[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einphasiger, inkongruent innerhalb
eines Temperaturbereiches von 900 bis 2000 K schmelzender intermetallischer Phasen
mit einem Homogenitätsbereich ≦ 10 Atom-% bei Raumtemperatur durch calciothermische
Reduktion eines feinteiligen, homogenen Gemisches der Legierungsbestandteile, von
denen mindestens einer in Form eines Oxides vorliegt, anschließende Diffusion der
Legierungsbestandteile und Abtrennung des gebildeten Calciumoxids und gegebenenfalls
überschüssigen Calciums.
[0002] Die intermetallischen Verbindungen stehen zwischen den Metallen und den Keramiken.
Sie verbinden häufig anwendungstechnisch interessante Eigenschaften dieser beiden
Werkstoffklassen, wie hohe Härte, Warmfestigkeit, Korrosionsbeständigkeit bei hohen
Temperaturen, Supraleitung, Dauermagnetismus oder magneto-optische Beeinflußbarkeit.
Es gibt deshalb zahlreiche Untersuchungen und Veröffentlichungen hinsichtlich einer
möglichen technischen Anwendbarkeit intermetallischer Phasen, von denen stellvertretend
die folgenden Veröffentlichungen genannt werden sollen: Intermetallische Phasen, Autorenkollektiv,
VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig (1977), E. Fitzer in: Warmfeste
und korrosionsbeständige Sinterwerkstoffe, Metallwerk Plansee, Springer Verlag, Wien
(1956) und Intermetallic Compounds, J.H. Westbrook, J. Wiley & Sons, New York (1967).
[0003] Beispiele für solche technisch genutzten intermetallischen Phasen sind Permanentlegierungen
auf der Basis der intermetallischen Verbindung SmCo₅ (J. Appl. Phys.
38, 1001 (1967)) oder Hochtemperaturwerkstoffe aus MoSi₂ (Fitzer, loc. cit.).
[0004] In vielen Fällen wurden aber die Aktivitäten zur Herstellung intermetallischer Verbindungen
schließlich eingestellt, teils weil häufig bereits die Darstellung der aussichtsreichen
intermetallischen Verbindungen scheiterte, teils weil durch beträchtliche Schwierigkeiten
bei der Herstellung Produkte mit den gewünschten Eigenschaften nicht in technisch
verwertbarer oder reproduzierbarer Weise erhalten werden konnten.
[0005] Besondere Schwierigkeiten bei der Herstellung ergeben sich bei intermetallischen
Phasen mit einem inkongruenten Schmelzpunkt. Technisch bedeutende, inkongruent schmelzende
intermetallische Phasen sind beispielsweise Er₃Co, ErNi₂, Er₃Ni, Fe₂Tb, Fe₂Nd, Nd₃Ni,
Nd₂Fe₁₄B, SmCo₅, Sm₂Co₇, Nb₃Ge, Nb₃Sn, Nb₃Ti, Ni₃Al, Ti₃Al und TiAl.
[0006] Die Schwierigkeiten der Herstellung einphasiger inkongruent schmelzender intermetallischer
Verbindungen sollen am Beispiel der intermetallischen Phasen Nd₂Fe₁₄B, Sm₂Fe₁₇ und
γ-TiAl gezeigt werden.
1. Nd₂Fe₁₄B
[0007] Aus der EP-PS 0 101 552 und der US-PS 4 756 775, die hier nur stellvertretend genannt
werden, sind NdFeB-Legierungen mit außergewöhnlichen magnetischen Eigenschaften bekannt.
[0008] Die technisch bedeutendsten Herstellungsverfahren für NdFeB sind:
1. die konventionelle Schmelzmetallurgie mit Blockguß,
2. die calciothermische Koreduktion und
3. die Schmelzmetallurgie mit rascher Erstarrung.
[0009] Die konventionelle Schmelzmetallurgie (1) umfaßt die calciothermische Reduktion des
NdFe₃ oder die Schmelzflußelektrolyse zur Herstellung von Nd-Metall und das anschließende
vakuuminduktive Erschmelzen der gewünschten NdFeB-Legierung (K. Ohashi in: Proc. of
the Gorham Advanced Materials Institute, Seattle, Washington (1990), Metal Powder
Report, MPR Publishing Services Ltd., Bellstone Shrewbury, Shropshire SY1HU England,
42, 6, 438 (1987)).
[0010] Bei dem Koreduktionsverfahren (2) werden verschiedene Oxide calciothermisch reduziert
und in einem Diffusionsprozeß zu einer NdFeB-Legierung umgesetzt. Während des Reduktions-
und Diffusionsprozesses entsteht CaO, das nachfolgend naßchemisch von der NdFeB-Legierung
abgetrennt wird (Proc. of the 8th Intern. Workshop REPM and their Appl., Dayton, 587
(1985) und Metal Powd. Rept.
42, 438 (1987)).
[0011] Die NdFeB-Legierungen, hergestellt mit den Verfahren (1) und (2), werden zur pulvermetallurgischen
Fertigung von anisotropen Sintermagneten eingesetzt.
[0012] Das Verfahren der raschen Erstarrung (3) beginnt ebenfalls mit dem vakuuminduktiven
Erschmelzen einer NdFeB-Vorlegierung, die dann durch Meltspinning versponnen wird
(J. Appl. Phys. 53, 2078 (1984)). Es entsteht eine nanokristalline NdFeB-Legierung
mit einer Kristallitgröße < 400 nm. Die nanokristallinen NdFeB-Legierungen haben isotrope
Magneteigenschaften.
[0013] Die z. Z. auf dem Markt erhältlichen schmelzmetallurgischen oder koreduzierten NdFeB-Legierungen
weisen üblicherweise Nd- oder Seltenerdkonzentrationen zwischen 32 bis 36 Gew.-% auf.
[0014] Bei Untersuchungen der Mikrostruktur von Magneten der Zusammensetzung Nd₁₅Fe₇₇B₈,
Nd
14,5Fe
77,5B₈ und Nd
16,7Fe
75,5B
7,8 wurden übereinstimmend die Phasen Nd₂F₁₄B, Nd
1,1Fe₄B₄, eine Nd-reiche Phase und α-Fe nachgewiesen.
[0015] Die rasch erstarrten nanokristallinen NdFeB-Legierungen enthalten für gewöhnlich
Nd-Konzentrationen zwischen 28 und 30 Gew.-%, wobei sich die versponnenen NdFeB-Legierungen
im wesentlichen aus einem zweiphasigen Gefüge aus Nd₂Fe₁₄B und einer Nd-reichen Korngrenzenverbindung
zusammensetzen und nur geringe Anteile einer Verbindung der Zusammensetzung Nd₂FeB₃
vorhanden sind.
[0016] Eine Übersicht der heutigen Permanentmagnetlegierungen und deren Anwendung kann Proc.
of the IEEE
78, 6, 923 (1990) entnommen werden. Danach weisen die verfügbaren NdFeB-Legierungen
für gesinterte Magnete eine Remanenz von B
r = 10 bis 12,8 kG, eine Koerzitivkraft von iH
c = 8 bis 24 kOe und Energieprodukte von (BH)
max = 25 bis 40 MGOe auf. Die isotropen, versponnenen NdFeB-Legierungspulver weisen nur
eine Remanenz von 8 bis 9 kG, eine Koerzitivfeldstärke von iH
c = 15 bis 17 kOe und ein Energieprodukt von (BH)
max = 12 bis 14 MGOe auf. Deutlich verbesserte magnetische Eigenschaften besitzen die
heiß verformten, anisotropen, nanokristallinen Legierungspulver. Die Remanenz beträgt
B
r = 10 bis 12,2 kG, die Koerzitivfeldstärke iH
c = 12 bis 20 kOe und das Energieprodukt (BH)
max = 22 bis 35 MGOe.
[0017] Die wesentlichen Nachteile von schmelzmetallurgischen oder koreduzierten Legierungen
für gesinterte NdFeB-Magnete sind:
1. Der Curiepunkt der intermetallischen Verbindung Nd₂Fe₁₄B beträgt nur Tc = 596 K, bei T = 423 K wird eine Umorientierung der ausgerichteten Spins beobachtet.
Damit ist die Anwendungstemperatur ternärer NdFeB-Legierungen auf etwa 400 K beschränkt.
2. Die heute verfügbaren NdFeB-Magnete weisen eine unzureichende Korrosionsbeständigkeit
auf, was auf eine verstärkte Bildung einer Nd-reichen Phase zurückgeführt wird.
[0018] Magnete aus nanokristallinen NdFeB-Pulvern weisen einen geringeren Anteil der Nd-reichen
Phase auf, was ein verbessertes Korrosionsverhalten als bei konventionellen Sintermagneten
bedingt.
[0019] Die rasch abgeschreckten NdFeB-Pulver besitzen zusammenfassend folgende Nachteile:
1. Die nanokristallinen Legierungen weisen ebenfalls eine mangelnde Temperaturstabilität
auf.
2. Die isotropen, nanokristallinen Pulver besitzen aufgrund ihrer Isotropie vergleichsweise
niedrige magnetische Eigenschaften.
3. Die Herstellung nanokristalliner NdFeB-Legierungspulver durch Meltspinning ist
ein verfahrenstechnisch aufwendiger und teurer Prozeß.
4. Die nanokristallinen NdFeB-Legierungen sind für pulvermetallurgisch hergestellte
Sintermagnete ungeeignet.
[0020] Demgegenüber weist von allen NdFeB-Legierungen die einphasige inkongruent schmelzende
intermetallische Verbindung Nd₂Fe₁₄B die bislang mit Abstand höchste Sättigungsmagnetisierung
und das bestmögliche Korrosionsverhalten auf.
[0021] Koon et al. (J. Appl. Phys.
57, 1, 4091 (1985) untersuchten die magnetischen Eigenschaften von R₂Fe₁₄B-Einkristallen
mit R = Y, Nd und Tb. Die Einkristalle wurden mittels der Czochralski-Methode hergestellt
(B. N. Das, N. C. Koon in: High Performance Permanent Magnet Materials, Proceedings
of the Materials Research Society, Anaheim, USA,
96, 41 (1987)).
[0022] Nach diesen Untersuchungen weist Nd₂Fe₁₄B eine Sättigungsmagnetisierung bei Raumtemperatur
von 4πM
s = 16,2 kG auf, was einem maximal erreichbaren Energieprodukt von theoretisch (BH)
max = 65,6 MGOe entspricht.
[0023] In zahlreichen Untersuchungen wurde allerdings gezeigt, daß das einphasige Nd₂Fe₁₄B
keine nach außen meßbare Koerzitivfeldstärke und ein nur unzureichendes Sinterverhalten
besitzt. Nach diesen Untersuchungen ist eine nichtmagnetische Phase, wie die Nd-reiche
Phase, in den mehrphasigen NdFeB-Sintermagneten erforderlich, um einerseits eine makroskopisch
meßbare Koerzitivkraft zu erzeugen und andererseits durch Bildung einer flüssigen
Phase während des Sinterprozesses bei der Magnetfertigung die Kompaktierung zu fördern.
[0024] Aus der EP-PS 0 249 973 ist es bekannt, daß eine Verbesserung der magnetischen Eigenschaften
und der Korrosionsbeständigkeit durch eine getrennte Herstellung von Nd₂Fe₁₄B und
einer nichtmagnetischen Sinterhilfe möglich ist. Eine NdFeB-Legierung der Zusammensetzung
Nd₁₃Fe₈₁B₆ und verschiedene Sinterhilfen werden zunächst getrennt vakuuminduktiv erschmolzen,
auf eine mittlere Korngröße von 3 µm aufgemahlen, in einer Kugelmühle vermischt, heißisostatisch
verpreßt und wärmebehandelt. Der zweiphasige Magnet mit der Zusammensetzung (Nd₁₃F₈₁B₆)₉₆Al₄
weist mit B
r = 14,9 kG, iH
c = 10,1 kOe und (BH)
max = 49,7 MGOe die günstigsten magnetischen Eigenschaften aller untersuchten Magnete
auf.
[0025] Das Korrosionsverhalten verschiedener zweiphasiger Magnete wurde in unterschiedlichen
Korrosionstests im unbeschichteten und beschichteten Zustand untersucht und einem
konventionell pulvermetallurgisch hergestellten Nd₁₄Fe₈₀B₆-Sintermagneten gegenübergestellt.
Beispielsweise wurden die NdFeB-Magnete einer korrodierenden Atmosphäre mit einem
Feuchtegehalt von 90 % bei 60°C über einen Zeitraum von bis zu 100 h ausgesetzt. Der
konventionell hergestellte Nd₁₄Fe₈₀B₆-Magnet zeigt bereits nach 1 h einen Korrosionsangriff.
Der ungünstigste, zweiphasige (Nd₂Fe₁₄B)
89,5(NdCu₂)
10,5-Magnet weist bereits eine um Faktor 10 und der beständigste (Nd₂Fe₁₄B)₉₅(Nd₃₀Fe₄₀Al₃₀)₅
um Faktor 50 höhere Korrosionsbeständigkeit auf.
[0026] Die Zusammensetzungen der verschiedenen Gefügebestandteile wurden durch Mikrosondenanalysen
festgestellt. Hiernach soll die hartmagnetische Nd₂Fe₁₄B-Phase (Φ-Phase) eine mittlere
Zusammensetzung von 12,5 at% Nd, 81,5 at% Fe und 6 at% B aufweisen.
[0027] Nach Untersuchungen von Durst et al. (Proc. of the 5th Intern. Symp. on Magn. Anisotropy
and Coercivity in RE-Transition Metal Alloys, Bad Soden, FRG,
2, 209 (1987)) wird weiterhin durch ein zweiphasiges Gefüge des NdFeB-Magneten, bestehend
aus der hartmagnetischen Φ-Phase und einer nichtmagnetischen Nd-reichen Phase, durch
eine verbesserte Gefügemorphologie eine höhere Temperaturstabilität erreicht.
[0028] Nd₂Fe₁₄B (Φ-Phase) ist eine inkongruent schmelzende intermetallische Verbindung mit
einem Schmelzpunkt von 1180°C. Am peritektischen Schmelzpunkt zerfällt die Φ-Phase
in eine Nd-reiche Schmelze und α-Fe, was zu einer drastischen Abnahme der Koerzitivfeldstärke
führt und daher zu vermeiden ist. Chin et al. (Proc. of the 10th Intern. Workshop
on Rare-Earth Magnets, Kyoto, Japan,
2, 451 (1989)) untersuchten die Φ-Phase auf einen möglichen Ausdehnungsbereich. Danach
besitzt die Φ-Phase bei 750°C nur eine definierte Zusammensetzung, aber bei 1090°C
und 1135°C einen Homogenitätsbereich von 0,3 at%.
[0029] Die stöchiometrische Φ-Phase hat eine Zusammensetzung von 11,8 at% Nd, 82,3 at% Fe
und 5,9 at% B.
[0030] Dies läßt den Schluß zu, daß die in der EP-OS 0 249 973 angegebene Zusammensetzung
für die 2-14-l-Phase nicht der einphasigen Φ-Phase entsprechen kann, sondern Anteile
von Fremdphasen vorhanden sein müssen.
[0031] Bei inkongruent schmelzenden intermetallischen Phasen sind Herstellungsverfahren
auf der Grundlage von Festkörperreaktionen zu bevorzugen, um die bei einer Abkühlung
aus der Schmelze unvermeidlich nicht vollständige peritektische Bildung der gewünschten
Phase umgehen zu können.
[0032] Ein seit vielen Jahren bekannter Herstellungsprozeß nanokristalliner Legierungen
im festen Zustand ist das mechanische Legieren der metallischen Legierungskomponenten.
Schultz et al. (Proc. of the 5th Intern. Symp. on Magn. Anisotropy and Coercivity
in RE-Transition Metal Alloys, Bad Soden, FRG,
1, 301 (1987)) untersuchten die Bildung von NdFeB durch mechanisches Legieren der Elementpulver
und bestimmten die magnetischen Eigenschaften der hergestellten nanokristallinen Legierungspulver.
Es wurde festgestellt, daß während des mechanischen Legierens keine Bildung der intermetallischen
Phase Nd₂Fe₁₄B erfolgt, sondern eine amorphe Mischung aus Nd und B entsteht und kristallines,
mit 4 bis 5 at% Nd legiertes α-Fe. Die hartmagnetische Nd₂Fe₁₄B-Phase wird erst in
einer anschließenden Wärmebehandlung durch Festkörperreaktion der nanokristallinen
Elementpulvermischung gebildet. Es entsteht ein isotropes, nanokristallines NdFeB-Pulver
mit vergleichbaren magnetischen Eigenschaften zu den bekannten rasch abgeschreckten
Legierungspulvern.
[0033] Eine wirtschaftliche und technisch zugängliche Methode zur gezielten ausschließlichen
Herstellung der intermetallischen Phase Nd₂Fe₁₄B ist somit nicht bekannt.
2. Sm₂Fe₁₇
[0034] Ähnliche metallurgische und magnetische Eigenschaften wie die Nd₂Fe₁₄B-Phase weist
die intermetallische Phase Sm₂Fe₁₇ und die daraus durch Nitrierung gebildete Verbindung
Sm₂Fe₁₇N₃ auf.
[0035] In Kenntnis der intermetallischen Phase Nd₂Fe₁₄B setzte eine verstärkte Forschung
nach neuen Magnetwerkstoffen ein. Ein Schwerpunkt wurde auf die verschiedensten intermetallischen
RE₂TM₁₇-Phasen und deren Stickstoffverbindungen des Typs RE₂TM₁₇N
x gelegt, wobei RE alle Seltenerd-Metalle einschließlich Yttrium und TM die Metalle
Fe, Ni oder Co umfaßt. Als besonders vielversprechend hat sich Sm₂Fe₁₇N₃ erwiesen.
Für die Darstellung des Nitrids wurde zunächst versucht, ein einphasiges Sm₂Fe₁₇ herzustellen,
das anschließend bei 400 bis 500°C nitriert wurde.
[0036] Gegenstand der EP-OS 0 369 097 sind u.a. Nitride der Zusammensetzung RE
αFe
(100-α-β-γ)N
βH
γ mit α = 5 bis 20 at%, β = 5 bis 30 at%, γ = 0,01 bis 10 at%.
[0037] Sm₂Fe₁₇ ist eine inkongruent schmelzende intermetallische Phase mit einem Schmelzpunkt
von 1280°C. Am Schmelzpunkt des Sm₂Fe₁₇ gilt das thermodynamische Gleichgewicht:
Sm₂Fe₁₇ = α-Fe + Sm-reiche Schmelze
wie dies in J. Less-Common Metals
25, 131 (1971) beschrieben ist.
[0038] Bei der Untersuchung der magnetischen Eigenschaften von Sm₂Fe₁₇N
3-γ wurde anhand der Hysteresekurve festgestellt, daß noch Reste an α-Fe vorhanden sind,
was möglichst zu verhindern ist.
[0039] Um die bei der schmelzmetallurgischen Herstellung von Sm₂Fe₁₇ unvermeidliche Ausscheidung
an α-Fe ausgleichen zu können, ist eine Diffusionsglühung erforderlich.
[0040] Die Curietemperatur der 2/17-Phase beträgt T
c = 130°C. Durch eine Nitrierung des Sm₂Fe₁₇ und Bildung der Verbindung Sm₂Fe₁₇N
3-γ steigt die Curietemperatur auf T
c = 470°C an. Die Sättigungsmagnetisierung des Nitrids wurde zu 4πM
s = 1,54 T bestimmt, was einem theoretisch erreichbaren Energieprodukt von (BH)
max = 59,3 MGOe entspricht.
[0041] Auch diese Verbindung weist, wie das einphasige Nd₂Fe₁₄B, noch nahezu keine Koerzitivkraft
auf. Entsprechend zum Nd₂Fe₁₄B kann durch eine Trennung der Körner durch eine interkristalline,
nichtmagnetische zweite Phase analog zu der Nd-reichen Phase eine Koerzitivkraft erzeugt
werden.
[0042] Eine zweite Möglichkeit, eine Koerzitivkraft zu erhalten, ist die Einstellung eines
nanokristallinen Gefüges. Schnitzke et al. (K. Schnitzke, L. Schultz, J. Wecker, M.
Katter, submitted to Appl. Phys. Lett.) stellten zunächst ein nanokristallines Sm₂Fe₁₇
durch mechanisches Legieren der Elementpulver her. Röntgenographische Untersuchungen
des Pulvers ergaben nur eine amorphe Phase und kristallines α-Fe. Die intermetallische
Phase Sm₂Fe₁₇ bildet sich erst während einer nachfolgenden Wärmebehandlung, die dann
durch Nitrierung zu der Sm₂Fe₁₇N
3-γ-Verbindung umgesetzt wird.
[0043] Nachteilig bei diesem Herstellungsverfahren ist, daß nur isotrope Sm₂Fe₁₇N
3-γ-Legierungen produziert werden können. Die gezielte technische Herstellung von einphasigem
Sm₂Fe₁₇ ist somit auf wirtschaftliche Weise noch nicht möglich.
3. γ-TiAl
[0044] Eine sprunghafte Zunahme der Werkstofforschung auf dem Gebiet der intermetallischen
Verbindungen zeigen die Bereiche Turbinenherstellung, Flugzeugbau bis hin zur Raumfahrttechnik.
Die häufigste Anwendung finden dabei Legierungen auf der Basis Nickel. Allerdings
erweisen sich die hohen Dichten dieser Legierungen als nachteilig im Hinblick auf
die beispielsweise auftretenden Fliehkräfte in den Turbinen.
[0045] Die intermetallischen Phasen weisen in der Regel neben hoher Härte und Warmfestigkeit
eine vergleichsweise niedrige Dichte auf. Dies trifft in besonderem Maße für die Aluminide
des Titans zu. Eine erste technische Anwendung fanden Legierungen auf der Basis Ti₃Al
(M R S Symp. Proc., Boston,
39, 221 (1985) und Z. Metallkde.
80, 5, 337 (1989), dessen Einsatztemperatur aufgrund mangelnder Oxidationsbeständigkeit
max. 973 K beträgt. Dies führte dazu, daß zur Erhöhung der Einsatztemperatur verstärkt
Aluminide des Titans mit einem höheren Aluminiumgehalt untersucht wurden. Der Schwerpunkt
liegt dabei auf dem Aluminid γ-TiAl.
[0046] γ-TiAl erstarrt durch eine peritektische Reaktion, weist einen Schmelzpunkt von 1480°C
und einen Homogenitätsbereich von ca. 49 bis 56 at% Al bei Raumtemperatur auf (A.
Hellwig, Dissertation Universität Dortmund, Dortmund 1990) und kann durch folgende
Verfahren hergestellt werden:
- thermochemischer Prozeß
- Vakuum-Induktionsschmelzen
- Skull-Melting mit Vakuum-Lichtbogen, Plasma-Lichtbogen oder Elektronenstrahl
- rasche Erstarrung aus der Schmelze oder
- calciothermische Koreduktion.
[0047] Nähere Angaben finden sich in JOM,
42, 3, 26 (1990), JOM,
43, 5, 30 (1991), JOM,
42, 3, 16 (1990), Mat. Sci. and Eng., 269 (1988) und JOM,
42, 3, 22 (1990).
[0048] Eine besondere Bedeutung für das Erschmelzen von Ti-Legierungen und Aluminiden des
Titans haben das Skull-Melting und die rasche Erstarrung aus der Schmelze durch z.
B. Meltspinning erlangt.
[0049] Das Skull-Melting im Vakuum-Lichtbogen ist ein lange bekanntes und anerkanntes Verfahren,
was vergleichsweise verfahrenstechnisch einfach und kostengünstig ist. γ-TiAl erstarrt
inkongruent, so daß die konventionellen schmelzmetallurgischen Verfahren, wie das
Skull-Melting, keine gleichmäßige chemische Homogenität gewährleisten. Durch eine
rasche Abschreckung aus der Schmelze wird eine deutlich bessere Homogenität des γ-TiAl
und ein wesentlich feineres Korn erzeugt, was die Raumtemperaturduktilität beträchtlich
erhöht.
[0050] Nachteilig bei der raschen Abschreckung von TiAl aus der Schmelze ist, daß dieses
Verfahren prozeßtechnisch aufwendiger und daher teurer ist.
[0051] Ferner werden für alle schmelzmetallurgischen Prozesse die metallischen Ausgangskomponenten
der Legierung oder intermetallischen Phase benötigt. Bei äußerst sauerstoff- und/oder
stickstoffaffinen Metallen, wie Ti und Al, ist außerdem das Schmelzen erheblich erschwert.
[0052] Im Gegensatz zur Schmelzmetallurgie können in der calciothermischen Koreduktion die
stabileren und billigeren Oxide TiO₂ und Al₂O₃ als Rohstoffe eingesetzt werden.
[0053] Aus der EP-PS 0 039 791 ist es bekannt, daß Ti-Al-Legierungen mit einer Grundzusammensetzung
TiAl₆V₄ (Gew.-%) und verschiedenen anderen Zusätzen durch calciothermische Koreduktion
hergestellt werden können. Es entsteht ein Legierungspulver mit homogener Gefügestruktur
aus α- und β-Ti-Kristallen.
[0054] In Proc. of the 6th World Conference on Titanium, Cannes, France,
2, 895 (1988) ist die calciothermische Herstellung von Ti-Al-Legierungen beschrieben.
Dabei wird von der Darstellung eines einphasigen γ-TiAl berichtet. Als Rohstoffmischung
wurden die mechanisch vermischten Oxide oder Hydroxide oder die calcinierten Oxide
eingesetzt. Letztere wurden durch Fällung aus einer HCl- oder H₂SO₄-Lösung, Glühen
in Luft und Aufmahlen zu feinen Pulvern von einigen 10 um Korndurchmesser hergestellt.
Die Reduktionstemperatur der Reaktionsmischung soll zwischen 1173 und 1273 K liegen,
und die Reduktionszeit soll 19 bis ca. 36 h betragen.
[0055] Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel, ob bei dem geschilderten Verfahren tatsächlich
einphasige intermetallische Legierungen der Zusammensetzung γ-TiAl entstanden sind.
So ist es bekannt, daß die Reduktionsreaktion zwischen TiO₂, Al₂O₃ und Ca extrem exotherm
und spontan ist. Daher sind bei ausschließlichem Einsatz der vorgenannten Oxide eine
Reduktionstemperatur von 1173 oder 1273 K und Reduktionszeiten von 1 bis 36 h unwahrscheinlich.
Vermutlich ist mit "Reduktionstemperatur" nicht die Reaktionstemperatur während der
exothermen Reaktion gemeint, sondern die Ofentemperatur. Bei einer inkongruent schmelzenden,
intermetallischen Verbindung reicht die Angabe der Ofentemperatur nicht, weil zu jedem
Zeitpunkt des Prozesses die Temperatur unterhalb des Schmelzpunktes der intermetallischen
Phase liegen muß. Daher hat auch die Reaktionstemperatur während der exothermen Reduktionsreaktion
eine besondere Bedeutung.
[0056] Ebenso ist die Verwendung der Hydroxide als Rohstoffe unwahrscheinlich. Hydroxide
zersetzen sich während des Reduktionsprozesses zu einem Oxid und H₂O. Letzteres reagiert
mit Ca weiter zu H₂ und CaO, was zu einer Knallgasreaktion führen kann und eine Durchführung
des Prozesses mit Hydroxiden als Rohstoffen aus sicherheitstechnischen Aspekten unglaubwürdig
macht. Somit scheidet auch diese Literaturstelle als Lehre zur Herstellung einphasiger,
inkongruent schmelzender Verbindungen des Typs γ-TiAl aus.
[0057] Die vorliegende Erfindung befaßt sich mit dem technischen Problem der Herstellung
einphasiger, inkongruent schmelzender intermetallischer Phasen, deren Homogenitätsbereich
bei Raumtemperatur ≦ 10 Atom-% beträgt.
[0058] Hierfür erscheint das calciothermische Verfahren besonders geeignet, da es von den
oxidischen Rohstoffen ausgeht, die Reduktion und Legierungsbildung in einem Verfahrensschritt
in wirtschaftlich vertretbarer Zeit ablaufen, ein pulverförmiges Verfahrensprodukt
entsteht und die Durchführung des Verfahrens verfahrenstechnisch ohne großen Aufwand
durchgeführt werden kann.
[0059] Es wurde gefunden, daß die Lösung des vorgenannten technischen Problems gelingt,
wenn man die einphasigen, inkongruent schmelzenden intermetallischen Phasen durch
ein calciothermisches Verfahren herstellt, bei dessen Durchführung ausgewählte Verfahrensbedingungen
eingehalten werden.
[0060] Das erfindungsgemäße Verfahren ist gekennzeichnet durch die Kombination folgender
Verfahrensschritte und Merkmale:
a) Einstellung der Exothermie der calciothermischen Reduktion durch den Oxidgehalt
des Reaktionsgemisches, welches in seiner Zusammensetzung der gewünschten einphasigen
Legierung entspricht, in der Weise, daß die Temperaturbedingung Tm > TR ≧ 0,9 Tm (in Kelvin) erfüllt ist, wobei Tm die Schmelztemperatur der intermetallischen Phase und TR die Reaktionstemperatur bedeuten,
b) Verwendung eines Reaktionsgemisches, dessen Bestandteile - ausgenommen Calcium
- eine mittlere Teilchengröße von ≦ 75 µm aufweisen,
c) Tempern des Reaktionsgutes nach Ablauf der exothermen Reaktion bei einer Temperatur,
die mindestens das 0,7fache der Schmelztemperatur Tm der gewünschten einphasigen Legierung, gemessen in K, jedoch kleiner als die Schmelztemperatur
Tm ist, während eines zur Diffusion der Bestandteile ausreichenden Zeitraumes.
[0061] Das Merkmal a) des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht in der Einhaltung eines bestimmten
Temperaturintervalls bei der Durchführung der calciothermischen Reaktion. Bei dem
erfindungsgemäßen Verfahren muß die Reaktionstemperatur stets niedriger als die Schmelztemperatur
der intermetallischen Phase sein, jedoch, gemessen in Kelvin, mindestens das 0,9fache
der Schmelztemperatur der intermetallischen Phase betragen.
[0062] Am Beispiel der intermetallischen Phase Nd₂Fe₁₄B, deren Schmelzpunkt 1453 K beträgt,
bedeutet dies, daß bei ihrer Herstellung nach dem erfindungsgemäßen Verfahren ein
Temperaturbereich der Reaktion von 1308 bis < 1453 K eingehalten werden muß. Diese
Temperatur ist als tatsächliche Reaktionstemperatur zu verstehen, die im Reaktionsraum
gemessen wird, und nicht als Ofentemperatur.
[0063] Die Einhaltung dieser Reaktionstemperatur soll nach dem Merkmal a) durch den Oxidgehalt
des Reaktionsgemisches und die daraus resultierende Exothermie gewährleistet werden.
Wiederum am Beispiel der intermetallischen Phase Nd₂Fe₁₄B erläutert, bedeutet dies,
daß man nur das Neodym in Form des Oxides, die Legierungspartner Fe und B jedoch elementar,
vorzugsweise in Form einer feinverteilten Vorlegierung zugibt. Die Bemessung des Oxidgehaltes
zur Einstellung der Reaktionstemperatur ergibt sich aus den thermodynamischen Kenndaten
der Reaktionspartner. Sie kann gegebenenfalls durch einen Vorversuch ermittelt und
optimiert werden. Soll die Reaktionstemperatur erhöht werden, ist auch der aus dem
Stand der Technik bekannte Zusatz von Boostern, wie etwa KClO₄, möglich.
[0064] Von wesentlicher Bedeutung für den gleichmäßigen Ablauf der Reaktion und zur Vermeidung
einer punktuellen Überschreitung des einzuhaltenden Temperaturbereiches ist die Bedingung
des Merkmals b), welches festlegt, daß die Bestandteile des Reaktionsgemisches, ausgenommen
Calcium, eine mittlere Teilchengröße von ≦ 75 µm aufweisen sollen. Vorzugsweise soll
die mittlere Teilchengröße der Bestandteile ≦ 20 µm sein. Besonders bevorzugt liegt
die mittlere Teilchengröße des Gemisches, ausgenommen Calcium, in einem Bereich von
≦ 10 µm. Die Einstellung der Teilchengrößen gelingt in an sich bekannter Weise durch
einen Mahlprozeß, beispielsweise unter Verwendung eines Attritors oder einer Schwingscheibenmühle.
[0065] Das Calcium wird dem Gemisch in feinteiliger Form, zum Beispiel in Form von Spähnen
oder Granulat, zugegeben. Es ist dabei zu beachten, daß das Calcium frei von Verunreinigungen
ist, die von der intermetallischen Phase aufgenommen werden könnten. Es ist auch möglich,
anstelle von Calcium CaH₂ zu verwenden. Das Hydrid zersetzt sich bei Reaktionstemperatur
zu Calcium und Wasserstoff. Calciumhydrid hat den Vorteil, daß es spröde ist und deshalb
leicht zerkleinert werden kann.
[0066] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren können ofen- oder verfahrensbedingt gewisse Verluste
an gegebenenfalls unter den Verfahrensbedingungen gasförmigen Legierungsbestandteilen,
die sich an kälteren Stellen des Reaktionsofen niederschlagen, auftreten. Diese Verluste
können in einem Vorversuch ermittelt und bei der Zusammensetzung des Reaktionsgemisches
durch überstöchiometrische Zugabe berücksichtigt werden.
[0067] Entsprechend Merkmal c) des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das Reaktionsgut getempert.
Die Temperung soll in einem Temperaturbereich erfolgen, der durch folgende Temperaturgrenzen
gegeben ist: Die Untergrenze des Temperaturbereichs soll mindestens das 0,7fache der
Schmelztemperatur T
m der gewünschten einphasigen Legierung, gemessen in K, sein. Unterhalb einer Temperatur
des 0,7fachen der Schmelztemperatur T
m verläuft die Diffusion zu langsam, so daß der Temperungsprozeß unwirtschaftlich werden
würde. Die Obergrenze des Temperaturbereichs der Temperung ist dadurch gegeben, daß
die Schmelztemperatur T
m der gewünschten einphasigen Legierung nicht erreicht werden soll.
[0068] Die maximale Temperungstemperatur soll also < T
m sein, um die gewünschte einphasige Legierung zu erhalten. Die Temperung soll während
eines zur Diffusion der Bestandteile ausreichenden Zeitraumes vorgenommen werden.
Am Beispiel der intermetallischen Phase Nd₂Fe₁₄B erläutert, bedeutet das, daß man
die Temperung in einem Temperaturbereich durchführt, der < 1453 K beträgt und > 1017
K sein soll. Innerhalb dieses Temperaturbereiches reicht dabei zur Erzielung einer
ausreichenden Diffusion ein Zeitraum von 1 bis 20 Stunden aus.
[0069] Das Reaktionsgemisch wird zweckmäßig zu Grünlingen verpreßt. Dies ist aus dem Stand
der Technik bekannt und trägt zur Vergleichmäßigung der Reaktion bei.
[0070] Das erfindungsgemäße Verfahren ist somit ein calciothermisches Reduktionsverfahren
mit anschließender Diffusion der Legierungspartner, bei dem die angestrebte Herstellbarkeit
einphasiger, inkongruent schmelzender intermetallischer Phasen durch die Einhaltung
einer Kombination von Auswahlbedingungen ermöglicht wird. Das Verfahren erlaubt die
Herstellung derartiger einphasiger, inkongruent schmelzender intermetallischer Phasen
innerhalb eines weiten Anwendungsbereiches und bereichert die Technik wegen seiner
einfachen Ausführbarkeit und seiner universellen Anwendbarkeit in besonderem Maße.
[0071] Das erfindungsgemäße Verfahren soll anhand der folgenden Beispiele noch näher erläutert
werden.
Beispiel 1
Herstellung von einphasigem Nd₂Fe₁₄B
[0072] Zur Herstellung von Nd₂Fe₁₄B werden als Rohstoffe metallisches Fe, Fe₂O₃, Nd₂O₃,
B₂O₃ und Calcium verwendet. In einem Vorversuch werden diese Rohstoffe gemäß der gewünschten
Legierungszusammensetzung eingewogen und homogen vermischt. Anschließend wird die
Reaktionsmischung in einer Presse zu Grünlingen verpreßt. Diese Grünlinge werden in
einen Reaktionstiegel gefüllt, der danach mit einem Deckel verschweißt und in einen
Reaktionsofen eingefahren wird. Der Reduktions- und Diffusionsprozeß erfolgt nach
dem in Fig. 1 schematisch dargestellten Temperaturprogramm. Zunächst entgast die Reaktionsmischung
bei Raumtemperatur und während der ersten Aufheizphase unter Vakuum. Schließlich beginnt
die spontane, stark exotherme Reduktionsreaktion bei einer Tiegelinnentemperatur zwischen
500 bis 800°C. Ist die Reduktion der Oxide beendet, wird der Ofen auf Diffusionstemperatur
aufgeheizt. Nach erfolgter Diffusion wird der Tiegel auf Raumtemperatur abgekühlt,
geöffnet und entleert. Im Anschluß erfolgt die Zerkleinerung der Reaktionsprodukte
und die naßchemische Abtrennung des CaO. Das ausgelaugte Legierungspulver wird abfiltriert,
gewaschen und unter Vakuum getrocknet.
[0073] Bemessung der Nd-Einwaage zur Kompensation der ofen- und verfahrensbedingten Verluste:
Fig. 2 zeigt die Abhängigkeit des analytisch nachgewiesenen Nd-Gehaltes in der NdFeB-Legierung
nach dem Koreduktionsprozeß von der eingesetzten Nd-Konzentration als Nd₂O₃ in der
Mischung. Für die Bildung der stöchiometrischen Nd₂Fe₁₄B-Verbindung ist eine Nd-Konzentration
von 26,7 Gew.-% theoretisch erforderlich. Die durch Vorversuche ermittelte Kurve der
Fig. 3 gibt an, daß zur Kompensation der Verluste tatsächlich ein Nd-Einsatz von 27,7
bis 28,2 Gew.-% einzusetzen ist.
[0074] Einstellung der Exothermie des Verfahrens:
Die Reaktionstemperatur im Reaktionstiegel wird durch gezielte Zugabe von Fe₂O₃ zu
der Reaktionsmischung an den Schmelzpunkt der 2/14/1-Phase von 1180°C angepaßt, um
ein überschreiten des Schmelzpunktes zu verhindern. Fig. 3 zeigt die maximal erreichte
Temperatur im Reaktionstiegel während der Exothermie als Funktion der Fe-Konzentration
in Form von Fe₂O₃ in der Reaktionsmischung. Unter Berücksichtigung der Genauigkeit
der Temperaturmessung erfüllt die Zugabe von 6 % des stöchiometrisch erforderlichen,
metallischen Fe als Fe₂O₃ die Auswahlregel des Patentanspruches 1.
[0075] Unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Vorversuche wird folgende Reaktionsmischung
bereitet:
Nd₂O₃ |
1710,4 g |
B₂O₃ |
184,2 g |
Fe₂O₃ |
315,8 g |
Fe |
3460,7 g |
Ca |
1339,5 g |
[0076] Die Korngröße aller Bestandteile - ausgenommen Ca - ist < 75 µm.
[0077] Das Verfahren wird entsprechend dem Temperaturprogramm gemäß Fig. 1 durchgeführt.
Dabei werden die in Fig. 4 angegebenen Temperaturen im Ofen und im Tiegel gemessen.
Es ist zu erkennen, daß im Tiegel, d.h. in der Reaktionsmasse, zu keiner Zeit die
kritische Temperatur von 1180°C erreicht oder überschritten wird. Die maximale Reaktionstemperatur
beträgt 1110 ± 60°C.
[0078] Die röntgenographische Untersuchung des erhaltenen und aufgearbeiteten Legierungspulvers
ergibt, daß kein freies Fe nachweisbar ist. In den lichtmikroskopischen Betrachtungen
werden nur Spuren an freiem Fe geringer Korngröße beobachtet. Raster-Elektronen-mikroskopisch
mit quantitativer energiedispersiver Röntgenanalyse werden nur geringste Anteile einer
Zusammensetzung festgestellt, die röntgenographisch der NdFe₄B₄-Phase zuzuordnen sind.
[0079] Die chemische Analyse zeigt folgende Zusammensetzung:
|
Gew.-% |
Nd |
27,10 |
B |
1,00 |
Ca |
0,05 |
O |
0,24 |
H |
0,058 |
C |
0,041 |
SE |
27,34 |
Fe |
Balance |
[0080] Damit kann die Zusammensetzung als einphasiges Nd₂Fe₁₄B bezeichnet werden.
[0081] Überschreitet man bei der Calciothermie durch zu hohen Fe₂O₃-Gehalt die Schmelztemperatur
der intermetallischen Phase oder setzt man Fe mit einer Korngröße von > 75 µm ein,
beobachtet man in der gebildeten Legierung eine, zum Teil beträchtliche, Ausscheidung
von α-Fe und die Bildung störender Mengen von unerwünschter Phase NdFe₄B₄.
Beispiel 2
Herstellung von einphasigem Sm₂Fe₁₇
[0082] Zur Herstellung von Sm₂Fe₁₇ werden als Rohstoffe metallisches Fe, Fe₂O₃, Sm₂O₃ und
Calcium verwendet. Diese Rohstoffe werden gemäß der gewünschten Legierungszusammensetzung
eingewogen und homogen vermischt. Anschließend wird der weitere Koreduktionsprozeß
in analoger Weise zu Beispiel 1 durchgeführt.
[0083] Bemessung der Sm-Einwaage zur Kompensation der ofen- und verfahrensbedingten Verluste:
Fig. 5 zeigt die Abhängigkeit des analytisch nachgewiesenen Sm-Gehaltes in der SmFe-Legierung
nach dem Koreduktionsprozeß von der eingesetzten Sm-Konzentration als Sm₂O₃ in der
Mischung. Für die Bildung der stöchiometrischen Sm₂Fe₁₇-Verbindung ist eine Sm-Konzentration
von 24,05 Gew.-% theoretisch erforderlich. Die durch Vorversuche ermittelte Kurve
der Fig. 5 gibt an, daß zur Kompensation der Verluste 25,05 bis 25,55 Gew.-% Sm einzusetzen
sind.
[0084] Einstellung der Exothermie des Verfahrens:
Entsprechend zu Beispiel 1 wird die Reaktionstemperatur im Reaktionstiegel durch gezielte
Zugabe von Fe₂O₃ zu der Reaktionsmischung an den Schmelzpunkt des Sm₂Fe₁₇ von 1280°C
angepaßt, ohne den Schmelzpunkt zu überschreiten. In Fig. 6 ist die maximal erreichte
Reaktionstemperatur während der Exothermie als Funktion der Fe-Konzentration in Form
von Fe₂O₃ in der Reaktionsmischung dargestellt. Unter Berücksichtigung der Genauigkeit
der Temperaturmessung erfüllt die Zugabe von 12 % des stöchiometrisch erforderlichen
metallischen Fe als Fe₂O₃ die Auswahlregel des Patentanspruches 1.
[0085] Unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Vorversuche wird folgende Reaktionsmischung
eingesetzt:
Sm₂O₃ |
1540,6 g |
Fe |
3406,8 g |
Fe₂O₃ |
664,0 g |
Ca |
1185,2 g |
[0086] Die Korngröße der genannten Rohstoffe - ausgenommen Ca - liegt unterhalb 75 µm.
[0087] Das Verfahren wird entsprechend dem Temperaturprogramm in Fig. 1 durchgeführt. Fig.
7 zeigt den zugehörigen Temperaturverlauf des Ofens und in der Reaktionsmischung.
Zu keiner Zeit des Reduktions- und Diffusionsprozesses wird die kritische Schmelztemperatur
des Sm₂Fe₁₇ von 1280°C erreicht oder überschritten. Während der Exothermie beträgt
die max. gemessene Reaktionstemperatur 1220 ± 55°C.
[0088] Untersuchungen des koreduzierten Sm₂Fe₁₇-Pulvers mittels Röntgenbeugung, Raster-Elektronen-Mikroskopie
und Metallographie zeigen nur noch Spuren an freiem α-Fe.
[0089] Die chemische Analyse des Sm₂Fe₁₇-Pulvers zeigt folgende mittlere Zusammensetzung:
|
Gew.-% |
Sm |
24,60 |
Fe |
Balance |
Ca |
0,06 |
O |
0,26 |
H |
0,075 |
C |
0,022 |
SE |
24,7 |
[0090] Damit kann diese Zusammensetzung als einphasiges Sm₂Fe₁₇ bezeichnet werden.
[0091] Wird durch Einsatz einer zu hohen Fe₂O₃-Menge die Schmelztemperatur des Sm₂Fe₁₇ während
der exothermen Reduktion überschritten oder wird ein Fe-Pulver mit einer Korngröße
> 75 µm verwendet, werden beträchtliche Mengen an freiem, störendem α-Fe beobachtet.
Beispiel 3
Herstellung von einphasigem γ-TiAl
[0092] Zur Herstellung von einphasigem γ-TiAl werden als Rohstoffe metallisches Ti und Al,
TiO₂, Al₂O₃ und Ca verwendet. Diese Rohstoffe werden auf die gleiche Weise wie in
Beispiel 1 weiterverarbeitet. Der Reduktions- und Diffusionsprozeß wird entsprechend
dem Temperaturprogramm in Fig. 8 durchgeführt. Der Ablauf des R + D-Prozesses und
die Verarbeitung der Reaktionsmischung ist ebenfalls analog zu Beispiel 1.
[0093] Bemessung der Al-Einwaage zur Kompensation der ofen- und verfahrensbedingten Verluste:
Durch Vorversuche werden die auftretenden Verluste an Al mittels Variation der Al-Einwaage
festgestellt. Für die Bildung von einphasigem γ-TiAl ist eine Al-Konzentration von
35,1 bis 41,8 Gew.-% erforderlich. Zur Kompensation der auftretenden Verluste ist
tatsächlich ein Al-Einsatz von 2,8 bis 3,9 Gew.-% zuzüglich der gewünschten Al-Konzentration
einzusetzen.
[0094] Einstellung der Exothermie des Verfahrens:
Die Reaktionstemperatur im Reaktionstiegel wird durch gezielte Zugabe von Al₂O₃ und
TiO₂ zu der Reaktionsmischung an den Schmelzpunkt des γ-TiAl von 1480°C angepaßt,
um ein Überschreiten des Schmelzpunktes zu verhindern. Unter Berücksichtigung der
Genauigkeit der Temperaturmessung wird in Vorversuchen die Zugabe von 74 % des gesamt
erforderlichen metallischen Ti in Form von TiO₂ und metallischem Al in Form von Al₂O₃
als geeignet ermittelt und erfüllt die Auswahlregel des Patentanspruches 1.
[0095] Unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Vorversuche wird folgende Reaktionsmischung
eingesetzt:
TiO₂ |
533,8 g |
Al₂O₃ |
383,6 g |
Ti |
112,6 g |
Al |
71,5 g |
Ca |
1136,1 g |
[0096] Die Korngröße aller Bestandteile - ausgenommen Ca - ist < 75 µm.
[0097] Das Verfahren wird gemäß dem Temperaturprogramm in Fig. 8 durchgeführt. Dabei wird
der in Fig. 8 dargestellte Temperaturverlauf im Tiegel gemessen. Es ist zu erkennen,
daß im Tiegel, d.h. in der Reaktionsmasse, zu keiner Zeit die kritische Temperatur
von 1480°C erreicht oder überschritten wird. Die max. Reaktionstemperatur beträgt
1380 ± 70°C.
[0098] In den lichtmikroskopischen Betrachtungen wird ein einphasiges, feinkristallines
γ-TiAl beobachtet. Die röntgenographischen Untersuchungen zeigen nur geringe Spuren
an Ti₃Al.
[0099] Die chemische Analyse zeigt folgende Zusammensetzung:
|
Gew.-% |
Ti |
63,4 |
Al |
35,5 |
Ca |
0,08 |
O |
0,41 |
H |
0,009 |
N |
0,069 |
C |
0,03 |
[0100] Damit kann die obengenannte Zusammensetzung mit Ti 50,15, Al 49,85 at% als einphasig
bezeichnet werden.
[0101] Überschreitet man während der calciothermischen Koreduktion durch Einsatz einer zu
hohen Oxidmenge die Schmelztemperatur des γ-TiAl oder setzt man Ti mit einer Korngröße
von > 75 µm ein, wird eine beträchtliche gleichmäßige Verteilung von unlegiertem Ti
und verstärkte Bildung der unerwünschten Phase Ti₃Al festgestellt.