[0001] Die Erfindung betrifft ein Waffenrohr mit einem Drallverlauf mit einem veränderlichen
Drallwinkel und einer beim Verschießen eines Geschosses wirkenden Leistenkraft nach
dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Gemäß "Waffentechnisches Taschenbuch", Rheinmetall
GmbH, Düsseldorf, 1980 sind derartige Waffenrohre bekannt, bei denen verschiedene
Drallarten vorgesehen sein können, die unterschiedliche Verläufe der Leistenkraft
über der Bewegung der drallstabilisierten Geschosse verursachen. Am häufigsten werden
konstante und parabolische Drallverläufe verwendet. Hierbei wird jedoch ein idealer
Leistenkraftverlauf allenfalls näherungsweise erzielt, obwohl die Beziehung der Leistenkraft
über den Geschoßweg im Waffenrohr in guter Näherung durch

hieraus bekannt ist, wobei d das Kaliber des Waffenrohrs, m
G das Geschoßgewicht, J das Massenträgheitsmoment um die Geschoßlängsachse, P(x) die
Gaskraft auf den Geschoßboden und v(x) die Geschoßgeschwindigkeit ist.
[0002] Aus der DE-PS 34 09 073 ist es bekannt, den Drallverlauf im Waffenrohr durch ein
Polynom bezüglich bestimmter Eigenschaften zu optimieren, während es aus der DE-OS
40 01 130 bekannt ist, entsprechendes unter Zuhilfenahme einer Zerlegung des Drallwinkel
in eine Fourierreihe vorzunehmen. Auch hierbei ergibt sich kein idealer Leistenkraftverlauf
und dementsprechend Vor- und Nachteile der Lösungen.
[0003] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Waffenrohr nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1
zu schaffen, das im Rahmen der Fertigungstoleranzen einen exakten Drallverlauf entsprechend
diversen gewünschten Eigenschaften der Leistenkraft aufweist.
[0004] Diese Aufgabe wird entsprechend dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 gelöst.
[0005] Hierdurch wird es ermöglicht, alle relevanten Parameter des Waffenrohrs vorzugeben,
nämlich
- Kaliber d,
- Rohrlänge,
- Geschoßmasse mG,
- Geschoßmassenträgheitsmoment j,
- Innenballistik
- Geschoßbodendruck P(x),
- Geschoßgeschwindigkeit v(x),
- Drallbeginn (ab Hinterkante Waffenrohr),
- gewünschtes Drallprofil (Zug-, Feldgeometrie),
- Anfangsdrallwinkel ßA,
- Enddrallwinkel ßE.
[0006] Darüberhinaus wird ein normierter Leistenkraftverlauf R
n(x) vorgegeben, der qualitativ die gewünschte Leistenkraft für jede Geschoßstellung
beschreibt. Die Festlegung der normierten Leistenkraft R
n(x) erfolgt nach folgenden Gesichtpunkten:
- Reduzierung der maximalen Leistenkraft durch fülligen Leistenkraftverlauf zur Verringerung,
- der Führungsbandbelastung,
- der Rohrbeanspruchung (Verschleiß, Ermüdung),
- des Drallmomentes (Rohrschwingungen/Drallaufnahme),
- Reduzierung der Leistenkraft an der Rohrmündung (Abgangsballistik),
- Verringerung der Drallwinkeländerungen beim Geschoßdurchlauf zur Vermeidung zu großer
Verformungen des Führungsbandes.
[0007] Für ein 35mm Maschinenkanonenrohr erfüllt der in Fig. 1 dargestellte normierte Leistenkraftverlauf
R
n(x) (durchgezogene Linie) über die Rohrlänge x in idealer Weise die gestellten Anforderungen.
Die über einen großen, bei einem Wert x
2 der Rohrlänge beginnenden Bereich konstante Leistenkraft ergibt einen fülligen Leistenkraftverlauf
und ein geringes Drallmoment. Im Ansetzbereich wirkt keine Leistenkraft und es erfolgt
ein sanfter Anstieg der Leistenkraft bei Drallbeginn, so daß sich ein geringer Rohrverschleiß
und eine geringe Belastung des Führungsbandes ergibt. An der Rohrmündung wirkt ebenfalls
nur eine geringe Leistenkraft, so daß eine verbesserte Abgangsballistik erreicht wird.
[0008] Bei Maschinenkanonnen wird üblicherweise kein Wert auf eine verringerte Drallwinkeländerung,
die die Umformungsarbeit des Führungsbandes des Geschosses begrenzen soll, gelegt.
Vielmehr wird ein Anfangsdrallwinkel β
E = 0 und ein sanfter Anstieg gewünscht, damit Waffenrohr, Führungsband und Zünder
gering belastet werden.
[0009] Bei Artilleriegeräten nimmt man höhere Belastungen in Kauf, legt dafür aber größeren
Wert auf geringere Drallwinkeländerungen während des gesamten Geschoßdurchlaufs (Anfangsdrallwinkel
β
A möglichst groß).
[0010] Dementsprechend können andere Leistenkraftverläufe als der in Fig. 1 durchgezogene,
etwa die gestrichelten bzw. strichpunktierten je nach Anwendungsfall zugrunde gelegt
werden.
[0011] Der tatsächlich gewünschte Leistenkraftverlauf R(x) ergibt sich aus der normierten
Leistenkraft R
n(x) durch

wobei R
max ein noch zu bestimmender Maximalwert der Leistenkraft ist, der unter anderem vor
allem vom Enddrallwinkel β
E abhängig ist.
[0012] Wenn y(x) die Abwicklung des Dralls auf dem Kaliberdurchmesser ist, dann gilt
β = atan (dy dx) Drallwinkel


Hiermit kann man unter Berücksichtigung der eingangs aufgeführten, bekannten Gleichung
(1) für die Leistenkraft, die diese in guter Näherung beschreibt, folgende Differentialgleichung
herleiten:

[0013] Mit der Lösung dieser Differentialgleichung (3) erhält man für die Annahme R
max = 1 N und unter Zugrundelegung eines vorgegebenen Geschoßbodendruckes und einer vorgegebenen
Geschoßgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Rohrlänge x, wie sie in Fig. 2 und
3 wiedergegeben sind, einen beliebigen Enddrallwinkel β
E, der in aller Regel mit der Vorgabe nicht übereinstimmt. Durch Variation von R
max und gegebenenfalls Extrapolation bzw. Interpolation erhält man für den vorgegebenen
Enddrallwinkel β
E dann die genaue Lösung y (x), nach der dasjenige Drallgesetz gefertigt werden kann,
das alle an die Leistenkraft gestellten Bedingungen erfüllt.
[0014] So ergibt sich im Falle des genannten Beispiels der Drallauslegung eines 35mm Maschinenkanonenrohrs
ein Drallwinkelverlauf y (x) entsprechend Fig. 4. Dieser verursacht mit den geometrischen
und innenballistischen Verhältnissen der Maschinenkanone einen Leistenkraftverlauf
gemäß Fig. 5 mit einem Maximalwert R
max = 17981,111 N. Für die Fertigung des Drallprofils mit dem berechneten Drallgesetz
wird die Abwicklung von y (x) über die Rohrlänge gemäß Fig. 6 benötigt. Fig. 7 zeigt
für diesen Fall die maximale Leistenkraft in Abhängigkeit von dem zugrundegelegten
normierten Leistenkraftverlauf. Im Vergleich zu einer eingeführten Waffe (KDA) mit
parabolischem Drall, bei der zudem diverse Maßnahmen zur Reduzierung von Belastungen,
Schwingungen und Abgangsfehlerwinkel getroffen sind, ergibt sich eine Verringerung
der Leistenkraft um etwa 15%.
1. Waffenrohr mit einem Drallverlauf mit einem veränderlichen Drallwinkel und einer
beim Verschießen eines Geschosses wirkenden Leistenkraft R(x) über den Geschoßweg
(x) im Waffenrohr, wobei das Kaliber d, die Geschoßmasse m
G, das Massenträgheitsmoment J um die Geschoßlängsachse, die Gaskraft P(x) auf den
Geschoßboden und und die Geschoßgeschwindigkeit v(x) vorgegeben sind, dadurch gekennzeichnet,
daß die Leistenkraft R(x) entsprechend
bestimmt wird, wobei R
max der von einem vorgegebenen Enddrallwinkel β
E abhängige Maximalwert der Leistenkraft und R
n(x) ein vorgegebener normierter Leistenkraftverlauf mit einem bestimmten Drallbeginn,
einem bestimmten Anfangsdrallwinkel und einem bestimmten Drallprofil ist, wobei die
Abwicklung des Dralls auf dem Kaliberdurchmesser aus der Differentialgleichung

und R
maX beim vorgegebenen Enddrallwinkel β
E bestimmt werden.
2. Waffenrohr nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß aus der Lösung der Differentialgleichung
für einen vorgegebenen Wert von Rmax durch Variation von Rmax und Extra- bzw. Interpolation die genaue Lösung für y(x) für den vorgegebenen Enddrallwinkel
βE bestimmt wird.