(19)
(11) EP 0 451 467 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
16.10.1991  Patentblatt  1991/42

(21) Anmeldenummer: 91102428.9

(22) Anmeldetag:  20.02.1991
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5B22F 3/12, B28B 7/34
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 14.03.1990 CH 817/90

(71) Anmelder: ASEA BROWN BOVERI AG
CH-5401 Baden (CH)

(72) Erfinder:
  • Fried, Reinhard
    CH-5415 Nussbaumen (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Sinterverfahren mit einer Form aus einem nachgebenden keramischen Körper


    (57) Verfahren zur Formgebung eines beliebigen metallischen und/oder keramischen Bauteils, wobei ein trockenes Pulver lose in eine unter dem Einfluss von Schrumpfspannungen beim Sintern elastisch-plastisch nachgiebige oder reissende und brechende keramische Form eingefüllt und gesintert wird. Varianten für die Form: dünne nachgiebige Schalen aus Al₂O₃, SiO₂, MgO; netzartig reissendes Spezialglas; Form mit Sollbruchstellen (9), in Bruchstücke zerfallende Keramikschale; flexible grüne Keramikfolie; grüne Keramikmasse mit Schwindung beim Sintern.




    Beschreibung

    TECHNISCHES GEBIET



    [0001] Herstellung von komplizierten Bauteilen aus metallischen oder keramischen Werkstoffen, wobei als Ausgangsmaterialien Pulver verwendet werden. Fragen des Sinterns und heiss-isostatischen Pressens im Hinblick auf das Schwinden.

    [0002] Die Erfindung bezieht sich auf die Weiterentwicklung, Vervollkommnung und Vereinfachung pulvermetallurgischer Fertigungsmethoden für die Herstellung von Werkstücken mit vergleichsweise komplizierten Formen, wo die Probleme der Schwindung beim Sintern eine wichtige Rolle spielen. Anwendungsgebiet ist vor allem der Bereich von Bauteilen des Turbinenbaus.

    [0003] Im engeren Sinne betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Formgebung eines beliebigen Bauteils aus einem metallischen und/oder keramischen Werkstoff ausgehend von einem Pulver oder einer Pulvermischung, wobei das Pulver lose in eine Form eingefüllt und daraufhin einem Sinterprozess unterworfen wird.

    STAND DER TECHNIK



    [0004] Bei zahlreichen Fertigungsmethoden in der metallurgischen und keramischen Industrie wird von Pulvern ausgegangen. Pulvermetallurgische Verfahren haben den Vorteil, dass sich praktisch jede beliebige Form erzielen lässt. Es besteht die Absicht, Werkstücke pulvermetallurgisch als Fertigteile herzustellen, um teure Bearbeitungskosten teilweise oder ganz einsparen zu können. Die bekannten Verfahren zur Erzielung von Nettoformen (Net-Shape) oder Nahezu-Nettoformen (Near-Net-Shape) der Werkstücke gehen alle von Aufschlämmungen (Schlicker, Paste) von Pulvern in Lösungsmitteln unter Verwendung eines Binders aus. Als Zusätze zu Pulvermischungen werden verwendet:
    • Wasser + Binder + Additive (Schlickergiessen, Gefriertrocknen: "Slip casting, Freeze Drying")
    • Wasser + Zellulose (Metall-Pulver-Spritzgiessen nach Rivers: "MIM by Rivers Process")
    • Thermoplaste (Metall-Pulver-Spritzgiessen)


    [0005] Bei allen diesen nassmechanischen Methoden treten zahlreiche Schwierigkeiten bezüglich Qualität, Freiheit der Gestaltung, Reproduzierbarkeit und Wahl der Zusammensetzung auf:
    • Blasenbildung beim Mischen von Pulver mit Binder und Lösungsmittel.
    • Begrenzung der Wandstärke der Werkstücke (z.B. max. 5-10 mm für "MIM"), da andererseits der Binder nicht mehr vollständig entfernt werden kann.
    • Auftreten von Binderrückständen (z.B. Kohlenstoff), die auch nach dem "Ausbrennen" des Binders im Werkstück verbleiben und dessen Zusammensetzung unkontrolliert beeinträchtigen können.
    • Notwendigkeit der Neuauswahl/Neuentwicklung des Binders bei Übergang auf andere Formen und/oder Zusammensetzungen der Werkstücke.


    [0006] Zum Stand der Technik werden die nachfolgenden Druckschriften zitiert:
    • GB Pat.Appl. 2088414
    • EP Pat.Appl. 0191409
    • R. Billet, "PLASTIC METALS: From Fiction to Reality with Injection Molded P/M Materials", Parmatech Corporation, San Rafael, California, P/M-82 in Europe Int.PM-Conf. Florence I 1982.
    • Göran Sjöberg, "Powder Casting and Metal Injection Moulding", Manuscript submitted to Metal Powder Report September 1987


    [0007] Die bekannten Verfahren lassen zu wünschen übrig. Es besteht daher ein Bedürfnis nach Verbesserung und Weiterentwicklung der pulvermetallurgischen/pulverkeramischen Fertigungsmethoden.

    DARSTELLUNG DER ERFINDUNG



    [0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben, mit welchem, ausgehend von Metall- oder Keramikpulvern ein vergleichsweise kompliziert geformtes Werkstück beliebigen Querschnittes und unbegrenzter Wandstärke gefertigt werden kann. Das Verfahren soll ein reproduzierbares Fertigerzeugnis liefern, das nicht mehr oder höchstens geringfügig zusätzlich bearbeitet werden muss. Bei der Pulververarbeitung sollen Blasen sowie unerwünschte schädliche Rückstände vermieden werden. Das Verfahren soll bezüglich Auswahl der Form und der Zusammensetzung des herzustellenden Werkstücks grösstmögliche Freizügigkeit und Universalität gewährleisten.

    [0009] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, dass im eingangs erwähnten Verfahren als Form ein nachgebender keramischer Körper verwendet wird, der unter den bei der Temperturerhöhung und beim Sintern zufolge Ausdehnung oder Schrumpfung auftretenden, Zug- und/oder Druckkräfte verursachenden Spannungen elastisch und/oder plastisch nachgibt und/oder an gezielt angebrachten Sollbruchstellen reisst, wobei jedoch seine Festigkeit und Formbeständigkeit im ganzen Temperaturbereich und über den gesamten Verfahrensablauf betrachtet genügend hoch ist, um eine hohe Formgenauigkeit des als Sinterkörper zu fertigenden Bauteils zu gewährleisten.

    WEG ZUR AUSFÜHRUNG DER ERFINDUNG



    [0010] Die Erfindung wird anhand der durch Figuren näher erläuterten Ausführungsbeispiele beschrieben.

    [0011] Dabei zeigt:
    Fig. 1
    ein Fliessbild (Blockdiagramm) des Verfahrens unter Verwendung einer elastisch/plastisch nachgebenden Form,
    Fig. 2
    ein Fliessbild (Blockdiagramm) des Verfahrens unter Verwendung einer nachgebenden Form mit Sollbruchstellen,
    Fig. 3
    einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden geteilten Form mit Pulverfüllung zwecks Demonstration des Prinzips der Formnachgiebigkeit beim Schrumpfen: Zustand vor dem Schrumpfen,
    Fig. 4
    einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden geteilten Form mit Sinterkörper zwecks Demonstration des Prinzips der Formnachgiebigkeit beim Schrumpfen: Zustand während des Schrumpfens.
    Fig. 5
    einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden geteilten Form und eines fertigen Sinterkörpers zwecks Demonstration des Prinzips der Formnachgiebigkeit beim Schrumpfen: Zustand nach Entfernung der geteilten Form,
    Fig. 6
    einen schematischen Aufriss/Schnitt eines Ausschnittes aus einer nachgebenden Form zwecks Demonstration des Prinzips der Sollbruchstelle beim Schrumpfen,
    Fig. 7
    einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden Form mit Sollbruchstellen und einer Pulverfüllung: Zustand vor dem Schrumpfen,
    Fig. 8
    einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden Form mit gebrochenen Sollbruchstellen und einem Sinterkörper: Zustand während des Schrumpfens beim Sintern,
    Fig. 9
    einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden Form mit gebrochenen Sollbruchstellen und einem fertigen Sinterkörper: Zustand nach Entfernung der Bruchstücke der gerissenen Form,
    Fig. 10
    einen schematischen Aufriss/Schnitt einer dünnwandigen Form mit zahlreichen Kerben als Sollbruchstellen und einer Pulverfüllung: Zustand vor dem Schrumpfen,
    Fig. 11
    einen schematischen Schnitt eines Ausschnitts aus einer aus mehreren keramischen Schichten bestehenden Form und eines Sinterkörpers,
    Fig. 12
    einen schematischen Schnitt eines Ausschnitts aus einer aus einer hochporösen Schaumkeramik-Schicht und einer mechanisch festeren Glaskeramik-Schicht bestehenden Form und eines Sinterkörpers: Zustand vor dem Reissen, während des Sinterns,
    Fig. 13
    einen schematischen Schnitt eines Ausschnitts aus einer aus einer hochporösen Schaumkeramik-Schicht und einer Glaskeramik-Schicht bestehenden Form und eines Sinterkörpers: Zustand nach dem Reissen und Zerbröckeln,
    Fig. 14
    einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden, aus einer duktilen Keramikfolie bestehenden Form mit Pulverfüllung: Zustand vor dem Schrumpfen,
    Fig. 15
    einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden, aus einer gesinterten Keramikfolie bestehenden Form mit Sinterkörper: Zustand nach dem Schrumpfen durch gemeinsames Sintern.


    [0012] In Fig. 1 ist ein Fliessbild (Blockdiagramm) des Verfahrens unter Verwendung einer elastisch/plastisch nachgebenden Form dargestellt. Das Diagramm bedarf keiner weiteren Erklärungen. Die Form besteht aus einem nachgiebigen Werkstoff und ist derart gestaltet, dass sie den Bewegungen des zu fertigenden Sinterkörpers folgt, ohne aufzureissen oder zu zerbrechen.

    [0013] Fig. 2 zeigt ein Fliessbild (Blockdiageamm) des Verfahrens unter Verwendung einer nachgebenden Form mit Sollbruchstellen. Auch dieses Diagramm bedarf keines weiteren Kommentars. Die Form besteht hier aus einem Werkstoff, der an gewissen Stellen bricht, sobald der zu sinternde Körper genügend Eigenfestigkeit aufweist. Die derart gebrochene oder gerissene Form bietet dann dem sich verfestigenden Sinterkörper keinen nennenswerten Widerstand mehr, sodass er sich ohne stark gehindert zu werden in allen Richtungen dehnen oder zusammenziehen kann. Es soll hier darauf aufmerksam gemacht werden, dass unter diese Kategorie der Formausführung alle Varianten fallen, bei denen die Form im Laufe des Sintervorganges des Werkstücks mehr oder weniger irreversible Veränderungen erleidet: Die Form reisst, zerbricht, zerfällt, wird zum mindesten örtlich zermalmt etc.. Dabei braucht die Form nicht notwendigerweise genau vordisponierte Sollbruchstellen als Kerben, Nuten etc. aufzuweisen. Die "Sollbruchstelle" kann sich auch willkürlich irgendwo dort einstellen, wo die Festigkeit des Materials überschritten wird. Nach dem Sinterprozess ist die zerstörte Form nicht ohne weiteres wieder einsatzbereit.

    [0014] Fig. 3 bezieht sich auf einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden geteilten Form mit Pulverfüllung zwecks Demonstration des Prinzips der Formnachgiebigkeit beim Schrumpfen: Zustand vor dem Schrumpfen. 1 stellt die Pulverfüllung (Pulverschüttung) für das Bauteil dar. 2 ist eine nachgebende geteilte Form aus keramischem Material im Zustand vor dem Schrumpfen des Bauteils (Warmbehandlung, Sinterprozess).

    [0015] Fig. 4 zeigt einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden geteilten Form mit Sinterkörper zwecks Demonstration des Prinzips der Formnachgiebigkeit beim Schrumpfen: Zustand während des Schrumpfens (auch nach Beendigung des Schrumpfprozesses beim Sintervorgang). 3 ist der aus dem Pulver inzwischen gebildete, sich verfestigende Sinterkörper (Bauteil, Werkstück). 4 stellt die nachgebende geteilte Form aus keramischem Material während und nach dem Schrumpfen des Bauteils dar. Der Übersichtlichkeit halber ist die Schrumpfung nur in Richtung Haupt-Längsachse eingezeichnet, während diejenige in der Querrichtung unberücksichtigt geblieben ist. Die Bewegungsrichtung beim Schrumpfprozess des Bauteils ist durch entgegengesetzt gerichtete vertikale Pfeile angedeutet. Diese Pfeile stellen gleichzeitig die auf die Keramikform wirkenden Längs-Kompressionskräfte dar. Die Form wird also im vorliegenden Fall gestaucht. 5 ist die ursprüngliche Kontur (gestrichelte Linie) der nachgebenden Form vor dem Schrumpfen des Bauteils (vergl. Fig. 3).

    [0016] In Fig. 5 ist ein schematischer Aufriss/Schnitt einer nachgebenden geteilten Form und eines fertigen Sinterkörpers zwecks Demonstration des Prinzips der Formnachgiebigkeit beim Schrumpfen dargestellt: Zustand nach Entfernung der gefüllten Form. 3 ist der Sinterkörper, 6 die geteilte Form aus keramischem Material nach deren Entfernung. Nach Aufhebung der Verspannung kehrt die elastische Form (in vorliegendem Fall zwei Hälften) annähernd in ihre ursprüngliche Gestalt zurück. Die Pfeile zeigen die Bewegungsrichtung der Formteile bei deren Entfernung vom Werkstück.

    [0017] In Fig. 6 ist ein schematischer Aufriss/Schnitt eines Ausschnitts aus einer nachgebenden Form zwecks Demonstration des Prinzips der Sollbruchstelle beim Schrumpfen dargestellt. 7 ist ein beliebiger Ausschnitt einer nachgebenden Form aus keramischem Material. Dieses stilisierte Beispiel lässt sich ohne weiteres auf den Fall der seitlichen Begrenzung einer Turbinenschaufel mit vorkragenden Kopf- und Fusspartien übertragen. 8 stellt ein Dehnstück (Ausbuchtung, Wulst) der nachgebenden Form dar. Diese Partie dient zur Umlenkung der Kräfte (Druckkräfte p) und zur Erzeugung eines Biegemoments (Mb) an der Sollbruchstelle 9, welche beim Schrumpfen des Bauteils auf Biegung beansprucht wird. Ausserdem wird durch eine derartige Ausbuchtung der Raum für die durch die Schrumpfung des Bauteils verursachte Bewegung der Form bereitstellt.

    [0018] Fig. 7 bezieht sich auf einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden Form mit Sollbruchstellen und einer Pulverfüllung: Zustand vor dem Schrumpfen. 1 ist die Pulverfüllung für das Bauteil, 10 die nachgebende ungeteilte Form aus keramischem Material mit Sollbruchstellen vor dem Schrumpfen des Bauteils. 8 ist ein Dehnstück in Gestalt einer parabelähnlichen Ausbuchtung mit Sollbruchstelle 9 in Form einer Kerbe (Nut) 11. Der vom Dehnstück 8 umhüllte Raum ist gegen die Werkstückseite durch eine elastisch-plastische Keramikdichtung 12 in der Art eines Vlieses oder Filzes oder nachgiebigen Faserprodukts abgeschlossen.

    [0019] Fig. 8 zeigt einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden Form mit gebrochenen Sollbruchstellen und einem Sinterkörper: Zustand während des Schrumpfens beim Sintern. 3 ist der Sinterkörper, gegenüber der Pulverfüllung 1 (Fig. 7) in der Längsrichtung geschrumpft dargestellt. 9 ist je eine Sollbruchstelle (Form bereits gebrochen). 13 ist je ein Teil der nachgebenden ungeteilten Form aus keramischem Material während und nach dem Schrumpfen des Bauteils. 12 ist die elastisch-plastische Keramikdichtung, die hier zum Teil durch Stauchen in den quer zur Verfügung stehenden Raum gequetscht worden ist. 14 stellt einen Riss in einem Teil der Form aus keramischem Material während und nach dem Schrumpfen des Bauteils dar. Im vorliegenden Fall klafft der Riss 14 zufolge hohen Biegemoments an dieser Stelle. Bei starker Schrumpfung brechen die vorkragenden Dehnstücke (8 in Fig. 7) vollständig ab oder werden gar zermalmt.

    [0020] In Fig. 9 ist ein schematischer Aufriss/Schnitt einer nachgebenden Form mit gebrochenen Sollbruchstellen und einem fertigen Sinterkörper dargestellt: Zustand nach Entfernung der Bruchstücke der gerissenen Form. 3 ist der Sinterkörper, 12 die elastisch-plastische Keramikdichtung und 15 je ein Bruchstück der nachgebenden Form aus keramischem Material nach der Entfernung. 16 ist eine unregelmässige Bruchfläche an der Sollbruchstelle der Form. Der Riss 14 in einem Bruchstück ist nach Wegfall des Biegemoments geschlossen eingezeichnet. Im Gegensatz dazu sind die untersten Bruchstücke 15 vollständig durchgebrochen. Es gibt alle Varianten der zerstörten Form. Die Pfeile deuten die Bewegungsrichtung der Bruchstücke 15 bei deren Entfernung vom zu fertigenden Bauteil an.

    [0021] Fig. 10 zeigt einen schematischen Aufriss/Schnitt einer dünnwandigen nachgebenden Form mit zahlreichen Kerben als Sollbruchstellen und einer Pulverfüllung: Zustand vor dem Schrumpfen. Grundsätzlich entsprechen die Bezugszeichen denjenigen der Fig. 7. Die Wandstärke der Form 10 ist gegenüber Fig. 5 stark reduziert. Die Kerben 11 der Sollbruchstellen haben parabolisches Profil und befinden sich vorwiegend an den verdickten Ecken der Form 10. Dadurch werden beim Schrumpfen Biegemomente erzeugt, die die schalenartige Form 10 zum Aufbrechen veranlassen.

    [0022] Fig. 11 bezieht sich auf einen schematischen Schnitt eines Ausschnitts aus einer aus mehreren keramischen Schichten bestehenden Form und eines Sinterkörpers. Das Detail zeigt einen Sinterkörper 3 an der Stelle einer Rippe mit rechteckigem Querschnitt. Die Form stellt im vorliegenden Fall einen schalenartigen Körper aus verschiedenen Schichten dar. 17 ist eine glatte Innenhaut der Form aus keramischem Material. Dazu wird in der Regel eine feinkörnige Masse, Paste (Schlicker etc.) verwendet. 18 ist die im wesentlichen gestaltbestimmende mittelfeinkörnige innere Schicht (Schale) der Form aus keramischem Material. Ihre verhältnismässig dicht gelagerten Körner sind als mehr oder weniger globulitische Partikel gezeichnet. 19 ist die grobkörnige mittlere Schicht (Schale) der Form. 20 stellt die grobporige, gerüstartig aufgebaute äussere Schicht der Form dar. Ihre Struktur ist durch längliche, stäbchenförmige Partikel angedeutet. Selbstverständlich werden in der Praxis auch andere Schichtfolgen, andere Körnungen, Strukturen und Zusammensetzungen der Schalen verwirklicht. Die Einzelheiten richten sich nach Art, Form, Legierung, etc. des herzustellenden Bauteils und können beliebig verändert werden.

    [0023] In Fig. 12 ist ein schematischer Schnitt eines Ausschnitts aus einer aus einer hochporösen Schaumkeramik-Schicht und einer mechanisch festeren Glaskeramik-Schicht bestehenden Form und eines Sinterkörpers dargestellt: Zustand vor dem Reissen während des Sinterns. Auf der Innenseite der Form, dem Sinterkörper 3 zugewandt, befindet sich die glatte Innenhaut 17 aus keramischem Material. 21 ist eine innere Schicht (Schale) der Form aus hochporöser Schaumkeramik. Letztere weist grobe durchgehende Poren 22 auf. 23 stellt eine äussere Schicht (Schale) der Form aus Glaskeramik (faserverstärkt) dar.

    [0024] In Fig. 13 ist ein schematischer Schnitt eines Ausschnitts aus einer aus einer hochporösen Schaumkeramik-Schicht und einer Glaskeramik-Schicht bestehenden Form und eines Sinterkörpers dargestellt: Zustand nach dem Reissen und Zerbröckeln. Die Bezugszeichen 3, 17, 21, 22, 23 sind genau die gleichen wie in Fig. 12. 24 ist je ein Riss in der Schaumkeramik der Form, der annähernd senkrecht zur Werkstückoberfläche (Sinterkörper 3) verläuft. Die Risse 24 folgen teilweise den Poren 22 in dieser Schicht 21. 25 ist der entsprechende Riss in der Glaskeramik der Form. Es ist der Fall gezeichnet, wo in den Schichten 21 und 23 Zug- und Biegespannungen auftreten.

    [0025] Fig. 14 zeigt einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden, aus einer duktilen Keramikfolie bestehenden Form mit Pulverfüllung: Zustand vor dem Schrumpfen. 1 ist die Pulverfüllung zur Herstellung des Bauteils. 26 ist eine dünne duktile Keramikfolie, welche im grünen oder halbtrockenen oder teilweise wärmebehandelten Zustand verwendet wird. Sie wird in eine Vorform eingelegt und zwecks Verfestigung wärmebehandelt oder sonstwie einem Härtungsprozess unterzogen. Das Pulver wird durch eine Einfüllöffnung 27 eingefüllt. 28 ist ein Verschluss (Klebefuge) in der Keramikfolie.

    [0026] Fig. 15 bezieht sich auf einen schematischen Aufriss/Schnitt einer nachgebenden, aus einer gesinterten Keramikfolie bestehenden Form mit Sinterkörper: Zustand nach dem Schrumpfen durch gemeinsames Sintern. 3 ist der Sinterkörper, 20 die Schale aus der gesinterten Keramikfolie. Die Pfeile deuten die Bewegungsrichtung beim Schrumpfprozess des Bauteils an. Da gleichzeitig die Schale 29 ebenfalls schrumpft, kommen an den Grenzflächen zwischen Schale 29 und Sinterkörper 3 nur die Differenzkräfte zur Wirkung. Diese können positiv oder negativ ausfallen, je nachdem, ob das Schwindmass des Bauteils oder dasjenige der Form überwiegt. Im ersten Fall entstehen in der Form (Schale 29) Druckkräfte, im zweiten Fall Zugkräfte. Es ist vorteilhaft, durch Wahl der jeweils beteiligten Materialien von 3 und 29 die Schwindmasse gegenseitig abzustimmen. Ein Sonderfall tritt ein, wenn beide Schwindmasse gleich sind. Dann werden keine Kräfte übertragen.

    [0027] Die Herstellung der nachgebenden (d.h. elastisch-plastisch nachgiebigen oder reissenden) Formen erfolgt nach dem bekannten herkömmlichen Verfahren der Giesserei- und Kunststoff-Formtechnik und verwandter Technologien. Demnach erfolgt die Herstellung der Form meist über ein Modell, dessen Dimensionen dem nachträglichen Schwinden beim Sintern des Pulvers zur Erzeugung des Bauteils Rechnung tragen.

    [0028] Bei der Herstellung der einteiligen hohlen Form wird die Methode des Ausschmelzens von Wachs, Tieftemperturmetallen und Legierungen, Auswaschen von Salz oder Harnstoff, Ausbrennen von Kunst-Schaumstoff etc. praktiziert. Das für die Form benötigte keramische Material wird nach dem Tauch-, Pasten-, Giess- und Spritzverfahren auf das Modell aufgebracht.

    [0029] Mehrteilige Formen werden üblicherweise unter Verwendung von Modellen, Matrizen, Vorformen etc. hergestellt.

    [0030] Unzerstörbare, elastisch-plastisch nachgebende Formen werden in der Regel als dünnwandige, hochporöse Schalen, meist aus mehreren Schichten aufgebaut, ausgeführt. Zerstörbare Formen weisen entweder zuvor bestimmte, definierte Sollbruchstellen auf oder bestehen aus dünnen Schalen, die unter den auftretenden Kräften netzartige polygonale Risse bilden oder in mosaikartige Bruchstücke zerfallen. Diese Kräfte können auch durch Prozessführung (Temperatur, chemische Reaktionen, Gefügeumwandlungen) ausgelöst werden.

    Ausführungsbeispiel I:



    [0031] Als Bauteil wurde eine Schaufel für eine rotierende thermische Maschine, im vorliegenden Fall für einen Axialverdich ter, hergestellt. Die Schaufel mit Tragflügelquerschnitt hatte die folgenden Endabmessungen:
    Länge
    = 115 mm
    Breite
    = 25 mm
    grösste Dicke
    = 3,6 mm
    Profilhöhe
    = 6,5 mm


    [0032] Als Werkstoff wurde ein Cr-Stahl mit der deutschen Bezeichnung nach DIN X20CrMoV 12 1 mit der nachfolgenden Zusammensetzung gewählt:
    Cr
    = 12 Gew.-%
    Mo
    = 1 Gew.-%
    V
    = 0,3 Gew.-%
    Si
    = 0,3 Gew.-%
    Mn
    = 0,6 Gew.-%
    C
    = 0,20 Gew.-%
    Fe
    = Rest


    [0033] Zur Herstellung der Schaufel wurde von einem durch Gasstrahlzerstäubung erzeugten Pulver mit einer maximalen Partikelgrösse von 50 µm ausgegangen. Das Pulver wurde trocken, ohne jeglichen Binder in eine in den Innenabmessungen um ca. 10 % linear vergrösserte nachgebende keramische Form eingefüllt und durch Vibration kalt vorverdichtet.

    [0034] Bei der Herstellung der nachfolgenden Form wurde wie folgt vorgegangen:
    Zunächst wurden zwei das zu fertigende Bauteil als Hohlform abbildende, um das Schwindmass 10 % linear vergrösserte Vorformen (Matrizen) für eine zweiteilige keramische Form hergestellt. In diese Matrizen wurde eine keramische Vergussmasse auf der Basis von Zirkonsilikat mit dem Handelsnamen Durapot 814 der Fa. Kager GmbH, Bundesrepublik Deutschland, eingefüllt und mit einem Stempel nachgepresst.

    [0035] Es handelt sich um eine Vorgussmasse mit einem Aktivator/Wasser-Zusatz, welche bei Raumtemperatur nach einer kurzen Tropfzeit (10 min) in 24 h aushärtet. Die beiden auf diese Weise gefertigten dünnwandigen (Wandstärke ca. 3 mm) keramischen Halbschalen wurden an den Trennfugen feinmechanisch bearbeitet und mittels Hochtemperaturkleber auf SiO₂-Basis stumpf stossend zusammengekittet und bei der Temperatur von ca. 120 °C während 2 h nachgetrocknet. Die Form wurde nicht weiter gebrannt, d.h. es konnte auf eine spezielle Sinterung der Form verzichtet werden.

    [0036] Das Sintern des eingefüllten, kalt vorverdichteten Stahlpulvers erfolgte unter Vakuum (Restdruck 10⁻⁷ bar). Der Vakuumofen samt Werkstück wurde zunächst mit einer Geschwindigkeit von 20 °C/min auf 1000 °C, dann mit einer solchen von 5 °C/min auf 1200 °C aufgeheizt. Im Verlauf der entsprechenden Aufheizzeit hatte das Stahlpulver Gelegenheit, soweit zu sintern, dass das Werkstück bereits eine genügende Eigenfestigkeit aufwies, ohne dabei eine nennenswerte Schrumpfung erlitten zu haben. Dann wurde das zu sinternde Werkstück weiter auf eine Sintertemperatur von 1360 °C erhitzt und während 6 h fertiggesintert. Dabei erreichte die aus gleichzeitig gesinterter Vergussmasse bestehende nachgebende keramische Form derart, dass sie für die Schrumfpung des herzustellenden Stahl-Bauteils praktisch keinen Widerstand mehr bot, aber im wesentlichen dessen anzustrebende Gestalt wahrte. Dann wurde das Ganze im Ofen auf ca. 250 °C abgekühlt, wobei die schalenartige keramische Form wegen unterschiedlichen Wärmedehnungskoeffizienten Risse bekam und einzlene Schalenteile bereits abplatzten. Nach dem Herausnehmen aus dem Ofen wurde das Bauteil mit den noch anhaftenden Schalenteilen der Form in kaltem Wasser abgeschreckt, wobei letztere gänzlich abplatzten. Das Bauteil wurde durch Strahlen mit Glasperlen gereinigt, wodurch eine saubere glatte Oberfläche erzielt wurde.

    Ausführungsbeispiel II:



    [0037] Als Bauteil wurde eine dem Beispiel I entsprechende Schaufel aus dem Cr-Stahl X20CrMoV 12 1 mit den gleichen Abmessungen hergestellt. Als Werkzeuge wurden die geteilten metallischen Vorformen (Matrizen) wie unter Beispiel I angegeben benutzt.

    [0038] In die Matrizen wurde eine annähernd trockene körnig-krümlige keramische Masse (Granulat) auf der Basis von Steatit (Mg/Al-Silikat), entsprechend Deutscher Norm Steatit KER 221 DIN40685, Masse 711 der Fa. Hutschenreuter, Neustadt, Bundesrepublik Deutschland, gepresst. Die Masse hatte folgende Zusammensetzung:
    Si0₂
    = 60,4 Gew.-%
    Al₂0₃
    = 5,62 Gew.-%
    Ti0₂
    = 0,18 Gew.-%
    Fe₂0₃
    = 0,95 Gew.-%
    Ca0
    = 1,82 Gew.-%
    Mg0
    = 27,0 Gew.-%
    H₂0
    = 0,23 Gew.-%
    Na₂0
    = 0,06 Gew.-%


    [0039] Die Restfeuchte (H₂O-Gehalt) betrug ca. 2,5 bis 3 Gew.-%. Der Masse mit Partikeln von bis 630 µm wurden 0,5 Vol.-% eines Binders auf Silikatbasis mit dem Handelsnamen "Silester X15" der Fa. Monsanto, Brüssel, Belgien, beigemischt. Das Einfüllen in die Matrize erfolgte unter Vibration und Pressen mit einem Stempel. Der derart erzeugte Grünling wies genügend Eigenfestigkeit auf, um zum Trocknen gehandhabt zu werden. Die Aushärtung des Binderanteils erfolgte auf dem Weg einer chemischen Reaktion durch Behandlung in NH₃-haltiger Atmosphäre (Ammoniakhärtung) während 5 min. Anschliessend wurde die keramische Form während 30 min an Luft getrocknet. Die Trocknungszeit beträgt je nach Abmessungen der Form ca. 10 bis 60 min. Diese Zeit wurde dazu benutzt, um die aus Schalen bestehende nachgebende keramische Form mit dem Pulver aus Cr-Stahl zu füllen. Es konnte im vorliegenden Fall auf ein gesondertes Brennen der keramischen Form verzichtet werden. Die gefüllte Form wurde in einen Vakuumofen eingefahren, erhitzt und gleichzeitig mit dem Pulver des herzustellenden Bauteils gesintert. Zufolge geringen Binderanteils der Form ist die Verschmutzung der Ofenatmosphäre vernachlässigbar. Bei dieser Wärmebehandlung trat in der Form eine beträchtliche Schrumpfung ein, sodass letztere zu jedem Zeitpunkt eine genügende Stützung der Stahlpartikel des Werkstücks garantierte, ohne jedoch diese an ihrer eigenen Schrumpfung zu behindern. Das Zeit/Temperatur-Programm wurde so geführt, dass die Schwindung des Werkstücks und der Form mit annähernd gleicher Geschwindigkeit und gleichem Mass erfolgte. Im vorliegenden Fall wurde das Ganze zunächst mit einer Geschwindigkeit von ca. 10 °C/min auf 1100 °C erhitzt, auf dieser Temperatur während 30 min gehalten (Beginn der Schwindung in Form und Werkstück) und dann auf 1280 °C gebracht und bei dieser Temperatur während 60 min gehalten. Die Abkühlung erfolgte im Ofen mit einer Geschwindigkeit von ca. 0,5 °C/min. Bei diesem Programm halten sich in jedem Zeitpunkt Schwindung/Wärmedehnung in der Form und im Werkstück ungefähr die Waage. Hier betrug die lineare Schwindung der keramischen Form ca. 13 bis 14 %, diejenige des herzustellenden Bauteils (Cr-Stahl) ca. 10 bis 12 %. Daher übte die Form stets auf die Bauteiloberfläche eine gewisse Druckkraft aus. An den Stellen, wo die Zugspannung in der Formwand die Formfestigkeit überschritt, riss die Form leicht ein. Im Sinne der Erfindung ist das Reissen jedoch laut Begriff "nachgebende Form"erwünscht oder zumindest nicht störend. Das Ergebnis war ein sehr formgetreues Bauteil mit glatter dichter Oberfläche, welche sich gut für eine Nachverdichtung des Werkstücks durch behälterloses heiss-isostatisches Pressen eignet.

    Ausführungsbeispiel III:



    [0040] Es wurde eine Turbinenschaufel mit Tragflügelprofil folgender Abmessungen hergestellt:
    Länge
    = 155 mm
    Breite
    = 29 mm
    grösste Dicke
    = 4,8 mm
    Profilhöhe
    = 9,5 mm


    [0041] Als Werkstoff wurde ein Cr/Ni-Stahl mit der Bezeichnung AISI 316 entsprechend X3CrNiMo 17.12.2 Deutsche Norm mit folgender Zusammensetzung verwendet:
    Cr
    = 17 Gew.-%
    Mo
    = 2,2 Gew.-%
    Ni
    = 12 Gew.-%
    Mn
    = 2 Gew.-%
    Si
    = 1 Gew.-%
    C
    = 0,08 Gew.-%
    Fe
    = Rest


    [0042] Das zur Verwendung gelangte Pulver war durch Gasstrahlzerstäubung erzeugt worden und hatte eine maximale Partikelgrösse von 30 µm.

    [0043] Zunächst wurde eine aus zwei Schalen bestehende nachgebende keramische Form auf Si0₂-Basis gefertigt. Dabei wurde das Prinzip der Entmischung von mehrphasige Gemenge bildenden speziellen Silikatgläsern herangezogen (vergl. spinodale Entmischung). Es wurde von einem Borsilikatglas folgender Zusammensetzung ausgegangen:
    Si0₂
    = 70 Gew.-%
    B₂0₃
    = 20 Gew.-%
    Na₂0
    = 20 Gew.-%


    [0044] Aus dem Borosilikatglas wurden mit Hilfe von Matrizen als Werkzeuge 3 mm dicke Schalen hergestellt, zusammengekittet und die auf diese Weise gebildete Form einer Wärmebehandlung unterzogen. Dabei entmischte sich das Borsilikat in eine fast reine, unlösliche Si0₂-Phase und eine örtliche Natriumboratphase. Letztere wurde mit 3 n-Schwefelsäure herausgelöst, sodass ein mikroporöses, die Gestalt der Form wahrendes Si0₂-Skelett zurückblieb. In diese Form wurde das Cr/Ni-Stahlpulver eingefüllt und das Ganze auf 1000 °C erhitzt. Dabei sinterte das Stahlpulver ab 900 °C sukzessive derart, dass es bereits eine genügende Eigenfestigkeit annahm. Gleichzeitig schrumpfte das schwammige Gerüst der Form um 15 bis 20 % linear. Dabei zersprang die Form teilweise, während andere Teile derselben erweichten. Es wurde kurz vor der Erreichung dieses Zustandes von der Form auf das Werkstück ein Druck senkrecht zur Oberfläche ausgeübt, der mindestens eine lokale Verdichtung der letzeren bewirkte. Dieser Effekt ist erwünscht, da er zu einem dichteren Bauteil führt.

    [0045] In einer Variante wurde auf das vollständige, ein möglichst dichtes Bauteil anstrebende Sintern verzichtet und die ganze Wärmebehandlung vorzeitig abgebrochen (Vorsintern). Das Ganze, das Bauteil und die Form als Glasmantel umfassende Werkstück wurde abgekühlt und in einer entsprechenden Anlage durch heiss-isostatisches Pressen zum Fertigteil verdichtet. Dabei waren zuvor Glas und Zeit/Temperatur-Programm derart aufeinander abgestimmt worden, dass weder Rekristallisation noch Bruch durch auftretende Spannungen an der Si0₂-Umwandlung zu befürchten waren.

    Ausführungsbeispiel IV:



    [0046] Es wurde eine dem Beispiel II entsprechende Schaufel aus dem Cr/Ni-Stahl AISI 316 hergestellt. Die Abmessungen waren genau die gleichen wie in Beispiel III. Es wurden auch die gleichen Matrizen verwendet.

    [0047] Zunächst wurde eine pastenartige Masse eines aufschäumenden keramischen Materials auf der Basis von Natriummetasilikat durch Sprühen/Spritzen auf den Positivformteil der jeweiligen Matrize aufgetragen, getrocknet, ausgehärtet und von der Matrize abgelöst. Die auf diese Weise erzeugten beiden dünnen Schalen hatten eine Wandstärke von 0,5 mm. Sie wurden zur nachgebenden keramischen Form zusammengeklebt und mit Cr/Ni-Stahlpulver gefüllt. Dann wurde das Ganze, aus Form und Pulverfüllung bestehende Werkstück in einen Kasten mit Sandbett gestellt, allseitig mit Sand umgeben und auf eine Temperatur von 600 °C erhitzt. Im Verlaufe des Aufheizens begann die keramische Masse der Form aufzuschäumen, wobei ein hochporöses schaumartiges Gebilde entstand, welches ein entsprechendes Volumen Sandes im Sandbett verdrängte. Die nicht aufgeschäumte hautartige Innenwand der so gebildeten Form stützte sich dabei gegen innen auf das Stahlpulver ab. Bei Erreichen der Sintertemperatur des Bauteils durch weiteres Erhitzen wurde die brüchige Schaumkeramik durch den Schrumpfprozess in den oberflächennahen Zonen gestaucht (eingedrückt), wobei jedoch das teilweise gebrochene Gerüst des Bauteils keinen nennenswerten Widerstand entgegensetzte. Es konnte ein Bauteil mit vergleichsweise glatter Oberfläche erzielt werden.

    Ausführungsbeispiel V:



    [0048] Es wurde ein Hochtemperatur-Wärmeaustauscher für gasförmige Medien aus Siliziumkarbid hergestellt. Es handelte sich um einen mit äusseren und inneren Rippen versehenen kastenartigen Körper von rechteckförmigem Querschnitt mit einer An zahl von rechteckförmigen Kanälen. Die Abmessungen waren folgende:
    Länge in Strömungsrichtung
    = 400 mm
    Breite
    = 200 mm
    Höhe
    = 60 mm
    Dicke der Wände
    = 4 mm
    Wandstärke der Rippen
    = 2,5 mm


    [0049] Eine die ungefähre Endform des Bauteils aufweisende mehrteilige metallische Matrize wurde aussen durch Flammspritzen mit einer ca. 0,8 mm dicken Al₂O₃-Schicht als äussere Formschale umhüllt. Sodann wurden prismatische, mit Nuten für die Rippen versehene, rechteckige Kerne für die Kanäle hergestellt. Dazu wurde der Werkstoff Mullit (3Al₂O₃·2SiO₂) in grobkörniger Pulverform mit einem Partikeldurchmesser von 200 bis 500 µm verwendet, dem als Binder einige Gewichtsprozente Quarz (SiO₂) beigemengt waren.
    Die aus mehreren Al₂O₃-Schalenteilen und Mullit-Kernen zusammengesetzte nachgebende keramische Form wurde nun unter Vibration mit SiC-Pulver von 30 bis 80 µm Partikelgrösse gefüllt und das Ganze einer zeitlich programmierten Wärmebehandlung unterworfen. Zunächst wurde zwecks Trocknens und Austreibens flüchtiger Verunreinigungen und Gase mit einer Geschwindigkeit von 100 °C/h auf die Temperatur von 300 °C erhitzt und auf diesem Wert ca. 1/2 h gehalten. Die Weitererhitzung auf 1000 °C erfolgte mit 200 °C/h und diejenige auf 1100 °C mit einer reduzierten Geschwindigkeit von 20 °C/h, um den zu erwartenden Umwandlungen (Phasen, Modifikationen des SiO₂ etc.) und den dadurch bedingten Volumenänderungen der beteiligten Stoffe Zeit zu lassen. Dann wurde mit 200 °C/h auf 1500 °C erhitzt und diese Temperatur während 2 h gehalten. Hierbei begann der Mullit bereits etwas zu erweichen, sodass er die Schwindung des herzustellenden Bauteils aus Siliziumkarbid beim nun einsetzenden Sinterprozess nicht behinderte. Dieser wurde nun bei einer Temperatur von 1600 °C während einer Dauer von 8 h durchgeführt. Dabei schrumpften die Kerne mit und die äussere Schale der Form (Al₂O₃) blieb stehen. Nach Beendigung des Sinterprozesses wurde verhältnismässig rasch abgekühlt (abgeschreckt), wobei die äussere Schale der Form zum Abspringen gezwungen wurde, während die Kerne zerbröckelten. Es konnte mit diesem Beispiel gezeigt werden, dass auch vergleichsweise komplizierte Bauteile aus keramischen Werkstoffen nach dem vorliegenden Verfahren wirtschaftlich hergestellt werden können.

    [0050] Die Erfindung ist nicht auf die Ausführungsbeispiele beschränkt.

    [0051] Das Verfahren zur Formgebung eines beliebigen Bauteils aus einem metallischen und/oder keramischen Werkstoff ausgehend von einem Pulver oder einer Pulvermischung, wobei das Pulver lose in eine Form eingefüllt und daraufhin einem Sinterprozess unterworfen wird, wird durchgeführt, indem als Form ein nachgebender keramischer Körper verwendet wird, der unter den bei der Temperaturerhöhung und beim Sintern zufolge Ausdehnung oder Schrumpfung auftretenden, Zug- und/oder Druckkräfte verursachenden Spannungen elastisch und/oder plastisch nachgibt und/oder an gezielt angebrachten Sollbruchstellen reisst, wobei jedoch seine Festigkeit und Formbeständigkeit im ganzen Temperaturbereich und über den gesamten Verfahrensablauf betrachtet genügend hoch ist, um eine hohe Formgenauigkeit des als Sinterkörper zu fertigenden Bauteils zu gewährleisten. Als Form werden eine oder mehrere dünne nachgiebige keramische Schalen aus Al₂O₃, SiO₂ oder MgO hoher Porosität oder ein Körper aus einem Spezialglas verwendet, welches bei Erreichen der Sintertemperatur der für das Bauteil bestimmten Pulvermischung netzartig einreisst, ohne vollständig zu zerspringen oder zu zerfallen.

    [0052] Vorzugsweise wird als Form ein keramischer Körper verwendet, der an den im Verlauf des Sinterprozesses auftretenden Orten der höchsten Zugspannungen Sollbruchstellen in Form von Kerben aufweist, ferner eine Keramikschale, die beim Sintern des Bauteils reisst und in willkürliche mosaikartige Bruchstücke zerfällt.

    [0053] In einer anderen Variante wird als Form eine dünne flexible, elastisch-plastische Keramikfolie im grünen oder nur teilweise wärmebehandelten Zustand verwendet, die erst im Verlauf des Aufheiz- und Sinterprozesses zusammen mit dem zur Erzeugung des Bauteils verwendeten Pulver ihre endgültige Festigkeit durch chemische Prozesse und Fertigsintern erhält.

    [0054] In vorteilhafter Weise wird als Form eine grüne Keramikmasse verwendet, die ihre endgültige Gestalt und Festigkeit erst beim Trocknungs- und Sinterprozess gleichzeitig während des Sinterns des Bauteils annimmt, wobei beim damit verbundenen Schrumpfprozess nur die durch die unterschiedliche Schwindung von Form und Bauteil bedingten positiven oder negativen Differenzkräfte aufgenommen werden müssen. Besonders günstige Verhältnisse liegen vor, wenn für die Keramikmasse ein Material verwendet wird, dessen Schwindung bei der durch die Erwärmung und das Sintern von Form und Bauteil bedingten Schrumpfung grösser ist als die Schwindung des für das Bauteil verwendeten Pulvers, dergestalt, dass auf das Bauteil während des Sinterprozesses ein Druck ausgeübt wird, während die Wand der Form unter Zugspannung steht.

    [0055] Vorzugsweise wird das Pulver oder die Pulvermischung vor der Erhitzung auf Sintertemperatur oder während der ersten Phase des Erhitzens im unteren Temperaturbereich durch Fliehkraftschleudern in der nachgebenden Form vorverdichtet.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Formgebung eines beliebigen Bauteils aus einem metallischen und/oder keramischen Werkstoff ausgehend von einem Pulver oder einer Pulvermischung, wobei das Pulver lose in eine Form eingefüllt und daraufhin einem Sinterprozess unterworfen wird, dadurch gekennzeichnet, dass als Form ein nachgebender keramischer Körper verwendet wird, der unter den bei der Temperaturerhöhung und beim Sintern zufolge Ausdehnung oder Schrumpfung auftretenden, Zug- und/oder Druckkräfte verursachenden Spannungen elastisch und/oder plastisch nachgibt und/oder an gezielt angebrachten Sollbruchstellen reisst, wobei jedoch seine Festigkeit und Formbeständigkeit im ganzen Temperaturbereich und über den gesamten Verfahrensablauf betrachtet genügend hoch ist, um eine hohe Formgenauigkeit des als Sinterkörper zu fertigenden Bauteils zu gewährleisten.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als Form eine oder mehrere dünne nachgiebige keramische Schalen aus Al₂O₃, SiO₂ oder MgO hoher Porosität verwendet werden.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als Form ein Körper aus einem Spezialglas verwendet wird, welches bei Erreichen der Sintertemperatur der für das Bauteil bestimmten Pulvermischung netzartig einreisst, ohne vollständig zu zerspringen oder zu zerfallen.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als Form ein keramischer Körper verwendet wird, der an den im Verlauf des Sinterprozesses auftretenden Orten der höchsten Zugspannungen Sollbruchstellen in Form von Kerben aufweist.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als Form eine Keramikschale verwendet wird, die beim Sintern des Bauteils reisst und in willkürliche mosaikartige Bruchstücke zerfällt.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als Form eine dünne flexible, elastisch-plastische Keramikfolie im grünen oder nur teilweise wärmebehandelten Zustand verwendet wird, die erst im Verlauf des Aufheiz- und Sinterprozesses zusammen mit dem zur Erzeugung des Bauteils verwendeten Pulver ihre endgültige Festigkeit durch chemische Prozesse und Fertigsintern erhält.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass als Form eine grüne Keramikmasse verwendet wird, die ihre endgültige Gestalt und Festigkeit erst beim Trocknungs- und Sinterprozess gleichzeitig während des Sinterns des Bauteils annimmt, wobei beim damit verbundenen Schrumpfprozess nur die durch die unterschiedliche Schwindung von Form und Bauteil bedingten positiven oder negativen Differenzkräfte aufgenommen werden müssen.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass für die Keramikmasse ein Material verwendet wird, dessen Schwindung beim durch die Erwärmung und das Sintern von Form und Bauteil bedingten Schrumpfung grösser ist als die Schwindung des für das Bauteil verwendeten Pulvers, dergestalt, dass auf das Bauteil während des Sinterprozesses ein Druck ausgeübt wird, während die Wand der Form unter Zugspannung steht.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Pulver oder die Pulvermischung vor der Erhitzung auf Sintertemperatur oder während der ersten Phase des Erhitzens im unteren Temperaturbereich durch Fliehkraftschleudern in der nachgebenden Form vorverdichtet wird.
     




    Zeichnung


































    Recherchenbericht