(19)
(11) EP 0 583 671 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.02.1994  Patentblatt  1994/08

(21) Anmeldenummer: 93112344.2

(22) Anmeldetag:  02.08.1993
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D04H 1/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE DE DK FR GB GR IT LU NL PT SE

(30) Priorität: 14.08.1992 DE 4227033

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
D-65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Knobloch, Peter
    D-86845 Grossaitingen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Herstellen von Formteilen durch Verpressen von textilen Reststoffen unter gleichzeitiger Verklebung, Formteile nach diesem Verfahren sowie deren Verwendung


    (57) Beschrieben wird ein Verfahren zum Herstellen von Formteilen, bei dem ein faseriges Material mit einem Kleber vermischt und unter Druck bis zum Abbinden des Klebers in einer Form gehalten wird. Das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß als faseriges Material zerkleinerte textile Reststoffe, die bei Herstellung, Verarbeitung und/oder nach Gebrauch von Bekleidungs- und/oder Heimtextilien anfallen, eingesetzt werden.
    Mit der vorliegenden Erfindung wird eine weitere Möglichkeit zur Verfügung gestellt, Reststoffe zu verwerten. Somit können die oben genannten textilen Produkte, auch nach bestimmungsgemäßem Gebrauch, einer erneuten Verwendung zugeführt werden. Insbesondere lassen sich aus den erfindungsgemäßen Formteilen Isolations- und Dämmaterialien aufbauen.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Formteilen, bei dem bestimmte textile Reststoffe mit einem Kleber vermischt und unter Druck bis zum Abbinden des Klebers in einer Form gehalten werden.

    [0002] Ein Verfahren zum Herstellen von Formteilen ist beispielsweise in der EP-B-0 160 270 beschrieben. Dort wird auch auf die verschiedenen Möglichkeiten zum Aufbau derartiger Materialien eingegangen. Als faserige Ausgangsmaterialien sind Reißwolle, Holz, Späne und gerissene Papierreststoffe genannt. Mit besonderem Vorteil auch Reststoffe aus der Verarbeitung von Kunstfasern, insbesondere Fasern aus Polyethylenterephthalat, im allgemeinen als Polyesterfasern bezeichnet, die in Form von Reißwolle eingesetzt werden.

    [0003] Obige Patentschrift nennt im Beispiel Reißwolle aus Polyester Spunbond-Reststoffen, also ein zerrissenes Spinnvlies.

    [0004] Ferner sind im Bauwesen gepreßte Formteile wie z.B. Spanplatten geläufig, ebenso gepreßte geschäumte Materialien, auch aus beispielsweise faserigem anorganischem Material aufgebaute Dämm- und Isolationsmaterialien.

    [0005] Auf einem ganz anderen Gebiet, nämlich in der Textilindustrie, haben sich auf dem Gebiet der Bekleidungs- und Heimtextilien bestimmte Mischungen wegen günstiger Eigenschaftskombinationen und Eigenschaftsergänzungen bevorzugt durchgesetzt. Genannt seien beispielhaft textile Flächengebilde, wie Gewebe oder Gestricke auf der Basis von Polyester/Baumwolle Mischungen, wie Polyester/Baumwolle 65 %/35 %, von Polyester/Wolle Mischungen, wie Polyester/Wolle 55 %/45 %, von Polyester, wie Polyethylenterephthalat, von Baumwolle, von Wolle, von Acryl, von Viskose oder von Mischungen dieser Typen. Bekannt ist weiterhin, daß auch aus solchen Materialien Isolationsmaterialien, etwa Warten, hergestellt werden. Angewandt werden dabei textile Prozesse, wie sie beispielsweise zur Vliesbildung führen.

    [0006] Bekannt ist weiterhin, daß viele textile Produkte nach bestimmungsgemäßem Gebrauch erneut verfügbar sind.

    [0007] Infolge der zunehmend schwieriger werdenden Möglichkeiten der Entsorgung besteht ein Bedarf an Möglichkeiten, entstehende Reststoffe in den Stoffkreislauf zurückzuführen, so auch auf dem Heimtextil- und Bekleidungssektor.

    [0008] Mit der vorliegenden Erfindung wird eine weitere Möglichkeit zur Verfügung gestellt, Reststoffe auf der Basis von Fasermaterialien zu reduzieren und zu vermeiden.

    [0009] Mit der vorliegenden Erfindung wird ein Verfahren gemäß Anspruch 1 bereitgestellt, womit aus derartigen textilen Produkten, auch nach bestimmungsgemäßem Gebrauch, Formkörper, wie Isolations- und Dämmaterialien aufgebaut werden können, die, wenn gewünscht, auch tragende, zumindest selbsttragende Eigenschaften haben können.

    [0010] Zu den einzusetzenden textilen Reststoffen zählen insbesondere textile Flächen wie Gewebe, Gewirke, Gestricke, Gelege, Vliesstoffe.

    [0011] Zunächst erfolgt gegebenenfalls eine chemische Reinigung oder Wäsche oder Kombination beider Reinigungsverfahren. Die anschließende Zerkleinerung geschieht mittels Häcksler und/oder über Reißaggregate.

    [0012] Je nach Art der durch den Gebrauch gegebenen Verschmutzung mag es zweckmäßig sein, das Ausgangsmaterial zunächst grob zu häckseln oder zu reißen und dann die erwähnte Wasch- oder Reinigungsstufe oder das kombinierte Reinigungsverfahren anzuwenden. Anschließend kann eine weitere Zerkleinerung bis zu kleinen Flächenstückchen, einzelnen Garn- oder Multifilament-Stücken und auch Einzelfilamenten erfolgen.

    [0013] Das zerkleinerte Material wird mit einem Kleber oder Binder, bevorzugt wie im Bau- und Wohnbereich eingeführt, innig gemischt. Bevorzugte Kleber sind gebräuchliche und eingeführte Produkte aus anderen Arbeitsgebieten, deren Arbeitstemperatur unter der Schmelztemperatur der eingesetzten Fasermaterialien liegen. Neben flüssigen Klebern sind insbesonders pulverförmige Kleber geeignet. Neben pulvrigen Schmelzklebern können auch reaktive Kleber zum Einsatz gelangen. Hinsichtlich der Chemie ist die Auswahl des Klebers keinen Einschränkungen unterworfen. Es kommen bevorzugt insbesondere auch Thermoplaste infrage, die durch Erhitzen verflüssigt werden und nach einem Abkühlen das faserige Material verbinden.

    [0014] Die Klebermenge wird dem beabsichtigten Gebrauchszweck entsprechend ausgewählt, worauf möglichst geringe Klebermengen angestrebt werden. Vorzugsweise beträgt die Klebermenge nicht über 10 Gew.-%. Der Einsatz von Schmelzklebern in geringen Mengenanteilen, beispielsweise auf der Basis eines Co-Polymerisates aus Vinylester, erlaubt erneute Recycelbarkeit und ist daher besonders bevorzugt.

    [0015] Die Mischung aus textilen Produkten und Kleber wird entsprechend dem späteren m²-Gewicht gleichmäßig flächig verteilt und in einer Presse soweit erhitzt, daß der Kleber seine volle Wirksamkeit entfaltet. Aus dem Plattenabstand folgt die Dicke des entstehenden Formteils. Druckentlastung erfolgt, wenn der Kleber soweit seine Klebkraft entfaltet hat, daß keine Dickenänderung nach Entlastung mehr auftritt. Bei Schmelzklebern ist dies unterhalb einer bestimmten Temperatur der Fall.

    [0016] Bei der Zusammenstellung des textilen Materials erfolgt Anlehnung an textile bewährte Mischungen, wie sie auf dem Gebrauchs- und Heimtextilsektor üblich sind. Bevorzugte Beispiele für solche Mischungen sind Reststoffe aus Polyester/Baumwolle 65 %/35 %, Polyester/Wolle 55 %/45 %, Acryl/Wollmischungen, oder auch 100 %-iger Einsatz von Polyester Baumwolle, Wolle, Acryl, Viskose.

    [0017] Die so erhältlichen Formteile lassen sich insbesonders als Isolations- und Dämmmaterialien einsetzen und verfügen über bekannte textile Eigenschaften. Dies betrifft z.B. die Feuchtigkeitsaufnahme, die Dimensionsstabilität, das Temperaturverhalten und dergleichen. Wie die entsprechenden textilen Produkte sind diese Isolations- und Dämmaterialien vergleichbar isolierend, luft- und feuchtigkeitsdurchlässig. In typischer Weise sind wie bei den entsprechenden textilen Produkten wärmeisolierende, temperaturausgleichende und schalldämmende Eigenschaften miteinander kombiniert.

    [0018] Unter dem Begriff "Formteil" ist im Rahmen dieser Erfindung plattenförmiges Material zu verstehen, ebenso Produkte, denen eine bestimmte Form, entsprechend dem späteren Einsatz, aufgeprägt ist.

    [0019] Derartige Isolations- und Dämmaterialien, die beispielsweise 0,5-5 cm dick sind, sind üblicherweise biegsam, selbsttragend und schneidbar. Sie übernehmen zusätzlich bei dichter Einstellung tragende Funktionen, das heißt, sie können über das Aufnehmen des Eigengewichtes hinaus mechanisch belastet werden.

    [0020] Sie können wahlweise mit abschließender, beispielsweise mit dekorativer Oberfläche versehen werden. Um eine erneute Recycelbarkeit nicht einzuschränken, wird eine solche dekorative Oberfläche bevorzugt auf Basis textiler Produkte erfolgen, wie z.B. mit dem Einsatz von Vliesstoffen, Geweben, Gewirken, Gelegen.

    [0021] Für den Isolationsbereich ist die Belegung mit einer wasserdichten, bei Bedarf dampfdurchlässigen Oberfläche bevorzugt, wie sie beispielsweise bei konventionellen mineralischen Dämmstoffen üblich ist.

    [0022] Es sind sowohl einseitige als auch zweiseitige Oberflächenbelegungen des erfindungsgemäßen Formkörpers möglich. Einseitige Oberflächenbelegung wird bevorzugt dazu dienen, eine Zusatzeigenschaft zu vermitteln, wie Modifikation des Dekors der Oberfläche und/oder deren Wasserundurchlässigkeit, während beidseitige Oberflächenbelegung einen wesentlichen Beitrag zur Aussteifung des Produktes beitragen kann.

    [0023] Eine besondere Art der Produktstabilisierung ist möglich, wenn beispielsweise durch ein Gelege oder gewebtes Gitter eine Stabilisierung im Inneren des Isolations- und Dämmaterials etwa mittig erfolgt. In diesem Fall wird die Formbarkeit des Materials nicht so beeinträchtigt, wie dies bei Stabilisierung an der Oberfläche der Fall ist.

    [0024] Mit dem Kleber können dem erfindungsgemäßen Formteilen, wie Isolations-, Dämm- und Trägermaterialien, weitere Funktionen vermittelt werden, die für den ins Auge gefaßten Verwendungszweck dieser Formteile gewünscht werden. So lassen sich etwa imprägnierende Eigenschaften (wasserabweisender Charakter) der Formteile durch Zusätze im Kleber vermitteln. Selbstverständlich können solche Zusatzeigenschaften auch durch nachträgliche Behandlung oder durch Einbringen separater Komponenten in die Vormischung erzeugt werden.

    [0025] Eine Oberflächengestaltung durch Aufsprühen, beispielsweise eines Farbstoffes, ist ebenfalls möglich.

    [0026] Derartige Produkte können als Isolations- und Dämmaterial im Bauwesen eingesetzt werden, auch im Maschinenbau, als Isolations- und Antidröhnmaterial, falls gewünscht in Kombination mit selbsttragendem Charakter, oder sogar mechanisch belastbar. Bevorzugtes Einsatzgebiet ist die Isolation und Dämmung im Wohnungsbau, wo auf diese Weise bekannte bewährte textile Eigenschaftskombinationen auf das Bauwesen übertragen werden. Die Verarbeitung ist einfach, da diese Isolations- und Dämmaterialien durch die Art ihrer Herstellung zumindest selbsttragend sein können.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Herstellen von Formteilen, bei dem ein faseriges Material mit einem Kleber vermischt und unter Druck bis zum Abbinden des Klebers in einer Form gehalten wird, dadurch gekennzeichnet, daß als faseriges Material zerkleinerte textile Reststoffe, die bei Herstellung, Verarbeitung und/oder nach Gebrauch von Bekleidungs- und/oder Heimtextilien anfallen, eingesetzt werden.
     
    2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als textile Reststoffe bewährte textile Mischungen ausgewählt werden, wie vorzugsweise Polyester/Baumwolle 65 %/35 %, Polyester/Wolle 55 %/45 %, Acryl/Woll-Mischungen, 100 % Polyester, 100 % Baumwolle, 100 % Wolle, 100 % Acryl und 100 % Viskose.
     
    3. Verfahren gemaß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß textile Reststoffe eingesetzt werden, die nach bestimmungsgemäßem Gebrauch von Bekleidungs- und/oder Heimtextilien anfallen.
     
    4. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß vor der Zerkleinerung der einzusetzenden textilen Reststoffe mittels Häcksler und/oder über Reißaggregate eine Reinigungsstufe geschaltet wird, insbesondere in Form einer Chemischreinigung und/oder Wäsche.
     
    5. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß nach einer ersten Zerkleinerung der einzusetzenden textilen Reststoffe eine Reinigungsstufe erfolgt.
     
    6. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß pulvrige Schmelzkleber in Form von Thermoplasten zum Einsatz kommen, die durch Erhitzen verflüssigt werden und nach dem Abkühlen die textilen Reststoffe verbinden.
     
    7. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Klebermenge möglichst gering gewählt wird, um erneute Recycelbarkeit zu erlauben.
     
    8. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Vormischung aus textilen Reststoffen und Kleber vor dem Verpressen oder daß das fertige Formteil mit mindestens einer Schicht aus wasserdichtem und dampfdurchlässigem Material belegt wird.
     
    9. Verfahren gemäß Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß eine beidseitige Oberflächenbelegung stattfindet, um die Steifigkeit des Produktes zu erhöhen.
     
    10. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Oberflächenbelegung mit textilen Produkten erfolgt, insbesondere mit zerkleinerten textilen Reststoffen, die bei Herstellung, Verarbeitung und/oder nach Gebrauch von Bekleidungs- und/oder Heimtextilien anfallen.
     
    11. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Vormischung aus textilen Reststoffen und Kleber zusammen mit einem im Inneren dieser Vermischung angebrachtem Gelege oder gewebtem Gitter verpreßt wird, um eine Produktstabilisierung zu erzielen.
     
    12. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß mit dem Kleber Zusatzeigenschaften, etwa wasserabstoßende Eigenschaften, eine Verbesserung der Wärmestandfestigkeit, eine günstige Beeinflussung des Brandverhaltens, durch entsprechende Zusätze vermittelt werden.
     
    13. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß eine Oberflächengestaltung durch Aufsprühen eines die Oberflächenstruktur und/oder die Oberflächeneigenschaften modifizierenden Stoffes, insbesondere eines Farbstoffes erfolgt, wobei das Aufsprühen auf mindestens eine der Oberflächen der Vormischung vor dem Verpressen oder auf mindestens eine der Oberflächen des verpressten Formteiles erfolgt.
     
    14. Formteil aus faserigem Material und einem Kleber, der besagtes faseriges Material zu besagtem Formteil verbindet, dadurch gekennzeichnet, daß das faserige Material im wesentlichen aus zerkleinerten textilen Reststoffen, die bei Herstellung, Verarbeitung und/oder nach Gebrauch von Bekleidungs- und/oder Heimtextilien anfallen, besteht.
     
    15. Formteil gemäß Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, daß dieses die Form einer Platte aufweist.
     
    16. Formteil gemäß Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, daß dieses selbsttragende Eigenschaften aufweist.
     
    17. Formteil gemäß einem der Ansprüche 15 oder 16, dadurch gekennzeichnet, daß dieses mechanisch belastbar ist, also mechanisch mehr als nur das Eigengewicht aufnehmen kann, ohne seine Form zu verändern.
     
    18. Verwendung des Formteils gemäß Anspruch 14 als Isolations- und Dämmaterial.
     





    Recherchenbericht