[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erhöhung der Weiße von chlorfrei gebleichtem
Zellstoff durch Behandlung des chlorfrei gebleichten Zellstoffs mit einer wäßrigen
Lösung eines Reduktionsmittels.
[0002] Der bei der Herstellung von Zellstoff aus Holz erhaltene ungebleichte Zellstoff ist
in der Regel sehr dunkel gefärbt und deshalb für viele Anwendungen, insbesondere für
die Herstellung von graphischen Papieren, Hygienepapieren und Spezialpapieren, ungeeignet.
Verantwortlich für die Dunkelfärbung sind Reste von Lignin und Ligninabbauprodukten,
die sich aufgrund ihrer phenolischen Anteile bei der Zellstoffkochung verfärben und
noch an den Zellstoffasern haften. Bei den hochwertigsten, sogenannten Sulfatzellstoffen,
die mit Hilfe von alkalischer, Natriumsulfid enthaltender Lauge hergestellt werden,
ist die Dunkelfärbung besonders stark. Solche Sulfatzellstoffe, aber auch Sulfitzellstoffe
und auch schwefelfrei hergestellte Zellstoffe, werden traditionsgemäß und am erfolgreichsten
mit Chlor gebleicht, häufig auch in Kombination mit Chlordioxid und Hypochlorit, da
nur Chlor in der Lage ist, die erwähnten dunklen Ligninreste vollständig von der Faser
zu entfernen, ohne jedoch die Faser in irgendeiner Weise zu schädigen und die Cellulose
chemisch abzubauen.
[0003] In jüngster Zeit ist jedoch die Verwendung von Chlor bei der Bleiche aus Gründen
des Umweltschutzes stark zurückgegangen, weil einerseits eine Entsorgung der Bleichlaugen,
die biologisch nicht abbaubare chlororganische Kohlenwasserstoffe enthalten, nicht
ohne Umweltprobleme möglich ist, und andererseits die Papiere, die mit Chlor gebleichten
Zellstoff enthalten, noch geringe Reste von chlororganischen Verbindungen aufweisen.
Man versucht deshalb, Chlor in der Bleiche von Sulfatzellstoff durch Chlordioxid zu
ersetzen, doch bekommt man damit nicht ganz die mit Chlor erzielbare Weiße und das
Chlordioxid greift außerdem oxidativ den Zellstoff an und vermindert dadurch seine
Qualität. Erschwerend kommt hinzu, daß beim Einsatz von Chlordioxid als Nebenprodukt
wiederum geringe Mengen freies Chlor entstehen, die ihrerseits wieder für chlororganische
Verbindungen im Bleichereiabwasser und im Zellstoff bzw. Papier sorgen. Daher strebt
man eine Zellstoffbleiche ohne Chlor oder oxidierende Chlorverbindungen an.
[0004] Als interessantes Bleichmittel hat sich bisher Ozon erwiesen, doch ist dieses aggressive
Produkt sehr teuer und greift aufgrund seiner hohen Oxidationskraft auch in hohem
Maße die Cellulose an. Deshalb versucht man, das im Zellstoff noch vorhandene dunkel
gefärbte restliche Lignin mit weniger wirksamen, aber auch weniger faserschädigenden
und umweltfreundlicheren Chemikalien, wie Sauerstoff und Wasserstoffperoxid zu bleichen.
Dies gelingt mit leidlichem Erfolg bei dem sogenannten Sulfitzellstoff, ist aber auch
hier für die meisten Zwecke nicht recht befriedigend. Völlig unzureichend ist dagegen
die Bleiche von Sulfatzellstoff mit Sauerstoff und Peroxid. Die so gebleichten Zellstoffe
haben eine Weiße von maximal ca. 70 %, während ein guter, mit Chlor gebleichter Sulfatzellstoff
normalerweise eine Weiße bis ca. 95 % aufweist. Eine Weiße von 70 % oder darunter
ist für viele Einsatzzwecke von Zellstoff nicht akzeptabel.
[0005] Aus Tappi Journal, Vol. 67, Nr. 8, 76 bis 80 (1984), ist bekannt, daß oxidativ gebleichter
Kraftzellstoff zur Erhöhung der Weiße mit Natriumdithionit nachbehandelt wird.
[0006] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes Verfahren
zur Erhöhung der Weiße von chlorfrei gebleichten Zellstoffen zur Verfügung zu stellen.
[0007] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst mit einem Verfahren zur Erhöhung der Weiße
von chlorfrei gebleichtem Zellstoff durch Behandlung des chlorfrei gebleichten Zellstoffs
mit einer wäßrigen Lösung eines Reduktionsmittels, wenn die Behandlung in Gegenwart
von Komplexbildnern vorgenommen wird. Die Bleiche des Zellstoffs erfolgt im wesentlichen
in zwei Verfahrensstufen. In der ersten Stufe des Verfahrens wird Zellstoff einer
chlorfreien Bleiche unterworfen, indem man als Bleichmittel z.B. Sauerstoff, Ozon,
Wasserstoffperoxid oder wasserlösliche Peroxide verwendet. Wenn man als Bleichmittel
Sauerstoff oder Wasserstoffperoxid bzw. Peroxide verwendet, arbeitet man bei pH-Werten
von etwa 9 bis 11. Zur Einstellung des pH-Wertes wird in aller Regel Natronlauge verwendet.
Sofern man die oxidative Bleiche mit Ozon als Bleichmittel durchführt, beträgt der
pH-Wert etwa 2 bis 4. Der Zellstoff kann zunächst mit Sauerstoff bei Temperaturen
von etwa 110°C im alkalischen pH-Bereich und anschließend mit Ozon bei einer Temperatur
von 40°C in dem pH-Bereich von 2 bis 6 gebleicht werden. An die oxidative Bleiche
schließt sich üblicherweise eine Wäsche an, um die störenden Bestandteile vom Zellstoff
abzutrennen. Auch andere Kombinationen der oxidativen Bleiche sind möglich. Beim Einsatz
von Wasserstoffperoxid verwendet man üblicherweise Wasserglas als Stabilisator für
Wasserstoffperoxid. Der weitaus größte Teil des Wasserglases wird bei der Wäsche,
die im Anschluß an die oxidative Bleiche üblicherweise durchgeführt wird, von den
Cellulosefasern entfernt. Man erreicht auf diese Weise bei handelsüblichen Zellstoffen
eine Weiße von maximal 70 %.
[0008] In der zweiten Stufe des erfindungsgemäßen Verfahrens werden die chlorfrei gebleichten
Zellstoffe in Gegenwart von Komplexbildnern mit einer wäßrigen Lösung eines Reduktionsmittels
behandelt.
[0009] Als Reduktionsmittel für die Bleiche von völlig chlorfrei gebleichtem Zellstoff kommen
in erster Linie die Reduktionsmittel in Frage, die bereits als Mittel zur Holzstoffbleiche
im Bereich der Papierherstellung bekannt sind. In erster Linie handelt es sich dabei
um Salze der dithionigen Säure, insbesondere um Natriumdithionit (Na₂S₂O
4) und Zinkdithionit (ZnS₂O₄), die entweder direkt als Substanz bzw. in wäßriger Lösung
eingesetzt werden oder aber in der Zellstoffabrik nach bekannten Methoden, z.B. aus
Natriumboranat und Schwefeldioxid bzw. Natriumsulfit oder Natriumbisulfit hergestellt
werden. Man kann aber auch Formamidinsulfinsäure (CH₄N₂O₂S), auch als Thioharnstoffdioxid
bekannt, oder deren Alkalisalze verwenden. Wirksam sind auch Natriumsulfit und Natriumbisulfit
oder auch schwefelfreie Reduktionsmittel wie z.B. Natriumboranat. Technisch am interessantesten
ist allerdings die Verwendung von Salzen des Dithionits, unabhängig von ihrer Herstellungsweise.
Vorzugsweise verwendet man Natriumdithionit. Die Reduktionsmittel werden in Mengen
von 0,1 bis 1,5 Gew.-%, bezogen auf trockenen Zellstoff, eingesetzt.
[0010] Als Komplexbildner können sämtliche Verbindungen verwendet werden, die in der Lage
sind, Schwermetallionen wie Calcium-, Eisen-, Nickel-, Cobalt- und Manganionen zu
komplexieren. Bekannte Komplexbildner sind beispielsweise Nitrilotriessigsäure, Ethylendiamintetraessigsäure,
Ethylendiamintetramethylenphosphonsäure, Propylendiamintetraessigsäure, Hydroxypropylendiaminessigsäure,
Hydroxyethanoldiphosphonsäure, Diethylentriamintetraessigsäure, Diethylentriamintetramethylenphosphonsäure,
Hydroxyethyleniminodiessigsäure, Hydroxyethylendiamintriessigsäure, Diethylentriaminpentaessigsäure,
Diethanolglycin, Ethanolglycin, Citronensäure, Glucoheptonsäure, Weinsäure, 1-Hydroxyethyliden-1,1-diphosphonsäure,
Aminotri-(methylenphosphonsäure), Ethylendiamintetra-(methylenphosphonsäure) und/oder
Diethylentriaminpenta-(methylenphosphonsäure). Mit besonderem Vorteil werden biologisch
abbaubare Komplexbildner eingesetzt. Geeignete Produkte dieser Art sind beispielsweise
β-Alanin-N,N-diessigsäure, Isoserindiessigsäure, Asparagindiessigsäure, Mischungen
der genannten Säuren oder die Alkalimetall- oder Ammoniumsalze dieser Säuren. Die
Herstellung von β-Alanin-diessigsäure und ihren Alkalimetall- oder Ammoniumsalzen
ist beispielsweise aus der EP-A-0 356 972 bekannt. Die Alkalimetall- oder Ammoniumsalze
der genannten Säuren werden durch Neutralisieren der Säuren mit beispielsweise Natronlauge,
Kalilauge, Ammoniak oder Aminen wie Methylamin, Dimethylamin, Trimethylamin, Ethylendiamin,
Triethylamin, Ethanolamin, Diethanolamin, Triethanolamin oder Morpholin bzw. Mischungen
der genannten Basen hergestellt. Die Komplexbildner werden bei der reduktiven Behandlung
des Zellstoffs üblicherweise in Mengen von 0,1 bis 0,5, vorzugsweise von 0,2 bis 0,4
Gew.-%, bezogen auf trockenen Zellstoff, eingesetzt.
[0011] Die erfindungsgemäße Behandlung des Zellstoffs wird in einer wäßrigen Anschlämmung
von Zellstoff bei einer Zellstoffkonzentration von 3 bis 25, vorzugsweise von 3 bis
5 Gew.-% durchgeführt. Man kann dabei beispielsweise so vorgehen, daß man den partiell
gebleichten Zellstoff zunächst mit einer wäßrigen Lösung eines Komplexbildners vermischt
oder den Komplexbildner zu einer Aufschlämmung des Zellstoffs in Wasser zuführt. Man
kann jedoch auch so vorgehen, daß man zu einem Zellstoffbrei eine wäßrige Lösung zufügt,
die ein Reduktionsmittel und einen Komplexbildner oder eine Mischung mehrerer Komplexbildner
enthält. Die Mitverwendung von Komplexbildnern bei der reduktiven Behandlung von chlorfrei
gebleichtem Zellstoff führt zu einer Erhöhung der Weiße des Zellstoffs gegenüber einer
reduktiven Behandlung von chlorfrei gebleichtem Zellstoff in Abwesenheit von Komplexbildnern.
[0012] Die Papierweiße wird bestimmt, indem man auf einem Rapid-Köthen-Blatt-Bildner Papierblätter
mit einem Flächengewicht von 400 g/m² herstellt, die Blätter dann 25 Minuten bei 90°C
trocknet und die Weiße mit einem Elrepho-Photometer bei einer Wellenlänge von 457
nm als Prozent Remissionsgrad ermittelt.
Beispiel 1
[0013] 100 g einer Nadel-Sulfatzellstoffsuspension aus chlorfrei gebleichtem Nadel-Sulfatzellstoff
mit einer Weiße von 71,4 % von einer Stoffdichte von 4 Gew.-% werden in einen Beutel
aus Polyethylen gefüllt, jeweils bezogen auf trockenen Nadel-Sulfatzellstoff, mit
0,12 Gew.-% β-Alanindiessigsäure in Form des Natriumsalzes und 1 Gew.-% Natriumdithionit
versetzt. Der pH-Wert der Sulfatzellstoffsuspension beträgt 6. Der Beutel wird dann
verschlossen und der Inhalt durch intensives Kneten homogenisiert. Nach dem Durchmischen
taucht man den Beutel eine Stunde in ein Wasserbad ein, das eine Temperatur von 60°C
hat. Danach wird - wie oben beschrieben - die Weiße an Papierblättern bestimmt. Sie
betrug 76,3 %.
Vergleichsbeispiel
[0014] Beispiel 1 wurde mit der einzigen Ausnahme wiederholt, daß man die reduktive Nachbehandlung
des chlorfrei gebleichten Nadel-Sulfatzellstoffs in Abwesenheit des Natriumsalzes
von β-Alanindiessigsäure durchführte. Die Weiße der so erhältlichen Papierblätter
betrug 75,4 %.
1. Verfahren zur Erhöhung der Weiße von chlorfrei gebleichtem Zellstoff durch Behandlung
des chlorfrei gebleichten Zellstoffs mit einer wäßrigen Lösung eines Reduktionsmittels,
dadurch gekennzeichnet, daß die Behandlung in Gegenwart von Komplexbildnern vorgenommen
wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man biologisch abbaubare Komplexbildner
einsetzt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß man als Komplexbildner
β-Alanin-N,N-diessigsäure, Isoserindiessigsäure, Asparagindiessigsäure, Mischungen
der genannten Säuren oder die Alkalimetall- oder Ammoniumsalze dieser Säuren einsetzt.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß man die Komplexbildner
in einer Menge von 0,1 bis 0,5 Gew.-%, bezogen auf trockenen Zellstoff, einsetzt.