[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Überführung von thixotropen plastischen
Massen in einen Zustand erniedrigter Viskosität mit einer Matritze zur Aufnahme der
Masse, mit einem Preßstempel zum Vorschub der Masse in Richtung auf eine Austrittsöffnung
und mit einer, an einen Ultraschallschwinger angekoppelten Sonotrode.
[0002] Keramische Körper, neuerdings auch zunehmend Formteile aus anderen Materialien, wie
z.B. Quarzglas, werden aus pulverförmigen Ausgangsmaterialien hergestellt, indem diese
zunächst über geeignete Verfahren zu einem porösen Formkörper vorverdichtet und anschließend
oder gleichzeitig bei höheren Temperaturen, jedoch unterhalb der Schmelztemperatur,
zu dichten Körpern gesintert werden.
[0003] Ein Vorteil dieser Verfahrensweise ist, daß die Formgebung bei Raumtemperatur erfolgen
kann. Dadurch werden beispielsweise Zersetzungsprozesse oder Stöchiometrieänderungen
bei chemisch kompliziert aufgebauten Massen vermieden.
[0004] In der Regel werden die pulverförmigen Ausgangsstoffe zu hochgefüllten Suspensionen
verarbeitet und mit geeigneten Zusätzen wie organischen Bindemitteln, Gleitmitteln,
Emulgatoren, Stabilisatoren etc. versetzt. Die Suspensionen werden dabei durch intensives
Mischen und Scheren, z.B. durch Rühren oder Kneten, homogenisiert, wobei gleichzeitig
die Zerstörung von Partikelagglomeraten angestrebt wird.
[0005] So gewonnene keramische Massen werden dann durch geeignete Verfahren, wie Gießen,
Pressen, Walzen, Extrudieren, in die gewünschte Form gebracht. Dabei muß die Masse
einerseits noch fließfähig sein, um bei Einwirkung von Kräften verformt werden zu
können, andererseits muß die rheologische Fließgrenze jedoch groß genug sein, um eine
unerwünschte Verformung des Körpers nach der eigentlichen Formgebung zu vermeiden.
[0006] Diese auf den jeweiligen Formgebungsprozeß abgestimmten rheologischen Eigenschaften
der keramischen Massen lassen sich vor allem durch den Feststoffgehalt und durch Zusätze,
die die Viskosität und Fließgrenze beeinflussen, gezielt variieren.
[0007] Um die Verformbarkeit der Massen zu gewährleisten, ist der Feststoffgehalt der Gemische
nach oben begrenzt. Diese obere Grenze hängt von den Partikelgrößen und der Oberflächenchemie
des verwendeten keramischen Ausgangsmaterials sowie von Zusätzen (z.B. Bindemittel)
und dem verwendeten Dispergiermittel ab.
[0008] Damit die bei der Sinterung der verformten Grünkörper auftretende Brennschwindung
relativ klein bleibt, sind möglichst hohe Feststoffgehalte im porösen Grünkörper wünschenswert.
Dadurch wird die Gefahr der Verformung oder gar der Rißbildung während der Sinterung
beträchtlich reduziert. Außerdem können die Abmessungen des für die Sinterung verwendeten
Ofens verringert werden. Dies ist insbesondere bei großen Werkstücken und hohen Sintertemperaturen,
wie z.B. bei der Herstellung von Quarzglaskörpern aus submikroskopische SiO₂-Partikel
enthaltenden Suspensionen, von großer Bedeutung.
[0009] Weiterhin führt ein hoher Feststoffgehalt zu einer größeren mechanischen Festigkeit
des Grünkörpers und zu einer geringeren Trockenschwindung, was ebenfalls die Gefahr
der Rißbildung und Verformung reduziert.
[0010] Aus diesen Gründen ist es wünschenswert, sehr hoch gefüllte keramische Massen, die
sich aufgrund ihres hohen Feststoffgehaltes auf konventionelle Weise nicht mehr verformen
lassen, durch geeignete Verfahren unter Beibehaltung des hohen Füllgrades in einen
Zustand erniedrigter Viskosität zu überführen und anschließend in die gewünschte Form
zu bringen.
[0011] Hochgefüllte, sehr homogen aufgebaute Massen lassen sich z.B. durch ein Zentrifugalabscheidungsverfahren
herstellen, wie es in DE-OS 37 02 025 beschrieben ist. Dabei werden mit Hilfe der
Zentrifugalkraft aufeinanderfolgend dünne Schichten von Feststoffpartikeln aus dünnflüssigen,
niedrig konzentrierten Suspensionen abgeschieden. Auf solche Weise erhaltene feste,
kompakte, poröse Körper können dann mit Hilfe eines aus DE-OS 35 11 452 bekannten
Verfahrens und einer aus dieser Vorveröffentlichung bekannten Vorrichtung in einen
Zustand erniedrigter Viskosität überführt und verformt werden.
Bei diesem bekannten Verfahren wird unter Anwendung der bekannten Vorrichtung ein
Ultraschallfeld in die keramische Masse eingekoppelt. Durch die hierbei auf die Feststoffpartikel
ausgeübten Scherkräfte kommt es zu einer Störung der zwischen den Partikeln wirkenden
Anziehungskräfte. Hierdurch (Thixotropieeffekt) wird die Viskosität der Masse vermindert,
so daß diese fließfähig wird. In diesem Zustand kann das Material z.B. durch Strangpressen
zu rohr- oder stabförmigen Körpern verformt werden.
[0012] Nach Wegfall der Ultraschalleinwirkung, d.h. nach Wegfall der Scherkräfte, tritt
aufgrund der nun nicht mehr gestörten Wechselwirkung zwischen den Partikeln eine Wiederverfestigung
der Masse ein.
[0013] Je nach Freqenz und Amplitude des eingekoppelten Ultraschallfeldes und abhängig von
der Materialzusammensetzung können mit dieser Methode feste hochgefüllte Massen in
einen erweichten, verformbaren oder sogar in einen dünnflüssigen fließfähigen Zustand
überführt werden.
[0014] Trotz dieser erheblichen Vorzüge weist das in DE-OS 35 11 452 beschriebene Verfahren
jedoch einige Nachteile auf, deren Ursache in der Konstruktion der beschriebenen Vorrichtung
liegt.
[0015] Bei der bekannten Vorrichtung befindet sich die zu verformende Masse in einer mit
einer Austrittsöffnung versehenen Matrize. Ein als Ultraschallsonotrode ausgebildeter
Preßstempel wird in die Matritze eingeführt. Die durch Ultraschalleinwirkung in einen
Zustand erniedrigter Viskosität überführte keramische Masse wird dann bei Vorschub
der als Preßstempel dienenden Ultraschallsonotrode durch die Austrittsöffnung ausgepreßt.
[0016] Der Hauptnachteil dieser bekannten Anordnung besteht darin, daß die Masse aufgrund
ihrer Verteilung innerhalb des Rezipienten eine unterschiedliche UItraschallbehandlung
erfährt. Erfahrungsgemäß ist der Wirkungsbereich des Ultraschallfeldes in solchen
Massen auf einige Millimeter Eindringtiefe beschränkt. Somit erfährt das Material,
das sich vor Beginn des Preßversuches unmittelbar vor der Sonotrodenoberfläche befindet,
während der gesamten Versuchsdauer die optimale Ultraschallwirkung.
[0017] Dagegen wird das übrige im Rezipienten befindliche Material mit zunehmendem Abstand
vom Sonotrodenstempel immer weniger durch die eingekoppelte Ultraschallenergie beeinflußt.
[0018] Die Bedingungen, unter denen das Material durch die Austrittsöffnung austritt, sind
also zeitlich nicht konstant, bzw. sie ändern sich mit der Position des Materials
relativ zur Sonotrodenoberfläche.
[0019] Hieraus resultieren ein z.B. mit fortschreitender Versuchsdauer abnehmender Druck,
der für das Auspressen benötigt wird. Die Druckabnahme folgt dabei direkt aus der
Tatsache, daß die Viskosität des austretenden Materials mit fortschreitender Versuchsdauer
stark abnimmt. Zunächst wird eine nicht oder nur geringfügig erweichte Masse unter
sehr hohem Druck ausgepreßt; gegen Ende des Versuchs dagegen ist eine unter Umständen
sehr niedrig viskose Masse bei nur geringen Preßkräften auszupressen.
[0020] Andere Materialeigenschaften, wie z.B. Packungsdichte, Konzentration von Hohlräumen
und Makroporen, Homogenität etc. sind ebenfalls zeitlich nicht konstant. Dies führt
zu über die Probenlänge variienden Formkörpereigenschaften.
[0021] Des weiteren ist ein kontinuierlicher Betrieb mit der aus DE-OS 35 11 452 bekannten
Vorrichtung nicht möglich: nach Annäherung des Preßstempels an die Austrittsöffnung,
d.h. nach Auspressen einer Matritzenfüllung, muß der Stempel aus dem Rezipienten entfernt
und die Matrize muß gesäubert und mit neuem Material beschickt werden. Dadurch ist
die Menge der in einem Versuchsdurchlauf zu verarbeitenden Masse durch die Länge des
Rezipienten begrenzt.
[0022] Dies hat erhebliche Nachteile für eine technische Fertigung zur Folge.
[0023] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die eingangs beschriebene Vorrichtung so
zu verbessern, daß eine hochgefüllte, aus feinen Pulverpartikeln bestehende plastische,
keramische Masse durch Einkoppeln eines Ultraschallfeldes gleichmäßiger in einen Zustand
erniedrigter Viskosität überführt wird.
[0024] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch
- eine zweiteilige Matritze, die aus einem ersten und einem zweiten Hohlkörper besteht,
wobei die Hohlkörper bündig über einen Flansch aneinander anschließen und jeweils
eine stirnseitige Öffnung aufweisen,
- eine Sonotrode, die gleitfähig eng in den ersten Hohlkörper körper eingepaßt ist und
an einen, vor der stirnseitigen Öffnung des ersten Hohlkörpers angeordneten Piezoschwinger
angekoppelt ist und
- einen Preßstempel, der in dem zweiten, zur Aufnahme der in einen Zustand erniedrigter
Viskosität zu überführenden Masse vorgesehenen Hohlkörper von der stirnseitigen Öffnung
des zweiten Hohlkörpers in Richtung auf die Sonotrode verschiebbar ist und die Masse
im Zustand erniedrigter Viskosität über eine der Sonotrode unmittelbar benachbarte
Austrittsöffnung aus dem zweiten Hohlkörper herauspreßt.
[0025] Eine vorteilhafte Weiterbildung der erfindungsgemäßen Vorrichtung ist gekennzeichnet
durch einen als Förderschnecke ausgebildeten Preßstempel.
[0026] Mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung sind die Vorteile verbunden, daß eine in einen
Zustand erniedrigter Viskosität zu überführende thixotrope Masse unter konstantem
Preßdruck gleichmäßig verflüssigt und vorzugsweise kontinuierlich in z.B. eine Form
hinein aus der Vorrichtung ausgepreßt werden kann. Eine kontinuierliche Prozeßführung
ist gerade im Hinblick auf eine Großserienfertigung von besonderem Vorteil.
[0027] Der Vorteil der erfindungsgemäßen Vorrichtung liegt im Vergleich zu der aus DE-OS
35 11 452 bekannten Vorrichtung darin, daß die gesamte zu verflüssigende Masse in
den wirksamen Bereich der Sonotrode gelangt. Somit erfährt die gesamte in den Rezipienten
gefüllte Masse die gleiche Behandlung, da die Verweilzeit des durchgesetzten Materials
im wirksamen Bereich der Sonotrode nahezu unabhängig von der anfänglichen Position
des Materials im Rezipienten ist.
[0028] Ein weiterer Vorteil ist, daß die Austrittsöffnung für die verflüssigte Masse beliebig
geformt sein kann, da sie von der Form der Sonotrode unabhängig ist. So sind je nach
Art der anschließenden Formgebung schlitz- oder kreisförmige Öffnungen mit verschiedenen
Abmessungen möglich.
[0029] Nach der Weiterbildung der erfindungsgemäßen Vorrichtung, gemäß welcher statt eines
Preßstempels eine Förderschnecke eingesetzt wird, über die fortlaufend Material nachgeliefert
werden kann, ist ein kontinuierlicher Prozeß betreibbar.
[0030] Enthalten die zu verarbeitenden Massen organische Bestandteile, wie z.B. organische,
polymere Binder, ist es vorteilhaft, das vor der Sonotrode befindliche Material über
den die beiden Hohlkörper verbindenden Flansch und/oder über den Preßstempel zu kühlen,
um eine Zersetzung der organischen Verbindungen durch die während der Ultraschallbehandlung
auftretende Erwärmung des Materials zu verhindern.
[0031] Der Flansch bzw. der Preßstempel müssen dann Leitungen fürein Kühlmedium enthalten.
[0032] Anhand von Ausführungsbeispielen wird die Erfindung beschrieben und in ihrer Wirkungsweise
erläutert.
[0033] Die Figur zeigt schematisch eine Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung
mit einem Preßstempel im Schnitt.
[0034] In einer teilbaren Matritze mit einem ersten Hohlkörper 4 und einem zweiten Hohlkörper
5 befindet sich eine Ultraschallsonotrode 2, die an den ersten Hohlkörper 4 mittels
einer Haltevorrichtung 10 angekoppelt ist. Sie wird durch einen Piezoschwinger 3 in
Ultraschallschwingungen mit Frequenzen zwischen f = 20 kHz und f = 1 MHz versetzt.
Zu verarbeitende plastische, keramische Masse 8, die aus feinen Pulvernpartikeln und
flüssigen Bindemitteln besteht, befindet sich im zweiten Hohlkörper 5 vor der Sonotrode
2. Durch einen Preßstempel 1 wird die plastische Masse 8 unter einem Druck p gegen
die Oberfläche der Sonotrode 2 gepreßt. Dort bildet sich aufgrund der durch das Ultraschallfeld
auf die Partikel wirkenden Scherkräfte ein Bereich erniedrigter Viskosität 9 aus.
Das fließfähige Material 9 tritt durch eine Austrittsöffnung 7 aus dem zweiten Hohlkörper
5 aus und kann vor der Wiederverfestigung formgebend weiterverarbeitet werden.
Ausführungsbeispiel 1.
[0035] Aus einer niedrig konzentrierten wässerigen Suspension von pyrogener Kieselsäure
mit einer mittleren Teilchengröße von 40 nm wird mit Hilfe des z.B. aus DE-OS 37 02
025 bekannten Zentrifugalabscheidungsverfahrens ein kompaktes, poröses, sehr homogen
aufgebautes, rohrförmiges Sediment mit einem Feststoffgehalt von 54 Gew.% abgeschieden.
[0036] Unter normalen Bedingungen läßt sich dieses Sediment nicht verformen.
[0037] 300 g dieses noch nicht getrockneten Materials werden in die Vorrichtung gemäß Figur
1 eingefüllt. Über die Sonotrode 2 wird ein Ultraschallfeld mit einer Frequenz von
f = 20 kHz und einer Leistung von P = 1 kW in das Material 8 unter einem Druck von
2,5 bar auf die Sonotrodenoberfläche eingekoppelt. Das hier befindliche Material wird
durch die auf die Partikel wirkenden Scherkräfte verflüssigt und tritt aus der Austrittsöffnung
7, die bei diesem Beispiel eine Spaltbreite von 0,5 mm hat, aus. Der Druck p bleibt
während der gesamten Versuchsdauer konstant bei 2,5 bar. Die Viskosität der austretenden
verflüssigten Masse 9 beträgt etwa 65 mPas und ist während der Versuchsdauer konstant.
[0038] Die ausgeflossene Masse 9 wird in eine zylindrische Hohlform gegossen. Nach der Wiederverfestigung,
die nach etwa 11 min eintritt, kann die Probe entnommen und zu einem porösen Stab
(Durchmesser = 10 mm, Länge = 60 cm) mit einer Dichte von 46 % der theoretischen Dichte
von 2,2 g/cm³ getrocknet werden. Die Dichte des Formkörpers ist über die gesamte Länge
konstant.
Ausführungsbeispiel 2.
[0039] Eine wie im ersten Ausführungsbeispiel hergestellte poröse SiO₂-Masse, die jedoch
neben H₂O noch 7 Gew.% Polyvinylalkohol als Bindemittel und 3,0 Gew.% Triäthylenglykol
als Weichmacher enthält, wird wie oben beschrieben, in einen Zustand erniedrigter
Viskosität überführt. Bei dieser Materialzusammensetzung beträgt der hierfür benötigte
Druck p = 9 bar.
[0040] Die austretende verflüssigte Masse 9 ist im Gegensatz zu binderlosem Material zähflüssig
und verfestigt sich bereits nach einer Dauer von etwas 5 min.
[0041] Das Material kann mit Hilfe eines Ziehrakels zu einer Folie von 20 µm Dicke und einer
grünen Dichte von 38 % der theoretischen Dichte ausgezogen werden.
Ausführungsbeispiel 3.
[0042] Es wird wie zu Beispiel 2 beschrieben vorgegangen. Als keramischer Feststoff ist
jedoch in diesem Fall feinteiliges BaTiO₃ eingesetzt worden. Das zentrifugierte Sediment
hat einen Feststoffanteil von 81 Gew.% und enthält 3,1 Gew.% Polyvinylalkohol und
2,5 Gew.% Triäthylenglykol. Zum Auspressen ist ein konstanter Druck von p = 21 bar
erforderlich. Die verflüssigte Masse 9 kann zu einer Folie mit einer homogenen Dichte
von 45 % der theoretischen Dichte ausgewalzt werden.