(19)
(11) EP 0 607 535 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.07.1994  Patentblatt  1994/30

(21) Anmeldenummer: 93118980.7

(22) Anmeldetag:  25.11.1993
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C25B 1/00, C01G 55/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR GB IT LI

(30) Priorität: 18.12.1992 DE 4243698

(71) Anmelder:
  • Schott Glaswerke
    D-55122 Mainz (DE)

    CH DE FR IT LI AT 
  • Carl-Zeiss-Stiftung trading as SCHOTT GLASWERKE
    D-55122 Mainz (DE)

    GB 

(72) Erfinder:
  • Herrmann, Sigrid Dr.
    D-12487 Berlin (DE)
  • Landau, Uwe Dr.-Ing.
    D-14169 Berlin (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Elektrolytisches Verfahren zum Lösen von Platin, Platinmetallverunreinigungen und/oder Platinmetallegierungen


    (57) Die vorliegende Erfindung betrifft ein elektrolytisches Verfahren zum Lösen von Platin, Platinmetallverunreinigungen und/oder Platinmetallegierungen, insbesondere von solchen mit einem Anteil von Rh, Pd, Ir, Au und Ag, in wäßriger Salzsäure. Das erfindungsgemäße Verfahren zeichnet sich dadurch aus, daß der Löseprozeß in einer Elektrolysezelle, die durch eine Kationenaustauschermembran unterteilt ist, gegebenenfalls in Anwesenheit von Platinmetallsalzen oder Platinmetallsäuren, bei Temperaturen zwischen 50 bis 110°C und unter potentiostatischen oder spannungskontrollierten Bedingungen von 2,5 V bis 8 V und einer Stromdichte von 0,3 bis 7,0 A/dm² erfolgt. Gegenüber den bekannten Verfahren arbeitet das erfindungsgemäße Verfahren mit einem minimalen sicherheitstechnischen und apparativen Aufwand sowie bei geringster ökologischer Belastung.


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein elektrolytisches Verfahren zum Lösen von Platin, Platinmetallverunreinigungen und/oder Platinmetallegierungen, insbesondere von solchen mit einem Anteil von Rh, Pd, Ir, Au und Ag in wäßriger Salzsäure.

    [0002] Die Platinmetalle liegen in der Regel in massiver Form, wie Granalien, Blechen, Spänen, Drähten usw. vor.

    [0003] Das erfindungsgemäße Verfahren kann aber auch zum Lösen von Pulvern, Schlämmen und Edelmetallen, die sich auf Keramik, Quarzteilen, Aluminiumoxid oder Silikaten befinden, angewendet werden.

    [0004] Die Anwendung von Chlorgas und Salzsäure zum Lösen von Platin und/oder Platinmetallegierungen ist allgemein bekannt (Gmelin, Platin, Teil C, Seite 77).

    [0005] Im Ullmann, Enzyklopädie der Chemie, Bd. 18, 1979, Seite 708, wird Chlor und Salzsäure für Pulver, Schlämme und Erzkonzentrate eingesetzt. Es wird mit einer 6 bis 8 N Salzsäure bei einer Temperatur von 80°C gearbeitet. Dabei wird u. a. festgestellt, daß gelöste Platinmetalle die Lösegeschwindigkeit nicht verringern.

    [0006] Nach der DD-63880 werden Platinmetalle in Form von Granalien, Blechen oder Drähten mit Chlor und Salzsäure aufgeschlossen. Dabei werden die gebildeten Platinmetallsalze oder Platinmetallsäuren mit wäßriger Salzsäure abgespült. Die Zugabe von Salzsäure und das Einleiten von Chlorgas erfolgen im Wechsel. Das Verfahren arbeitet mit einer ständig abnehmenden Platinoberfläche. Eine gezielte Salzsäurezugabe ist nicht möglich. Daher können auch keine konzentrierten Edelmetallösungen hergestellt werden. Bei Verringerung der Platinmetallmenge muß mit hohem Chlorüberschuß gearbeitet werden.

    [0007] Die in der DD-63880 beschriebene erreichbare Konzentration von 500 g/l Platinmetall und die Lösegeschwindigkeit von 1000 g/h werden, bedingt durch den Verfahrensablauf, nur in Ausnahmefällen erreicht. Außerdem müssen bei diesem Verfahren mindestens 4 bis 6 kg Platinmetall vorgelegt werden.

    [0008] Alle beschriebenen Verfahren des Standes der Technik haben den Nachteil, daß sie, bedingt durch die Arbeit mit Chlorgas und seine schwierige Dosierbarkeit, einen hohen apparativen und sicherheitstechnischen Aufwand erfordern. Sie sind sehr teuer und ökologisch nicht mehr verantwortbar.

    [0009] Der Erfindung lag daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Lösen von Platin, Platinmetallverunreinigungen und/oder Platinmetallegierungen zur Verfügung zu stellen, das mit geringem apparativen und sicherheitstechnischen Aufwand sowie einer vertretbaren ökologischen Belastung arbeitet. Überraschenderweise wurde nun gefunden, daß bei Anwesenheit von Platinmetallsalzen und/oder Platinmetallsäuren in der Salzsäure die Löslichkeit des Platins oder der Platinmetallegierungen stark ansteigt und daß sich dieser Löseprozeß elektrolytisch durchführen läßt.

    [0010] Gegenstand der Erfindung ist daher ein elektrolytisches Verfahren zum Lösen von Platin, Platinmetallverunreinigungen und/oder Platinmetallegierungen, insbesondere von solchen mit einem Anteil von Rh, Pd, Ir, Au und Ag in wäßriger Salzsäure, welches sich dadurch auszeichnet, daß der Löseprozeß in einer Elektrolysezelle, die durch eine Kationenaustauschermembran unterteilt ist, gegebenenfalls in Anwesenheit von Platinmetallsalzen oder Platinmetallsäuren bei Temperaturen zwischen 50 bis 110°C und unter potentiostatischen oder spannungskontrollierten Bedingungen von 2,5 V bis 8 V und einer Stromdichte von 0,3 bis 7,0 A/dm² erfolgt.

    [0011] In der Elektrolysezelle wird das zu lösende Platinmetall als Anode geschaltet, während als Katode Platin, Titan oder auch Graphit eingesetzt wird.

    [0012] Der Katoden- und Anodenraum wird mit 6 bis 8 N Salzsäure gefüllt und die Spannung so gewählt, daß das zum besseren Lösen benötigte Chlorgas sich elektrolytisch entwickelt.

    [0013] Durch eine entsprechende Gestaltung der Löseeinheit kommt es zu einer impulsweisen Berührung des Platinmetalls mit der platinmetallhaltigen Säure und dem elektrolytisch erzeugten Chlorgas.

    [0014] Bevorzugt arbeitet das erfindungsgemäße Verfahren unter potentiostatischen oder spannungskontrollierten Bedingungen von 5 V bis 7,5 V und einer Stromdichte von 4,4 bis 6,6 A/dm² und in einem Temperaturbereich von 60 bis 100°C, insbesondere bei 80°C. Nur zum Beginn der Elektrolyse wird die Lösung im Anoden- und Katodenraum erwärmt. Danach stellt sich die Lösetemperatur selbst ein, da das erfindungsgemäße Verfahren exotherm arbeitet.

    [0015] Die Platinmetallösung weist eine Konzentration zwischen 1 bis 700 g/l auf. Die besten Löseergebnisse wurden mit konzentrierten Platinmetallösungen, bevorzugt zwischen 10 und 150 g/l, erreicht. Bei einer Platinmetallkonzentration von >700 g/l muß der Lösevorgang abgebrochen werden, da die Platinmetallsalze oder -säuren auskristallisieren.

    [0016] Als bevorzugte, mit Sulfonsäuregruppen beladene Kationenaustauschermembran wird in der Regel eine Teflonmembran (Nafion®-Membran) eingesetzt.

    [0017] Obwohl im Anodenraum durch die Chlorgasentwicklung Salzsäure verbraucht wird, bleibt deren Konzentration konstant, da mit den Wasserstoffionen Wassermoleküle in den Katodenraum transportiert werden.

    [0018] Lediglich der Volumenverlust an Salzsäure im Anodenraum muß ausgeglichen werden.

    [0019] Im Katodenraum wird periodisch die verdünnte Salzsäure abgezogen und der Konzentrationsverlust durch Zusatz von konzentrierter Salzsäure ersetzt. Dabei wird die verdünnte Säure zum Verdünnen von konzentrierter Salzsäure für den Anodenraum eingesetzt.

    [0020] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren sind folgende Vorteile verbunden:
    • es arbeitet im Bereich der höchsten Leitfähigkeit der Salzsäure
    • es erfordert einen minimalen sicherheitstechnischen und apparativen Aufwand
    • es arbeitet mit minimaler ökologischer Belastung
    • es ist gegenüber den herkömmlichen Verfahren wesentlich zeit- und kostensparender.


    [0021] Als Bestandteile der Platinmetallverunreinigungen bzw. Platinmetallegierungen kommen neben dem Rh, Pd, Ir, Au, Ag auch Cu, Fe, Co, Ni, Sb, As, Pb, Cd, Al, Mn, Mo, Si, Zn, Sn, Zr, W, Ti und Cr infrage.

    [0022] Die Erfindung wird nachstehend an einigen Beispielen näher erläutert.

    Beispiel 1 Lösen von Platin



    [0023] 500 g Platingranalien werden in einer Elektrolysezelle, die durch eine Kationenaustauschermembran unterteilt ist, gelöst. Der Anodenraum wird mit 1 l 8 N HCl gefüllt. Der Katodenraum enthält ebenfalls 8 N HCl. Als Anode dient das zu lösende Platin, als Katode wird Platin, Titan oder Kohlenstoff eingesetzt. Das Elektrolysebad wird auf eine Temperatur von 80°C erwärmt. An die Zelle wird eine Spannung von 5 V angelegt und bei einer Stromdichte von 6,6 A/dm² gearbeitet. Während der Elektrolyse wird die Salzsäurekonzentration im Katoden- und Anodenraum überprüft und neu eingestellt.

    [0024] Nach einer Elektrolysezeit von 20 Stunden wird die Elektrolyse abgebrochen. Die im Anodenraum enthaltene salzsaure Platinlösung hat eine Konzentration von 650 g Platin/l. Die Platingranalien werden bis auf einen Restgehalt von 3 % Platin gelöst.

    Beispiel 2 Lösen von Platin-Iridium-1



    [0025] In eine Elektrolysezelle, die durch eine Kationenaustauschermembran unterteilt ist, werden 250 g Platin-Iridium-1-granalien gefüllt und 500 ml 8 N Salzsäure in den Anodenraum und 250 ml 8 N Salzsäure in den Katodenraum gegeben. Als Katode dient ein Titanblech, als Anode die zu lösenden Platin-Iridium-1-granalien. Die Salzsäure im Anoden- und Katodenraum wird auf 80°C erwärmt. An die Elektrolysezelle wird eine Spannung von 6 V angelegt und bei einer Stromdichte von 5,25 A/dm² gearbeitet. Nach 12 Stunden wird die Elektrolyse abgebrochen. Die salzsaure Platin-Iridium-lösung hat einen Platinmetallgehalt von 550 g/l. Die Platin-Iridium-granalien sind zu 95 % gelöst.

    Beispiel 3 Lösen von Platin-Rhodium-10



    [0026] 250 g Platin-Rhodium-10 Drahtreste werden in den Anodenraum der Elektrolysezelle, die durch eine Kationenaustauschermembran unterteilt ist, gegeben. Als Katode wird ein Titanblech eingesetzt, als Anode dient das zu lösende Platin- Rhodium-10. Die Elektrolysezelle wird mit 8 N Salzsäure gefüllt. Die Temperatur des Bades wird auf 80 bis 100° C eingestellt. An die Apparatur wird eine Spannung von 7,5 V angelegt und bei einer Stromdichte von 6,6 A/dm² gearbeitet. Die Salzsäurekonzentration wird während der Elektrolyse überprüft und durch den Zusatz von Salzsäure die vorgegebene Ausgangskonzentration eingehalten.

    [0027] Nach einer Lösezeit von 15 Stunden wird die Elektrolyse abgebrochen. Die Konzentration der Platinmetallösung beträgt 330 g/l. Die Platin-Rhodium-10-drähte sind zu 90 % gelöst.

    Beispiel 4 Lösen von Platinmetallschwamm



    [0028] In eine Elektrolysezelle, die durch eine Kationenaustauschermembran unterteilt ist, werden 300 g Platinmetallschwamm mit einer Zusammensetzung von 59 % Platin, 1 % Rhodium und 40 % Palladium gegeben. Als Katode dient ein Titanblech, als Anode der Platinmetallschwamm. Der Anodenraum wird mit 1 l und der Katodenraum mit 500 ml 6 N Salzsäure gefüllt. Die Salzsäure wird auf 60°C erwärmt. An die Elektrolysezelle wird eine Spannung von 5 V angelegt und bei einer Stromdichte von 4,4 A/dm² gearbeitet. Während der Elektrolyse wird die Salzsäurekonzentration konstant gehalten. Nach 10 Stunden wird die Elektrolyse abgebrochen. Die Konzentration der Platinmetallösung beträgt 635 g/l. Der Platinmetallschwamm ist zu 98 % gelöst.


    Ansprüche

    1. Elektrolytisches Verfahren zum Lösen von Platin, Platinmetallverunreinigungen und/oder Platinmetallegierungen, insbesondere von solchen mit einem Anteil von Rh, Pd, Ir, Au und Ag, in wäßriger Salzsäure, dadurch gekennzeichnet, daß der Löseprozeß in einer Elektrolysezelle, die durch eine Kationenaustauschermembran unterteilt ist, gegebenenfalls in Anwesenheit von Platinmetallsalzen oder Platinmetallsäuren, bei Temperaturen zwischen 50 bis 110°C und unter potentiostatischen oder spannungskontrollierten Bedingungen von 2,5 V bis 8 V und einer Stromdichte von 0,3 bis 7,0 A/dm² erfolgt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das zu lösende Platinmetall als Anode geschaltet ist und als Katode Platin, Titan oder Graphit eingesetzt wird.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, daß man als Kationenaustauschermembran eine Teflonmembran einsetzt.
     
    4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Katoden- und Anodenraum der Elektrolysezelle mit 6 bis 8 N Salzsäure gefüllt ist und die Spannung so gewählt wird, daß Chlorgas erzeugt wird, wobei die Berührung des Platinmetalls der Anode mit der platinmetallhaltigen Säure und dem Chlorgas impulsweise erfolgt.
     
    5. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Löseprozeß unter potentiostatischen oder spannungskontrollierten Bedingungen von 5 V bis 7,5 V und einer Stromdichte von 4,4 bis 6,6 A/dm² erfolgt.
     
    6. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Salzsäurekonzentration im Anodenraum konstant bleibt, wobei der Volumenverlust an Salzsäure durch die Chlorgasentwicklung kontinuierlich ausgeglichen wird.
     
    7. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß im Katodenraum die verdünnte Salzsäure periodisch abgezogen und der Konzentrationsverlust durch Zusatz von konzentrierter Salzsäure kompensiert wird.
     
    8. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnete daß der Löseprozeß in einem Temperaturbereich zwischen 60 bis 100°C erfolgt.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß der Löseprozeß bei einer Temperatur von 80°C erfolgt.
     
    10. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Platinmetallösung eine Konzentration von 1 bis 700 g/l aufweist.
     





    Recherchenbericht