(19)
(11) EP 0 465 683 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.01.1992  Patentblatt  1992/03

(21) Anmeldenummer: 90112556.7

(22) Anmeldetag:  02.07.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5E01B 31/18, B24C 1/10, C21D 7/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB IT LI LU NL

(71) Anmelder: Thyssen Stahl Aktiengesellschaft
D-47166 Duisburg (DE)

(72) Erfinder:
  • De Boer, Harald, Dr.-Ing.
    D-4220 Dinslaken 5 (DE)
  • Datta, Satya, Dipl.-Ing.
    D-4220 Dinslaken (DE)
  • Müsgen, Bruno, Dr.-Ing.
    D-4200 Oberhausen 1 (DE)
  • Schmedders, Herbert, Dr.-Ing.
    D-4223 Voerde 2 (DE)
  • Tuke, Karl-Heinrich, Dr. Ing.
    D-4220 Dinslaken 3 (DE)

(74) Vertreter: Cohausz & Florack Patentanwälte 
Postfach 33 02 29
40435 Düsseldorf
40435 Düsseldorf (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Riffelbildungsarme Schiene für Schienenfahrzeuge


    (57) Zur Verminderung der Riffelbildung an Schienen für Schienenfahrzeuge und gegebenenfalls zur Erhöhung der Schwingfestigkeit von Schienen wird die Schienenoberfläche zumindest im Bereich der Lauffläche bis zu einem vorgegebenen Almenwert verfestigungsgestrahlt (kugelgestrahlt). Die Verfestigungsstrahlung soll bei Umgebungstemperatur, das ist zwischen 0° und 50° C, erfolgen.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Schiene für Schienenfahrzeuge mit gegen Riffelbildung mechanisch behandelter Lauffläche.

    [0002] Die Bildung von Riffeln auf der Lauffläche der Schiene ist ein seit Jahrzehnten bekanntes Phänomen. Trotz langer, intensiver Bemühungen, das Phänomen der Riffelbildung zu klären, gibt es bis heute keine eindeutige Erklärung. Nach der jüngsten Langzeituntersuchung in verschiedenen Regionen ist die Riffelbildung unabhängig vom gewählten Schienenstahl seiner Festigkeit und seinem Gefüge, wobei sich allerdings austenitisches und bainitisches Gefüge als weniger riffelempfindlich erwiesen hat. Die Ursache für die Riffelbildung scheint danach in dem unvollkommenen Abrollen der Räder auf den Schienen mit Torsion und Schlupf zu liegen, wodurch Veränderungen der Schienenoberfläche und der Räder und Kontaktschwingungen ausgelöst werden und/oder in der Änderung der Normalkräfte mit Wechselschlupf, ungleichförmigem Verschleiß und Anregung durch die Schieneneigenfrequenzen. Unerklärt ist geblieben, weshalb die Riffelbildung in verschiedenen Regionen bei gleicher Belastung der Schiene unterschiedlich ist (Stahl und Eisen 105, 1985, Nr. 25 - 26, Seiten 1457 - 1462). Da solche Riffel den Fahrkomfort mindern, werden von den Betreibern von Eisenbahnen erhebliche Mittel zur Beseitigung von Riffeln aufgewendet. Da man mit bisherigen vorbeugenden Maßnahmen zur Verringerung der Riffelbildung, beispielsweise mit Spannungsarmglühen der Schienen, keinen Erfolg erzielt hat, werden nach wie vor die im Betrieb befindlichen Schienen regelmäßig auf die Bildung von Riffeln kontrolliert und bei festgestellten Riffeln abgeschliffen.

    [0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Schiene für Schienenfahrzeuge mit hohem Widerstand gegen Riffelbildung zu schaffen.

    [0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Schienenoberfläche zumindest im Bereich der Lauffläche mit einem Almenwert A in mm verfestigungsgestrahlt (kugelgestrahl) ist, der der Formel
    A=BxZ2+C
    genügt, wobei B = 2 x 10-7 mms/N2, Z die Mindestzugfestigkeit des Stahls in N/mm2 und C = 0 bis 0,4 mm sind.

    [0005] Dieser Almenwert läßt sich für verschiedene Stähle durch die Wahl des Düsendurchmessers, des Düsenabstandes, des Strahldruckes, des Strahlwinkels und insbesondere des verwendeten Strahlmittels beeinflussen.

    [0006] Vergleichende Untersuchungen mit einer nicht verfestigungsgestrahlten Schiene und einer verfestigungsgestrahlten Schiene mit einem Almenwert von 0,5 mm haben gezeigt, daß bis zur Erreichung eines bestimmten Riffelgrades die verfestigungsgestrahlte Schiene eine höhere Standzeit hatte. Diese Standzeit der Schiene konnte verbessert werden, wenn nicht nur die Lauffläche, sondern auch die hohen Beanspruchungen ausgesetzte Fahrkante verfestigungsgestrahlt ist.

    [0007] Gegenstand der Erfindung ist ferner ein Verfahren zum mechanischen Behandeln der Lauffläche von Schienen für Schienenfahrzeuge gegen Riffelbildung, das dadurch gekennzeichnet ist, daß die Schienenoberfläche zumindest im Bereich der Lauffläche mit einem Almenwert verfestigungsgestrahlt (kugelgestrahlt) wird, der der Formel
    A = B x Z2 + C
    genügt, wobei die Verfestigungsstrahlung bei Umgebungstemperatur, und zwar zwischen 0° und 50° C, erfolgt.

    [0008] Es ist zwar möglich, nicht nur die Schienenoberfläche im Bereich der Lauffläche beziehungsweise den Schienenkopf verfestigungszustrahlen, sondern die Schiene insgesamt, weil eine Verfestigungsstrahlung des Schienensteges und des Schienenfußes unkritisch für die Riffelbildung ist, doch wird dadurch der Widerstand gegen Riffelbildung nicht erhöht. Deshalb kann man sich diesen erhöhten Fertigungsaufwand sparen. Für die Erfindung ist aber wesentlich, daß der Almenwert nicht überschritten wird, denn oberhalb des Almenwertes wirkt sich eine Verlängerung der Strahldauer nur in einer Zerstörung des Gefüges und einer Erschöpfung des Formänderungsvermögens im oberflächennahen Bereich aus.

    Ausführungsbeispiel



    [0009] Es wurde die Schwingfestigkeit von UIC 60-Profilen von Schienen mit einer Mindestzugfestigkeit von 900 und 1100 N/mm2 untersucht. Die chemische Zusammensetzung und die mechanischen Eigenschaften der untersuchten Schienen sind nachfolgend aufgeführt.



    [0010] Das Festigkeitsstrahlen wurde an ca. 1,5 m langen Schienenabschnitten durchgeführt. Mit dem von den Strahlbedingungen abhängigen Almenwert ändert sich die Oberflächenbeschaffenheit und die Lage der maximalen Druckeigenspannung. Die Zunahme des Almenwertes durch größere Strahlkörper bei konstanter Strahlzeit führt zu einer Zunahme der Druckeigenspannungen und der Tiefe der maximalen Druckeigenspannungen bei zunehmender Oberflächenrauhigkeit. Im vorliegenden Fall ist ein Almenwert von 0,5 A beim Festigkeitsstrahlen der Schienen und Schienenverbindungen eingestellt worden.

    [0011] Die Schwingfestigkeit ist von der Oberflächenbeschaffenheit und den Eigenspannungen der untersuchten Schiene abhängig. Um die Ergebnisse der Dauerschwingversuche miteinander vergleichen zu können, sind die Untersuchungen an walzneuen Schienen, und zwar sowohl unbestrahlt als auch bestrahlt, durchgeführt worden. Die Schwingfestigkeit wurde mit einem Verhältnis der Unterspannung zur Oberspannung von R = 0,1 durchgeführt.

    [0012] Die Versuchsergebnisse zeigen, daß die verfestigungsgestrahlten Schienen eine erheblich höhere Schwingfestighkeit als die entsprechenden unbehandelten Schienen aufweisen.



    [0013] Schienenbrüche treten aufgrund mangelnder Schwingfestigkeit vor allem im Bereich der Schweißverbindung auf. Der Rißbeginn liegt stets im Schienenfuß. In weiteren Untersuchungen ist man daher der Frage nachgegangen, ob durch Verfestigungsstrahlen eine wirksame Verbesserung der Schwingfestigkeit geschweißter Schienenverbindungen erzielbar ist. Der Almenwert für die Strahlbehandlung der geschweißten Schienen wurde mit 0,5 A festgelegt. Die Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen aus Schienen liegt wesentlich niedriger als diejenige der Schienen selbst. Nach dem Verfestigungsstrahlen nähert sich die Schwingfestigkeit der Schweißverbindungen der des Grundwerkstoffes an. Die durch Schweißen wärmebeeinflußten Zonen stehen in der Regel unter Zugspannungen, wodurch die Lebensdauer schwingend beanspruchter Schweißkonstruktionen vermindert wird. Das Verfestigungsstrahlen verlängert die Lebensdauer durch Induzieren einer Druckspannung in die Oberfläche der wärmebeeinflußten Zonen der Schweißverbindungen.


    Ansprüche

    1. Schiene für Schienenfahrzeuge mit gegen Riffelbildung mechanisch behandelter Lauffläche,
    dadurch gekennzeichnet, daß die Schienenoberfläche zumindest im Bereich der Lauffläche mit einem Almenwert A in mm verfestigungsgestrahlt (kugelgestrahlt) ist, der der Formel
    A = B x Z2 + C
    genügt, wobei B = 2 x 10-7 mms/N2, Z die Mindestzugfestigkeit des Stahls in N/mm2 und C = 0 bis 0,4 mm sind.
     
    2. Schiene nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet, daß die Fahrkante der Schiene verfestigungsgestrahlt ist.
     
    3. Verfahren zum mechanischen Behandeln der Lauffläche von Schienen für Schienenfahrzeuge gegen Riffelbildung,
    dadurch gekennzeichnet, daß die Schienenoberfläche zumindest im Bereich der Lauffläche mit einem Almenwert verfestigungsgestrahlt (kugelgestrahlt) wird, der der Formel
    A = B x Z2 + C
    genügt, wobei die Verfestigungsstrahlung bei Umgebungstemperatur, und zwar zwischen 0° und 50° C, erfolgt.
     





    Recherchenbericht