(19)
(11) EP 0 383 184 B1

(12) EUROPÄISCHE PATENTSCHRIFT

(45) Hinweis auf die Patenterteilung:
11.05.1994  Patentblatt  1994/19

(21) Anmeldenummer: 90102432.3

(22) Anmeldetag:  07.02.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C21B 7/14, C21C 7/00, B22D 11/10

(54)

Verfahren zur Reduzierung von Staubemission und freiem Luftzutritt im Abstichbereich eines Hochofens

Method of decreasing the fume emission and the free entry of air in the tap hole region of a blast furnace

Procédé pour diminuer le dégagement de fumées et l'entrée d'air libre dans la région de coulée d'un haut fourneau


(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE DE ES FR GB IT LU NL SE

(30) Priorität: 14.02.1989 DE 3904415

(43) Veröffentlichungstag der Anmeldung:
22.08.1990  Patentblatt  1990/34

(73) Patentinhaber:
  • INTRACON Handelsgesellschaft für Industriebedarf mbH
    D-65195 Wiesbaden (DE)
  • L'AIR LIQUIDE S.A.
    75321 Paris Cédex 07 (FR)

(72) Erfinder:
  • Fünders, Dieter, Dr.-Ing.
    D-47198 Duisburg (DE)
  • Winter, Harald
    D-41061 Mönchen-Gladbach (DE)

(74) Vertreter: TER MEER STEINMEISTER & PARTNER GbR 
Mauerkircherstrasse 45
81679 München
81679 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
EP-A- 0 071 359
EP-A- 0 196 242
EP-A- 0 288 369
FR-A- 2 607 829
EP-A- 0 154 585
EP-A- 0 274 290
FR-A- 2 409 097
   
  • STAHL UND EISEN, Band 103, Nr. 8, 25. April 1983, Seite 394, Düsseldorf, DE; "Verringerung der Stickstoffaufnahme von flüssigem Stahl in der Pfanne"
   
Anmerkung: Innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents kann jedermann beim Europäischen Patentamt gegen das erteilte europäischen Patent Einspruch einlegen. Der Einspruch ist schriftlich einzureichen und zu begründen. Er gilt erst als eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. (Art. 99(1) Europäisches Patentübereinkommen).


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren nach dem Oberbegriff des Patenthauptanspruchs zur Reduzierung der Staubemission und des freien Luftzutritts im Bereich der Abstichrinne eines Hochofens und ggfs. der weiteren Förder- und Umfülleinrichtungen für das flüssige, vom Hochofen abgestochene Material bis zum Erreichen des Gießbeets.

[0002] Bisher erfolgt der Abstich eines Hochofens bis zur Einleitung des flüssigen Roheisens/Ferromangans in das Gleßbeet bei mehr oder weniger freiem Luftzutritt. Durch den freien Luftzutritt geschieht folgendes:

a) Der Luftsauerstoff oxidiert das Roheisen bzw. Ferromangan. Die sich daraus bildenden Oxide steigen als Staub auf und verunreinigen die Luft.

b) Durch den Luftsauerstoff verbrennt der durch die Abkühlung des Roheisens freiwerdende Kohlenstoff des Roheisens teilweise.



[0003] Um die Verunreinigung der Atmosphäre durch die genannten Einflüsse zu reduzieren, verlangt der Gesetzgeber mit ständig schärferen Auflagen wirksame Umweltschutzmaßnahmen. Um diesen Auflagen zur Umweltschonung zu genügen, wird zur Zelt und normalerweise eine sehr kostspielige und energieintensive Gleßhallenentstaubung benötigt. Durch die dazu erforderlichen hohen Absaugleistungen werden jedoch weitere negative Einflußgrößen erzeugt:

a1) Die im Abstichbereich erforderlichen hohen Windgeschwindigkeiten kühlen das Roheisen stark ab. Dadurch kommt es zu einer permanenten thermodynamischen Übersättigung des Roheisens mit Kohlenstoff, welcher dann wiederum vermehrt als Staub abgeschieden wird (siehe Punkt b).

a2) Die hohen Windgeschwindigkeiten und damit auch die hohen Sauerstoffpotentiale oxidieren den für die Bindung und Wärmeleitung erforderlichen Kohlenstoff des feuerfesten Materials im Abstichbereich des Hochofens. Ein frühzeitiger Verschleiß ist die Folge.

a3) Durch die hohen Windgeschwindigkeiten und die damit verbundenen hohen Sauerstoffpotentiale oxidieren das Roheisen und das Ferromangan, deren Stäube wiederum verstärkt abgesaugt werden müssen.



[0004] Um diesen Problemen zu begegnen, ist in einigen Betrieben der Einsatz von flüssigem Stickstoff im Bereich der Abstichrinne bekannt.

[0005] Dieses Verfahren hat jedoch folgende Nachteile:
Flüssiger Stickstoff ist tiefkalt. Dies erfordert umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen bezüglich der Lagerung und der Handhabung. Weiterhin tritt eine zu intensive Kühlwirkung ein, wenn nicht ganz besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Leider führt aber der Einsatz von flüssigem Stickstoff auch zu einer Aufstickung des Roheisens. Dies aber hat eine unerwünschte Einflußwirkung auf die Qualität des Stahlmaterials und läuft Bestrebungen im Hochofen- und Stahlbereich entgegen, in Zukunft einen immer geringeren Gehalt an gelöstem Stickstoff anzustreben.

[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Reduzierung der Staubemission im Abstichbereich eines Hochofens bis zum Gießbeet zu erreichen unter gleichzeitiger Verminderung des freien Luftzutritts und ohne Erhöhung der metallurgischen Stickstoffaufnahme.

[0007] Die Erfindung besteht bei einem Verfahren zur Reduzierung der Staubemission und des freien Luftzutritts im Bereich der Abstichrinne eines Hochofens, der anschließenden Kipprinne, ggfs. der anschließenden Torpedopfanne bzw. im Bereich des Gießbeets beim Ausleeren der Torpedopfanne darin, daß CO₂-Schnee und ggf. CO₂-Gas auf das flüssige Roheisen bzw. Ferromangan aufgegeben und/oder in die genannten Rinnen oder Gefäße vor und/oder bei der Berührung mit dem flüssigen Roheisen/Ferromangen eingebracht wird.

[0008] Eine einfache vorteilhafte Möglichkeit der Aufbringung des CO₂-Schnees bzw. eines Gemischs aus CO₂-Schnee und CO₂-Gas besteht in der Verwendung von einer oder mehreren Kanonen,, die im Verlauf der Abstichrinne. Kipprinne, Torpedopfanne und/oder Gleßbeet auf das flüssige Roheisen bzw. die Schlacke aufgegeben werden können.

[0009] Bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens ergeben sich folgende erhebliche Vorteile:

1. Im Bereich der Abstichrinne(n) (inklusive Eisen- und Schlackenrinne(n))



[0010] Durch Aufgabe von schneeförmiger und gasförmiger Kohlensäure (CO₂) bspw. mittels einer speziellen Kanone sowohl direkt an der Abstichseite als auch an mehreren Stellen längs der Rinne schwimmt der CO₂-Schnee auf der Schlacke bzw. dem Roheisen bis zum Eintritt in die Kipprinne. Durch die verdampfende Kohlensäure wird immer wieder neue gasförmige Kohlensäure frei, die den Partialdruck an schädlichem Luftsauerstoff und Luftstickstoff senkt. Durch den Einsatz von schneeförmiger Kohlensäure kann der Luftabschluß sehr leicht kontrolliert und den momentanen Gegebenheiten gemäß angepaßt werden.

2. Im Bereich der Kipprinne



[0011] Durch den Gießstrahl beim Übergang des Roheisens von der Abstichrinne in die Kipprinne und auch beim Übergang von der Kipprinne in die Torpedopfanne wird die spezifische Oberfläche des Roheisens um ein Vielfaches vergrößert. Hier tritt bisher unvermeidlicherweise eine Intensivierung der Oxidation und Staubentwicklung sowie eine verstärkte Aufstickung ein. Bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens verdrängt das gasförmige CO₂ den schädlichen Luftsauerstoff und Stickstoff, wenn gleichzeitig schneeförmige Kohlensäure sowohl auf das flüssige Roheisen innerhalb der Kipprinne als auch auf den Gießstrahl von der Roheisenrinne zur Kipprinne gegeben wird.

3. Im Bereich der Torpedopfanne



[0012] Durch den Aufprall des Gießstrahls in der Torpedopfanne kommt es zu sehr intensiven Turbulenzen verbunden mit einer sehr großen spezifischen Oberfläche des Roheisen/Ferromanganmaterials. Die Folgen sind ähnlich wie im Bereich der Kipprinne.

[0013] Wird nun die gesamte Atmosphäre innerhalb der Torpedopfanne durch gasförmiges CO₂ ersetzt, so ist keine oder nur eine geringe Oxidation bzw. Aufstickung möglich. Damit die Atmosphäre auch immer möglichst vollständig aus Kohlensäure besteht, kann schneeförmiges CO₂ als Bodensatz eingegeben werden, um ein CO₂ Reservoir für die Dauer eines Abstichs zu bilden.

4. Im Bereich des Gießbeets



[0014] Die erwähnten intensiven Turbuienzen ergeben sich selbstverstänlich auch im Ausgießbereich des Torpedos zum Gleßbeet. Da dieser Bereich sich in der Regel an der freien Luft ohne irgendweiche Einrichtungen für den Umweltschutz befindet, entstehen hier sehr lästige, schwer zu kontrollierende Staubentwicklungen. Gerade für diesen Bereich ist mit starken Auflagen seitens des Gesetzgebers in Zukunft zu rechnen, ohne daß bisher eine befriedigende Lösung für das aufgezeigte Problem bekannt wäre.

[0015] Ein kombinierter Einsatz von gasförmiger und schneeförmiger Kohlensäure kann auch in diesem Bereich eine deutliche Verbesserung bewirken, insbesondere, wenn sowohl die Gleßkammer als auch das gesamte Gleßbeet durch Aufgabe von CO₂-Schnee bzw. Gas gegen den freien Zutritt von Luft geschützt werden.

5. Reduzierung der Energiekosten



[0016] Versuche haben gezeigt, daß die bisher erforderliche, sehr aufwendige Gleßhallenentstaubung entweder ganz entfallen oder zumindest drastisch reduziert werden kann. Entsprechend können erforderliche Investitionen für vom Gesetzgeber vorgeschriebene Umweltschutzmaßnahmen entweder deutlich geringer ausfallen, oder weitgehend eingespart werden.

[0017] Durch den kombinierten Einsatz von CO₂-Schnee und CO₂-Gas können also die laufenden Stromkosten der mechanischen Gleßhallenentstaubung als auch kostspielige Konstruktionen für Einhausungen oder ähnliches ganz nennenswert reduziert werden. Der Aufwand für die möglicherweise teilweise Anbringung von Absaughauben ist vergleichsweise gering im Vergleich zu den technischen und finanziellen Aufwendungen, die für eine Gießhallenentstaubung einschließlich der bisher bekannten Maßnahmen zur Verhinderung der Kohlenstoffoxidation bzw. unerwünschter Aufstickung aufzubringen sind.

6. Reduzierung der metallurgischen Stickstoffaufnahme



[0018] Wie oben erwähnt, steigt der Anteil derjenigen Stahlsorten, die einen niedrigen Stickstoffgehlat erfordern, ständig. Aus diesem Grunde werden nicht nur im Bereich des Stahlwerks, sondern auch schon im Hochofenbereich intensive Anstrengungen unternommen, um den Stickstoffgehalt des Roheisens zu reduzieren. Wird nun bei Anwendung der Erfindung der Partialdruck des Luftsauerstoffs durch das CO₂ verringert, so ist auch zwangsläufig die Aufstickung geringer.

7. Reduzierung des Feuerfestmaterial-Verschleißes



[0019] Muß durch eine Neuzustellung oder eine Zwischenreparatur ein Hochofen für mehrere Stunden stillgesetzt werden, so bedeutet dies einen starken Produktionsverlust. Eine Verringerung der Reparaturintervalle oder der Stillstandszeiten führt somit zwangsläufig zu einer intensiveren Kapazitätsauslastung ohne nennenswerte Zusatzinvestitionen. Durch den erfindungsgemäß vorgeschlagenen Einsatz von schnee-bzw. gasförmiger Kohlensäure wird der Verschleiß des Feuerfest-Materials deutlich reduziert. Die Haltbarkeit der Rinnen steigt und die Stillstandszeiten sinken. Eine deutliche Kapazitätserweiterung ist damit möglich.


Ansprüche

1. Verfahren zur Reduzierung der Staubemission und des freien Luftzutritts im Bereich der Abstichrinne eines Hochofens, der anschließenden Kipprinne, ggfs. der anschließenden Torpedopfanne bzw. im Bereich des Gießbeets beim Ausleeren der Torpedopfanne dadurch gekennzeichnet, daß CO₂-Schnee und ggf. CO₂-Gas auf das flüssige Roheisen/Ferromangan aufgegeben und/oder in die genannten Rinnen/Gefäße vor und/oder bei der Berührung mit dem flüssigen Roheisen/Ferromangan eingebracht wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß der CO₂₋Schnee bzw. das CO₂-Gas oder ein Gemisch aus beiden mittels einer oder mehrerer Kanone(n) auf das flüssige Material aufgebracht wird (werden).
 


Claims

1. Process for reducing dust emission and free air access in the region of the tapping runner of a blast furnace, the downstream rocking runner and, if appropriate, the downstream torpedo ladle and/or in the region of the casting bed when the torpedo ladle is emptied, characterized in that CO₂ snow and eventually CO₂ gas is applied on top of the molten crude iron/ferromanganese and/or is introduced into the said runners/vessels before and/or during contact with the molten crude iron/ferromanganese.
 
2. Process according to Claim 1, characterized in that the CO₂ snow and/or the CO₂ gas or a mixture of the two is or are applied to the molten material by means of one or more gun(s).
 


Revendications

1. Procédé pour diminuer le dégagement de fumées et l'entrée d'air libre dans la région du chenal de coulée d'un haut-fourneau, du chenal de coulée basculant voisin et le cas échéant de la poche torpédo voisine, et respectivement dans la région de la couche de coulée lors du vidage de la poche torpédo, caractérisé en ce que de la neige carbonique et le cas échéant du gaz carbonique sont délivrés à la fonte brute/ferro-manganèse liquide et/ou sont introduits dans les chenaux/récipients mentionnés avant et/ou lors du contact avec la fonte brute/ferro-manganèse liquide.
 
2. Procédé selon la revendication 1 caractérisé en ce que la neige carbonique, respectivement le gaz carbonique ou un mélange des deux sont appliqués au matériau liquide a l'aide d'un ou plusieurs canons.