(19)
(11) EP 0 485 829 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.05.1992  Patentblatt  1992/21

(21) Anmeldenummer: 91118706.0

(22) Anmeldetag:  02.11.1991
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D21C 9/16, D21C 9/147
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 10.11.1990 DE 4035813

(71) Anmelder: Akzo Nobel N.V.
NL-6824 BM Arnhem (NL)

(72) Erfinder:
  • Reiche, Angelika, Dr.
    W-5000 Köln 30 (DE)
  • Brauer, Hans Dieter, Dr.
    W-6246 Glashütten (DE)
  • Behnke, Joachim, Dr.
    W-5608 Radevormwald (DE)

(74) Vertreter: Fett, Günter et al
Akzo Nobel Faser AG Postfach 10 01 49
D-42097 Wuppertal
D-42097 Wuppertal (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Sauerstoffbleichung


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum chlorfreien Bleichen von Zellstoffen mit einem α-Cellulosegehalt von mehr als 90%, vorzugsweise von gebeuchten Baumwollinters, bei dem mittels Sauerstoff in einem Einstufenverfahren mehr als 75% Weißgrad erzielt werden, dadurch, daß mit Sauerstoff gebleicht wird, der durch Disproportionierung von Peroxoverbindungen im pH-Bereich von 6 - 13 erhalten wurde und die Bleichdauer in Abhängigkeit von der Bleichtemperatur von 35°C bis 15°C zwischen 15 und 150 min beträgt.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum chlorfreien Bleichen von Zellstoffen mit einem α-Cellulosegehalt von mehr als 90%, bei dem mittels Sauerstoff in einem Einstufenverfahren mehr als 75% Weißgrad erzielt werden.

    [0002] Bleichen mittels Sauerstoff ist bereits bekannt, wobei als die wichtigsten Bleichmittel Wasserstoffperoxid und Natriumperoxid zu nennen sind. Große Bedeutung besitzt auch dar Natriumperborat (NaBO₃ · 4 H₂O) das bisher aus wirtschaftlichen Überlegungen für die industrielle Bleiche keine Verwendung fand, jedoch als Bestandteil selbsttätiger Waschmittel eingesetzt wurde.

    [0003] Peroxoessigsäure bereitet bei den bisherigen Verfahren Handhabungsschwierigkeiten und wurde allenfalls in sehr beschränktem Umfange zur Bleiche naphtholgefärbter Textilien benutzt. Auch Kaliummonopersulfat wurde bereits für die Bleiche vorgeschlagen, wie auch Natriumpersulfat als Zusatzmittel bei der Peroxidbleiche.

    [0004] Molekularer Sauerstoff ist ebenfalls als Bleichmittel beim MODO oder bei SAPPI-Verfahren mit Erfolg eingesetzt worden, wobei eine Sauerstoffbehandlung in Gegenwart von NaOH bei Temperaturen von etwa 100°C erfolgt. Um die starke Oxidation der Cellulose zurückzudrängen, werden MgCO₃ oder komplexe Mg-Verbindungen eingesetzt.

    [0005] Die bisher bekannt gewordenen Bleichverfahren mit Sauerstoff und Peroxoverbindungen benötigen Temperaturen von wenigstens 100°C und ein im allgemeinen stark alkalisches Milieu, welches im allgemeinen durch Alkalihydroxide eingestellt wird.

    [0006] Für den Verlauf der Bleiche sind die Aktivierung und Stabilisierung bestimmend.

    [0007] Die Stabilisierung hat die Aufgabe, den radikalischen Zerfall von Wasserstoffperoxid zu verhindern und eventuell vorhandene Katalysatoren, die diesen Zerfall begünstigen, unwirksam zu machen.

    [0008] Ein bei der Peroxidbleiche gebräuchlicher Stabilisator ist Wasserglas, welches oft in Kombination mit Magnesiumsalzen verwendet wird. Andere Stabilisatoren sind Magnesiumsalze zusammen mit Dispergatoren oder Komplexbildnern. Weitere bekannte Stabilisatoren für Wasserstoffperoxid sind Phosphorsalze wie Na₂H₂P₂O₇.

    [0009] Die Aktivierung wird durch Erhöhung der Temperatur, Alkalität und Konzentration erzielt. Die Aktivierung startet und beschleunigt den Bleichprozeß, begünstigt aber auch den Ablauf von unerwünschten Nebenreaktionen, insbesondere den Abbau der Cellulose.

    [0010] Die Disproportionierung von Peroxoverbindungen erfolgt beispielsweise für H₂O₂ nach folgendem allgemeinen Reaktionsschema:


    Zwei O-Atome erhöhen die Oxidationszahl um +1;
    Zwei O-Atome erniedrigen die Oxidationszahl um -1.

    [0011] Ebenso gilt für die Disproportionierung von Peroxosäuren, z.B. Peroxoessigsäure:



    [0012] Verläuft die Disproportionierung der Peroxoverbindungen nicht über Radikale, dann wird dabei molekularer Sauerstoff in einer Form freigesetzt, der Oxidationsreaktionen bei niedrigen Temperaturen in Gang setzt. Dadurch ermöglicht Sauerstoff aus nicht über Radikale verlaufende Diproportionierung eine sehr schonende Oxidation unter Vermeidung von Nebenreaktionen.

    [0013] Aus der DE-OS 22 19 505 ist eine chlorfreie Mehrstufenbleiche von Zellstoff bekannt, wobei mindestens 3 Bleichstufen angewendet werden, bei denen in der 1. Stufe mit einem Peroxid, in der 2. Stufe mit einer Persäure und in der 3. Stufe wieder mit einem Peroxid gebleicht wird. Bei diesem Verfahren wird außer auf Chlor auch auf Wasserglas verzichtet. Als Base wird bevorzugt NaOH eingesetzt, wobei die Bleichtemperatur bei 20° bis 140°C, vorzugsweise bei 40°C bis Siedetemperatur der Bleichflotte betragen soll.

    [0014] Unter diesen Bedingungen findet auch eine Zersetzung zu Sauerstoffradikalen statt, die dann eine weitgehend unkontrollierte Oxidation durch die Sauerstoffradikale in Gang setzt.

    [0015] Die sich in kurzer Zeit vollziehende Bleichung mit Sauerstoff aus der nicht über Radikale verlaufende Disproportionierung findet hier nicht statt. Die Bleichzeiten je Stufe betragen bei ca.70° 4 Stunden, bei 100° ca 20 Minuten.

    [0016] Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, ein Bleichverfahren zu finden, bei dem auf Chlor bzw. Hypochlorit vollständig verzichtet wird und die Sauerstoff abgebende Reaktion im wesentlichen keine Radikale bildet und bei niedriger Temperatur und kurzen Reaktionszeiten eine ausreichende Bleichung von Zellstoffen mit mehr als 90% α-Cellulosegehalt ermöglicht wird.

    [0017] Gelöst wird erfindungsgemäß diese Aufgabe durch ein Verfahren, welches dadurch gekennzeichnet ist, daß mit Sauerstoff gebleicht wird, der durch Disproportionierung von Peroxoverbindungen im pH-Bereich von 6 - 13 erhalten wurde und die Bleichdauer in Abhängigkeit von der Bleichtemperatur von 35°C bis 15°C zwischen 15 und 150 min beträgt.

    [0018] Für die Herstellung von Dialysemembranen aus regenerierter Cellulose werden überwiegend als Rohstoff gebeuchte Baumwollinters verwendet. Zur Bleichung dieser Baumwolllinters eignet sich das erfindungsgemäße Verfahren wegen der schonenden Bleichung besonders gut. Bisher bestand die Gefahr, daß Produkte von Nebenreaktionen aus üblichen Bleichverfahren bei der Hemodialyse ins Blut des Patienten gelangen und bei diesem Überempfindlichkeiten auslösen. Eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahren besteht darin, daß der Zellstoff mit mehr als 90% α-Cellulosegehalt aus gebeuchten Baumwollinters besteht.

    [0019] Bevorzugte Peroxoverbindungen sind Wasserstoffperoxid und/oder Peroxomonoschwefelsäure und/oder Peressigsäure und/oder Perborate, gegebenenfalls in Form von deren Salzen, die jeweils nur in einem engen Bereich von pH-Wert, Temperatur der nicht über Radikale verlaufenden Disproportionierung zugänglich sind, wobei im Fall von H₂O₂ und Perborat Katalysatoren unerläßlich sind.

    [0020] Solche Katalysatoren sind vorzugsweise Metalloxide und/oder Metallhydroxide eines Metalles der 2. Hauptgruppe und/oder der dritten, vierten, fünften oder sechsten Nebengruppe des Periodensystems. Alkalihydroxide hingegen führen bei H₂O₂ bei Raumtemperatur nicht zu der gewünschten Disproportionierungsreaktion.

    [0021] Für die gewünschte Disproportionierung von Wasserstoffperoxid hat sich Calciumhydroxid als Katalysator beim erfindungsgemäßen Verfahren in besonderem Maße bewährt, obwohl die Spinnereifachleute bei Calciumhydroxid Störung beim Verspinnen erwarteten.

    [0022] Für das erfindungsgemäße Verfahren reichen bereits relativ geringe Mengen an Metalloxiden und/oder Metallhydroxiden aus. Vorzugsweise beträgt das Gewichtsverhältnis Wasserstoffperoxid zu Metalloxid bzw. Metallhydroxid von 1 : 1 bis 25 : 1.

    [0023] Bei den Peroxosäuren bzw. deren Salzen erfolgt die Disproportionierung in einem sehr engen pH-Bereich, der sich nach dem pK-Wert der Peroxosäure richtet. Vorzugsweise beträgt deshalb das Verhältnis des pH-Wertes zum pK-Wert der Peroxosäure 0,6 bis 1,3.

    [0024] Um Neben- und Folgereaktion während des Bleichens weitgehend auszuschließen, beträgt erfindungsgemäß der Temperaturbereich 15 bis 35°C.

    [0025] Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Beispiele näher erläutert.

    Beispiel 1



    [0026] In einem Labor-HT-Kocher der Firma Obermaier wurden 3,8 kg gebeuchte Linters vom DP 850 mit einer wässrigen Lösung, die 0,02 Gew.-% Ca(OH)₂ und 0,15 Gew.-% H₂O₂ enthielt, bei einer Temperatur von 30°C gebleicht. Das Flottenverhältnis Linters : Bleichmedium betrug ca. 1 : 11. Die Reaktion wurde nach 90 Minuten beendet. Nach Entfernung des Bleichmediums und Waschen der Linters wurde der Remissionsgrad der Cellulose gegen BaSO₄ als Standard gemessen, er betrug 76%.

    Beispiel 2



    [0027] In Abänderung zum Beispiel 1 wurde die Bleiche mit einer H₂O₂-Konzentration von 0,85 Gew.-% und einer Ca(OH)₂-Konzentration von 0,13 Gew.-% durchgeführt. Die Reaktionstemperatur wurde auf 20°C abgesenkt. Nach einer Reaktionsdauer von 90 Minuten wurde die Bleiche beendet und der Remissionsgrad der Linters nach Waschen zu 78% bestimmt.

    Beispiel 3



    [0028] In einer mit Rührwerk versehenen emaillierten 600 l-Reaktionsblase wurden in 300 l einer wässrigen Lösung, die 0,85 Gew.-% H₂O₂ und 0,125 Gew.-% Ca(OH)₂ enthielt, bei 30°C 7 kg Beuchlinters gebleicht. Das Flottenverhältnis betrug 1 : 43. Der pH-Wert der Bleichflotte lag bei 10.0. Nach 90 Minuten Reaktionszeit wurde die Suspension abzentrifugiert und gewaschen. Der Remissionsgrad der Bleichlinters betrug 80%.

    Beispiele 4 - 9



    [0029] Analog den Beispielen 1 - 3 wurden weitere Bleichversuche durchgeführt. Die Bedingungen und die Ergebnisse sind in der Tabelle 1 zusammengestellt.
    Nr. Bleich-System Konzentration (Gew.%-) Reaktions temp. (°C) Flottenverhältnis 1 : pH der Bleichflotte Reaktionszeit (min) Remissions grad (%)
    4 H₂O₂/Ca(OH)₂ 0,85/0,125 30 21,4 10,2 90 81
    5 H₂O₂/Ca(OH)₂ 0,29/0,125 30 37,5 9,9 90 77
    6 CH₃COOOH 0,15 30 40 8,2 90 76
    7 2KHSO₅·KHSO₄· K₂SO₄ 3,1 20 33,3 9,4 60 79
    8 2KHSO₅·KHSO₄· K₂SO₄ 3,1 20 30 9,4 60 82
    9 2KHSO₅·KHSO₄· K₂SO₄ 3,1 20 42,8 9,4 60 80


    [0030] In allen Beispielen war ein signifikanter Abbau des Cellulose-DP nicht zu beobachten.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum chlorfreien Bleichen von Zellstoffen mit einem α-Cellulosegehalt von mehr als 90%, bei dem mittels Sauerstoff in einem Einstufenverfahren mehr als 75% Weißgrad erzielt werden, dadurch gekennzeichnet, daß mit Sauerstoff gebleicht wird, der durch Disproportionierung von Peroxoverbindungen im pH-Bereich von 6 - 13 erhalten wurde und die Bleichdauer in Abhängigkeit von der Bleichtemperatur von 35°C bis 15°C zwischen 15 und 150 min beträgt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Zellstoff mit mehr als 90% α-Cellulosegehalt aus gebeuchten Baumwollinters besteht.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß als Peroxoverbindung Wasserstoffperoxid und/oder Peroxomonoschwefelsäure und/oder Peroxoessigsäure und/oder Perborate, gegebenenfalls in Form von deren Salzen, eingesetzt werden.
     
    4. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Disproportionierung von Wasserstoffperoxid mit einem Metalloxid und/oder Metallhydroxid eines Metalles der 2. Hauptgruppe und/oder der dritten, vierten, fünften oder sechsten Nebengruppe des Periodensystems katalysiert wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Disproportionierung von Wasserstoffperoxid mit Calciumhydroxid katalysiert wird.
     
    6. Verfahren nach den Ansprüchen 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Gewichtsverhältnis von Wasserstoffperoxid : Metalloxid bzw. Metallhydroxid 1 : 1 bis 25 : 1 beträgt.
     
    7. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, daß die Peroxoverbindung eine oder ein Gemisch mehrerer Peroxosäuren ist und das Verhältnis des pH-Wertes zum pK-Wert der Peroxosäure 0,6 bis 1,3 beträgt.
     
    8. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß das Molverhältnis von disproportionierbarem Sauerstoff zu Cellulose (bezogen auf die Glucoseeinheit) von 1 : 5 bis 1 : 100 beträgt.
     





    Recherchenbericht