[0001] Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zum Nachgerben mineralisch, insbesondere
mit Chromgerbstoffen, gegerbter Leder mit Sulfonsäuren und/oder ihren Salzen der allgemeinen
Formeln
worin
- R
- für Wasserstoff, -CH₃ oder die Reste
- X
- für Wasserstoff, ein Alkali-, insbesondere Natrium-, Kalium- oder Lithium-Ion, oder
für ein Ammonium-Ion und
- n
- für 1, 2, 3, oder 4 stehen.
[0002] Bevorzugt werden die Mono- und Disulfonsäuren von Phenol, Kresolen, Hydroxydiphenylen
und Naphtholen sowie ihre Alkali- und Ammoniumsalze verwendet.
[0003] Gebräuchlich als Nachgerbstoffe und als Hilfsmittel zur Egalisierung chemischer und/oder
physikalischer Ungleichmäßigkeiten in der Lederoberfläche sind beispielsweise Formaldehyd-Kondensationsprodukte
der β-Naphthalinsulfonsäure (DE-PS 290 965), der Diphenyl- und Ditolylethersulfonsäuren
(US-PS 2 315 951) und der Terphenylsulfonsäuren (US-PS 3 906 037) sowie deren Ammonium-
oder Alkalisalze. Auch sogenannte Austauschgerbstoffe, die überwiegend als Phenol-haltige
Formaldehyd-Kondensationsprodukte aromatischer Sulfonsäuren vorliegen oder deren Salze
sind als Nachgerb- und/oder Egalisiermittel für Chromleder praxisüblich (GB-PS 1 291
784 und DT-PS 611 671).
[0004] Nachteil dieser höhermolekularen anionischen Nachgerb- und Egalisiermittel ist, daß
sie in Wechselwirkung mit anionischen Farbstoffen bevorzugt auf die Lederoberfläche
aufziehen und hier Bindungsmöglichkeiten für anionische Farbstoffe blockieren. Das
führt zwangsläufig dazu, daß die Farbstoffe überwiegend tiefer im Leder abbinden.
[0005] Auf diese Weise werden zwar sehr gleichmäßige, aber im Vergleich zur Färbung ohne
anionische Egalisiermittel stark aufgehellte Oberflächenfärbungen erhalten. Das Farbstoffangebot
wird nur zum Teil für die Oberflächenfärbung genutzt. Wenn also eine hohe Egalität
der Färbung gefordert wird, müssen bisher Farbstärkeverluste bewirkt durch die Mitverwendung
anionischer Nachgerbstoffe und Egalisiermittel in Kauf genommen werden.
[0006] Es gibt zwar graduelle Unterschiede in der Aufhellwirkung auf Färbungen zwischen
den verschiedenen Typen von Gerbstoffen und Egalisiermitteln, die unter anderem abhängig
sind vom Verhältnis der Egalisier- bzw. Nachgerbmittel zu Farbstoff und Farbstoff-spezifisch
sein können, sie bewirken aber durchweg hohe Farbstärkeverluste auf Leder, die 50
- 80 % erreichen können, im Vergleich zu Ledern, die unter vergleichbaren Bedingungen
aber ohne Nachgerb- oder Egalisiermittelbehandlung gefärbt werden.
[0007] Wenn zur Erzeugung tiefer Färbungen auf stark nachgegerbten Ledern vor der Färbung
die Lederoberfläche durch kationische Hilfsmittel oder durch mineralische Gerbstoffe
kationisch umgeladen wird, stellen sich häufig ähnliche Egalitätsmangel ein, wie sie
bei der Färbung des reinen, nicht mit anionischen Gerbstoffen, Nachgerbstoffen oder
Egalisierhilfsmitteln behandelten Leders beobachtet werden.
[0008] EP-A-24014 offenbart ein ähnliches Verfahren bei dem Sulfonsäuren eingesetzt werden,
die sich von den vorliegenden durch das Fehlen der OH-Gruppe unterscheiden.
[0009] Es hat sich überraschend gezeigt, daß die Sulfonsäuren der Formeln (I) und (II) bzw.
ihre Salze, die nicht wie anionische synthetische Gerbstoffe und Egalisiermittel mit
Formaldehyd zu größeren Molekülen kondensiert worden sind, als Nachgerbmittel vorzüglich
geeignet sind. Sie bieten den Vorteil, daß die damit nachgegerbten Leder oder die
vor beziehungsweise während der Färbung behandelten Leder bei ausgezeichneter Egalität
tiefe und brillante Oberflächenfärbungen mit anionischen Farbstoffen ergeben. Die
Farbtiefe resultiert dabei ähnlich wie bei reinen Chromledern, die nicht mit Nachgerbstoffen
und/oder Egalisiermitteln behandelt worden sind.
[0010] Als Nachgerbstoffe der Formeln (I) und (II), die eine tiefe und brillante Färbung
des Leders bei optimaler Nutzung des Farbstoffangebotes erlauben, bevorzugt geeignet
sind partiell oder vollständig mit Natriumhydroxid oder mit Ammoniak neutralisierte
Phenolsulfonsäuren. Sie lassen sich z.B. herstellen, indem man auf 1 Mol technischen
Phenols 2 Mol Schwefelsäure-Monohydrat bei 110-130°C, vorzugsweise 120°C, 2 Stunden
zur Sulfonierung einwirken läßt und anschließend das Reaktionsgemisch auf den gewünschten
End-pH-Wert neutralisiert und durch Sprühtrocknung in Pulver überführt oder als Flüssigprodukt
mit ca. 40 % Wirksubstanz formiert.
[0011] Für Egalität, Brillanz und Tiefe der Färbung des Leders optimal wirksam werden die
Sulfonsäuren und ihre Salze der Formel (I) oder (II), wenn man sie vor oder während
der Färbung mit anionischen Farbstoffen in Mengen von 2-10 %, vorzugsweise 3 - 6 %
(bezogen auf das sogenannte Falzgewicht des Leders) auf das Leder einwirken und aufziehen
läßt. Besonders gut egalisieren sie die Färbung und gleichen die unterschiedliche
Anfärbbarkeit geschädigter und ungeschädigter Partien innerhalb einzelner Häute oder
Felle aus, wenn sie vor der Farbstoffzugabe auf das Leder gebracht werden und der
Farbstoff anschließend auf das egalisierte Leder gleichmäßig aufziehen kann.
[0012] Die Verbindungen der Formel (I) oder (II) können auch in Kombination mit anderen
Gerbstoffen und Hilfsmitteln auf Leder angewendet werden. Beispielsweise können sie
mit Chromgerbstoffen kombiniert werden, die in der Praxis häufig zur Füllesteigerung
und Prägung des Ledercharakters gemeinsam mit synthetischen Gerbstoffen zum Nachgerben
verwendet werden. Zweckmäßigerweise fügt man der Kombination auch noch auf den Chromgerbstoff-Anteil
abgestimmte Mengen Basifizierungs- und/oder Neutralisationsmittel zu wie Natriumsulfit,
Soda oder Alkali- oder Erdalkalisalze organischer Carbonsäuren wie Ameisensäure, Essigsäure
oder technischer Dicarbonsäure-Gemische. Wenn zum Beispiel Verbesserung der Lederfülle
und Weichheit und gleichzeitig gute Färbbarkeit gefordert wird, bewährt sich folgende
Kombination aus
- 40 - 80
- Gewichtsteilen eines 33 % basischen Chromsulfat,
- 40 - 20
- Gewichtsteilen des Natriumsalzes.
[0013] Als besonders geeignet für gleichzeitige Neutralisation und egalisierende Nachgerbung
erweisen sich ferner Mischungen der erfindungsgemäß eingesetzten Sulfonsäuren und/oder
ihren Salzen, insbesondere den Natrium- oder Ammoniumsalzen mit ein- oder mehrbasischen,
vorzugsweise zweibasischen, Carbonsäuren, z.B. Ameisen-, Essig-, Propion-, Bernstein-,
Glutar-, Adipinsäure, und/oder deren Alkali- (Na, K, Li), Ammonium- oder Erdalkalisalzen
(Mg, Ca, Sr, Ba).
[0014] Beispielsweise sei ein Gemisch genannt, das 70-40 Gewichtsteile Natriumsalze eines
technischen Dicarbonsäuregemischs (Gemisch aus Bernstein-, Glutar- und Adipinsäure),
wie es z.B. bei der Adipinsäure-Herstellung zwangsweise als Nebenprodukt anfällt,
30-60 Gewichtsteile Natrium- und/oder Ammoniumsalze der Phenolsulfonsäure enthält.
Beispiel 1
[0015] Betriebsüblich hergestellte, auf 1,6 - 1,8 mm gefalzte und auf pH 3,8 - 4,2 neutralisierte
Chromleder aus Rindhäuten oder Kalbfellen werden bei 100 % Flotte im rotierenden Gerbfaß
mit 6 % eines auf pH 6,5-6,8 eingestellten Phenolsulfonsäure-Ammoniumsalzes behandelt,
das entsteht, wenn man 2 Mol Schwefelsäure-Monohydrat auf 1 Mol Phenol bei 120°C im
Laufe von 2 Stunden einwirken läßt und anschließend nach Abkühlen und Verdünnen bis
auf pH 6,5-6,8 mit Ammoniak neutralisiert und zu Pulver sprühtrocknet oder als Flüssigprodukt
mit ca. 40 % Wirkstoffsubstanz formiert.
[0016] Nach dieser Vorbehandlung des Leders wird betriebsüblich gefärbt mit 1 % des Kupferkomplexes
eines Monoazofarbstoffes aus DE-PS 670 935, Beispiel 1.
[0017] Im Anschluß an die Färbung wird im Färbebad betriebsüblich gefettet und anschließend
mit 1,5 % Ameisensäure nachbehandelt, um möglichst optimales Aufziehen des Farbstoffes
und der Fettung zu erreichen.
[0018] Nach dem Trocknen und Spannen des Leders resultiert ein volles weiches Leder mit
außerordentlich brillanter und tiefer Oberflächenfärbung.
[0019] In der Farbtiefe entspricht dieses Leder einem ohne Hilfsmittel-Vorbehandlung mit
gleicher Farbstoff-Menge gefärbten Leder, das allerdings mit deutlich geringerer Egalität
resultiert.
[0020] Ein Chromleder, das unter gleichen Bedingungen mit dem Na-Salz des Terphenylsulfonsäure-Formaldehyd-Kondensates,
das nach US-PS 3 906 037, Beispiel 3, hergestellt wurde, anstelle des Phenolsalzes
behandelt wurde, besitzt eine stark aufgehellte, blasse Färbung.
Beispiel 2
[0021] Betriebsüblich auf 1,6-1,8 mm Stärke gefalzte und auf pH 3,6-3,8 neutralisierte Chromrindleder
werden zur Einleitung der Nachgerbung in 100 % 40°C warmer Flotte 10 Minuten lang
mit 4 % eines Phenolsulfonates behandelt. Zur Herstellung des Sulfonates läßt man
2 Mol Schwefelsäure-Monohydrat auf 1 Mol Phenol bei 120°C im Laufe von 2 Stunden unter
intensivem Rühren einwirken, kühlt ab, verdünnt, neutralisiert mit Natronlauge und
überführt durch Sprühtrocknung in Pulverform.
[0022] Nach der oben angeführten Behandlung folgt im gleichen Bad eine intensive Nachgerbung
mit je 2 % eines phenolischen Gerbstoffes, eines Harzgerbstoffes auf Dicyandiamid-Basis
und eine Vegetabilgerbstoffes, bevorzugt Mimosa-Extrakt. Nach 45 Minuten sind die
Gerbstoffe vollständig aufgezogen und die Flotte kann abgelassen werden. Anschließend
wird weiterhin betriebsüblich in frischer Flotte gefärbt mit 2 % des anionischen Metallkomplex-Farbstoffs
Acid-Brown 85 (C.I. 34 900). Fettung und weitere Fertigstellung erfolgen ebenfalls
betriebsüblich. Das Fertigleder resultiert mit voller brillanter und gleichermaßen
egaler Färbung im Rindboxcharakter.
[0023] Verbesserung der Färbbarkeit speziell der Farbtiefe, der Brillanz und der Egalität
werden besonders deutlich, wenn ein Vergleichsversuch durchgeführt wird, bei dem anstelle
des Natriumsalzes das nach US-PS 2 315 951, Beispiel 1, erhaltene Kondensationsprodukt
aus Diphenylethersulfonsäure und Formaldehyd verwendet wird.
Beispiel 3
[0024] Zur Herstellung von Nubukledern werden betriebsüblich gefalzte und auf pH 6,0 (Schnittfärbung
mit Bromthymolblau gelb bis gelb-grün) neutralisierte Chromleder zunächst betriebsüblich
mit 300 % Wasser auf 40°C gewaschen. Nach dem Ablassen der Waschflotte wird mit 2,5
% eines sulfitierten Lederfettungsmittels auf Tranbasis in 100 % einer 40°C warmen
Flotte 15 Minuten vorgefettet und danach in der gleichen Flotte 10 Minuten mit 1 %
einer Ammoniaklösung behandelt, die 2,5 Gewichtsprozent NH₃ enthält. Dann werden 2,5
% des anionischen Metallkomplex-Farbstoffes Acid Brown 85 (C.I. 34 900) gemeinsam
mit 2 % eines Kaliumphenolsulfonats und 2 % eines gesüßten Kastanienholzextraktes
zugesetzt und 90 Minuten gleichzeitig gefärbt und nachgegerbt. Nach dieser Behandlung
werden 100 % Wasser von 70°C zugesetzt und 10 Minuten einwirken lassen, bevor in der
gleichen Flotte 40 Minuten lang mit 1,5 % einer Ameisensäure-Lösung (bis pH 3,8) abgesäuert
wird, die 8,5 Gewichtsprozent reine Ameisensäure enthält. Nach Ablassen der Flotte
wird in neuem Bad in 100 % Flotte von 55°C mit weiteren 1,5 % des gleichen Farbstoffes
wie in der Vorbehandlung überfärbt und anschließend mit einer Fettmischung auf Wollfett
- und Chlorparaffinsulfonat-Basis gefettet. Zum Schluß wird mit 2,5 % gesüßtem Kastanienholz-Extrakt
nachbehandelt und nochmals mit 0,5 % einer Ameisensäure-Lösung abgesäuert, die 8,5
Gewichtsprozent reine Ameisensäure enthält. Mit einem End-pH-Wert von 3,8 werden die
Leder betriebsüblich gespült und über Nacht auf Bock gelagert. Nach Abwelken, Vakuumtrocknung
für 1/2 Minute bei 80°C und 50 % Gegendruck erfolgen Hängetrocknung, Konditionierung,
Stollen und erneutes Vakuumtrocknen für 1/2 Minute bei 80 - 90°C. Danach wird bei
einer Restfeuchte von 18-20 % die Narbenseite mit 220-230iger Schleifpapier abhängig
von der Narbenbeschaffenheit in 3 - 4 Passagen geschliffen.
[0025] Bei dieser Arbeitsweise resultieren volle und weiche Nubukleder, die sich durch hohe
Brillanz und Egalität der Färbung und sehr feinen gleichmäßigen Schliff auszeichnen.
[0026] Das oben genannte Kaliumphenolsulfonat wird durch Umsetzung von 98 g Schwefelsäure-Monohydrat
mit 1 Mol Phenol bei 120°C während 120 Minuten und Neutralisation mit Kaliumhydroxid
hergestellt.
1. Verfahren zum Nachgerben von mineralisch gegerbten Ledern, dadurch gekennzeichnet,
daß als Nachgerbstoffe Sulfonsäuren und/oder ihre Salze der allgemeinen Formel
worin
R für Wasserstoff, -CH₃ oder die Reste
X für Wasserstoff, ein Alkali-, insbesondere Natrium-, Kalium- oder Lithium-Ion,
oder für ein Ammonium-Ion und
n für 1, 2, 3 oder 4 stehen,
verwendet werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Nachgerbstoffe Phenolmono-
oder -disulfonsäuren und/oder ihre Alkali- oder Ammoniumsalze verwendet werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß als Nachgerbstoffe Ammoniumsalze
von Phenolsulfonsäuren verwendet werden.