[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum numerisch gesteuerten Schleifen von Nocken
einer Nockenwelle, bei dem in Abhängigkeit von einer vorgegebenen Nockenkontur die
Nockenwelle um ihre Längsachse gedreht und zugleich eine Schleifscheibe in einer Richtung
senkrecht zur Längsachse zugestellt wird, wobei die Nockenkontur im Anlaufbereich
und im Ablaufbereich des Nockens eine konkave Krümmung aufweist.
[0002] Die Erfindung betrifft ferner eine Vorrichtung zur Durchführung des vorstehend genannten
Verfahrens mit einem ersten Schleifschlitten, der in einer Richtung senkrecht zur
Längsachse beweglich ist und eine erste Schleifscheibe trägt.
[0003] Ein Verfahren und eine Vorrichtung der vorstehend genannten Art sind bekannt.
[0004] In dem DE-Buch "Die Steuerung des Gaswechsels in schnellaufenden Verbrennungsmotoren"
von W.-D. Bensinger, Springer-Verlag, 1968, sind u.a. Nockenformen beschrieben, bei
denen die Flanken, d.h. die Verbindungsabschnitte von Grundkreis und Nebenkreis nicht
die übliche konvexe Form, sondern vielmehr eine konkave Form aufweisen, die auch als
"hohle Flanke" bezeichnet wird (DE-Buch, Seite 31, Figur 40c).
[0005] Derartige Nockenformen werden im Motorenbau eingesetzt, um ein gutes Füllungsverhalten
der Brennräume durch eine schnelle Ventilbetätigung zu erreichen. Zwar ist es auch
möglich, derartiges durch Anwendung der Mehrventiltechnik zu erreichen, die Mehrventiltechnik
ist jedoch im wesentlichen nur bei hohen Motordrehzahlen wirksam, während eine Nockenform
mit hohler Flanke das Füllungsverhalten auch bei niedrigen Drehzahlen verbessert.
[0006] Bei den bekannten Verfahren und Vorrichtungen wurden jedoch stets Nocken geschliffen,
bei denen der Krümmungsradius im Bereich der konkaven Krümmung (der hohlen Flanke)
mindestens so groß war wie der Krümmungsradius der verwendeten, einzigen Schleifscheibe.
Es war daher aus geometrischen Gründen möglich, derartige Nocken in einer Aufspannung
mit ein- und derselben Schleifscheibe zu schleifen, d.h. zunächst zu schruppen und
dann zu schlichten.
[0007] Wenn bei derartigen bekannten Nocken daher Bereiche konkaver Krümmung gewünscht waren,
deren Krümmungsradius relativ klein war, so mußte eine entsprechend kleine Schleifscheibe
eingesetzt werden.
[0008] Der Einsatz von Schleifscheiben mit kleinem Durchmesser stößt jedoch sehr bald an
praktische Grenzen, wenn die gesamte Nockenbearbeitung, d.h. sowohl das Schruppen
wie auch das Schlichten, mit derselben kleinen Schleifscheibe durchgeführt werden
soll. So ergeben sich nämlich zum einen thermische Probleme an der Schleifscheibenoberfläche,
die bei Schleifscheiben mit kleinerem Durchmesser naturgemäß größer sind als bei solchen
mit großem Durchmesser. Weiterhin ist es problematisch, Schleifscheiben mit kleinem
Durchmesser derart in einer Spindel zu lagern, daß die erforderlichen Drehzahlen und
Antriebsleistungen aufgebracht werden können, weil die Schleifscheibe sich üblicherweise
um eine Achse dreht, die parallel zur Nockenwellenachse liegt. Dann besteht jedoch
die Gefahr, daß die Lagerung der Schleifscheibe in Kollision mit benachbarten, noch
unbearbeiteten oder bereits bearbeiteten Nocken derselben Nockenwelle gerät, wenn
die Spindel im Durchmesser so groß ist wie die Schleifscheibe. Zwar könnte man die
Schleifscheibe auch in an sich bekannter Weise um eine Achse drehen lassen, die zur
Längsachse der Nockenwelle geneigt ist, indem der Schleifscheibe eine konische Oberfläche
verliehen wird, dies führt jedoch zu Formfehlern, weil beim numerisch gesteuerten
Nockenschleifen mit gleichzeitiger Drehung der Nockenwelle und Bewegung der Schleifscheibe
senkrecht zur Nockenwelle (X-Achse) die Eingriffslinie der Schleifscheibe am Nocken
in einer Richtung senkrecht zur X-Achse wandert.
[0009] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung
der eingangs genannten Art dahingehend weiterzubilden, daß Nocken mit hohler Flanke,
d.h. konkaver Krümmung, schnell, d.h. mit hoher Antriebsleistung und mit präziser
Nockenkontur geschliffen werden können.
[0010] Gemäß dem eingangs genannten Verfahren wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß der
Nocken zunächst mit einer Schleifscheibe geschliffen wird, deren Radius sehr viel
größer als der minimale Krümmungsradius der konkaven Krümmung ist, wobei die erste
Schleifscheibe entlang einer ersten Nockenkontur geführt wird, die im Bereich der
konkaven Krümmung modifiziert ist, derart, daß deren minimaler Krümmungsradius größer
als oder gleich groß wie der Radius der ersten Schleifscheibe ist, so daß in dem Bereich
der konkaven Krümmung eine außerhalb der unmodifizierten ersten Kontur liegende Zone
stehenbleibt, und daß dann mit einer zweiten Schleifscheibe geschliffen wird, deren
Radius kleiner als der minimale Krümmungsradius der konkaven Krümmung ist.
[0011] Die Aufgabe wird ferner durch eine eingangs genannte Vorrichtung mit einem ersten
Schleifschlitten, der in einer Richtung senkrecht zur Längsachse beweglich ist und
eine erste Schleifscheibe trägt, gelöst, indem auf dem ersten Schleifschlitten ein
zweiter Schleifschlitten angeordnet ist, der relativ zum ersten Schleifschlitten ebenfalls
in einer Richtung senkrecht zur Längsachse beweglich ist und eine zweite Schleifscheibe
trägt, derart, daß mittels einer Bewegung des zweiten Schleifschlittens auf dem ersten
Schleifschlitten wahlweise die erste oder die zweite Schleifscheibe in Eingriff mit
dem Nocken bringbar ist.
[0012] Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird auf diese Weise vollkommen gelöst.
Gemäß der Erfindung wird nämlich die Bearbeitung des Nockens in zwei Abschnitte unterteilt,
wobei eine herkömmliche große Schleifscheibe in einem ersten Bearbeitungsschritt den
wesentlichen Anteil des Aufmaßes entfernt und man dabei bewußt in Kauf nimmt, daß
im Bereich der konkaven Krümmung die genannte Zone stehenbleibt, die für die große
Schleifscheibe infolge deren großen Radius nicht erreichbar ist. Diese Zone wird dann
in einem zweiten Schritt mittels der kleinen Schleifscheibe entfernt, die zugleich
in einem nachfolgenden Schritt die Endbearbeitung der gewünschten Nockenkontur übernimmt.
Auf diese Weise ist es möglich, der großen Schleifscheibe, bei der konstruktive Raumprobleme
nicht bestehen, einen üblichen Antrieb großer Leistung zuzuordnen, während die kleine
Schleifscheibe, bei der im Antriebs- bzw. Lagerbereich enge konstruktive räumliche
Verhältnisse herrschen, nur mit einem kleineren Antrieb geringerer Leistung versehen
werden muß, da die kleine Schleifscheibe nur die stehengebliebene Zone und einen geringen
Anteil des Aufmaßes zu schleifen braucht, wie dies üblicherweise in einem Schlichtschleifvorgang
geschieht. Diese Umstände wirken sich auch positiv auf die Lebensdauer der Schleifscheiben
aus, weil eine große Schleifscheibe weit eher in der Lage ist, große Volumina an Material
zu zerspanen als kleine Schleifscheiben, jeweils bezogen auf dieselbe Standzeit.
[0013] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren und der erfindungsgemäßen Vorrichtung ist es
daher erstmals möglich, Nocken mit hohlen Flanken großtechnisch mit Bearbeitungszeiten
zu schleifen, wie sie beim Nockenschleifen von Nockenwellen üblicher Bauart, d.h.
mit konvex gekrümmten Flanken, derzeit Stand der Technik sind, d.h. etwa drei bis
vier Sekunden pro Nocken betragen, ohne daß dadurch die Standzeit der Schleifscheiben
beeinträchtigt wird.
[0014] Bei einer bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der Nocken
nach dem Schleifen mit der ersten Schleifscheibe stillgesetzt und die Zone mit der
zweiten Schleifscheibe im Einstechschleifen im wesentlichen ausgeschliffen.
[0015] Diese Maßnahme hat den Vorteil, daß in einer sehr schnellen Operation praktisch die
gesamte Zone ausgeschliffen werden kann, wobei ein zeitraubender Bahnbetrieb nicht
erforderlich ist, weil der Nocken während dieser Phase der Bearbeitung stillsteht
und die zweite, kleine Schleifscheibe lediglich im Zustellbetrieb in die Zone eintaucht.
Da üblicherweise die Nockenkontur im Bereich der konkaven Krümmung wesentlich die
Form eines Kreisbogens hat, kann durch einmaliges Eintauchen der zweiten Schleifscheibe
die stehengebliebene Zone nahezu vollständig ausgeschliffen werden.
[0016] Bei einer Weiterbildung des vorstehend genannten Ausführungsbeispiels wird der Nocken
nach dem Einstechschleifen wieder gedreht und mit der zweiten Schleifscheibe entlang
einer innerhalb der ersten Kontur liegenden zweiten Kontur geschliffen.
[0017] Diese Maßnahme hat den bereits weiter oben erwähnten Vorteil, daß der letzte Bearbeitungsvorgang,
nämlich üblicherweise das Schlichtschleifen, von der zweiten, kleinen Schleifscheibe
übernommen wird, was weder unter dem Gesichtspunkt der Bearbeitungszeit, noch unter
dem Gesichtspunkt der Standzeit problematisch ist, weil bei diesem letzten Schleifvorgang
nur sehr geringe Materialvolumina zerspant werden.
[0018] Bei einer bevorzugten Ausbildung der erfindungsgemäßen Vorrichtung wird der Radius
der zweiten Schleifscheibe nach der Beziehung:

dimensioniert, wobei ρ
k min der minimale Krümmungsradius der konkaven Krümmung, d²S
N/dφ² die Umfangsbeschleunigung der Eingriffslinie der zweiten Schleifscheibe im Bereich
der konkaven Krümmung und ω
k die Winkelgeschwindigkeit der Nockenwelle um ihre Längsachse sind, und K zwischen
0,6 für große Winkelgeschwindigkeiten (ω
k > 8.000 Grad/min) und 0,9 für kleine Winkelgeschwindigkeiten (ω
k < 4.000 Grad/min) liegt.
[0019] Diese Maßnahme hat den Vorteil, daß der größtmögliche Radius der zweiten Schleifscheibe
eingestellt wird, der auch unter Berücksichtigung dynamischer Effekte, d.h. sich einstellender
Schleppfehler, in der Lage ist, den Bereich der konkaven Krümmung ohne Formfehler
auszuschleifen.
[0020] Weitere Vorteile ergeben sich aus der Beschreibung und der beigefügten Zeichnung.
[0021] Es versteht sich, daß die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden
Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen
Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden
Erfindung zu verlassen.
[0022] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird in
der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigen:
- Fig. 1
- eine Seitenansicht eines Ausführungsbeispiels eines Nockens mit hohlen Flanken (nicht
maßstäblich);
- Fig. 2
- eine Seitenansicht eines Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen Vorrichtung;
- Fig. 3
- eine Draufsicht auf die in Fig. 2 gezeigte Anordnung;
- Fig. 4 bis 7
vier Phasenbilder zur Erläuterung von Schritten des erfindungsgemäßen Verfahrens.
[0023] In Fig. 1 ist (nicht maßstäblich) ein Nocken 10 dargestellt, wie er für Nockenwellen
von Kraftfahrzeugmotoren eingesetzt wird.
[0024] Der Nocken 10 ist um eine Drehachse 11 drehbar, die zugleich die Längsachse der nicht
dargestellten Nockenwelle ist.
[0025] Der Nocken 10 weist in bekannter Weise einen Grundkreisabschnitt 12 mit einem Radius
R
G auf, dessen Mittelpunkt mit der Drehachse 11 zusammenfällt. An den Grundkreisabschnitt
12, der im Nocken 10 einen Umfangswinkel φ
G einnimmt, schließen sich über den Vornockenbereich 15a/15b an der Anlaufseite ein
konkaver Flankenabschnitt 13a und an der gegenüberliegenden Ablaufseite ein zweiter
konkaver Flankenabschnitt 13b des Nockens 10 an, die jeweils einen Umfangsabschnitt
φ
k einnehmen. Die Vornockenabschnitte 15a und 15b des Nockens 10 haben einen konvexen
gekrümmten Bereich als Übergang zwischen Grundkreisabschnitt 12 und Flankenabschnitt
13a und 13b unter einem Umfangswinkel φ
v. Die Nockenkontur weist dann in dem Spitzenbereich einen konvexen Abschnitt 14 auf,
der einen variablen. Radius ρ
S besitzt. Der Spitzenkreisabschnitt 14 nimmt einen Umfangswinkel φ
S ein.
[0026] Wie man nun aus Fig. 1 deutlich erkennt, ist der Nocken 10 in seiner Kontur so angelegt,
daß der Anlaufabschnitt 13a und der Ablaufabschnitt 13b, d.h. die Nockenflanken, nicht
in der üblichen Weise konvex, sondern vielmehr konkav gekrümmt sind. Diese Erscheinung
bezeichnet man auch als "hohle Flanken".
[0027] Der Sinn dieser Maßnahme ist, bei der Betätigung der Tassenstößel für die Ventile
des Motors einen schnelleren Anlauf bzw. Ablauf vom Nebenkreisabschnitt 14 zu erreichen,
so daß das Füllungsverhalten der Brennräume verbessert wird.
[0028] In Fig. 1 ist ferner mit ρ
k der Krümmungsradius der Abschnitte 13a, 13b eingezeichnet, wobei deutlich ist, daß
dieser Krümmungsradius φ
k den Krümmungsradien R
G und ρ
S von Grundkreisabschnitt 12 und Spitzenkreisabschnitt 14 entgegengerichtet ist. Es
versteht sich, daß der Krümmungsradius ρ
k nicht konstant ist. Der minimale Krümmungsradius ρ
k min der Abschnitte 13a und 13b ist daher eine wichtige Größe für die Bearbeitung dieser
Abschnitte 13a und 13b.
[0029] So ist beispielsweise ohne weiteres einsichtig, daß die Abschnitte 13a und 13b nur
mit einer Schleifscheibe ausgeschliffen werden können, deren Radius kleiner ist als
der minimale Krümmungsradius ρ
k min, weil sonst Formfehler entstünden. In der Praxis wählt man den Radius der Schleifscheibe
sogar noch deutlich kleiner, um die Schmiegung kleiner zu halten, so daß die Berührung
zwischen der Schleifscheibe und dem Werkstück im konkaven Bereich einer Kontaktlinie
entspricht.
[0030] In den übrigen Bereichen der Nockenkontur, nämlich im Grundkreisabschnitt 12, im
Vornockenabschnitt 15a/15b und im Spitzenkreisabschnitt 14 spielt der Radius der Schleifscheibe
unter dem Gesichtspunkt der Formtreue hingegen keine Rolle, weil diese Bereiche konvex
gekrümmt sind und daher zumindest theoretisch mit Schleifscheiben eines beliebigen
Radius geschliffen werden können.
[0031] In den Figuren 2 und 3 ist - äußerst schematisch - ein Ausführungsbeispiel einer
Schleifmaschine dargestellt, die insgesamt mit 20 bezeichnet ist.
[0032] Bei der Schleifmaschine 20 ist auf einem nicht näher dargestellten Maschinengestell
21 ein erster Schleifschlitten 22 in herkömmlicher Weise in Richtung eines Pfeils
23 verschiebbar angeordnet.
[0033] Der Pfeil 23 kennzeichnet in der Fachsprache des Schleifmaschinenbaus die sogenannte
X-Achse.
[0034] Auf dem ersten Schleifschlitten 22 befindet sich ein erster Antriebsmotor 24, der
über einen ersten Riementrieb 25 eine erste Schleifscheibe 26 mit großem Radius antreibt.
Die erste Schleifscheibe 26 ist in einem ersten Spindelstock 27 gelagert.
[0035] Insoweit ist die Schleifmaschine 20 von herkömmlichem Aufbau.
[0036] Auf der Oberseite des ersten Spindelstocks 27 ist nun jedoch ein zweiter Schleifschlitten
30 angeordnet. Hierzu ist der zweite Schleifschlitten 30 beispielsweise in der Seitenansicht
der Fig. 2 L-förmig mit einem waagrechten Schenkel und einem senkrechten Schenkel
ausgebildet.
[0037] Durch eine entsprechende Längsführung mit Vorschubeinrichtung ist der zweite Schleifschlitten
30 relativ zum ersten Schleifschlitten 22 entlang eines Pfeils 32 verfahrbar, der
parallel zur X-Achse (Pfeil 23) verläuft.
[0038] Der horizontale Schenkel des zweiten Schleifschlittens 30 trägt einen zweiten Antriebsmotor
33, der über einen zweiten Riementrieb 34 eine zweite Schleifscheibe 35 antreibt.
Die zweite Schleifscheibe 35 ist in einem zweiten Spindelstock 36 gelagert, der sich
vorne auf dem vertikalen Schenkel des zweiten Schleifschlittens 30 befindet. Die zweite
Schleifscheibe 35 ist von wesentlich kleinerem Radius als die erste Schleifscheibe
26.
[0039] In der in Fig. 2 dargestellten Stellung ist der zweite Schleifschlitten 30 in seiner
relativen Position zum ersten Schleifschlitten 22 in seine rechte Endstellung verfahren,
mit der Folge,
daß die zweite, kleine Schleifscheibe 35 nach rechts über den Außenumfang der ersten,
großen Schleifscheibe 26 vorsteht.
[0040] In der Draufsicht der Fig. 3 sind die Verhältnisse indes umgekehrt, weil dort der
zweite Schleifschlitten 30 relativ zum ersten Schleifschlitten 22 in seine rückgezogene,
d.h. in Fig. 3 obere Endstellung verfahren ist, in der die erste, große Schleifscheibe
26 nach vorne (in der Darstellung der Fig. 3 nach unten) über die Außenkontur der
zweiten, kleinen Schleifscheibe 35 übersteht.
[0041] In dieser in Fig. 3 angedeuteten Position befindet sich die erste, größere Schleifscheibe
26 im Eingriff an einem Nocken 41 einer schematisch dargestellten Nockenwelle 40.
Die Nockenwelle 40 ist in üblicher Weise eingespannt und um ihre Längsachse 42, die
sogenannte C-Achse drehbar, wie mit einem Pfeil 43 angedeutet.
[0042] Zum Schleifen des Nockens 41 wird die Nockenwelle 40 in der beim numerisch gesteuerten
Schleifen von Nocken üblichen Weise in Richtung des Pfeils 43 um die C-Achse 42 gedreht,
während gleichzeitig der erste Schleifschlitten 22 in Richtung des Pfeils 23, d.h.
entlang der X-Achse, nach vorne und hinten verfahren wird, so daß die erste Schleifscheibe
26 entlang einer vorbestimmten Nockenkontur in Eingriff mit der Oberfläche des Nockens
41 ist, wenn dieser gedreht wird.
[0043] Die Besonderheit bei der in den Figuren 2 und 3 dargestellten Schleifmaschine 20
liegt nun darin, daß alternativ die erste, größere Schleifscheibe 26 und dann die
zweite, kleinere Schleifscheibe 35 in Eingriff mit dem Nocken 41 und den übrigen Nocken
der Nockenwelle 40 gebracht werden kann. Hierzu wird die Nockenwelle 40 relativ zum
ersten und zweiten Schleifschlitten 22, 30 getaktet, d.h. in Richtung ihrer Längsachse
42, die parallel zur Z-Achse (Pfeil 45) verläuft, um ein Inkrement verfahren, das
gerade dem Abstand der Schleifscheiben 26, 35 in Richtung der Längsachse 42 (Pfeil
45) entspricht.
[0044] Durch relatives Verfahren der Schleifschlitten 22 und 30 in Richtung der Pfeile 23,
32 zueinander kann dann jeweils die eine oder die andere Schleifscheibe 26, 35 in
Eingriff mit dem Nocken 41 gebracht werden, um dann entlang einer vorbestimmten Kontur
die Oberfläche des Nockens 41 zu schleifen.
[0045] Der Verfahrensgang soll jetzt anhand der Phasenbilder gemäß den Figuren 4 bis 7 näher
erläutert werden.
[0046] Zum Bearbeiten der Nocken 41 einer Nockenwelle 40 gemäß Fig. 3 wird zunächst die
rohe Nockenwelle 40 in bekannter Weise eingespannt, und die Nockenwelle 40 wird relativ
zu den Schleifschlitten 22 und 30 so getaktet, daß der erste zu bearbeitende Nocken
mit der ersten, größeren Schleifscheibe 26 fluchtet. Die Schleifschlitten 22 und 30
sind dabei so gegeneinander verfahren, daß die in Fig. 3 dargestellte Konfiguration
entsteht, bei der die erste, größere Schleifscheibe 26 vorsteht und daher wirksam
wird, wenn der erste Schleifschlitten 22 entlang der X-Achse 23 auf die Nockenwelle
40 zu verfahren wird.
[0047] Fig. 4 zeigt nun, daß der Nocken 41 im Ausgangszustand eine Rohkontur 50 aufweist,
die der unbearbeiteten Oberfläche des Nockenwellen-Rohlings entspricht. Eine Zwischenkontur
51 kennzeichnet den Endzustand nach dem Schruppen des Nockens 41, während eine Endkontur
52 den Endzustand nach dem Schlichten des Nockens 41 bezeichnet. Es versteht sich,
daß die Darstellung der Figuren 4 bis 7 nicht maßstäblich ist, weil das Aufmaß zwischen
Rohkontur und Zwischenkontur, d.h. das Aufmaß für den Schruppvorgang, selbstverständlich
wesentlich größer ist als das Aufmaß zwischen Zwischenkontur 51 und Endkontur 52,
d.h. das Aufmaß des Schlichtvorganges.
[0048] Fig. 4 zeigt nun einen Zustand, bei dem die erste, größere Schleifscheibe 26 bereits
im Eingriff am Nocken 41 ist und über einen bestimmten Teil des Grundkreisabschnittes
bereits von der Rohkontur 50 auf die Zwischenkontur 51 geschliffen hat. Es versteht
sich, daß Fig. 1 die Verhältnisse nur vereinfacht darstellt, weil selbstverständlich
das Abschleifen von der Rohkontur 50 auf die Zwischenkontur 51 üblicherweise in mehreren
Stufen geschieht und nicht nur in einer Stufe, wie Fig. 4 dies zeigt.
[0049] Die Schleifscheibe 26 wurde hierzu im Bereiche des Grundkreises im Zustellbetrieb
von der Rohkontur 50 auf die Zwischenkontur 51 zugestellt, während ein Bahnbetrieb
in diesem Bereich nicht erforderlich ist, da der Grundkreisradius (vgl. Fig. 1) in
diesem Bereich konstant ist. Erst nach dem Verlassen des Grundkreisabschnittes ist
ein Bahnbetrieb erforderlich, bei dem der Drehung des Nockens 41 um die C-Achse 42
eine oszillierende Bewegung der Schleifscheibe 26 in Richtung der X-Achse 23 überlagert
wird.
[0050] Aus Fig. 4 ist nun deutlich erkennbar, daß der minimale Krümmungsradius ρ
k min wesentlich kleiner ist als der Radius R
S1 der Schleifscheibe 26. So liegt beispielsweise der minimale Krümmungsradius ρ
k min um einen Faktor 10 niedriger als der Radius R
S1 der Schleifscheibe 26.
[0051] Aus den weiter oben bereits erläuterten Gründen ist es daher nicht möglich, mit der
Schleifscheibe 26 die Zwischenkontur 51 exakt zu schleifen, weil die große Schleifscheibe
26 im konkaven Bereich nicht bis auf den Grund der Zwischenkontur 51 reichen kann,
ohne Formfehler in dem angrenzenden Vornockenabschnitt und dem Spitzenkreisabschnitt
zu verursachen.
[0052] Aus diesem Grunde wird der Schleifvorgang gemaß Fig. 4 so abgewickelt, daß die Schleifscheibe
26 nicht entlang der Zwischenkontur 51, sondern vielmehr entlang einer modifizierten
Zwischenkontur 51' geführt wird. Die modifizierte Zwischenkontur 51' ist so angelegt,
daß ihr minimaler Krümmungsradius größer ist als der Radius R
S1 der Schleifscheibe 26. Die modifizierte Zwischenkontur 51' kann daher ohne Formfehler
mittels der großen Schleifscheibe 26 geschliffen werden.
[0053] Allerdings hat die Modifizierung der Zwischenkontur 51/51' zur Folge, daß im Bereich
der konkaven Krümmung, d.h. im Anlaufabschnitt 13a und im Ablaufabschnitt 13b des
Nockens (vgl. Fig. 1) Zonen 55a, 55b stehenbleiben, die außerhalb der an sich gewünschten
Zwischenkontur 51 liegen.
[0054] Wenn die erste Schleifscheibe 26 die modifizierte Zwischenkontur 51' fertiggeschliffen
hat, dann wird die Nockenwelle 40 relativ zur Schleifscheibe 26 getaktet, und es werden
der zweite und weitere zu bearbeitende Nocken in derselben Weise entlang modifizierter
Zwischenkonturen geschliffen, bis sämtliche Nocken der Nockenwelle 40 bearbeitet sind.
Im Eilgang wird die Schleifscheibe 26 mittels des Schlittens 22 in Richtung der X-Achse
23 in die Ausgangsposition gefahren (Fig. 5).
[0055] Die Nockenwelle 40 fährt nun mit ihrem zuletzt bearbeiteten Nocken in die Position
der Schleifscheiben 35, wobei jedoch die Nockenwelle 40 um den Abstand getaktet wird,
der dem Abstand der Schleifscheiben 26, 35 in Richtung der Längsachse 42 (Pfeil 45)
entspricht. Gleichzeitig werden die Schleifschlitten 22 und 30 relativ zueinander
entlang der X-Achse 23 so verfahren, daß nunmehr die kleinere, zweite Schleifscheibe
35 vorsteht (vgl. Fig. 2). Gleichzeitig wird die Nockenwelle 40 aus der Ausgangsposition
im Schnellgang (Pfeil 43) in eine Winkelposition gebracht (Fig. 6a), in der sich gerade
eine der Zonen 55a, 55b, beim Beispiel der Fig. 6a die Zone 55a, in Richtung der X-Achse
23, bezogen auf die Eingriffslinie der zweiten, kleineren Schleifscheibe 35, befindet.
[0056] In dieser Drehposition wird die Nockenwelle 40 stillgesetzt, d.h. der Drehvorgang
beendet. Die zweite, kleinere Schleifscheibe 35 hat einen Radius R
S2, der kleiner als der minimale Krümmungsradius ρ
k min im Bereich der konkaven Krümmung des Nockens 41 ist. Die zweite, kleinere Schleifscheibe
35 wird nun gemäß Fig. 6a in Richtung des Pfeiles 23 auf den Nocken 41 zugestellt,
so daß die Zone 55a in der Stellung der Schleifscheibe 35 gemäß Fig. 6b durch Einstechschleifen
im wesentlichen vollständig ausgeschliffen wird.
[0057] Die Schleifscheibe 35 wird dann mittels des Schlittens 22 im Eilgang in Richtung
der X-Achse 23 in die Ausgangsposition gefahren.
[0058] Der Nocken 41 wird nun im Schnellgang so gedreht, daß in der gleichen Weise die andere
Zone 55b ebenfalls bei stillstehendem Nocken 41 durch Einstechschleifen ausgeschliffen
wird. Fig. 6c zeigt diesen Vorgang. Anschließend wird die Schleifscheibe 35 mittels
des Schlittens 22 im Eilgang in Richtung der X-Achse 23 in die Ausgangsposition gefahren,
wie in Fig. 6a dargestellt.
[0059] Fig. 7 zeigt nun den abschließenden Vorgang, bei dem in an sich herkömmlicher Weise
der Nocken 41 von der Zwischenkontur 51 auf die Endkontur 52 geschliffen wird, und
zwar mittels der zweiten Schleifscheibe 35, die jetzt exakt entlang der Endkontur
52 geführt wird. In Fig. 7 sind mit 60 die Einstiche angedeutet, die beim Einstechschleifen
gemäß Fig. 6 zuvor angebracht worden waren. Durch das Einstechen wurde das Material
im Bereich der Zonen 55a, 55b so weit zerspant, daß beim Schlichten gemäß Fig. 7 auch
im Bereich der konkaven Krümmung so wenig Material zu zerspanen ist, daß dies in einem
Arbeitsgang geschehen kann.
[0060] Es versteht sich auch, daß das Abschleifen von der Zwischenkontur 51 auf die Fertigkontur
52 auch in mehreren Stufen erfolgen kann und nicht nur in einer Stufe, wie Fig. 7
dies zeigt. Der gleiche Vorgang, das Einstechschleifen mit stehendem Werkstück (Fig.
6a, b, c) und das Schlichtschleifen (Fig. 7) wiederholt sich nun durch Takten der
Nockenwelle 40 relativ zur zweiten Schleifscheibe 35 auch an allen übrigen Nocken
der Nockenwelle 40, so daß schlußendlich die Nockenwelle 40 an allen Nocken fertiggeschliffen
ist.
[0061] Bei einem praktischen Anwendungsfall wird als erste Schleifscheibe 26 eine CBN-Schleifscheibe
von 450 mm Durchmesser verwendet, um Nocken 41 einer Stahl-Nockenwelle 40 zu schleifen.
[0062] Zum Schruppschleifen gemäß Fig. 4 wird die erste Schleifscheibe 26 mit einer Umfangsgeschwindigkeit
von v
S = 100 m/s betrieben, was einer Drehzahl von etwa n = 4.300 min⁻¹ entspricht. Die
Schnittgeschwindigkeit v
S kann aber auch variiert werden, beispielsweise im Bereich zwischen 50 und 300 m/s.
[0063] Die Nockenwelle 40 wird mit einer Winkelgeschwindigkeit ω um die C-Achse 42 gedreht.
Die Winkelgeschwindigkeit ω wird dabei stufenweise verändert. Während der Bearbeitung
des Grundkreisabschnittes 12 beträgt sie beispielsweise 35.000 Grad/min, während der
Bearbeitung des Spitzenkreisabschnittes 14 15.000 Grad/min und während der Bearbeitung
der Flanken 13a, 13b beispielsweise 8.000 Grad/min.
[0064] Das Aufmaß zwischen Rohkontur 50 und zwischen Kontur 51 beim Schruppen beträgt z.B.
0,55 mm, die in sechs Umdrehungen der Nockenwelle 41 abgetragen werden, so daß sich
pro Umdrehung jeweils eine Zustellung von ungefähr 0,09 mm ergibt.
[0065] Wenn der minimale Krümmungsradius ρ
k min in den konkav gekrümmten Bereichen 13a, 13b des Nockens 41 z.B. 50 mm beträgt, so
kann als zweite Schleifscheibe 35 eine CBN-Schleifscheibe mit beispielsweise 80 mm
Durchmesser eingesetzt werden, deren Radius mit 40 mm somit kleiner ist als der minimale
Krümmungsradius.
[0066] Zur genaueren Bestimmung des zulässigen Radius der zweiten Schleifscheibe 35 geht
man davon aus, daß die dynamischen Verhältnisse zur Nockenkontur im gesteuerten Kontaktpunkt
berücksichtigt werden müssen, um die Schmiegung in der Zerspanstelle klein zu halten.
Dies führt zur Formel

wobei ρ
k min der minimale Krümmungsradius im konkaven Bereich des Nockens 41 ist, der z.B. 50
mm beträgt. d² S
N/dφ² ist die Umfangsbeschleunigung der Eingriffslinie der zweiten Schleifscheibe 35
am Nocken 41 und beträgt bei der vorgegebenen Nockenkontur beispielsweise 0,0164 mm/Grad².
ω
k ist die Winkelgeschwindigkeit des Nockens 41 bei der Drehung um die C-Achse 42 im
Bereich der hohlen Flanken. Wenn ω
k 8.000 Grad/min ist, beträgt somit der Radius R
S2 der zweiten, kleineren Schleifscheibe 35 nur das 0,76-fache des minimalen Krümmungsradius
ρ
k min, während bei einer Winkelgeschwindigkeit ω
k von 4.000 Grad/min das 0,87-fache anzusetzen ist.
[0067] Um die vorstehend wiedergegebene Formal für den zulässigen Radius R
S2 der zweiten Schleifscheibe 35 genauer zu bestimmen, kann man anhand einer analytischen
Betrachtung die exakte Funktionsbeziehung ermitteln. Hierzu betrachtet man zunächst
als weitere Ausgangsgrößen den Erhebungswinkel φ
E1 am Anfang der Erhebung sowie den Erhebungswinkel φ
Ei im Punkte der maximalen Umfangsbeschleunigung d² S
N/dφ² der Eingriffslinie der zweiten Schleifscheibe 35 am Nocken 47. Als Hilfsgröße
Δφ ergibt sich dann:
[0068] Betrachten wir als weitere Hilfsgröße b
max
so läßt sich die oben angegebene Formel für den Radius r
S2 wie folgt schreiben:

wobei ΔC das eingestellte Winkelinkrement im konkaven Bereich und v
x die maximale Achsgeschwindigkeit in Richtung der X-Achse sind.
[0069] In einem Zahlenbeispiel seien:
d² S
N/dφ² = 0,0164 mm/Grad²
φ
Ei = 138 Grad
φ
E1 = 94 Grad
ρ
kmin = 46,7822 mm
ΔC = 1 Grad
ω
k = 8000/4000 Grad/min
v
x = 10.000 mm/min.
[0070] Dann ergeben sich die Hilfsgrößen zu:
Δφ = 44 Grad
b
max = 0,3274 mm/rad²
und schließlich der Schleifscheibenradius
R
S2 = 35 mm (ω
k = 8000 Grad/min)
R
S2 = 40 mm (ω
k = 4000 Grad/min).
[0071] Hat man auf diese Weise den zulässigen Radius R
S2 der zweiten, kleineren Schleifscheibe 35 ermittelt, so kann diese z.B. mit einer
Schnittgeschwindigkeit v
S = 100 m/s eingesetzt werden, was einer Drehzahl n = 24.000 min⁻¹ entspricht. Stellt
man dann pro Umdrehung der zweiten Schleifscheibe 35 beim Einstechschleifen gemäß
Fig. 6 um 0,1 µm zu, so führt dies bei einer Vorschubgeschwindigkeit von beispielsweise
23,9 mm/min und einer Tiefe der Zonen 55a, 55b von beispielsweise 0,16 mm zu einer
Bearbeitungszeit von 0,4 s.
[0072] Zum Schlichtschleifen gemäß Fig. 7 wird die zweite Schleifscheibe 35 mit derselben
Drehzahl bzw. Schnittgeschwindigkeit angetrieben. Die Winkelgeschwindigkeiten für
die Drehung des Nockens 41 um die C-Achse 42 werden jedoch, verglichen mit dem Schruppvorgang
gemäß Fig. 4 geringfügig anders eingestellt, nämlich mit 25.000 Grad/min im Grundkreisabschnitt
12, mit 8.000 Grad/min im Spitzenkreisabschnitt 14 und mit 4.000 Grad/min im Bereich
der Flanken 13a, 13b.
[0073] Beim Schlichten gemäß Fig. 7 beträgt das Aufmaß zwischen Zwischenkontur 51 und Endkontur
52 beispielsweise 50 µm, die in zehn Umdrehungen des Nockens 41 abgeschliffen werden.
[0074] Es versteht sich, daß das vorstehend zahlenmäßig dargelegte Ausführungsbeispiel lediglich
eines von vielen möglichen Ausführungsbeispielen ist und daher die Erfindung durch
die angegebenen Zahlenangaben nicht eingeschränkt wird.