(19)
(11) EP 0 584 710 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.03.1994  Patentblatt  1994/09

(21) Anmeldenummer: 93113208.8

(22) Anmeldetag:  18.08.1993
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D06L 3/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE DK LI

(30) Priorität: 22.08.1992 DE 4227939

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
D-65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Ahrens, Hendrik
    D-60314 Frankfurt am Main (DE)
  • Sauer, Gerhard
    D-65779 Kelkheim (Taunus) (DE)
  • Redling, Erwin
    D-56348 Dahlheim (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Bleichen von Textilien


    (57) Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bleichen von textiler Rohware mit Hilfe von organischen Persäuren und Wasserstoffperoxid, umfassend die Verfahrensschritte:


    Beschreibung


    [0001] Bei der Textilbleiche wird die textile Rohware gebleicht, um sie zur Färbung oder zur Endausrüstung vorzubereiten. Bisher war es üblich, Bleichmittel, wie Wasserstoffperoxid, Natriumhypochlorit oder Natriumchlorit einzusetzen.

    [0002] Es hat sich gezeigt, daß durch den Einsatz von Hypochloriten in Bleichprozessen halogenorganische Verbindungen entstehen, die gesundheitsschädigend sein können. Dies führt zu einem immer größer werdenden Verzicht dieses Bleichmittels.

    [0003] Bei der im sauren PH-Bereich durchgeführten Natriumchloritbleiche kommt es zur Bildung von Chlordioxid, welches gesundheitsschädigend ist und eine Geruchsbelästigung darstellt. Zudem läßt sich dieses Bleichmittel nur auf ausgesuchten Textilmaschinen, bestehend aus besonderen Werkstoffen, einsetzen.

    [0004] Aufgrund dieser Nachteile gelangt bevorzugt die Wasserstoffperoxidbleiche zum Einsatz.

    [0005] Dem Übersichtsartikel "Aktivatoren und Stabilisatoren für die Peroxidbleiche" von Dr. W. Ney in Textilpraxis international 1974, Oktober und November, Seiten 1392 und 1565 ist zu entnehmen, daß Wasserstoffperoxid heute für alle Naturfasern pflanzlicher und tierischer Herkunft das gebräuchlichste Bleichmittel ist.
    Um mit Wasserstoffperoxid einen Bleicheffekt zu erzielen, muß es erst aktiviert werden. Außerdem ist eine Stabilisierung der Bleichlösung notwendig, damit möglichst wenig Aktivsauerstoff verloren geht.
    Allgemein üblich und am bekanntesten ist die Aktivierung mit Alkali. Bei der Bleiche von Cellulosefasern wird für die Baumwolle fast ausschließlich Natronlauge, für Bastfasern - vor allem Leinen - wird Soda vorgezogen. Nachteilig bei dem Einsatz von Alkali ist die Alkaliempfindlichkeit von tierischen Fasern.

    [0006] Außer mit Alkali läßt sich Wasserstoffperoxid noch auf andere Weise aktivieren, z. B. durch chemische Umsetzung des Wasserstoffperoxids zu organischen und anorganischen Persäuren.
    Aus G. Rösch, Deutsche Textiltechnik 10 (1960), Heft 4, Seiten 191-195 ist der Einsatz von Peressigsaure in der Textilbleiche bekannt. Peressigsäure ist entflammbar. Die konzentrierte Lösung, die einen stechenden Geruch hat, ätzt und verbrennt die Haut. Der größte Nachteil der Peressigsäure ist ihre hohe Explosivität. Wird zur Herstellung Essigsäureanhydrid verwandt, so kann sich unter ungünstigen Bedingungen als Nebenprodukt Diacetylperoxid bilden, das ebenfalls spontan zu Zersetzung neigt.
    Dieses Verhalten dürfte der Grund sein, weshalb die Peressigsäure als Bleichmittel nicht den erwarteten Erfolg gefunden hat.

    [0007] Außer den vorgenannten Aktivierungsmethoden gibt es noch eine Reihe chemischer Verbindungen, die als Aktivatoren für Wasserstoffperoxid unter Bildung von Persäuren in Frage kommen.

    [0008] Nach W. Ney haben sich solche Verbindungen als besonders wirksam erwiesen, die bei einem möglichst kleinen Molekulargewicht einen große Anzahl von reaktionsfähigen Acylgruppen besitzen, wie Tetraacetylethylendiamin (TAED) und Tetraacetylglykoluril (TAGU).

    [0009] Aus DE-OS-1 695 219 ist der Einsatz von acylierten Glykolurilen, insbesondere TAGU, als Bleichmittel vor allem beim Bleichen von Fasern aller Art bekannt.

    [0010] Die EP-A-125 641 und US-A-4 544 503 offenbaren die Verwendung von Acyloxibenzolsulfonsäuresalzen (AOBS) als Aktivatoren für die Peroxidbleiche von Geweben und als Färbehilfsmittel beim Färben von Acrylfasern.

    [0011] Die EP-A-442 549 nennt den Einsatz von Phthalimidoperoxicarbonsäuren als Bleichmittel für Gewebe und harte Oberflächen.

    [0012] Im Hinblick auf die guten Ergebnisse mit niederen aliphatischen Percarbonsäuren bestand weiterhin der Wunsch, Percarbonsäuren als Bleichmittel in der Textilbleiche einzusetzen.

    [0013] Aufgabe der Erfindung ist es ein Verfahren bereitzustellen, das den gefahrlosen Einsatz von aliphatischen Percarbonsäuren, insbesondere Peressigsäure, als Bleichmittel in der Textilbleiche ermöglicht und das die Nachteile des Standes der Technik, wie Schädigung des zu bleichenden Textilmaterials und unzureichende Bleichkraft nicht aufweist.

    [0014] Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zum Bleichen von textiler Rohware mit Hilfe von organischen Persäuren und Wasserstoffperoxid, umfassend die Verfahrensschritte:
    • Behandeln der textilen Rohware mit einer wäßrigen alkalischen Bleichflotte,
    • nachfolgendem Imprägnieren der textilen Rohware und
    • anschließendem kaltem Ablegen oder Aufheizen der textilen Rohware, dadurch gekennzeichnet, daß die Bleichflotte einen Bleichaktivator enthält.


    [0015] Geeignete Bleichaktivatoren sind Carbonsäureamide, Carbonsäureester und Sulfonsäuresalze. Bevorzugte Verwendung finden Triacetylethanolamin (TAEA), Tetraacetylethylendiamin (TAED), Pentaacetylglykose (PAG), Tetraacetylglukoluril (TAGU), 1,5-Diacetyl-2,4-dioxohexahydrotriacin (DADHT), Nonanoylbenzolsulfonat (NOBS), p-Benzoyloxibenzolsulfonat-Na-Salz (BOBS) und Resorcinacetatnonanoat.

    [0016] Als textile Materialien werden bevorzugt eingesetzt: Cellulose, insbesondere unvorbehandelte natürliche Cellulose wie Hanf, Leinen, Jute, Baumwolle, Regeneratcellulosefasern wie Zellwolle, Viskoseacetat, Rayon, tierische Faser, wie Wolle und Seide sowie Chemiefasern, wie Polyamid-, Polyacrylnitril- oder Polyesterfasermaterialien sowie Fasermischungen, z. B. solche aus Polyacrylnitril-Baumwolle oder Polyester-Baumwolle.

    [0017] Das zu behandelnde textile Material kann in den verschiedenen Verarbeitungsstufen vorliegen, so z. B. das cellulosehaltige Material als loses Material, Flocke, Kammzug, Garn, Gewirke, Gewebe oder Maschenware.
    Das textile Material wird kontinuierlich oder diskontinuierlich in wäßriger Flotte behandelt. Die wäßrige Bleichflotte enthält neben den genannten Bleichaktivatoren, Wasserstoffperoxid und gegebenenfalls Peroxidstabilisatoren, Wasch- und Netzmittel, Additive, wie Entschäumer und Lösungsverbesserer, Puffersysteme, wie Phosphatsalze und Citronensäure und basische Salze, wie Natriumhydrogencarbonat, Dinatriumcarbonat und/oder Natriumhydroxid.

    [0018] Der PH-Wert der Bleichflotte liegt in einem Bereich von 5 bis 13, bevorzugt 7 bis 9. Das molare Verhältnis zwischen Wasserstoffperoxid und Bleichaktivator hängt vom molaren Verhältnis Wasserstoffperoxid zu den aktiven Carbonylgruppen des Bleichaktivators ab, wobei Wasserstoffperoxid im molaren Überschuß eingesetzt wird.
    Für die Bleichaktivatoren mit zwei aktiven Carbonylgruppen wie TAED und PAG ergibt sich ein molares Verhältnis von Wasserstoffperoxid zu Bleichaktivator von 2 - 10 : 1, bevorzugt 2,2 - 3 : 1.
    Für Bleichaktivatoren mit einer aktiven Carbonylgruppe wie BOBS, NOBS und Iso-NOBS beträgt das molare Verhältnis Wasserstoffperoxid zu Bleichaktivator 1,0 - 5 : 1, bevorzugt 1,1 - 1,5 : 1.
    Üblicherweise wird die Bleichflotte bei Verwendung fester Bleichaktivatoren in einem Flottenansatzbehälter durch Zusammengeben der einzelnen Bestandteile zubereitet und nach einer ausreichenden Löse- bzw. Reaktionszeit in den Bleichapparat oder die Imprägnierkurve überführt.
    Die Löse- bzw. Reaktionszeit beträgt im Regelfall eine Stunde, bevorzugt 20 bis 30 Minuten.
    Bei Einsatz flüssiger Bleichaktivatoren, wie TAEA, kann die Bleichflotte auf die vorstehend beschriebene Weise in dem Flottenansatzbehälter hergestellt werden oder direkt über Dosiereinrichtung zusammen mit den übrigen flüssigen Bestandteil der Bleichflotte direkt dem Bleichapparat oder der Imprägnierkufe zudosiert werden. In dem Bleichapparat oder der Imprägnierkurve wird das textile Material mit der Bleichflotte behandelt. Das Behandeln mit Bleichflotte erfolgt üblicherweise bei kontinuierlichen Verfahren durch Imprägnieren, das heißt Netzen und Tränken der textilen Rohware mit der Bleichflotte. Nach dem Imprägnieren wird die textile Rohware entweder über einen Zeitraum von 0,5 bis 24 Stunden, üblicherweise bei Raumtemperatur, kalt abgelegt oder in atmosphärischen Dämpfern mit Wasserdampf auf Temperaturen von 95 bis 102°C aufgeheizt. Die Verweilzeiten bei dieser Temperatur betragen 1 Minute bis 2 Stunden. Üblicherweise schließt sich an die Bleiche mit Bleichaktivatoren ein weiterer Bleichvorgang, z. B. die alkalische Peroxidbleiche an. Es hat sich gezeigt, daß gerade durch die Kombination von Aktivator-Bleiche mit alkalischer Peroxidbleiche gute Weißgrade des textilen Materials erhalten werden. Nach der Bleiche wird das textile Material gewaschen oder einer weiteren Vorbehandlungsstufe wie der Imprägnierung zugeführt.

    [0019] Die nachfolgenden Beispiele sollen das erfindungsgemäße Verfahren erläutern.

    Beispiel 1:



    [0020] Bleiche auf Babcock-Breitbleichanlage
    100 % Cotton, nach enzymatischer Entschlichtung

    a) Aktivierte Peroxidbleiche: (früher Chlor)
    3.4 g/kg TAED
    5.8 g/kg H₂O₂ (35%ig)
    6.4 g/kg kalzinierte Soda
    3 g/l Lastabil TGS® (Peroxidstabilisator)
    2 g/l Hostapal FA® (Wasch- und Netzmittel)
    0.1 g/l Entschäumer RS
    Flottenansatz im Flottenansatzbehälter, übliche 500 - 2000 l, Imprägnieren kalt, 30 Minuten bei 100°C in U-Box (Ablage), anschließend 3 Wäschen mit demineralisiertem Wasser bei 90-60-40°C

    b) Alkalische Peroxidbleiche:
    45 g/l H₂O₂ (35%ig)
    12 g/l NaOH
    6 g/l Lastabil TGS® (Peroxidstabilisator)
    3 g/l Hostapal FA® (Wasch- und Netzmittel)

    Imprägnieren kalt, 15 Minuten bei 100°C im Kombidämpfer, gebundene Warenführung und Ablage auf Rollenbett, anschließend 3 Wäschen bei 90-90-60°C, Trocknung auf Zylindertrockner.
    Ware ist absolut schalenfrei, Weißgrad entspricht einem Vollweiß für optische Aufhellung.

    Beispiel 2:



    [0021] 1-stufige Kaltbleiche nach dem "cold pad-batch" Verfahren Imprägnieren von Baumwoll-Trikotage mit
    10 g/l TAEA
    10 g/l H₂O₂ (35%)
    10,6 g/l kalcinierte Soda
    10 g/l Lastabil TGS
    4 g/l Hostapal FA
    Kalt ablegen für 2 h und Auswaschen. Die Wares ist schalenfrei, der Weißgrad entspricht einem Farbweis und da die Baumwollwachse auf der Ware belassen bleiben, zeichnet sich die Ware durch einen angenehm weichen Griff aus.

    Beispiel 3:



    [0022] Zweistufiges Bleichverfahren auf entschlichtbar Cotton-Webware oder Cotton-Trikotage, Imprägnieren mit TAED-Bleichflotte wie unter 1.a), Ware 15 min dämpfen bei 100°C im Kombidämpfer, anschließend Waschen. Die Ware wird erneut imprägniert mit Bleichflotte wie unter 1.b) beschrieben, 15 min bei 100°C gedämpft und ausgewaschen. Die Ware entspricht dem Standard von Beispiel 1.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Bleichen von textiler Rohware mit Hilfe von organischen Persäuren und Wasserstoffperoxid, umfassend die Verfahrensschritte:

    - Behandeln der textilen Rohware mit einer wäßrigen alkalischen Bleichflotte

    - nachfolgendem Imprägnieren der textilen Rohware und

    - anschließendem kaltem Ablegen oder Aufheizen der textilen Rohware, dadurch gekennzeichnet, daß die Bleichflotte einen Bleichaktivator enthält.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Behandeln der textilen Rohware in einem Bleichapparat oder einer Imprägnierkufe erfolgt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß in der Bleichflotte das molare Verhältnis Wasserstoffperoxid zu Bleichaktivator 1,0 - 5 : 1, bevorzugt 1,1 - 1,5 : 1, bezogen auf die Anzahl aktiver Carbonylgruppen des Bleichaktivators beträgt.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß nach dem Bleichen mit Bleichaktivatoren eine alkalische Peroxidbleiche erfolgt.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der pH-Wert der Bleichflotte in einem Bereich von 5 bis 13, bevorzugt 7 bis 9, liegt.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die textile Rohware über einen Zeitraum von 0,5 bis 24 Stunden kalt abgelegt wird.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die textile Rohware auf eine Temperatur von 95 bis 102°C aufgeheizt wird.