[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur mindestens teilweisen Entfernung
von Spurenelementen aus Kohlenwasserstoffgemischen durch eine Behandlung dieser Gemische
mit einem synthetischen Polymer, das Thioharnstoffgruppen enthält. Das Verfahren
ist insbesondere wichtig für die gleichzeitige weitgehende Entfernung von Quecksilber
und beträchtliche Erniedrigung des Gehalts an Arsen und Blei. Solche Polymere mit
Thioureidogruppen können mit Natriumsulfid regeneriert werden.
[0002] Alle kohlenstoffhaltigen fossilen Stoffe sind durch einen Gehalt an zahlreichen Spurenelementen
gekennzeichnet. Diese Spurenelemente stören bei der Weiterverarbeitung solcher fossiler
Stoffe, insbesondere in deren flüssiger Form. Einige Spurenelemente in elementarer
oder gebundener Form sind stärker flüchtig und reichern sich daher bei der Aufarbeitung
kohlenstoffhaltiger fossiler Stoffe in Destillationsschnitten an. Sollen andererseits
gasförmige fossile Stoffe, wie Erdgas, durch Teilkondensation fraktioniert werden,
gelangen Spuren elemente in überwiegendem Maß in ein solches Teilkondensat. Kohlenwasserstoffgemische
mit einem unerwünschten Gehalt an Spurenelementen sind demzufolge beispielsweise:
ein aus Rohöl gewonnenes Leichtbenzin (sogenanntes Naphtha oder LDF = Light Distilled
Fraction oder Light Distilled Feedstock) oder Endgaskondensat sowie vergleichbare
Kohlenwasserstoffgemische. Solche Gemische bestehen im wesentlichen aus Kohlenwasserstoffen,
wenngleich geringe Anteile sauerstoffhaltiger, schwefelhaltiger oder stickstoffhaltiger
Verbindungen anwesend sein können. Die Zusammensetzung solcher Gemische ist dem Fachmann
bekannt. Die vorliegende Erfindung richtet sich in bevorzugter Weise auf die Behandlung
von Erdgaskondensaten.
[0003] Kohlenwasserstoffgemische der genannten Art werden in petrochemischen Anlagen und
Raffinerien weiteren Umsetzungen und katalytischen Verfahren unterworfen, wie dem
Steamcracken oder dem katalytischen Cracken (FCC); die beim Cracken erhaltenen Wertprodukte
werden ihrerseits weiteren katalytischen Umsetzungen unterworfen.
[0004] Von den sich in der beschriebenen Weise anreichernden Spurenelementen seien beispielsweise
Quecksilber, Arsen, Blei und Phosphor genannt, von denen dem Quecksilber und dem Arsen
besondere Bedeutung zukommen. So ist zunächst die toxische Wirkung von Quecksilber
und Arsen bekannt. Darüber hinaus ist bekannt, daß das Quecksilber ein stark korrosives
Metall ist, so daß in technischen Apparaten, beispielsweise durch Amalgambildung,
erhebliche Korrosionsschäden auftreten können. Auch in katalyti schen Prozessen,
wie der Hydrierung, der Polymerisation u.a., kann durch Amalgambildung oder durch
Bildung intermetallischer Phasen eine Katalysatordesaktivierung oder eine unerwünschte
Verschiebung der katalytischen Effekte durch das Quecksilber bewirkt werden. Auch
das Arsen kann durch Bildung intermetallischer Phasen eine Katalysatorschädigung hervorrufen.
Das dreiwertige Arsen besitzt darüber hinaus eine starke Reduktionskraft, wodurch
beispielsweise Katalysatoren für die Olefinpolymerisation ihre Aktivität verlieren.
[0005] Es ist daher wünschenswert, Spurenelemente, insbesondere Quecksilber und Arsen, vor
dem Einsatz der oben beschriebenen Kohlenwasserstoffgemische zu entfernen bzw. deren
Gehalte auf eine wirtschaftlich vertretbare Größe zu minimieren.
[0006] Zur Entfernung von Quecksilber aus wäßrigen Medien, beispielsweise für die Reinigung
von Abwässern aus der Chloralkali-Elektrolyse nach dem Amalgamverfahren, ist aus J.
Chromatogr.
102 (1974), 443-51 ein Verfahren bekannt, worin ein für Quecksilber selektiv wirkendes
Polymerharz mit SH-Gruppen eingesetzt wird. Dieses selektiv wirkende Harz spricht
jedoch nur auf Quecksilber in ionischer Form an, so daß in solchen Abwässern vorliegendes
elementares Quecksilber vor der Behandlung mit einem solchen Harz in einem zusätzlichen
Verfahrensschritt erst durch Oxidation in die ionische Form übergeführt werden muß.
[0007] Es ist weiterhin bekannt, Quecksilber aus Gasströmen an chemisch aktivierten Aktivkohlen
zu binden und damit aus solchen Gasströmen zu entfernen (US 3 194 629, JP Kokai 74/53
593, 75/27 789, 74/53 590, 74/53 391, 74/53 595). Die zur Imprägnierung und Aktivierung
der Aktivkohlen verwendeten Substanzen, wie Schwefel, Schwefelverbindungen, Metallhalogenide
u.a., werden jedoch herausgewaschen, wenn man statt der Gasströme flüssige Kohlenwasserstoffe
damit in Kontakt bringt (Hydrocarbon Proc.
1980/11, 237).
[0008] Der Einsatz von SiO₂ in Form von Kieselgel, Kieselgur, Glas o.ä. erfordert ebenfalls
eine chemische Aktivierung, die umständlich und wenig wirkungsvoll ist, einen solchen
Einsatz also nachteilig werden läßt. Mit Sulfiden oder Metalliodiden behandelte Zeolithe
zeigen erst bei Verfahrenstemperaturen von etwa 250°C ein nennenswertes Bindungsvermögen
für Quecksilber aus Gasen (Z. Chem.
1977, 85).
[0009] Zur Entfernung von Quecksilber aus flüssigen organischen Medien mit Hilfe eines festen
Absorbers, der aktive SH-Gruppierungen enthält, ist in EP 319 615 ein Verfahren beschrieben,
in welchem bereits mehr als 97 % des im Startmedium vorhandenen Quecksilbers entfernt
werden kann.
[0010] Es ist jedoch wünschenswert, die Quote des abgetrennten Quecksilbers weiter zu erhöhen.
Es besteht insbesondere weiterhin das Bedürfnis, eine solche erhöhte Quote des abgetrennten
Quecksilbers mit der gleichzeitigen Abtrennung beträchtlicher Mengen weiterer Spurenelemente
zu verbinden.
[0011] Es wurde nun ein Verfahren zur mindestens teilweisen Entfernung von Spurenelementen
aus Kohlenwasserstoffgemischen gefunden, das dadurch gekennzeichnet ist, daß diese
Kohlenwasserstoffgemische bei einer Temperatur von -20°C bis +70°C mit einem synthetischen
Polymer, das Thioharnstoffgruppen enthält, behandelt werden.
[0012] Im erfindungsgemäßen Verfahren ist eine oxidative Vorbehandlung des einzusetzenden
flüssigen Kohlenwasserstoffgemisches nicht erforderlich. Das erfindungsgemäße Verfahren
erlaubt eine Absenkung auch größerer Quecksilbergehalte von 50 ppb und höher auf
einen Quecksilbergehalt von unterhalb 1 ppb; gleichzeitig kann beispielsweise der
Arsengehalt auf 50 %, vielfach auf 20 % oder weniger der Zulaufkonzentration reduziert
werden. Weiterhin wird der Gehalt an Blei auf 60 % oder weniger der Zulaufkonzentration
abgesenkt.
[0013] Das Thioureidogruppen enthaltende Polymer ist unlöslich in den zu behandelnden Kohlenwasserstoffgemischen
und hat beispielsweise ein Gerüst aus Acrylmonomeren/Divinylbenzol-Vernetzer, Phenolen/Formaldehyd
oder Styrol/Divinylbenzol, in bevorzugter Weise ein Gerüst aus Styrol und Divinylbenzol.
Der Vernetzergehalt beträgt beispielsweise 2-85 %, bevorzugt 5-10 %, ausgedrückt
in Mol-% Divinylbenzol-Vernetzer, bezogen auf die Summe der Molzahlen aller Monomerer.
Die Gerüste solcher Polymeren können in einer dem Fachmann geläufigen Weise mit gelartiger
oder makroporöser Konsistenz hergestellt werden. Für den Einsatz im erfindungsgemäßen
Verfahren ist eine makroporöse Konsistenz bevorzugt.
[0014] Ein solches Polymer ist mit Thioureidogruppen ausgerüstet. Die Einführung der funktionellen
Gruppe wird beispielhaft in nachfolgenden Beispielen 1 und 2 dargestellt.
[0015] Die Polymeren haben eine nutzbare Kapazität an Thioureidogruppen von 1-2,2 Äg/l,
bevorzugt von 1,3-2,0 Äg/l. Sie können für eine chargenweise Behandlung flüssiger
Kohlenwasserstoffgemische in feinpulvriger Form eingesetzt werden. Für den Einsatz
in Filtrationssäulen werden sie in einer durchschnittlichen Korngröße von 0,2-2 mm,
bevorzugt 0,3-1,3 mm, eingesetzt. Der Einsatz in einer Filtrationssäule zur kontinuierlichen
Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist bevorzugt.
[0016] Für die kontinuierliche Durchführung in Filtrationssäulen können dem Fachmann bekannte
Apparaturen eingesetzt werden. Bei einer solchen Filtration zur Behandlung der Kohlenwasserstoffgemische
mit dem Thioharnstoffgruppen enthaltenden Polymer kann das in der Filtrationskolonne
angeordnete Polymer von oben nach unten oder von unten nach oben durchströmt werden;
die Verfahrensweise, bei der das Polymer von unten mit dem Kohlenwasserstoffgemisch
angeströmt wird, ist bevorzugt.
[0017] Das Thioureidogruppen enthaltende Polymer kann nach seiner mindestens teilweisen
Erschöpfung mit Natriumsulfid regeneriert und danach erneut im Verfahren einge setzt
werden. Vorteilhafterweise werden hierzu mindestens 2 Kolonnen mit diesem Polymer
eingesetzt, von denen mindestens eine für die erfindungsgemäße Behandlung von Kohlenwasserstoffgemischen
in Betrieb ist, während mindestens eine andere regeneriert wird. Zur Regeneration
wird beispielsweise wie folgt verfahren:
Das getrocknete Harz wird bei einer LHSV = 1-3, bevorzugt 1,5-2,5, mit einer etwa
2-molaren wäßrigen Natriumsulfidlösung behandelt. Es werden 2-5 Bettvolumina im Gleich-
oder Gegenstrom, bevorzugt im Gegenstrom über die mit Polymer gefüllte Säule gefahren.
Anschließend wird mit 3-8 Bettvolumina Wasser und 2-5 Bettvolumina Methanol gewaschen.
In vorteilhafter Weise wird mit 3 Filtrationskolonnen gearbeitet, um die volle Kapazität
des Thioharnstoffgruppen enthaltenden Harzes auszunutzen. Die 1. Kolonne wird hierbei
bis zur vollständigen Erschöpfung gefahren und danach zur Regeneration umgeschaltet.
Die 2. Kolonne dient als Schlupffilter und wird nach Erschöpfung der 1. Kolonne an
deren Stelle geschaltet. Die 3. Kolonne befindet sich in der Regeneration, steht
danach in Bereitschaft und wird beim beschriebenen Umschalten als Schlupffilter eingeschaltet.
[0018] Die Behandlung der Kohlenwasserstoffgemische wird bei einer Temperatur von -20°C
bis +70°C, bevorzugt bei 10 bis 40°C, vorgenommen. Der Druck ist für die erfindungsgemäße
Behandlung nicht kritisch und dient lediglich dazu, das zu behandelnde Kohlenwasserstoffgemisch
im wesentlichen in der flüssigen Phase zu halten. Hierzu wird beispielsweise bei
einem Druck von 1-25 bar gearbeitet.
[0019] Bevorzugt wird im wesentlichen drucklos gearbeitet, also bei 1-2 bar; dies ist insbesondere
im unteren und mittleren Teil des genannten Temperaturbereiches möglich und daher
bevorzugt.
[0020] Das Thioureidogruppen enthaltende Polymer wird von dem zu behandelnden Kohlenwasserstoffgemisch
bei einer LHSV (Liquid Hourly Space Velocity) von 1-10 l Kohlenwasserstoffgemisch
pro Liter Thioureidogruppen enthaltendem Polymer pro Stunde angeströmt.
Beispiel 1
[0021] Ein schwach basischer, primäre Aminogruppen enthaltender, makroporöser Anionenaustauscher
auf Styrol-Divinylbenzol-Basis mit einer 5 %igen Vernetzung und einem Säurebindungsvermögen
von 1,62 eq/l diente als Ausgangspolymeres. 625 ml dieses Harzes, hergestellt nach
DE-OS 24 18 976, wurden in einem Filterrohr mit Thiocyansäure (1n) bis zum Gleichgewicht
beladen. Die gewaschene Thiocyanatform des Harzes wurde bei 180°C in 500 ml Wasser
7 Stunden gerührt. Nach Abkühlung wurde das Harz mit vollentsalztem Wasser gewaschen.
Danach wurde mit 2 %iger Natronlauge gewaschen, bis der Ablauf frei von Thiocyanationen
war. Die Natronlauge wurde mit vollentsalztem Wasser ausgewaschen. Das so hergestellte
Harz (Ausbeute 645 ml) enthielt 1,0 Mol/l Thioureidogruppen. Schwefelgehalt in der
Trockensubstanz 8,25 %.
Beispiel 2
[0022] 290 ml eines makroporösen Poly-(aminomethylstyrols) mit einem Divinylbenzolgehalt
von 5 % und einem Säurebindungsvermögen von 0,9 eq/l wurden in 500 ml vollentsalztem
Wasser suspendiert und durch Zugabe von 0,9 eq Salzsäure in die HCl-Form übergeführt.
Nach 40 Minuten wurden 137 g Ammoniumthiocyanat zugegeben und das Reaktionsgemisch
16 Stunden auf 140°C gehalten. Das erkaltete Harz (Ausbeute 220 ml) enthielt 1,95
Mol/l Thioureidogruppen. Der Schwefelgehalt in der Trockensubstanz betrug 13,8 %.
Beispiel 3
[0023] Ein Erdgaskondensat mit einem Gehalt von 50 ppb Quecksilber und 12 ppb Arsen wurde
mit einer LHSV = 2 in einer mit einem Polymer gefüllten Glassäule (1 cm Durchmesser,
20 g Polymer, Schütthöhe 28 cm) behandelt. Das Polymer war ein Thioureidogruppen enthaltendes
Styrol-Divinyl-Harz mit einer nutzbaren Kapazität von 1,8 Äq/l (Handelsprodukt Lewatit
TP 214 der Bayer AG). Im ablaufenden Kohlenwasserstoffgemisch wurden weniger als
1 ppb Quecksilber und 6 ppb Arsen festgestellt. Die Quecksilbergehalte des Einsatzgemisches
und des Ablaufs wurden nach der AAS-Kaltdampftechnik festgestellt.
[0024] Die Wiederholung des Verfahrens mit einer LHSV = 5 ergab die gleichen Werte im Ablauf.
Beispiel 4
[0025] Der Versuch wurde analog zu Beispiel 3 mit einer LHSV von 5 durchgeführt, lediglich
das Einsatzprodukt wurde variiert.
[0026] Eingesetzt wurde ein Erdgaskondensat mit einem Gehalt von:
50 ppb Quecksilber, 60 ppb Arsen und 22 ppb Blei.
[0027] Im ablaufenden Erdgaskondensat wurden folgende Werte ermittelt:
Quecksilber < 1 ppb; Arsen 10 ppb; Blei 12 ppb.
1. Verfahren zur mindestens teilweisen Entfernung von Spurenelementen aus Kohlenwasserstoffgemischen,
dadurch gekennzeichnet, daß diese Kohlenwasserstoffgemische bei einer Temperatur
von -20°C bis +70°C mit einem synthetischen Polymer, das Thioureidogruppen enthält,
behandelt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, das die gleichzeitige mindestens
teilweise Entfernung von Quecksilber, Arsen und Blei durchgeführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, das das synthetische, Thioureidogruppen
enthaltende Polymer ein Gerüst aus Styrol und Divinylbenzol hat.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Polymer eine makroporöse
Konsistenz hat.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, das ein Thioureidogruppen enthaltendes
Polymer mit einer durchschnittlichen Korngröße von 0,2-2 mm, bevorzugt 0,3-1,3 mm,
und einer nutzbaren Kapazität von 1-2,2 Äq/l, bevorzugt 1,3-2,0 Äq/l, eingesetzt wird.
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, das das Thioureidogruppen enthaltende
Polymer nach seiner mindestens teilweisen Erschöpfung mit Natriumsulfid regeneriert
wird und danach erneut im Verfahren eingesetzt wird.
7. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, das bei einem Druck von 1-25
bar gearbeitet wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß bei 10-40°C und 1-2,5 bar
gearbeitet wird.
9. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, das bei einer LHSV (Liquid Hourly
Space Velocity) von 1-10 l Kohlenwasserstoffgemisch pro Liter Thioureidogruppen enthaltendem
Polymer pro Stunde gearbeitet wird.
10. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, das ein Filterbett aus dem
Thioureidogruppen enthaltenden Polymer von unten mit dem Kohlenwasserstoffgemisch
angeströmt wird.