[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Anlage zur sekundärmetallurgischen Behandlung
flüssigen Stahles, die innerhalb einer Erzeugungskette, bestehend aus einer Schmelzeinrichtung,
wie Elektroofen oder Konverter, und einer Gießeinrichtung, insbesondere einer Stranggießanlage
angeordnet ist.
[0002] Derartige Anlagen sind im Prinzip und hinsichtlich der technischen Ausgestaltung
der einzelnen Aggregate und Verfahrensstufen bekannt, Z. B. aus Stahl u. Eisen 109
(1989), Nr. 22, Seite 1047 bis 1056. Die Rohstahlerzeugung wird dabei entweder in
einem Elektrolichtbogenofen oder einem Konverter vorgenommen. Daran anschließend wird
der flüssige Stahl einer Station zur sekundärmetallurgischen Behandlung zugeführt
und fertiggemacht und letztlich auf einer Stranggießanlage bzw. als Blockstahl vergossen.
[0003] Eine derartige Prozeßkette ist auch aus einem Prospekt der Mannesmann Demag Hüttentechnik
6.13.3.11 E 08.09.2000 bekannt. Als Aggregat zur sekundärmetallurgischen Behandlung
kommt hier eine VOD-Anlage zum Einsatz, s. Fig. 11 mit Beschreibung.
[0004] Die Größe der einzelnen Anlagenteile bzw. deren Kapazität ist so aufeinander abgestimmt,
daß für eine bestimmte Erzeugungsmenge ein reibungsloser Materialfluß innerhalb der
Prozeßkette gewährleistet ist.
[0005] Der Verfahrensablauf innerhalb der VOD-Station wird anhand von Bild 1 erläutert.
Er gliedert sich in die Abschnitte A - F:
A - entspricht der Zeit für die Zuführung der Pfanne zum Ort der Behandlung sowie
die Vorbereitung durch Inertgasanschluß und -einstellung der Spülintensität sowie
Abdeckung mittels mit Feuerfestmaterial ausgekleidetem oder wassergekühltem Deckel.
Letzterer reduziert die Zeit bei vorliegendem Beispiel um mehr als die Hälfte.
B - enthält das eigentliche Vakuumfrischen. Angenommen wurden Eingangs-C-Gehalte von
0,60 % und Si-Gehalte von 0,20 % für die Stahlgüte V2A. Entsprechend einer sich ändernden
Analyse sind kürzere oder längere Zeiten in Rechnung zu stellen.
C - beinhaltet die Auskochzeit im Anschluß an das Sauerstofffrischen.
D - ist die Zeit für die Aufgabe der Schlackenbildner und der Reduktionsmittel. Im
Falle des zum Einsatz gelangten Deckels mit ff-Material ist dieser zu diesem Zeitpunkt
zu entfernen, was im Unterschied zu dem in der Anlage installierten wassergekühlten
Deckel einen zeitlichen Mehrbedarf beansprucht.
E - umfaßt die Reduktionszeit, deren Dauer von Erfordernissen wie Reduktion, Entgasung,
Entschwefelung abhängig ist.
F - bezieht sich auf die Analysenkorrektur sowie die Temperaturmessung mit den Einzelaktivitäten
wie Probenahme, Temperaturmessung, Legierung, Kühlschrottzugabe, Abdecken der Pfanne.
[0006] Im Kontex mit den vor- bzw. nachgeschalteten Produktionseinrichtungen sind dabei
die in den Bildern 2 bis 4 dargestellten Varianten möglich und bekannt.
[0007] Bild 2 (Variante 1) gibt die ursprüngliche Behandlungsfolge an nur einem Vakuumstand
wieder. Die auf Bild 3 dargestellte Variante 2 sieht die Schlußbehandlung der Schmelze
in einem gesonderten Spülstand vor.
[0008] Variante 3 (Bild 4) enthält einen zweiten Behandlungsstand. Eine weitere Reduzierung
der Taktfolge ist begrenzt durch die Verfügbarkeit des herkömmlichen einen Vakuumpumpensystems,
üblicherweise bestehend aus Wasserringpumpen und Dampfstrahlern.
[0009] Diese bekannten Konzepte der Prozeßkette Schmelzeinrichtung - VOD-Anlage - Gießeinrichtung
stellen keine grundsätzlichen Lösungen dar, die niedrigen Taktzeiten von Schmelz-
und Gießeinrichtungen auch nur näherungsweise zu erreichen oder eine Anpassung aneinander
vorzunehmen. Veränderungen innerhalb der einmal festgelegten Linie wären nur durch
Einbeziehung einer kostenaufwendigen, zusätzlichen metallurgischen Einrichtung oder
der Verlagerung der Fertigmachzeit der Schmelzen nach der Reduktionsbehandlung in
einen gesonderten Spülstand möglich. Auch ist das Gesamtsystem unflexibel in bezug
auf Änderungen metallurgischer oder gießtechnischer Verfahrensweisen, die sich auf
die Taktzeit der einzelnen Stufen im Sinne einer Verkürzung dieser Taktzeiten auswirken.
[0010] Das Problem besteht also darin, eine Lösung zu finden, die mit geringstmöglichem
Aufwand ein hohes Maß an Flexibilität und eine Anpassung der VOD-Behandlungszeit an
die Taktzelten der vor- bzw. nachgeschalteten Schmelz- und Gießeinrichtungen gewährleistet.
[0011] Die Erfindung geht von einer bekannten VOD-Anlage aus. Diese besteht im Regelfall
aus einer Kombination von Wasserringpumpen und dem eigentlichen Kern der Vakuumanlage,
den Dampfstrahlern.
[0012] Hinsichtlich des Anlagenteils gemäß Gattungsbegriff des Anspruches 1 wird das Problem
gelöst durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruches 1. Erfindungsgemäße Weiterentwicklungen
enthalten die Unteransprüche 2 bis 5.
[0013] Das Verfahren zur Schmelzenbehandlung gemäß Gattungsbegriff des Anspruches 6 wird
hinsichtlich des vorgenannten Problems erfindungsgemäß weiterentwickelt mit den kennzeichnenden
Merkmalen des Anspruches 6.
[0014] Vorteilhafte Weiterentwicklungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind in den Anspruch
7 angegeben.
[0015] Nachfolgend soll die Erfindung näher erläutert werden, wobei Bezug genommen wird
auf die Fig. 6 und 7.
[0016] In Fig. 6 ist zunächst in der ersten Zeile, mit VAK-Stand 1 (Behälter 1) bezeichnet,
der übliche Behandlungsablauf einer Schmelze in einer VOD-Anlage dargestellt, wie
er sich aus Fig. 1 ergibt, lediglich mit der Abwandlung, daß der Behandlungsabschnitt
F in einen Konditionierungsstand verlegt wurde.
[0017] Nach Abschluß aller vorbereitenden Arbeiten (Zeitabschnitt A) wird im Behälter 1
gemäß Fig. 7 durch Einschalten der Wasserringpumpen 5' bei geschlossener Absperrvorrichtung
9, 9', 12 über die Saugleitung 10, 11' bei geöffneter Absperrvorrichtung 12' ein mittleres
Vakuum von z.B. 180 mbar erzeugt. In diesem Zeitabschnitt B wird auf die Schmelze
in der Gießpfanne 2 durch die Einrichtung zur Sauerstoffzufuhr 6' Sauerstoff auf die
Schmelze aufgeblasen. Die Sauerstoffzufuhr kann auch über eine abbrennbare Lanze erfolgen.
[0018] Gegen Ende dieses Abschnittes B, bei geringer werdendem Gasanfall aus der Schmelze,
wird die Absperrvorrichtung 9' geöffnet und dafür die Absperrvorrichtung 12' geschlossen,
so daß nunmehr der Behälter 1 von den Wasserringpumpen 5 und den Dampfstrahlern 4
auf ein gewünschtes Tiefvakuum bestimmter Größe gefahren wird. Während dieser Zeit
kann weiterhin Sauerstoff geblasen werden. Nach Beendigung der Sauerstoffzufuhr schließen
sich die Behandlungsschritte bzw. Behandlungsabschnitte C - Auskochen - und E - Reduzieren
- (unter Einleiten von Spülgasen) an.
[0019] Während dieser Behandlung im Behälter 1 wird in den VAK-Stand 2 (Behälter 1') eine
weitere Pfanne 2 eingesetzt und es erfolgt eine Behandlung nach der für die erste
Pfanne beschriebenen Art, d. h. es wird die Absperrvorrichtung 12 geöffnet, so daß
im Behälter 1' ein mittleres Vakuum mit Hilfe der Wasserringpumpen 5' über die Rohrleitungen
10, 11 erzeugt wird.
[0020] Mit Abschluß der Behandlungszelt E für die erste Pfanne im Behälter 1 ist gleichzeitig
die Vorbehandlung der Schmelze im Behälter 1' abgeschlossen.
[0021] Bei dem gewählten Beispiel wird nun die erste Schmelze in einem in Fig. 7 nicht dargestellten
Konditionsierungsstand überführt und fertiggemacht. Der Behälter 1 steht jetzt für
die Aufnahme einer dritten Gießpfanne zur Verfügung, während der Behälter 1' durch
entsprechende Betätigung von Absperrvorrichtungen einem Tiefvakuum unterworfen werden
kann.
[0022] In dem vorliegenden Beispiel werden zwar stets als Einrichtungen für die Erzeugung
eines mittleren Vakuums Wasserringpumpen benutzt und für die Erzeugung des Tiefvakuums
eine Kombination von Wasserringpumpen und Dampfstrahlern, jedoch kann auch für das
mittlere Vakuum eine Dampfstrahlanlage entsprechender Auslegung benutzt werden.
[0023] Mit der erfindungsgemäßen Lösung wird der Zweck verfolgt, eine höhere zeitliche Auslastung
der vor- und nachgeschalteten Schmelz- und Gießeinrichtungen durch z. B. Sequenzguß
beim Stranggießen bei höherer Schmelzleistung oder verringerter Größe der Öfen zu
erreichen.
[0024] Die erzielten Vorteile stellen sich dar als Produktionssteigerung der Anlage bei
verringerten Investitions- und Betriebskosten, einer erhöhten Auslastung der Vakuumeinrichtung
und erhöhte Anpassungsmöglichkeit der VOD-Behandlungen an die Taktfolge der Schmelz-
bzw. Gießeinrichtungen.
[0025] In Fig. 5 ist ein Zeitablaufsschema der erfindungsgemäßen Lösung unter Einbeziehung
eines Elektrolichtbogenofens bzw. Konverters und einer Stranggießanlage dargestellt,
wobei die Taktzeit der Vakuumanlage 55 min beträgt.
[0026] Die durch die erfindungsgemäße Lösung möglichen Effekte sind der nachfolgenden Übersicht
zu entnehmen mit ihren Auswirkungen auf Behandlungszeit, Produktivität bzw. Anlagengröße`
Auswirkungen auf |
Veränderung der erfindungsgemäßen Lösung (Var. 4) gegenüber den vorbekannten Lösungen |
|
Var. 1 100 % bzw. t |
Var. 2 100 % bzw. t |
Var. 3 100 % bzw. t |
Behandlungszeit |
37 % |
50 % |
54 % |
Produktivität |
269 %/t |
200 %/t |
186 %/t |
Anlagengröße |
37 t |
50 t |
54 t |
[0027] Dabei ist zu ergänzen, daß - gleiche Taktzeit vorausgesetzt - diese Effekte auch
bei den vor- und nachgeschalteten Schmelz- und Gießeinrichtungen eintreten. Beispielsweise
könnte im Vergleich mit Var. 3 (Fig. 4) bei der erfindungsgemäßen Lösung - gleiche
Produktionshöhe vorausgesetzt - die Anlagengröße von 100 auf 54 t reduziert werden,
dies sowohl im Hinblick auf Schmelzeinrichtung, Vakuum- und Stranggießanlage.
1. Anlage zur sekundärmetallurgischen Behandlung flüssigen Stahles innerhalb einer aus
einer Schmelzeinrichtung und einer Gießeinrichtung, insbesondere einer Stranggießanlage
bestehenden Erzeugungskette mit zwei Ständen für je einen evakuierbaren, eine Stahlschmelze
enthaltenden Behälter (1, 1'), die Einrichtungen (6, 6') zur Sauerstoffzufuhr und
Einrichtungen (7, 7') zur Zugabe von Zuschlagstoffen zur Schmelze aufweisen und Rohrleitungen
(3), die die Behälter (1, 1') mit einer Einrichtung zur Erzeugung eines Vakuums verbinden,
wobei eine Einrichtung, bestehend aus einer Wasserringpumpenstation (5') zur Erzeugung
eines mittleren Vakuums und eine Einrichtung (4, 5), bestehend aus Wasserringpumpen
(4) und Dampfstrahlern (5) zur Erzeugung eines Tiefvakuums vorgesehen sind und die
Behälter wahlweise nur der Einrichtung zur Erzeugung eines mittleren Vakuums (5')
oder der Einrichtung zur Erzeugung eines Tiefvakuums (4, 5) zuschaltbar sind.
2. Anlage nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Behälter (1, 1') zur Aufnahme von Gießpfannen (2) ausgelegt sind.
3. Anlage nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß die Behälter (1, 1') von Gießpfannen (2) mit aufsetzbaren,
vakuumdichten Deckeln gebildet sind.
4. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Behälter (1, 1') Einrichtungen (8, 8') zur Einleitung von Gasen in die Schmelze
aufweisen.
5. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Behälter (1, 1') an einer Abzweigrohrleitung (3') der Rohrleitung (3), die
zur Einrichtung (4, 5) zur Erzeugung des Vakuums führt, angeschlossen sind und zwischen
der Abzweigstelle (3'') und den Behältern (1, 1') Absperrvorrichtung (9, 9') angeordnet
sind und eine von den Wasserringpumpen (5') kommende Saugleitung (10) über ihre Abzweigungen
(11, 11') über Absperrvorrichtungen (12, 12') an die Rohrleitung (3') in einem Bereich
zwischen Behälter (1, 1') und den jeweiligen Absperrvorrichtungen (9, 9') angeschlossen
ist.
6. Verfahren zur sekundärmetallurgischen Behandlung von Stahlschmelze unter Vakuum, insbesondere
unter Verwendung einer Anlage nach den Ansprüchen 1 bis 5, mit den Verfahrensschritten
1. Frischen der Schmelze unter gleichzeitiger Sauerstoffzufuhr,
2. Auskochenlassen der Schmelze im Anschluß an die Sauerstoffzufuhr,
3. Zusatz von Reduktionsmitteln mit anschließender Behandlungszeit zur Entgasung und
Entschwefelung der Schmelze und
4. Analysenkorrektur und Legieren,
wobei mindestens ein Verfahrensschritt bei gleichzeitigem Einleiten eines weiteren
Gases, insbesondere von Inertgasen, in die Schmelze vorgenommen wird und zwei Schmelzen
gleichzeitig dem Vakuum ausgesetzt werden,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Schmelzen zeitlich versetzt dem Vakuum derart ausgesetzt werden, daß jeweils
die eine der Schmelzen unter einem mittleren Vakuum und während dieser Zeit die andere
Schmelze - die vorher dem mittleren Vakuum ausgesetzt war - in demselben Behälter
unter einem Tiefvakuum behandelt wird.
7. Verfahren nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet, daß das mittlere Vakuum in einem Bereich von 1 bar bis zu
200 mbar und das tiefere Vakuum unterhalb dieses Wertes betrieben wird.