[0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen Kanter zum Drehen von Walzgut mit einem greiferbestückten,
um eine durch den das Walzgut erfassenden Greifer bestimmte Kantachse drehverstellbaren
Kantkopf, der sich an einer Hubeinrichtung eines quer zur Kantachse verfahrbaren Querschlittens
abstützt.
[0002] Kanter sind vor und/oder hinter Walzgerüsten, insbesondere Reversiergerüste, eingesetzte
Manipulatoren, die das aus dem Walzgerüst austretende Walzgut, beispielsweise ein
Walzstab oder Knüppel, erfassen, abbremsen, um einen bestimmten Winkel um die Walzgutachse
drehen, es reservieren, für den nächsten Walzstich seitlich versetzen und den jeweiligen
Einlaufrührungen zubringen. Um diese Manipulationen des Walzgutes vornehmen zu können,
weisen die Kanter drehverstellbare, über eine Hubeinrichtung auf einem Querschlitten
abgestützte Kantköpfe auf, die als Greifer meist mit einem Klemmrollenpaar bestückt
sind, das in beide Richtungen antreibbare und zum Greifen bzw. Freigeben des Walzgutes
verstellbare Klemmrollen besitzt. Da das Walzgut um die eigene Längsachse gedreht
werden soll, bestimmt auch der das Walzgut erfassende Greifer die Kantachse, also
die Achse um die das Walzgut durch den Kantkopf gekantet wird. Bei den bekannten Kantern
werden die Kantköpfe daher auch um diese Kantachse drehverstellbar an der Hubeinrichtung
gelagert, wozu es sehr aufwendige und platzraubende Stützkonstruktionen aus ineinandergreifenden,
gegengleich verstellbaren Schwenkhebelpaaren u. dgl. gibt. Die diese Stützkonstruktionen
aufnehmenden Hubeinrichtungen und Querschlitten erlauben zusätzlich ein Absenken des
ganzen Kantkopfes unter die Walzachse und ein Hindurchtauchen des Kantkopfes unter
dem Walzgut bzw. ein seitliches Querversetzen des Kantkopfes von Walzkaliber zu Walzkaliber.
Durch dieses funktionelle Nebeneinander von Hubeinrichtungen und Querschlitten zum
Heben, Senken und Querverschieben einerseits und von Stützkonstruktionen zur eigentlichen
Drehverstellbewegung des Kantkopfes anderseits werden Bauaufwand und Platzbedarf weiter
erhöht und es kommt zu einem umständlichen und damit störanfälligen Kanterbetrieb.
[0003] Gemäß der DE-AS 1 101 329 wurde auch schon ein Zangenkanter vorgeschlagen, dessen
Zange um eine unterhalb der Rollgangsebene liegende Drehachse um 90° schwenkverstellbar
auf einem Querschlitten lagert, wobei der Querschlitten über ein Zahnsegment-Ritzel-Getriebe
mit dem Zangenstelltrieb verbunden ist und gleichzeitig mit der Schwenkbewegung der
Zange eine Querbewegung zum Ausgleich des schwenkbedingten Querversatzes der Walzgutachse
ausführt. Diese Zangenkanter können daher das Walzgut nicht um die Walzgut-Längsachse
kanten und die Querbewegung zum Querversatz ausgleich läßt sich nur durch Austausch
des Zahnsegment-Ritzel-Getriebes an unterschiedliche Walzgutdimensionen anpassen,
was die Verwendungsmöglichkeiten dieser Kanter stark einschränkt.
[0004] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, diese Mängel zu beseitigen und einen
Kanter der eingangs geschilderten Art zu schaffen, der sich durch seine verhältnismäßig
aufwandsarme Konstruktion, die weitgehende Bewegungsfreiheit seines Kantkopfes und
damit seinen großen Einsatzbereich sowie seine Kompaktheit und Funktionssicherheit
auszeichnet.
[0005] Die Erfindung löst diese Aufgabe dadurch, daß der Kantkopf um eine zur Kantachse
parallele Kantkopfachse drehbar gelagert ist, daß der Kantkopf, die Hubeinrichtung
und der Querschlitten eigene Antriebe aufweisen und daß diese Antriebe über eine numerische
Steuerung im Sinne einer Zusammensetzung der jeweiligen Kantbewegung aus Dreh-, Hub-
und Querbewegungskomponenten ansteuerbar sind. Durch die Zerlegung der Kantbewegung
in einzelne Bewegungskomponenten braucht der Kantkopf selbst die Drehbewegung um die
Kantachse nicht mehr allein und relativ zur Hubeinrichtung bzw. zum Querschlitten
auszuüben, sondern kann diese Drehbewegungen in Kombination mit den Bewegungen der
Hubeinrichtung und des Querschlittens ausführen. Aufwendige Stützkonstruktionen sind
unnötig und es genügt, den Kantkopf an geeigneter Stelle um eine mit Abstand zur Kantachse
und parallel dazu verlaufende Kantkopfachse drehbar zu lagern, um den Greifer bei
der entsprechenden Kantbewegung radial zur Kantachse ausrichten zu können. Die Drehbewegung
der Kantkopfachse um die Kantachse herum während der Kantkopfdrehung um seine Kantkopfachse
wird durch eine Überlagerung der Hub- und Querbewegungskomponenten von Hubeinrichtung
und Querschlitten vorgenommen, wozu die einzelnen Antriebe von Kantkopf, Hubeinrichtung
und Querschlitten lediglich über eine entsprechend programmierte numerische Steuerungseinrichtung
anzusteuern sind. Da es keine Schwierigkeiten bereitet, die verschiedensten Bewegungsabläufe
in die den Kantkopf-, Hubeinrichtungs- und Querschlittenbewegungen entsprechenden
Komponenten zu zerlegen und die Steuerungseinrichtung dementsprechend zu programmieren,
lassen sich auf rationelle Weise die erforderlichen Kantbewegungen ausführen und sogar
zusätzlich zu den üblichen Kantbewegungen, wie das Drehschwenken des Kantkopfes um
die Kantachse und das Heben und Senken des Kantkopfes sowie das seitliche Verfahren,
noch spezielle Kanterbewegungen, beispielsweise elliptische oder beliebig radial gerichtete
Bewegungen, nachvollziehen. Da es keiner komplizierten Kantkopfabstützung mehr bedarf
und Kantkopf sowie Hubeinrichtung und Querschlitten gleichwertig eingesetzt werden,
kommt es zu einer verhältnismäßig aufwandsarmen Konstruktion mit einfachem, gut überschaubarem
Aufbau und trotz seiner Funktionstüchtigkeit entsteht ein besonders robuster und kompakter
Kanter.
[0006] Sind der Steuerungseinrichtung die jeweiligen Istlagen von Kantkopf, Hubeinrichtung
und Querschlitten über Weggeber, insbesondere Winkelschrittgeber, einlesbar, wird
nicht nur eine entsprechende Bewegungskontrolle erreicht, sondern es ist auch möglich,
für die Steuerung der Antriebe gewissermaßen eine der Istlagen, vorzugsweise die Istlage
des Kantkopfes, als Leitwert für die Steuerung der anderen Antriebe heranzuziehen,
was verschiedene Programmierungen der Steuerungseinrichtung erlaubt.
[0007] Die Hubeinrichtung könnte an und für sich beliebig ausgestaltet sein, beispielsweise
könnte ein an Schwenkarmen angelenkter Stützrahmen, eine auf Scherenhebeln abgestützte
Hebebühne od. dgl. vorgesehen sein, doch ist es besonders günstig, wenn die Hubeinrichtung
aus einem in Geradführungen des Querschlittens verfahrbaren Hochschlitten besteht,
da so durch die Führungen des Hochschlittens und des Querschlittens einfache Koordinatenrichtungen
zur Komponentenzerlegung der Kantbewegungen gegeben sind. Hochschlitten und Querschlitten
wirken in Art eines Kreuzschlittens zusammen, der das Anfahren jedes beliebigen Punktes
in der durch die Führungen aufgespannten Ebene innerhalb der Schlittenreichweite auf
direktestem Wege erlaubt.
[0008] In der Zeichnung ist der Erfindungsgegenstand an Hand eines schematischen Ausführungsbeispieles
näher veranschaulicht, und zwar zeigen
- Fig. 1 und 2
- einen erfindungsgemäßen Kanter in teilgeschnittener Seiten- und Stirnansicht und die
- Fig. 3 - 6
- verschiedene Arbeitsstellungen dieses Kanters in kleinerem Maßstab.
[0009] Ein Rollenkanter 1 weist einen Kantkopf 2 auf, der mit zwei Klemmrollen 3 zum Erfassen
des zu kantenden Walzgutes ausgerüstet ist. Die Klemmrollen 3 sitzen auf gegengleich
beweglichen Schwenkarmen 4 zum Öffnen und Schließen des Klemmrollenpaares und sind
über einen Hydromotor 5 reversibel antreibbar. Der Kantkopf 2 lagert um eine zu der
durch das Rollenpaar 3 bestimmten Kantachse I parallele Kantkopfachse II drehbar auf
einem Hochschlitten 6 und ist über einen Schwenkmotor 7 und ein entsprechendes Getriebe
8 zumindest um 180° verdrehbar. Der Hochschlitten 6 ist in Geradführungen 9 eines
quer zur Kantachse I verfahrbaren Querschlittens 10 verschiebbar geführt, wobei ein
als Hydraulikzylinder vorgesehener Hubantrieb 11 für die Hubbewegung sorgt. Der Querschlitten
10 sitzt über Laufrollen 12 in Horizontalführungen eines Führungsrahmens 13 und kann
über einen ebenfalls als Hydraulikzylinder ausgebildeten Schlittenantrieb 14 quer
zur Kantachse I verfahren werden.
[0010] Eine nur angedeutete numerische Steuerungseinrichtung 15 ist über entsprechende Steuerleitungen
mit den Antrieben 7, 11, 14 von Kantkopf 2, Hochschlitten 6 und Querschlitten 10 verbunden
und erlaubt über ein geeignetes Rechenprogramm eine Zerlegung der von den Klemmrollen
3 bezüglich der Kantachse I durchzuführenden Kantbewegungen in drei Bewegungskomponenten,
die einer Drehbewegung um die Kantkopfachse II, einer Hubbewegung entlang der Geradführung
9 und einer Querbewegung entlang des Führungsrahmens 13 entsprechen, so daß zur Durchführung
der jeweiligen Kantbewegung die Antriebe 7, 11, 14 gemäß diesen Bewegungskomponenten
über die Steuerungseinrichtung 15 ansteuerbar sind und durch die gegenseitige Überlagerung
dieser Komponenten die durchzuführende Kantbewegung der Klemmrollen 3 exakt nachvollzogen
wird. Zur Erfassung der Istlage des Kantkopfes 2 ist am Schwenkmotor 7 ein Winkelschrittgeber
16 vorgesehen und zur Erfassung der Istlagen von Hochschlitten 6 und Querschlitten
10 gibt es Winkelschrittgeber 17, 18, die über Zahnstangentriebe oder Seilzugverbindungen
19, 20 od. dgl. mit den Schlittenbewegungen gekoppelt sind. Diese Istlagen werden
über entsprechende Geberleitungen in die Steuerungseinrichtung 15 eingelesen, so daß
die Steuerungen der Antriebe 7, 11, 14 von Kantkopf 2, Hochschlitten 6 und Querschlitten
10 exakt koordinierbar und auch kontrollierbar sind.
[0011] Mit dem Kanter 1 sind über Stelltriebe 21 parallel zum Querschlitten 10 verfahrbare
Abdeckschlitten 22 verbunden, um den Kanterbereich bei abgesenktem Kantkopf zum Walzgut
bzw. zur Walzgutführung hin abdecken zu können.
[0012] Wie in den Fig. 3 - 6 angedeutet, lassen sich die von einem Kanter 1 durchzuführenden
Kantbewegungen durch individuelles Ansteuern der einzelnen Antriebe von Kantkopf 2,
Hochschlitten 6 und Querschlitten 10 über die Steuerungseinrichtung 15 komponentenweise
zusammensetzen, was eine einfache und robuste Konstruktion des Kanters 1 und einen
besonders rationellen Kantbetrieb mit sich bringt. In Fig. 3 ist der Kanter 1 in üblicher
Greifposition dargestellt, wobei der Kantkopf 2 aus einer Mittelstellung mit nach
oben gerichteten Klemmrollen 3 im Uhrzeigersinn um 90 seitlich neben das Walzgut W
gedreht ist. Die nun seitlich zur Kantachse I gerichteten Klemmrollen 3 sind geöffnet,
das Walzgut W kann zwischen die Rollen einlaufen und wird durch Schließen der Klemmrollen
3 erraßt. Durch ein Absenken des Hochschlittens 6, ein Querverfahren des Querschlittens
10 und ein 90°-iges Verdrehen des Kantkopfes 2 entgegen dem Uhrzeigersinn werden die
Klemmrollen 3 um die Kantachse 1 um 90° verdreht und dabei das Walzgut W um 90° mitverschwenkt,
welche Mittelstellung in Fig. 4 angedeutet ist. Wird der Querschlitten 10 weiter in
gleicher Richtung bewegt, der Hochschlitten 6 hingegen wieder angehoben und der Kantkopf
2 zusätzlich um 90° gegen den Uhrzeigersinn verdreht, ergibt sich eine 90°-Drehung
aus der Mittelstellung gegen den Uhrzeigersinn oder insgesamt eine 180°-Drehung der
Klemmrollen 3 um die Kantachse I und damit ein 180°-iges Kanten des Walzgutes W, welche
Stellung in Fig. 5 veranschaulicht ist. Gemäß Fig. 6 ist der Kantkopf 2 in Mittelstellung
und der Hochschlitten 6 vollständig abgesenkt, so daß sich eine Tauchstellung ergibt,
in der bei geschlossenen Abdeckschlitten 22 der Kantkopf 2 mit seinen Klemmrollen
3 unter dem Walzgut hindurchtauchen könnte, wodurch ein Erfassen des Walzgutes W von
zwei entgegengesetzten Seiten möglich wäre.
[0013] Selbstverständlich beschränkt sich der Bewegungsbereich des Kanters 1 nicht auf die
in Fig. 3 - 6 dargestellten Positionen, sondern es ist jede aus den entsprechenden
Bewegungskomponenten von Kreisbewegung des Kantkopfes um die Kantkopfachse II, Hubbewegung
des Hochschlittens 6 entlang der Geradführung 9 und Querbewegung des Querschlittens
10 entlang des Führungsrahmens 13 zusammensetzbare Bewegung schwierigkeitslos nachvollziehbar.
1. Kanter (1) zum Drehen von Walzgut (W), mit einem greiferbestückten, um eine durch
den das Walzgut (W) erfassenden Greifer (3) bestimmte Kantachse (I) drehverstellbaren
Kantkopf (2), der sich an einer Hubeinrichtung (6) eines quer zur Kantachse (I) verfahrbaren
Querschlittens (10) abstützt, dadurch gekennzeichnet, daß der Kantkopf (2) um eine
zur Kantachse (I) parallele Kantkopf- achse (II) drehbar gelagert ist, daß der Kantkopf
(2), die Hubeinrichtung (6) und der Querschlitten (10) eigene Antrie- be (7, 11, 14)
aufweisen und daß diese Antriebe (7, 11, 14) über eine numerische Steuerung (15) im
Sinne einer Zusammen- setzung der jeweiligen Kantbewegung aus Dreh-, Hub- und Querbewegungskomponenten
ansteuerbar sind.
2. Kanter nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Steuerungseinrichtung (15)
die jeweiligen Istlagen von Kantkopf (2), Hubeinrichtung (6) und Querschlitten (10)
über Weggeber, insbesondere Winkelschrittgeber (16, 17, 18), einlesbar sind.
3. Kanter nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Hubeinrichtung aus
einem in Geradführungen (9) des Querschlittens (10) verfahrbaren Hochschlitten (6)
besteht.