffnungen 8.
[0028] Im Prinzip ist die Form der Oeffnungen von untergeodneter Bedeutung. In der Praxis
werden jedoch meist regelmässige Gitter verwendet, die z.B. rautenförmige resp. rechteckige
Oeffnungen haben.
[0029] Der Vorteil der Erfindung besteht darin, dass der Strom geladener Teilchen, welcher
unerwünschterweise auf das erste Gitter 2 auftrifft, weitgehend unterbunden ist. Die
emittierten Elektronen werden vielmehr ganz gezielt durch die Oeffnungen 6 des Gitters
hindurch geführt. Damit erhitzt sich das Gitter auch nicht mehr so stark und es kann
nicht mehr in der Art einer parasitären Kathode die Elektronenröhre störend beeinflussen.
[0030] Die osmierten Bereiche weisen in der Regel eine zwei bis dreimal höhrere Emissivität
auf als die nicht-osmierten Bereiche. Wenn das Verhältnis noch vergrössert werden
soll, dann werden die nicht-osmierten Bereiche vorzugsweise zusätzlich mit einer emissionshemmenden
Schicht passiviert. Dafür eignet sich eine im wesentlichen aus Mo und Ru bestehende
Schicht (Mo/Ru-Schicht) besonders gut. In einem solchen Fall emittieren die Bereiche
im Schattenwurf des ersten Gitters nicht nur schwach, sondern im wesentlichen überhaupt
nicht.
[0031] Eine erfindungsgemässe Kathode lässt sich mit bekannten Mitteln herstellen. Insbesondere
bei Dispenserkathoden, welche bisher in einem abschliessenden Prozessschritt z.B.
ganzflächig osmiert worden sind, bedeutet es nur eine kleine Umstellung, die Kathode
vor dem Osmieren mit einer geeigneten Maske abzudecken, sodass eine erfindungsgemäss
strukturierte Osmiumschicht entsteht.
[0032] Andererseits ist es auch möglich eine fertige Kathode in einem zusätzlichen Schritt
mit einer erfindungsgemäss passivierenden Schicht zu versehen, die wie beschrieben
im wesentlichen dem Schattenwurf des ersten Gitters entspricht.
[0033] Was bisher im Zusammenhang mit Os gesagt wurde gilt natürlich sinngemäss für die
bevorzugten Schichten aus Sc₂O₃/W, Os/Ir, Os/Ru, Os/W, Ir, Os, Os + W/Os, Os/Ru +
W/Os. Im Prinzip eignen sich aber all jene Materialschichten, die eine Herabsetzung
der Austrittsarbeit (Work function) der Elektronen zur Folge haben.
[0034] Das Gitter kann auch als Graphitgitter (z.B. Pyrographit, Elektrographit) ausgebildet
sein. Solche Gitter ertragen höhere Strombelastungen und erlauben somit, die Elektronenröhre
insgesamt bei höheren Stromdichten zu betreiben.
[0035] Die Erfindung beschränkt sich keineswegs auf Tetroden. Sie findet überall dort Verwendung,
wo vor einer Kathode mindestens ein selbständiges Gitter angeordnet ist. Demzufolge
kann die Erfindung sowohl bei Trioden, als auch bei Pentoden und noch komplexeren
Elektronenröhren eingesetzt werden.
[0036] Es ist auch offensichtlich, dass die Zylindersymmetrie nicht eine zwingende Voraussetzung,
sondern nur ein bevorzugtes Merkmal der Erfindung ist. Entsprechend eignet sich die
Erfindung auch für ebene Strukturen.
[0037] Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit der Erfindung Elektronenröhren mit grossen
Strömen und gleichzeitig geringer Gitterbelastung zur Verfügung gestellt werden.
BEZEICHNUNGSLISTE
[0038] 1 - Kathode; 2 - erstes Gitter; 3 - zweites Gitter; 4 - Anode; 5 - Achse; 6 - Oeffnungen;
7.1,...,7.9 - stark emittierende Bereiche; 8 - höchstens schwach emittierende Bereiche.
1. Elektronenröhre mit
a) einer Kathode,
b) einer Anode und
c) mindestens einem selbständigen ersten Gitter zwischen Kathode und Anode,
dadurch gekennzeichnet, dass
d) die Kathode sowohl stark emittierende als auch höchstens schwach emittierende Bereiche
aufweist, wobei die stark emittierenden Bereiche hinter Oeffnungen des ersten Gitters
angeordnet sind und die höchstens schwach emittierenden Bereiche einem Schattenwurf
des der Kathode benachbarten ersten Gitters auf die Kathode entsprechen
2. Elektronenröhre nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Kathode in den
stark emittierenden Bereichen eine Schicht aus einem Material der Gruppe Sc₂O₃-W,
Os-Ir, Os-Ru, Ir, Os, W-Os, Os + W-Os, Os-Ru + W-Os aufweist.
3 Elektronenröhre nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Kathode zylinderförmig
ist und dass Kathode, Gitter und Anode zylindersymmetrisch angeordnet sind.
4. Elektronenröhre nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das selbständige
Gitter ein Blechgitter ist.
5. Elektronenröhre nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das selbständige
Gitter ein Drahtgitter ist.
6. Elektronenröhre nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das selbständige
Gitter ein Graphitgitter ist.
7. Elektronenröhre nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Oeffnungen des
ersten Gitters rautenförmig oder rechteckig sind.
8. Elektronenröhre nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass im Sinn einer Tetrode
genau zwei Gitter zwischen Kathode und Anode vorgesehen sind.
9. Elektronenröhre nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Kathode in den
höchstens schwach emittierenden Bereichen mit einer passivierenden Schicht bedeckt
ist.
10. Elektronenröhre nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Kathode eine
Oxidkathode, insbesondere eine Matrixkathode ist.