[0001] Die Erfindung betrifft einen Zungengenerator mit einer in einem Schlitz angeordneten,
durchschlagenden, gegebenenfalls an einer Stimmplatte befindlichen Tonzunge zur Klangerzeugung
mittels Luftströmung für Musikinstrumente.
[0002] Bei Zungenmusikinstrumenten wie Akkordeons und Mundharmonikas ist es bekannt, als
Zungengeneratoren durchschlagende Tonzungen zu verwenden, die im Bereich von entsprechenden,
Kanzellen eines Kanzellenkörpers zugeordneten Schlitzen an Stimmplatten angeordnet
und mit ihrem freien Ende von der Stimmplatte weggebogen sind. Bei diesen bekannten
Zungenmusikinstrumenten sind die durchschlagenden Tonzungen derart an einer Seite
der Stimmplatte angeordnet, daß der Spielwind gegen die Aufbiegung der Tonzunge gegen
die Stimmplatte gerichtet ist, anderenfalls läßt sich die Tonzunge nicht zum Schwingen
bringen. Für das Druck- und Zugwindspiel sind daher getrennte Tonzungen auf der einen
und anderen Seite der Stimmplatte mit entsprechenden Aufbiegungen vorgesehen.
[0003] Bei derartigen Zungenmusikinstrumenten ist es ferner bekannt, über den Stimmplatten
eine Haube (Cassotto) o.dgl. anzuordnen, um bestimmte Klangfärbungen zu erreichen.
Bei der Verwendung von durchschlagenden Tonzungen ist eine Beeinflussung der Klangfarbe
jedoch nur in geringem Umfang möglich, weshalb sich die Klangfarben eines Harmoniums,
Bandoniums, Akkordeons und einer Mundharmonika sehr ähneln. Veränderungen an den Tonzungen
führen lediglich zu obertonärmeren Spektren auf Kosten der Ansprache.
[0004] Durchschlagende Tonzungen sind auch aus dem Orgelbau bekannt, konnten sich jedoch
dort gegen aufschlagende Tonzungen nicht durchsetzen, da der typische Zungenklang
nicht deutlich genug veränderbar ist. Bei Lingualpfeifen mit durchschlagenden Zungen
entsteht im wesentlichen nur eine Klangfarbe, da verschiedene Becherformen wegen ihrer
Abhängigkeit von der Tonzunge nur einen relativ geringen Einfluß auf den Klangcharakter
haben.
[0005] So ist in dem CH-Buch "Handbuch der Orgelkunde", Benzinger & Co. AG, Einsiedeln/Schweiz,
1936, S. 283-291 und 318-324 die Verwendung von durchschlagenden Tonzungen für Lingualpfeifen
von Orgeln beschrieben, wobei die Tonerzeugung derart erfolgt, daß beim Anblasen die
nach außen aufgebogene Tonzunge durch den Blaswind aufgrund ihrer Elastizität entgegen
ihrer Aufbiegung in den Schlitz ihres Zungenrahmens hineingedrückt wird, bis sie nach
Erreichen einer Endstellung wieder zurückschnellt und so unter dem Strömungsdruck
und ihrer Federkraft in Schwingung gerät. Durch einen Schallbecher kann zwar der von
der Tonzunge erzeugte Ton geringfügig beeinflußt werden, jedoch dient der Schallbecher
in erster Linie als Schalltrichter.
[0006] Aufgabe der Erfindung ist es, einen Zungengenerator der eingangs genannten Art zu
schaffen, der eine Tonerzeugung mit einer in weiten Grenzen wählbaren Klangfarbe erlaubt.
[0007] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß die Tonzunge und der zugehörige Schlitz im
seitlichen Bereich eines kopfseitigen Abschnitts eines länglichen, fußseitig offenen
und kopfseitig geschlossenen, einen Resonanzraum bildenden Resonanzhohlkörpers derart
angeordnet ist, daß die Anregung der Tonzunge durch Blaswind entgegen der Eintauchrichtung
im Schlitz erfolgt und eine den akustisch hörbaren Ton darstellende Kopplungsschwingung
erzeugt wird, die näher am Eigenton des Resonanzhohlkörpers als am Eigenton der Tonzunge
liegt.
[0008] Ein derartiger Zungengenerator besitzt eine Tonzungenanordnung, die bei bekannten
Zungenmusikinstrumenten wie Akkordeon oder Mundharmonika keine Tonerzeugung ermöglichen
würde, da die Tonzunge nicht gegen die Spielwindrichtung gebogen und daher bei diesen
Instrumenten keiner Rückstellkraft unterliegen würde, durch die erst eine Schwingung
ermöglicht wird. Im vorliegenden Fall wird die zur Schwingungserzeugung nötige Rückstellkraft
von der Luftsäule hervorgerufen, die am geschlossenen Ende eines im wesentlichen rohrförmigen,
die Tonzunge tragenden Resonators reflektiert wird. Die Tonzunge ist daher gerade
oder insbesondere mit ihrem freien Ende einwärts in den Resonatorraum des Resonators
gebogen und innenliegend angeordnet. Der Resonator beeinflußt dabei das resultierende
Klangspektrum, so daß durch entsprechend gewählte Resonatoren die gewünschte Klangfarbe
bestimmt werden kann. Hierbei entsteht als resultierende Frequenz eine Kopplungsfrequenz,
die dem Eigenton des schwächer gedämpften Teils (das durch den Resonator gebildet
wird, während die Tonzunge das stärke gedämpfte Teil des gekoppelten Systems darstellt)
näher als dem Eigenton des stärker gedämpften Teils liegt. Dementsprechend wird die
Kopplungsschwingung durch das weniger stark gedämpfte Luftvolumen des Resonators und
damit maßgeblich von dessen wirksamer Länge und Form bestimmt. Durch die erzwungenen
Schwingungen des Luftraumresonators können im Spektrum des abgestrahlten Klanges Obertöne
der Tonzungenschwingungen zum Teil stark hervortreten, allerdings können diese Teiltöne
in völlig anderer relativer Stärke als an der Tonzunge erscheinen. Je nach Frequenzlage
und Dämpfung der Eigenschwingungen des Resonators können auch bestimmte Obertonbereiche
gleichbleibender Tonhöhe (Formanten) verstärkt werden. So läßt sich eine klarinettenähnliche
Klangfarbe durch kreiszylindrische Resonatoren und eine trompetenähnliche Klangfarbe
durch Resonatoren in Form von trichterförmigen Bechern erzeugen.
[0009] Die derart angeordnete, mit einem Resonator gekoppelte Tonzunge liefert somit einen
Klang, dem man die Herkunft von einer durchschlagenden Tonzunge nicht mehr anhört.
Die weite Spanne zwischem leisestem Pianissimo und stärkstem Forte ist durch Anblasen
mit Spielwind spielbar, ohne daß sich die Frequenz merklich ändert. Die Abstimmung
des Tons wird durch Wahl der Länge des Resonanzhohlkörpers vorgenommen.
[0010] Weitere Ausgestaltungen der Erfindung sind der nachfolgenden Beschreibung und den
Unteransprüchen zu entnehmen.
[0011] Die Erfindung wird nachstehend anhand eines in den beigefügten Abbildungen dargestellten
Ausführungsbeispiels näher erläutert.
[0012] Fig. 1 und 2 zeigen jeweils schematisch einen Längsschnitt eines Ausführungsbeispiels
eines Zungengenerators.
[0013] Der in Fig. 1 dargestellte Zungengenerator umfaßt einen länglichen, fußseitig offenen
und kopfseitig geschlossenen, einen Resonanzraum 1 bildenden Resonanzhohlkörper 2
mit kreisförmigem Querschnitt, der im seitlichen Bereich eines kopfseitigen Abschnitts
eine Öffnung 3 aufweist, die von einer einen Schlitz 5 aufweisenden Stimmplatte 6
abgedeckt ist, die eine den Schlitz 5 im wesentlichen abdeckende, durchschlagende,
innenliegende Tonzunge 7 trägt. Die Tonzunge 7 erstreckt sich in Axialrichtung des
Resonanzhohlkörpers 2, wobei das freie Ende der Tonzunge 7 vorzugsweise zum geschlossenen
Ende des Resonanzhohlkörpers 2 gerichtet ist. Die Grundfrequenz der Tonzunge 7 entspricht
in etwa der Resonanzfrequenz des Resonanzhohlkörpers 2.
[0014] Die Tonzunge 7 kann wahlweise (wie in Fig. 1 dargestellt) eine in den Resonanzraum
2 gerichtete Aufbiegung aufweisen oder gerade, d.h. parallel zum Schlitz 5 und damit
zur Wandung des Resonanzhohlkörpers 2 verlaufen (vgl. Fig. 2).
[0015] Die Tonzunge 7, eine Metall- oder Kunststoffzunge, kann auch direkt am Resonanzhohlkörper
2 angeordnet sein, der dann mit dem Schlitz 5 zu versehen ist, so daß man auf die
Stimmplatte 6 verzichten kann. So kann der Resonanzhohlkörper 2 mit der Tonzunge 7
einstückig aus Kunststoff gespritzt sein.
[0016] Bei der in Fig. 1 dargestellten Ausführungsform ist ferner an dem Resonanzhohlkörper
2 ein Anblasmundstück 8 vorgesehen, über das der Spielwind - erzeugt durch Hineinblasen
mit dem Mund oder über einen Balg, Gebläse o.dgl. - an der Tonzunge 7 vorbei in den
Resonanzhohlkörper 2 geleitet wird. Hierdurch wird die Tonzunge 7, die den Schlitz
5 unter Belassung eines geringen Spiels abdeckt, in Schwingung versetzt. Der erzeugbare
Ton entspricht der resultierenden Kopplungsfrequenz von Tonzunge 7 und Resonanzhohlkörper
2.
[0017] Bei der in Fig. 2 dargestellten Ausführungsform ist der Resonanzhohlkörper 2 fußseitig
sich trichterförmig erweiternd ausgebildet, wobei zusätzlich im trichterförmigen Bereich
seitliche Öffnungen 9 vorgesehen sein könnnen, die die Klangfarbe zusätzlich beeinflussen.
[0018] Eine Tonhöhenänderung kann durch Verändern der wirksamen Länge des Resonanzhohlkörpers
2 bzw. der darin schwingenden Luftsäule geschehen, indem die seitlichen Öffnungen
9 des die Schallröhre bildenden Resonanzhohlkörpers 2 durch einen Klappenmechanismus
oder verstellbare Ringelemente gegebenenfalls mehr oder weniger geöffnet bzw. geschlossen
werden und/oder der Resonanzhohlkörper 2 durch ein aufgesetztes, verschiebbares, rohrförmiges
Ansatzstück verlängert wird. Hierdurch kann ein Stimmen bzw. Nachstimmen vorgenommen
werden.
[0019] Anstelle einer Tonzunge 7 können mehrere Tonzungen 7 geringfügig voneinander verschiedener
Grundfrequenz oder für eine Grundfreqenz und verschiedene Obertonfrequenzen nebeneinander
angeordnet sein.
[0020] Neben zylindrischen und trichterförmigen Formen des Resonanzhohlkörpers 2 sind auch
alle zum Beispiel aus dem Orgelbau bekannten Becherformen verwendbar, etwa kurze oder
längere Rohre mit und ohne Kröpfungen oder in sonstigen besonderen Becherformen. Als
Materialien für den Resonanzhohlkörper 2 eignen sich Kunststoffe, Metalle, Holz oder
sonstige aus dem Musikinstrumentenbau bekannte Werkstoffe.
[0021] Über Tasten, Klappen, Hebel und/oder Ventile kann der Spielwind zur Betätigung eines
oder mehrerer Zungengeneratoren gesteuert werden.
1. Zungengenerator mit einer in einem Schlitz (5) angeordneten, durchschlagenden,
gegebenenfalls an einer Stimmplatte (6) befindlichen Tonzunge (7) zur Klangerzeugung
mittels Luftströmung für Musikinstrumente, dadurch gekennzeichnet, daß die Tonzunge
(7) und der zugehörige Schlitz (5) im seitlichen Bereich eines kopfseitigen Abschnitts
eines länglichen, fußseitig offenen und kopfseitig geschlossenen, einen Resonanzraum
(1) bildenden Resonanzhohlkörpers (2) derart angeordnet ist, daß die Anregung der
Tonzunge (7) durch Blaswind entgegen der Eintauchrichtung im Schlitz (5) erfolgt und
eine den akustisch hörbaren Ton darstellende Kopplungsschwingung erzeugt wird, die
näher am Eigenton des Resonanzhohlkörpers (2) als am Eigenton der Tonzunge (7) liegt.
2. Zungengenerator nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Tonzunge (7) innenliegend
angeordnet mit ihrem freien Ende in den Resonanzraum hinein aufgebogen ist.
3. Zungengenerator nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Tonzunge
(7) in Längsrichtung des Resonanzhohlkörpers (2) verläuft.
4. Zungengenerator nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die
Tonzunge (7) eine Metall- oder Kunststoffzunge ist.
5. Zungengenerator nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, das der
Resonanzhohlkörper (2) entsprechend den Schallbechern von Zungenpfeifen in trichterförmiger
oder zylindrischer, kurz- oder langröhriger Bauart mit und ohne Kröpfungen ausgebildet
ist.
6. Zungengenerator nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß eine
Einrichtung zur Änderung der wirksamen Länge des Resonanzhohlkörpers (2) vorgesehen
ist.