(19)
(11) EP 0 499 269 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.08.1992  Patentblatt  1992/34

(21) Anmeldenummer: 92102504.5

(22) Anmeldetag:  14.02.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C21C 1/10, C21C 7/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 14.02.1991 DE 4104562

(71) Anmelder: SKW Trostberg Aktiengesellschaft
D-83308 Trostberg (DE)

(72) Erfinder:
  • Prinz, Bruno, Dr.
    W-6370 Oberursel (DE)
  • Reifferscheid, Karl-Josef, Dr.
    W-6367 Karben 1 (DE)
  • Schulze, Thomas
    W-6472 Altenstadt (DE)

(74) Vertreter: Huber, Bernhard, Dipl.-Chem. et al
Patentanwälte H. Weickmann, Dr. K. Fincke F.A. Weickmann, B. Huber Dr. H. Liska, Dr. J. Prechtel, Dr. B. Böhm Postfach 86 08 20
81635 München
81635 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Impfdraht


    (57) Impfdraht, bestehend aus einem mit pulverförmigem Ferrosilizium gefüllten Hohldraht aus Stahl, wird zur Herstellung von Gußeisen mit Kugelgraphit bzw. Vermikulargraphit benutzt. Zur Vergrößerung des Impfeffekts und zur gleichzeitigen Verringerung des Abklingeffekts der Behandlung mit Magnesium enthält die Füllung 1 bis 50 Vol.-% pulverförmiges Magnesiumsilizid.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen Impfdraht zur Herstellung von Gußeisen mit Kugelgraphit bzw. Vermikulargraphit, der aus einem pulverförmiges Ferrosilizium enthaltenden Hohldraht mit einem Mantel aus Stahl, Kupfer, Nickel oder Aluminiumlegierung besteht.

    [0002] Bekanntlich werden Gußeisenschmelzen mit Reinmagnesium bzw. Magnesiumvorlegierung behandelt, um eine kugelförmige bzw. vermikulare Ausbildung des Graphits in der Gußeisenmatrix zu erreichen und dadurch die mechanisch-technologischen Eigenschaften der daraus gegossenen Werkstücke in vorteilhafter Weise zu beeinflussen.

    [0003] Bei der Herstellung von Gußeisen mit Kugelgraphit bzw. Vermikulargraphit ist die Nachbehandlung der Gußeisenschmelze durch Impfen mit besonderen Impflegierungen in aller Regel Bestandteil der Produktionstechnik, um den gestiegenen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden, wobei insbesondere Ferrosiliziumlegierungen (DIN 17560; Firmenprospekt: GfE Gesellschaft für Elektrometallurgie mbH, Düsseldorf, Mai 1989; Firmenprospekt: Metallgesellschaft AG, Frankfurt, Metallurgie und Gießereitechnik, Juni 1979, S. 10/11) sehr häufig angewendete Impfmittel sind. Durch die keimbildende Wirkung des Impfmittels wird die Gefahr der Karbidbildung verhindert. Die Wirkung beruht darauf, daß das Impfmittel Keime für die Graphitausscheidung bildet. Ferner wird durch den hohen Siliziumgehalt im Impfmittel örtlich die Löslichkeit des Kohlenstoffs herabgesetzt, so daß die Graphitausscheidung bei der Erstarrung erleichtert wird. Eine Unterkühlung der Gußeisenschmelze wird deutlich verringert, die Anzahl der eutektischen Zellen bzw. Sphärolithen vergrößert und damit das Gefüge feinkörniger. Die geringe Impfmittelzugabe von etwa 0,05 bis maximal 1,0 % entspricht einer Silizium-Aufnahme der Schmelze von 0,05 bis 0,80 %. Zur Begrenzung der Silizium-Aufnahme sowie des Temperaturverlustes der Schmelze wird i.a. der Einsatz von geringen Impfmittelmengen, jedoch effektiven Impfmitteln angestrebt. Durch den Zusatz von Impfmitteln werden mechanische und physikalische Eigenschaften, wie Zugfestigkeit, Zähigkeit und Dehnung verbessert.

    [0004] Da die Impfwirksamkeit des Impfmittels einem zeitlichen Abklingeffekt unterliegt, sollte die Zugabe des Impfmittels so kurz wie möglich vor der Erstarrung erfolgen, beispielsweise durch Anwendung des Formimpf-Verfahrens. Es ist auch bekannt, pulverförmige Ferrosiliziumlegierungen in vergleichsweise dünnwandigen Hohldrähten aus Stahl, Kupfer, Nickel oder Aluminiumlegierungen unterzubringen (Firmenprospekt: INFORM-Impfdraht, CHEMETALL GmbH, Frankfurt, März 1988). Der Impfdraht wird mit gleichbleibender Geschwindigkeit in die Gußeisenschmelze gespult oder beim Vergießen der Schmelze in den Gießstrahl geführt. Da sich das abzuschmelzende Ende des Impfdrahtes in der Gußeisenschmelze bzw. -gießstrahl befindet, erfolgt eine ideale gleichmäßige Zugabe und eine kontrollierte Verteilung des Impfmittels in der Schmelze.

    [0005] Ein Abklingeffekt tritt auch bei der Behandlung der Gußeisenschmelze mit Magnesium bzw. Magnesiumlegierung auf, der um so stärker ist als unter betrieblichen Bedingungen das Zeitintervall zwischen der Behandlung und dem Vergießen der Schmelze größer als nach der Behandlung der Schmelze mit einem Impfmittel ist. Aus diesem Grunde ist die Behandlung der Gußeisenschmelze mit Magnesium bzw. Magnesiumlegierung stets mit einem Überschuß an Magnesium durchzuführen. Dieser Überschuß ist nur bedingt wirksam, da der Abklingeffekt gleichzeitig verstärkt wird.

    [0006] Aufgabe der Erfindung ist es daher, die Treffsicherheit bei der Herstellung von Produkten aus Gußeisen mit Kugelgraphit oder Vermikulargraphit weiter zu verbessern und hierzu einen Impfdraht des eingangs beschriebenen Aufbaus bereitzustellen, dessen Füllung eine deutliche Vergrößerung des Impfeffekts im Vergleich zu Impfmitteln aus Ferrosiliziumlegierungen bewirkt und auch den mit der Magnesiumbehandlung verbundenen Abklingeffekt verringert.

    [0007] Gelöst wird diese Aufgabe durch einen Impfdraht mit einem Mantel aus Stahl, Kupfer, Nickel oder Aluminium und Legierungen davon und Ferrosiliziumpulver als Füllung, der dadurch gekennzeichnet ist, daß die Füllung 1 bis 50 Vol.-% pulverförmiges Magnesiumsilizid enthält.

    [0008] Beim Kontakt des erfindungsgemäßen Impfdrahtes mit der Gußeisenschmelze löst sich der Mantel des Hohldrahtes vollständig auf und setzt das im wesentlichen aus Ferrosiliziumlegierung und Magnesiumsilizid bestehende, die Füllung bildende Impfmittelgemisch frei. Dies führt zu einer beachtlichen Erhöhung der Zahl der Keime in der Basis-Gußeisenschmelze und verstärkt gleichzeitig die Wirkung des Magnesiums auf die Kugelgraphit- bzw. Vermikulargraphit-Bildung.

    [0009] In der technischen Praxis der Gießereien hat sich herausgestellt, daß ein Behandlungsmittel aus Magnesiumsilizid in der stöchiometrischen Zusammensetzung der Formel Mg₂Si (63,4 Gew-% Magnesium) bei der Behandlung von Gußeisenschmelzen wegen seines relativ hohen Magnesiumgehaltes einen unkontrolliert heftigen Reaktionsverlauf bewirken kann. Aus diesem Grunde hat das für die Füllung des erfindungsgemäßen Hohldrahts verwendete Magnesiumsilizid vorzugsweise eine Zusammensetzung von 55 bis 63 Gew.-% Magnesium und 36,6 bis 45 Gew.-% Silizium.

    [0010] Um einen ruhigen und kontrollierten Reaktionsverlauf zu erzielen, ist es vorteilhaft, wenn der stöchiometrische Siliziumgehalt (36,6 Gew.-%) des Magnesiumsilizids nicht unterschritten wird. Das Magnesiumsilizid enthält deshalb vorzugsweise einen geringen Überschuß an Silizium.

    [0011] Besonders bevorzugt wird ein Magnesiumsilizid verwendet, das sich aus 58 bis 62 Gew.-% Magnesium und 37 bis 42 Gew.-% Silizium zusammensetzt.

    [0012] Ein Gehalt an Seltenerd-Metallen bis zu 1 Gew.-%, vorzugsweise 0,5 bis 0,75 Gew.-%, im Magnesiumsilizid verstärkt die kugelgraphitbildende Wirkung des Magnesiums sowie den ruhigen Reaktionsverlauf. Ein ruhiger kontrollierter Reaktionsverlauf ist eine notwendige Voraussetzung zur sicheren Einstellung eines gewünschten Restmagnesiumgehalts der Gußeisenschmelze bei gleichzeitig hoher Magnesiumausbeute.

    [0013] Die Füllung des Impfdrahtes kann außerdem 1 bis 15 Gew.-% Kohlenstoff und/oder 1 bis 50 Gew.-% Siliziumcarbid enthalten.

    [0014] Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnung beispielsweise näher erläutert.

    [0015] In der Zeichnung stellen dar:
    Figur 1
    das Gefüge von Gußeisen mit Kugelgraphit in perlitischer grauer Grundmasse, das in herkömmlicher Weise mit mit FeSi-Legierung gefülltem Impfdraht behandelt worden ist, in 100-facher Vergrößerung.
    Figur 2
    das Gefüge von Gußeisen mit Kugelgraphit in perlitischer grauer Grundmasse, das mit mit einem Gemisch aus FeSi-Legierung und Magnesiumsilizid gefülltem Impfdraht gemäß Erfindung behandelt worden ist, in 100-facher Vergrößerung.


    [0016] Ein Vergleich der in Figur 1 und Figur 2 wiedergegebenen Gefügebilder zeigt augenfällig die kornfeinende Wirkung von Magnesiumsilizid gemäß Figur 2. Die quantitative Gefügeanalyse der Gefüge von Gußeisen mit Kugelgraphit nach Figur 1 und Figur 2 ergibt, daß sich die Anzahl der als schwarze Punkte erkennbaren Sphärolithen von 511/mm² gemäß Figur 1 auf 1256/mm² gemäß Figur 2 mehr als verdoppelt hat, wobei, wie Figur 2 zeigt, daß die einzelnen Sphärolithen des mit dem erfindungsgemäß ausgebildeten Impfdraht behandelten Gußeisens mit Kugelgraphit deutlich kleiner sind.
    Figur 3
    stellt diesen Zusammenhang in einem Balkendiagramm dar, das die Abhängigkeit des mittleren Durchmessers der Sphärolithen von ihrer relativen Häufigkeit zeigt. Es ergibt sich eine deutliche Verschiebung der Durchmesser der Spärolithen des mit dem erfindungsgemäßen Impfdraht behandelten Gußeisens mit Kugelgraphit zu kleineren Durchmessern hin.
    Figur 4
    zeigt ein Balkendiagramm, aus dem hervorgeht, daß bei dem mit erfindungsgemäßem Fülldraht behandelten Gußeisen mit Kugelgraphit auch die Nodularität der einzelnen Spärolithen deutlich zunimmt. Das bedeutet, daß die Tendenz zu einer Entartung der Spärolithen, charakterisiert durch die Anzahl der Spärolithen mit geringer Nodularität, entsprechend deutlich abnimmt.



    Ansprüche

    1. Impfdraht, bestehend aus einem pulverförmiges Ferrosilizium als Füllung enthaltenden Hohldraht mit einem Mantel aus Stahl, Kupfer, Nickel oder Aluminiumlegierung, zur Herstellung von Gußeisen mit Kugelgraphit bzw. Vermikulargraphit,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Füllung 1 bis 50 Vol.-% pulverförmiges Magnesiumsilizid enthält.
     
    2. Impfdraht nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Magnesiumsilizid aus 55 bis 63 Gew.-% Magnesium und 36 bis 45 Gew.-% Silizium zusammengesetzt ist.
     
    3. Impfdraht nach Anspruch 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Magnesiumsilizid aus 58 bis 62 Gew.-% Magnesium und 37 bis 42 Gew.-% Silizium zusammengesetzt ist.
     
    4. Impfdraht nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Magnesiumsilizid 0,01 bis 1 Gew.-%, vorzugsweise 0,50 bis 0,75 Gew.-% Seltenerd-Metall enthält.
     
    5. Impfdraht nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Füllung auch 1 bis 15 % Kohlenstoff und/oder 1 bis 50 % Siliziumcarbid enthält.
     
    6. Verfahren zur Herstellung von Gußeisen mit Kugelgraphit bzw. Vermikulargraphit,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß man Impfdraht nach einem der Ansprüche 1 bis 5 einer Gußeisenschmelze so kurz wie möglich vor der Erstarrung zusetzt.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht