[0001] Die Erfindung betrifft ein Laufwerk für Schienenfahrzeuge, bei dem ein Laufwerkrahmen
über Primärfedern von den Rädern bzw. Radsätzen getragen wird und auf dem über Sekundärfedern
über eine Wiege der Wagenkasten oder der Wagenkasten des Schienenfahrzeugs direkt
abgestützt ist und die Wiege oder der Wagenkasten weiter gegenüber dem Laufwerkrahmen
über Vertikal- und Wankbewegungen dämpfende Stoßdämpfer und mindestens eine Wankbewegungen
abfedernde Wankstütze verbunden ist, die feste Hebel trägt, die über gelenkig gelagerte
Pendel mit der Wiege bzw. dem Wagenkasten verbunden sind.
[0002] Ein solches Laufwerk ist beispielsweise aus der DE-OS 41 22 741 bekannt.
[0003] Insbesondere bei Kurvenfahrt ergeben sich durch die Fliehkraft Wankbewegungen der
Wagenkästen, die in der Regel mittels einer Wankstütze abgefedert werden. Bei diesen
Wankbewegungen neigt sich der Wagenkasten entsprechend der Fliehkraft auf dem Federsystem
zur Kurvenaußenseite und vergrößert die Seitenbeschleunigung auf den Fahrgast. Diese
subjektiv unangenehmen Seitenbeschleungigungen begrenzen die Fahrgeschwindigkeit,
insbesondere auf kurvenreichen Strecken.
[0004] Durch die Praxis ist bereits bekannt, bei Kurvenfahrt den Wagenkasten entgegen der
Fliehkraft zu neigen und dadurch die Seitenbeschleunigung zu reduzieren.
[0005] Bei einem dieser vorbekannten Neigungssysteme (Talgo-Pendular-System, ETR 42 (1993)
H1-2, S. 39) wird durch eine hoch angeordnete Sekundärfeder ein Pendeln des Wagenkastens
mit einem hochliegenden Drehpol in der Form realisiert, daß sich der Wagenkasten ähnlich
einem freien Pendel bewegt und somit die Fliehkraft auf den Fahrgast reduziert wird.
Nachteilig bei diesem System ist, daß der Wagen im unteren Bereich (Sitzebene) in
seiner Außenkontur eingeschränkt werden muß, was wiederum eine Verkleinerung des zur
Verfügung stehenden Fahrgastraumes mit sich bringt.
[0006] Bei einem weiteren vorbekannten Neigungssystem (SIG-Neitec ETR 42 (1993) H1-2, S.
36, 37) wird eine Pendeleinrichtung zwischen einer Wiege des Laufwerks und dem Laufwerkrahmen
angeordnet, wobei zwischen Wiege und Laufwerkrahmen, durch die Fliehkraft angeregt,
ein Luftzylinder aktiviert wird, der zwischen Wiege und Laufwerkrahmen waagerecht
in Querrichtung angeordnet ist und die Wiege bzw. den Wagenkasten mit einer Hubbewegung
zum Bogeninneren hin neigt, wobei die Hubbewegung durch den instabil wirkenden Pneumatikzylinder
bewirkt wird, der auf Querbewegungen zwischen Wiege und Laufwerkrahmen reagiert. Der
Drehpol des Pendelsystems liegt hierbei etwa im Schwerpunkt des Wagenkastens. Nachteilig
bei dieser Ausführung ist, daß zur Aktivierung des Neigungssystems (Pendeleinrichtung)
Querbewegungen zwischen Wiege und Laufwerkrahmen in nicht unerheblichem Maße erforderlich
sind, um die Neigung zu bewerkstelligen. Hierdurch wird der nutzbare Querschnitt des
Wagenkastens in erheblichem Maße verringert.
[0007] Es ist weiter durch die Praxis eine pendelnde Aufhängung des Wagenkastens wie vorstehend
beschrieben, bekannt (ABB-Neitec X2000 ETR 42 (1993) H1-2, S. 31, 32), jedoch ist
hierbei ein Arbeitszylinder in Querrichtung zwischen Laufwerkrahmen und Wiege angeordnet,
wobei über eine querbeschleunigungsabhängige Ansteuerungselektronik der Arbeitszylinder
aktiv beaufschlagt wird. Der Arbeitszylinder bewirkt über das Pendelsystem eine Neigung
des Wagenkastens entgegen der Fliehkraft, wobei der erreichbare Neigungswinkel ca.
8° beträgt.
[0008] Der Drehpol dieses Systems liegt ebenfalls etwa im Schwerpunkt des Wagenkastens.
Der Nachteil dieses Systems liegt darin, daß durch den Drehpol in Schwerachse wieder
Querschnittsverminderungen des nutzbaren Wagenkastens entstehen.
[0009] Aus der Zeitschrift Ö & P Ölhydraulik und Pneumatik, Heft 36 (1992), Nr. 10 ist weiter
bekannt, daß zur Wankwinkelkorrektur zwischen Fahrbahn und Wagenkasten bei Fliehkraftüberschuß
Arbeitszylinder zwischen dem Fahrwerk und dem Wagenkasten angeordnet wird, wobei in
Längsrichtung des Wagenkastens mehrfach Arbeitszylinder hintereinander angeordnet
sind, diese miteinander verbunden und so geschaltet sind, daß eine gleichmäßige Lastverteilung
auf alle Fahrwerke erfolgt. Die Wankwinkel werden hierbei durch entsprechende elektronisch
gesteuerte Beaufschlagung der Arbeitszylinder ausgeglichen und auf den mittleren Wankwinkel
0 korrigiert. Die Aufgabe dieser vorbekannten Vorrichtung ist daher auf eine Wankwinkelkorrektur
zur gleichmäßigen Belastung der Fahrwerke beschränkt.
[0010] Die Aufgabe vorliegender Erfindung liegt darin, zur Erreichung eines größtmöglichen
Wagenquerschnitts eine Neigungseinrichtung zu finden, bei der beim Wanken des Wagenkastens
bei Fliehkraftüberschuß möglichst der Drehpol in Ebene des Wankpols liegt, die für
vorhandene Laufwerke nachrüstbar ist, die unter bestehende Wagenkästen einsetzbar
ist und die sich durch einfache Bauelemente auszeichnet.
[0011] Diese Aufgabe wird bei dem eingangs genannten Laufwerk auf die Weise gelöst, daß
mindestens einer der Pendel der Wankstütze aus einem Stellglied besteht, das beim
Eintauchen oder Anheben eines Querendes der Wiege oder einer Seite des Wagenkastens
in Gegenrichtung beaufschlagbar ist. Der Vorteil dieser Ausbildung liegt darin, daß
der Drehpol etwa in Höhe der Sekundärfeder liegt und dadurch eine größtmögliche Ausnutzung
des Umgrenzungsprofils ermöglicht wird.
[0012] Gemäß der Erfindung bestehen vorteilhaft beide Pendel aus Stellgliedern. Weiter sind
vorteilhaft die Stellglieder verriegelbar. Vorteilhaft ist weiter, daß die Stellglieder
in ihrer Endlage verriegelbar sind. Gemäß der Erfindung ist mindestens ein Stellglied
auf beiden Seiten der Längsachse des Schienenfahrzeugs mit einem die erforderliche
Hubbewegung der Stellglieder zum Ausgleich der Wankbewegung messenden Wegmeßgerät
ausgerüstet. Vorteilhaft sind zwei Wankstützen symmetrisch zur Querachse des Laufwerks
mit aus Stellgliedern bestehenden Pendeln angeordnet. Gemäß der Erfindung ist weiter
denkbar, daß das Stellglied aus einem Arbeitszylinder besteht. Als Alternative kann
gemäß der Erfindung das Stellglied als mechanischer Linearantrieb ausgebildet sein.
Durch vorstehend beschriebene Erfindung kann auf vorteilhafte Weise das Laufwerk für
ein Schienenfahrzeug mit einer Neigungseinrichtung ausgerüstet werden, die auch in
vorhandene Laufwerk nachrüstbar ist. Die erfindungsgemäße Neigungseinrichtung kann
weiter unter bestehende Wagenkästen eingesetzt werden und zeichnet sich durch einfache
Bauelemente aus. Insbesondere wird durch die erfindungsgemäße Neigungseinrichtung
ein größtmöglicher nutzbarer Wagenquerschnitt erreicht.
[0013] Gemäß einem Alternativausführungsbeispiel der Erfindung bei einem Laufwerk für Schienenfahrzeuge,
bei dem ein Laufwerkrahmen über Primärfedern von den Rädern bzw. Radsätzen getragen
wird und auf dem über Sekundärfedern über eine Wiege der Wagenkasten oder der Wagenkasten
des Schienenfahrzeugs direkt abgestützt ist und die Wiege oder der Wagenkasten weiter
gegenüber dem Laufwerkrahmen über Vertikal- und Wankbewegungen dämpfende Stoßdämpfer
und mindestens eine Wankbewegungen abfedernde Wankstütze verbunden ist, die feste
Hebel trägt, die über gelenkig gelagerte Pendel mit der Wiege bzw. dem Wagenkasten
verbunden sind, ist in eine Torsionswelle der Wankstütze ein Stellglied integriert,
daß beim Eintauchen oder Anheben eines Querendes der Wiege oder einer Seite des Wagenkastens
in Gegenrichtung beaufschlagbar ist.
[0014] Einzelheiten der Erfindung sind an Hand der Zeichnung in einem Ausführungsbeispiel
erläutert.
[0015] Es zeigen
- Fig 1
- Den Querschnitt durch ein Laufwerk gemäß der Erfindung
- Fig 2
- Einen Teil der Draufsicht auf das Laufwerk nach Fig 1
- Fig 3
- Einen Teil eines Mittellängsschnittes durch das Laufwerk nach Fig 1
Das erfindungsgemäße Laufwerk besteht im wesentlichen aus dem von den zwei Radsätzen
(1) über nicht dargestellte Primärfedern getragenen Laufwerkrahmen (2), auf dem über
pneumatische Sekundärfedern (3) eine den Wagenkasten (4) tragende Wiege (5) vertikal
beweglich gelagert ist. Der Wagenkasten (4) lagert dabei über seitliche, oberhalb
der Sekundärfedern (3) auf der Wiege (5) befestigte Gleitstücke (6) auf dem Laufwerk
und ist über einen zentrisch in der Wiege (5) angeordneten Drehzapfen (7) auf dem
Laufwerk horizontal geführt. Neben erforderlichen, für vorliegende Erfindung nicht
relevanten Vertikal- und Schlingerdämpfern ist die Wiege (5) weiter gegenüber dem
Laufwerkrahmen (2) über mindestens eine, im dargestellten Ausführungsbeispiel zwei
Wankstützen abgefedert. Jede dieser Wankstützen besteht aus einer horizontal in Laufwerkquerrichtung
am Laufwerkrahmen (2) drehbar gelagerten Torsionswelle (8), die an ihren Längsenden
drehfest Hebel (9) trägt, an deren freiem Ende etwa vertikal ein Pendel (10) gelenkig
gelagert ist. Dieses Pendel (10) ist mit seinem anderen freien Ende ebenfalls gelenkig
an der Wiege (5) befestigt.
[0016] Bei Wankbewegungen des Wagenkastens (4) mit der Wiege (5) in Fahrzeugquerrichtung
taucht die Wiege (5) mit ihrem einen Querende in die Sekundärfeder (3) ein und hebt
sich mit ihrem anderen Querende um einen entsprechenden Betrag aus der diesseitigen
Sekundärfeder (3) aus. Diese Wankbewegungen werden über die Pendel (10) und Hebel
(9) in die Torsionswelle (8) übergeleitet und verdrehen die Torsionswelle (8). Durch
die Federwirkung der Torsionswelle (8) werden die Wankbewegungen abgefedert. Bei dieser
Wankbeanspruchung wirkt dabei die Torsionswelle (8) über die Pendel (10) und Hebel
(9) und liefert die für gute Laufeigenschaften notwendige Wanksteifigkeit. Das Fahrzeug
wankt dabei um einen Wankpol, der sich aus den Systemparametern des Fahrzeugs wie
primärer Federsteifigkeit, Steifigkeit der Wankstütze, Basis der Sekundärfeder und
Schwerpunktlage bestimmt. Unter Fliehkraft wird dabei die Torsionswelle (8) der Wankstütze
soweit gespannt, bis die erforderliche Gegenkraft erreicht ist, die das Kräftegleichgewicht
herstellt. Bei der erfindugsgemäßen Ausbildung des Laufwerks ist mindestens eines
der Pendel (10) als Stellglied ausgebildet. Dieses Stellglied (Pendel (10)) überkompensiert
durch Aus- bzw. Einfahren die Verformung der Torsionswelle (8), so daß bei unveränderter
Wanksteifigkeit und Wankpol das Fahrzeug in den Bogen hineingeneigt wird. Das Stellglied
(Pendel (10)) arbeitet dabei nicht gegen das Eigengewicht des Fahrzeugs sondern dreht
lediglich den Wagenkasten um den Wagenpol. Dabei wird bogenaußen die Sekundärfeder
(3) in vertikaler Richtung gestreckt und bogeninnen die entsprechende Sekundärfeder
(3) gestaucht. Durch die Zweipunkt-Luftfedersteuerung geschieht das mit nur geringem
Widerstand der Sekundärfedern (3) (lediglich Strömungswiderstand der Luft). Die vertikale
Federung erfolgt wie im normalen Zustand durch die gestauchte bzw. gestreckte Sekundärfeder
(3). Die AnSteuerung der erforderlichen Neigung des Wagenkastens (4) erfolgt dabei
in Abhängigkeit des Fliehkraftüberschusses wegoder kraftabhängig. Diese Ansteuerung
der Stellglieder (Pendel (9)) ist jedoch nicht Gegenstand vorliegender Erfindung.
1. Laufwerk für Schienenfahrzeuge, bei dem ein Laufwerkrahmen über Primärfedern von den
Rädern bzw. Radsätzen getragen wird und auf dem über Sekundärfedern über eine Wiege
der Wagenkasten oder der Wagenkasten des Schienenfahrzeugs direkt abgestützt ist und
die Wiege oder der Wagenkasten weiter gegenüber dem Laufwerkrahmen über Vertikal-
und Wankbewegungen dämpfende Stoßdämpfer und mindestens eine Wankbewegungen abfedernde
Wankstütze verbunden ist, die feste Hebel trägt, die über gelenkig gelagerte Pendel
mit der Wiege bzw. dem Wagenkasten verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens
eines der Pendel (10) aus einem Stellglied besteht, das beim Eintauchen oder Anheben
eines Querendes der Wiege (5) oder einer Seite des Wagenkastens (4) in Gegenrichtung
beaufschlagbar ist.
2. Laufwerk nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß beide Pendel (10) aus Stellgliedern
bestehen.
3. Laufwerk nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Stellglieder
(Pendel (10)) verriegelbar sind.
4. Laufwerk nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Stellglieder
(Pendel (10)) in Endlage verriegelbar sind.
5. Laufwerk nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein Stellglied
(Pendel (10)) auf beiden Seiten der Längsachse des Schienenfahrzeugs mit einem die
erforderliche Hubbewegung der Stellglieder (Pendel (10)) zum Ausgleich der Wankbewegung
messenden Wegmessgerät ausgerüstet ist.
6. Laufwerk nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß zwei Wankstützen
(8 bis 10) symmetrisch zur Querachse des Laufwerks mit aus Stellgliedern bestehenden
Pendeln (10) angeordnet sind.
7. Laufwerk nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Stellglied (Pendel
(10)) aus einem Arbeitszylinder besteht.
8. Laufwerk nach den Ansprüchen 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß das Stellglied (Pendel
(10)) als mechanischer Linearantrieb ausgebildet ist.
9. Laufwerk für Schienenfahrzeuge, bei dem ein Laufwerkrahmen über Primärfedern von den
Rädern bzw. Radsätzen getragen wird und auf dem über Sekundärfedern über eine Wiege
der Wagenkasten oder der Wagenkasten des Schienenfahrzeugs direkt abgestützt ist und
die Wiege oder der Wagenkasten weiter gegenüber dem Laufwerkrahmen über Vertikal-
und Wankbewegungen dämpfende Stoßdämpfer und mindestens eine Wankbewegungen abfedernde
Wankstütze verbunden ist, die feste Hebel trägt, die über gelenkig gelagerte Pendel
mit der Wiege bzw. dem Wagenkasten verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, daß in
eine Torsionswelle (8) der Wankstütze (8 bis 10) ein Stellglied integriert ist, daß
beim Eintauchen oder Anheben eines Querendes der Wiege (5) oder einer Seite des Wagenkastens
(4) in Gegenrichtung beaufschlagbar ist.