[0001] Polyethylenterephthalatfasern werden wegen ihrer ausgezeichneten physikalischen und
guten physiologischen Eigenschaften für alle Arten von Textilien in großem Umfang
eingesetzt.
[0002] Mit Hilfe von besonderen Additiven oder polymeren Beimischungen und Herstellungsbedingungen
kann Polyethylenterephthalat auch speziellen Anforderungsprofilen angepaßt werden.
So werden solche Fasern mit definierten Leistungsmerkmalen, z.B. als Füllfasern für
Schlafsäcke, Steppdecken, Wattierungen und ähnlichen Anwendungen verwendet.
[0003] Füllfasern zeichnen sich z.B. durch spezielle Kräuselarten, wie die sogenannten Helixformen,
durch optimierte Kräuselausbildung, durch besondere Fasersteifheit, die z.B. durch
hohe Kristallisation, durch Zulegieren von anderen Polymeren oder mit ausgesuchten
Faserquerschnitten angestrebt wird, aus. Sie sind meist oberflächenbehandelt, z.B.
silikonisiert, um durch Glätte das unerwünschte Aneinanderhaften der Fasern zu vermeiden
und einen weichen Griff zu erzielen.
[0004] Trotz umfangreicher Entwicklungsarbeiten, insbesondere um auch Polyesterfüllfasern
zu entwickeln, die in ihren Gebrauchseigenschaften den natürlichen Daunen nahekommen,
sind die Bauschelastizität und das Wiedererholungsvermögen solcher Fasern noch immer
ungenügend und nehmen über die Gebrauchsdauer laufend weiter ab.
[0005] Die wichtigsten Größen bei der Beurteilung einer Füllfaser, z.B. einer PET-Spinnfaser
zum Füllen von Kissen, Decken, Schlafsäcken, Polstern etc., sind der Bausch und die
Rücksprungkraft der Faser. Der Bausch ist das auf das Fasergewicht bezogene Volumen
eines daraus hergestellten Füllvlieses unter definierter Flächenbelastung. Je höher
der Bausch, umso weniger Fasern werden benötigt und umso leichter wird der fertige
Artikel, bei zugleich besserer Wärmeisolation durch eine größere, im Vlies eingeschlossene
Luftmenge.
[0006] Für ein optimales Bauschverhalten ist eine hohe (Biege-)Steifheit der Einzelfasern
Voraussetzung, was ihnen eine große elastische Rücksprungkraft verleiht. Damit diese
im Vliesverband zum Tragen kommt, müssen die Fasern in Bogenzahl, -winkel und -form
so optimiert sein, daß sie sich möglichst sperrig aneinander abstützen. Um die Wiedererholung
nach einer Belastung nicht durch Reibung zu behindern, werden zudem die Fasern an
der Oberfläche silikonisiert, wodurch sich die nötige Glätte und ein weicher Griff
einstellen lassen.
[0007] Zur Erhöhung der Steifheit einer Einzelfaser gibt es drei Möglichkeiten. Physikalisch
ist die sogenannte Biege-Steifheit definiert als mathematisches Produkt aus Elastizitätsmodul
und Materialquerschnittsflächenträgheitsmoment. Letzteres setzt sich wiederum zusammen
aus der Querschnittsfläche und dem Quadrat des Radius bezüglich der Achse. Somit erhöhen
folgende Maßnahmen die Steifheit:
1. Vergrößerung der Materialquerschnittsfläche (d.h. des Einzelfasertiters bzw. -durchmessers).
Dadurch nimmt aber die Weichheit ab.
2. Vergrößerung des mittleren Materialabstandes von der Faserachse (ohne Erhöhung
des Titers). Diese Möglichkeit wird bei einer Hohlfaser optimal ausgenützt.
3. Erhöhung des Elastizitätsmoduls des Fasermaterials durch entsprechende Wahl oder
Modifikation des Polyesters. Der Elastizitätsmodul hängt direkt zusammen mit der Orientierung
bzw. dem Kristallinitätsgrad der Makromoleküle der teilkristallinen, thermoplastischen
Polymeren.
[0008] In bevorzugter Weise werden diese Maßnahmen kombiniert angewendet, um eine maximale
Wirkung zu erzielen.
[0009] Der Hauptanteil der Kristallisation von PET-Fasern wird spannungsinduziert beim Verstrecken
der ursprünglich nahezu amorphen Spinnkabel erzielt. Mit einer darauffolgenden Thermofixierung
kann nur noch eine geringe weitere Kristallinitätserhöhung erzielt werden. Da bei
diesem molekülorientierenden Prozess die Temperatur relativ niedrig ist, d.h. ca.
100 °C unter dem Kristallitschmelzpunkt, und die Verweilzeiten nur im Bereich von
Sekunden liegen, erreicht man normalerweise wegen der hohen Relaxationszeiten, innerhalb
derer eine Polymerkette einen Platzwechsel im Gefüge vornehmen kann, nur mittelmäßige
Kristallisationsgrade.
[0010] Über kristallinitätserhöhende Zusätze zu spinnbaren Polymeren ist ein sehr unterschiedlicher
Wissensstand bekannt. Einerseits zeigen Warner und Holt in "Text. Res. Journal" 1983,
486-89, daß die durch Pigmentzusatz verbesserte Kristallinität in PET-Granulat nicht
im Spinngut wirksam wird, andererseits ist bekannt, daß kristallisationsfördernde
Zusätze das Verspinnen von Polymeren außerordentlich erschweren oder unmöglich machen.
[0011] Deshalb sind hochkristalline Polymer-Formulierungen, wie sie für Spritzgußanwendungen
üblich sind, nicht zu Fasern oder Fäden verarbeitbar.
[0012] So beschreibt zum Beispiel die DE 31 03 192 ein Alkalimetallsalz einer aromatischen
Sulfonsäure als Kristallisationsbeschleunigerfür Spritzguß-PES-Typen, dessen Vorteile
mit sehr geringen Mengenanteilen für PES-Faser nur genutzt werden können, wenn unmittelbar
nach dem Spinnen verstreckt wird, d.h. mit dem sogenannten Spinn-Streck-Verfahren
gearbeitet wird. Außerdem ist es bekannt, daß Alkalimetallsulfat-Gruppen den Feuchtigkeitsrückhalt
im Polyester erhöhen. Diese Eigenschaft ist für Füll- und Wattierungsfasern unerwünscht.
[0013] Durch Weichmacher kann die Kettenbeweglichkeit des Polyesters so weit erhöht werden,
daß sich beim Erstarren leichter kristallisierfähige Ordnungszustände ausbilden können.
Dabei wird während des Abkühlvorgangs eine weitgehende Orientierung nicht nur ermöglicht,
sondern auch abgeschlossen.
[0014] Weichmacher verschlechtern aber meist die mechanischen Eigenschaften, vor allem die
Schlagzähigkeit, sie neigen außerdem zur Migration.
[0015] Der Einfluß von Copolyester-Komponenten auf die Kristallisation, speziell die Kristallisationsgeschwindigkeit,
wird von Lasarova und Dimov in "Faserf. und Textiltechnik" 1976, 27, 237-40, untersucht
und ein weichmacherartiger Effekt für solche Copolymere gezeigt. Für derartige Modifikationen
resultiert jedoch gleichzeitig ein Rückgang der Festigkeiten, des E-Moduls und des
Schmelzpunktes, d.h. der wichtigsten Fasereigenschaften.
[0016] Zudem nimmt in der Regel die Kristallisationsneigung durch den Einbau anderer Co-Monomere
sogar ab, weil die Regelmäßigkeit im Aufbau der Hauptvalenzkette gestört wird.
[0017] Die EP 194 808 beschreibt verschiedene Polyesterharze mit verbesserten Entformungseigenschaften
infolge erhöhter Kristallisationsgeschwindigkeit. Sie enthalten bis zu 10 Gew.-% anorganische
Nukleierungsmittel, Metallsalze von Carbonsäuren, bis zu 150 Gew.-% Verstärkungsfaser
und 0,3 bis 10 Gew.-% Weichmacher auf Esterbasis, sowie 1 bis 30 Gew.-% Schlagzähmodifikator.
[0018] Neben der Tatsache, daß Polymere mit derartigen Additivmengen nicht zum Verspinnen
geeignet sind, wird in dieser EP festgestellt, daß die Wirkung des erfindungsgemäßen
Weichmachers außerhalb der angegebenen Grenzen versagt.
[0019] Die erfindungsgemäße Aufgabe, eine durch Strecken orientierte Polyethylenterephthalatspinnfaser
mit verbessertem Bauschverhalten und verbesserter Rücksprungkraft zu entwickeln, wurde
überraschenderweise durch die kennzeichnenden Merkmale von Patentanspruch 1 gelöst.
Dabei enthält das Polyethylenterephthalat Zusätze von 0,01 bis 2 Gew.-% mindestens
eines Nukleierungsmittels und 0,05 bis 2 Gew.-% einer Esterverbindung der Formel I
[CH₃(CH₂)
aCO(O-CH₂-CH₂)
b-O-B]₂-A I
mit
- a =
- 6 - 20
- b =
- 1 - 5
- A =
- geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest mit 1 bis 10 C-Atomen
- B =
- Phenylrest
sowie wahlweise weitere verarbeitungs- oder verwendungsbedingte Additive.
[0020] Vorzugsweise ist die obere Grenze für das Nukleierungsmittel und die Esterverbindung
möglichst 2,0 Gew.-%.
[0021] Solche verwendungsbedingten Additive sind nach dem Stand der Technik u.a. Mattierungsmittel,
Pigmente, Stabilisatoren, UV-Aufheller, schmutzabweisende und flammhemmende Additive.
Von den letzteren werden bevorzugt Phosphorverbindungen eingesetzt. Dabei haben sich
in besonderer Weise Phosphorinanverbindungen bewährt.
[0022] Besonders vorteilhaft ist ein Anteil der Phosphorinanverbindung SANDOFLAM® 5085 zwischen
3,0 und 10,0 Gew.-%, bevorzugt zwischen 4,0 und 7,0 Gew.-%.
[0023] Unter den üblichen, bekannten verarbeitungsbedingten Additiven sind insbesondere
Glykole, bevorzugt Mono-, Di- und Triethylenglykol zur Einstellung der Viskosität
zu nennen, wobei Ethylenglykol besonders bevorzugt ist.
[0024] Die Esterverbindungen, die erfindungsgemäß bevorzugt in Mengen von nur 0,1 bis 0,3
Gew.-% und besonders bevorzugt von nur 0,15 bis 0,25 Gew.-% vorhanden sein müssen,
sind an sich als Weichmacher für PET-Spritzguß-Rezepturen bekannt. Sie müssen jedoch
dafür in einem deutlich höheren Konzentrationsbereich, nämlich 0,3 bis 10,0 Gew.-%,
eingesetzt werden (EP 194 808).
[0025] Durch umfangreiche Spinnversuche konnte jedoch gezeigt werden, daß es einen definierten
engen Bereich mit einer relativ geringen Konzentration der Esterverbindung gibt, in
dem sich ihr Einfluß und die Wirkung des Nukleierungsmittels so ergänzen, daß unerwarteterweise
Bauschanfangswert, Wiedererholung und Kristallinität signifikant höher liegen. Die
Beispiele sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Außerdem wurde nachgewiesen, daß die
erfindungsgemäße Esterverbindung (abgekürzt mit der allgemeinen Bezeichnung Bidieol)
nur dann die Kristallisation beeinflusst, wenn gleichzeitig Nukleierungsmittel im
Polyester dispergiert ist. Als Nukleierungsmittel kann z.B. das in mattiertem Polyester
bereits vorhandene Mattierungsmittel Titandioxid dienen.
[0026] Die für PET in Frage kommenden Nukleierungsmittel, auch Keimbildner genannt, sind
beispielsweise im "Taschenbuch der Kunststoff-Additive", Carl Hanser Verlag, 3. Ausgabe
1990, Seite 899 beschrieben.
[0027] Die erfindungsgemäß eingesetzten Nukleierungsmittel sind entweder inerte, anorganische
Stoffe mit einer mittleren Teilchengröße unter 10 µm, vorzugsweise unter 1 µm, z.B.
Talkum, Kaolin, Kreide, Ruß, Graphit, Quarzmehl (SiO₂) sowie anorganische Pigmente,
wie z.B. TiO₂, BaSO₄, ZnS, oder geeignete monomere organische Verbindungen wie z.B.
Salze von Carbonsäuren, Benzophenon oder Alkaliaralkylsulfonate, oder schließlich
ausgesuchte organische Polymere wie z.B. Polyethylen, Polypropylen, Copolymerisate
aus Ethylen und ungesättigten Carbonsäuren oder Copolymerisate aus Styrolderivaten
mit Dienen. (R. Vieweg, L. Goerden (Hrsg.): Kunststoffe Handbuch Bd. VIII, Polyester,
Hanser Verlag 1973, Seite 701). Die organischen Verbindungen bzw. die Polymere können
allein oder zusammen mit anorganischen Keimbildnern eingesetzt werden. Die erfindungsgemäß
bevorzugten Nukleierungsmittel sind die für die Produktion von PET-Spinngranulat verwendeten
Typen von Mattierungsmitteln, insbesondere Titandioxid. Sie werden in Mengen von 0,01
bis 2,0, bevorzugt von 0,1 bis 1,5 Gew.-%, eingesetzt.
[0028] Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zur Herstellung einer PET-Spinnfaser gemäß
Anspruch 11, welches dadurch gekennzeichnet ist, daß ein Polyethylenterephthalat mit
einer relativen Viskosität (RV) zwischen 1,45 und 1,68 (gemes sen 1%ig in m-Kresol
bei 20°C) mit allen Zusätzen und Additiven versetzt, ge mischt, anschließend versponnen
und nachfolgend verstreckt wird.
[0029] Dabei werden in vorteilhaften Varianten die Zusätze und Additive mit geeigneten Vorrichtungen
in den Extruder oder in die PET-Schmelze dosiert, falls sie nicht schon vorher, z.B.
dem Granulat zugefügt wurden.
[0030] Weiterhin betrifft die Erfindung PET-Spinnfasern mit verbessertem Bauschverhalten
und verbesserter Rücksprungkraft, welche durch dieses Verfahren herstellbar sind,
sowie die Verwendung von Esterverbindungen der Formel I zur Herstellung von PET-Spinnfasern
mit verbessertem Bauschverhalten und verbesserter Rücksprungkraft.
[0031] Figur 1 faßt die Ergebnisse der Bauschprüfung der nach Beispiel 1 bis 7 hergestellten
PET-Fasern zusammen. Es wird gezeigt, daß für einen maximalen Bausch nicht nur die
Additiv-Konzentration in einem optimalen Bereich liegen muss, sondern daß für die
Bauschrücksprungkraft, welche mit der Kristallinität korreliert ist, auch das Molekulargewicht
bzw. die relative Viskosität des Polyesters maßgebend ist. Infolge nichtlinearer Zusammenhänge
mit den erfindungsgemäßen Additiven zeigen sich gekrümmte Wirkungsflächen mit Gratausbildung.
Im untersuchten Bereich verhalten sich Bausch-Anfangshöhe und Rücksprungkraft zum
Teil gegenläufig. Nur in einem definierten Bereich um Punkt G erhält man sowohl hohe
Werte für den Anfangsbausch als auch für die Rücksprungkraft. Diese komplexen Zusammenhänge
im erfindungsgemäßen Bereich sind gegenüber dem bisherigen Stand des Wissens neu und
unerwartet.
[0032] Zur optimalen, niedrigen Relativviskosität (RV) der erfindungsgemäßen PET-Faser im
Bereich von 1,45 bis 1,55 ist folgendes anzumerken:
[0033] Es ist bekannt, daß das Verspinnen von Polyesterschmelze mit der für das erfindungsgemäße
Verfahren optimalen niedrigen Viskosität zu Störungen führt, deshalb wird mit Vorteil
von höhermolekularem Polyester, z.B. mit RV = 1,60, ausgegangen, dem beim Einsatz
von Granulat in die Extruder-Einzugszone oder beim Direktspinnen in die Schmelzeleitung
eine entsprechende Menge Mono-, Di- oder Tri-Ethylenglykol, vorzugsweise Mono-Ethylenglykol
(EG), für den Abbau auf RV = ca. 1,50 zudosiert wird.
[0034] Die Korrelation zwischen EG-Zugabe und relativer Viskosität ist aus der Figur 1 ersichtlich.
[0035] Für die Esterverbindung wurde praktisch kein Einfluß auf die Viskosität beobachtet.
Bei Viskositätsabbau durch andere dem Polyester zugegebene Additive oder durch Feuchtigkeitsspuren
im Ausgangsgranulat oder in den Additiven ist die zudosierte Glykolmenge so zu reduzieren,
daß die resultierende Endviskosität immer noch im bevorzugten Bereich von RV = 1,45
bis 1,55 liegt. Ein solcher Fall trat im Beispiel 8 auf, wo durch den weiteren Zusatz
eines flammhemmenden Mittels die Viskosität so stark abgebaut wurde, daß auf die Zudosierung
von Glykol verzichtet werden konnte.
Figur 1 Bauschverhalten von mattierter PET-Füll-Faser
[0036] in Abhängigkeit von Bidieol-Zusatz und relativer Viskosität

Interpolierte Kurven mit: konstantem Anfangsbausch -----
konstanter Rückstellkraft ―
Optimaler Bereich = Überschneidungsbereich der hohen Werte
Beispiele 1 - 7
[0037] Eingesetzte Substanzen:
- Standard-Polyethylenterephthalat der Firma EMS-CHEMIE AG mit rel. Viskosität 1,60
(gemessen 1%-ig in m-Kresol bei 20 °C) und 0,4 Gew.-% TiO₂ (Titandioxid) < 1 µm
- Bidieol: Bisphenol-A-diethoxylaurat
Herstellung des Bidieol
Verwendete Chemikalien:
- Ethoxyliertes Bisphenol A (Fa. AKZO)
Schmelzpunkt: |
105 - 112 °C |
Molekulargewicht: |
ca. 340 g/mol |
Hydroxylzahl: |
ca. 350 mg KOH/g |
- Laurinsäure, (Fa. FLUKA, purum 98 %)
- Butylzinnsäure, Mono-n-Butylzinnoxid (Fa. ACIMA).
Ansatz:
272 g Ethoxyliertes Bisphenol A (0,8 mol)
304 g Laurinsäure (1,52 mol)
4 g Butylzinnsäure (als Katalysator)
Durchführung:
[0038] Ethoxyliertes Bisphenol A, Laurinsäure und Butylzinnsäure werden bei 22 °C vorgelegt
und unter Stickstoff-Spülung und Rühren auf 160 °C erhitzt. Dabei wird der Druck auf
ca. 7500 Pa (ca. 56 mm Hg) erniedrigt. Das sich bildende Reaktionswasser wird ca.
6 Stunden lang aus der Mischung entfernt, bis die Säurezahl unter 5 mg KOH/g gesunken
ist. Das Produkt ist eine leicht gelbliche, klare Flüssigkeit mit einer Viskosität
von ca. 410 mPas und einer Dichte von ca. 1000 kg/m³ (beides bei 25 °C).
Spinnen und Verstrecken der PET-Fasern:
[0039] Auf einer Schmelzspinnmaschine wurde mit 0,4 % TiO₂ mattiertes Standard-PET-Granulat
(relative Viskosität 1,60/1%ige Lösung in m-Kresol bei 20 °C) aufgeschmolzen und gemäß
Tabelle 1 getrennt Ethylenglykol (EG) und Bidieol in den Granulateinlauf des Extruders
zudosiert (EG und Bidieol sind nicht mischbar). Aus einer speziellen Düsenplatte mit
380 Bohrungen wurden bei einer Temperatur von 262 °C Hohlfäden ausgepreßt, mit Blasluft
abgekühlt, mit 1000 m/min abgezogen und in eine Kanne abgelegt. Der Hohlraumanteil
der unverstreckten Fäden betrug ca. 25 % (d.h. der Innendurchmesser betrug 50 % des
Außendurchmessers), die relative Viskosität 1,50. Anschließend wurde das Spinnmaterial
auf einer Faserstraße etwa 3,5-fach verstreckt, danach gekräuselt, silikonisiert,
thermofixiert und zu Stapelfasern geschnitten, die einen Endtiter von 6,5 dtex und
eine Reißfestigkeit von 3,5 cN/dtex bei 55 % Bruchdehnung zeigten. Ein daraus hergestelltes
Füllfaservlies zeigte dabei Bauschwerte, die deutlich über denjenigen einer handelsüblichen
Hohlfaser lagen.
Tabelle 1
Bauschrücksprungkraft und Kristallinität der Fertigfaser |
Beispiele |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
6 |
7 |
**) |
Versuchsbez. |
A |
B/E |
C |
D |
F |
G |
H |
- |
Ethylenglykol (Gew.-%) |
0 |
0 |
0 |
0 |
0,07 |
0,07 |
0,07 |
- |
Bidieol (Gew.-%) |
0 |
0,1 |
0,2 |
0,3 |
0,1 |
0,2 |
0,3 |
- |
Anfangsbausch Ab in mm |
126 |
115/113 |
125 |
118 |
125 |
126 |
118 |
121 |
Rücksprungkraft R in % |
77 |
79/80 |
82 |
85 |
78 |
86 |
81 |
81 |
Kristallinität*) K in % |
41 |
44/45 |
46 |
47 |
44 |
49 |
46 |
44 |
*) Kristallinität nach DSC-Auswertung |
**) Vergleichswerte einer handelsüblichen Hohlfaser |
[0040] Lineare Regression des Rückstellvermögens (für den linearen Bereich ohne Ethylenglykol-Zudosierung):

Dasselbe für die Kristallinität:

Der Einfluß des Bidieols auf Rückstellvermögen und Kristallinität ist damit statistisch
gesichert.
[0041] Der Glasübergangspunkt schwankte bei allen Varianten maximal um nur 0,5 °C. Ein Zusatzversuch
mit 2 Gew.-% Bidieol ergab eine Absenkung der Glasübergangstemperatur um ca. 3,5 °C,
verbunden mit einer deutlichen Bauschverschlechterung.
Beispiel 8
[0042] Ausgehend vom gleichen Standard-PET-Granulat und unter den gleichen Spinn- und Streckbedingungen
wie in den Beispielen 1 bis 7 wurden ebenfalls Hohlfasern, aber mit einem flammhemmenden
Zusatz, hergestellt. Es wurden 0,2 Gew.-% Bidieol (zudosiert in den Einlauf des Aufschmelzextruders)
und 5,6 Gew.-% (bezogen auf das Fasergewicht) des Flammschutzmittels SANDOFLAM® 5085
der Firma SANDOZ AG, ein Phoshorinan mit einer Schmelztemperatur von ca. 188 °C, zugegeben.
Das Flammschutzmittel wurde als reines Pulver mit einer Vorrichtung, wie sie in DE
40 39 857 beschrieben ist, direkt in die PET-Schmelze eingetragen. Vorteilhafte weitere
Varianten des Verfahrens sind die Zugabe in Form eines Masterbatch-Granulates in den
Extruder oder aufgeschmolzen mit einer geeigneten Pumpe in die PET-Schmelze. Da die
Viskosität schon durch das Flammschutzmittel und darin enthaltene Feuchtigkeitsspuren
in den optimalen Bereich reduziert wurde, mußte kein Ethylenglykol zudosiert werden.
[0043] Die Eigenschaften der so hergestellten Fasern wurden als Vergleich zur Versuchsvariante
G (Beispiel 6) in der Tabelle 2 zusammengefaßt.
[0045] Es zeigte sich, daß sich auf diese Art flammhemmende Füllfasern mit einem etwa 35
% höheren LOI-Wert als die Vergleichsfaser ohne flammhemmendes Additiv herstellen
lassen, wobei der erfindungsgemäße hohe Bausch erhalten bleibt. Letzteres ist nicht
selbstverständlich, da von den bisher auf dem Markt erhältlichen, flammhemmenden Polyesterfasern
bekannt ist, daß deren Bauschrückstellvermögen durch phosphorhaltige Flammschutzmittel
beeinträchtigt wird. Dies liegt daran, daß die Phosphorverbindungen in die Fasermolekülketten
eingebaut sind und somit ein Copolyester mit reduziertem Schmelzpunkt und verringerter
Kristallisationsfähigkeit vorliegt. Dabei werden korrelierende schlechtere Bauscheigenschaften
gemessen. An einer solchen PES-Faser wurde z.B. ein Schmelzpunkt von 247 °C (DSC,
mit 20 °C/min Aufheizgeschwindigkeit) und eine Kristallinität von ca. 43 % gemessen.
[0046] Die erfindungsgemäße PET-Faser gemäß Beispiel 8 erfüllt in vorteilhafter Weise die
Anforderungen nach Flammhemmung bei gleichzeitig hohem Bausch und Rückstellvermögen
und zusätzlich nach einem Faserschmelzpunkt von mindestens 250 °C gemäß oben erwähnten
DSC-Meßbedingungen.
Methodik der Bauschmessung
Prinzip:
[0047] Über Karde oder Krempel wird ein Vlies mit definiertem Flächengewicht hergestellt
und die resultierende Vlieshöhe unter definierter Belastung von 0,9 bis 10 p/cm² gemessen.
Die Vlieshöhe ist ein Maß für die Bauschigkeit der Faser. Dabei versteht man unter
Anfangsbausch (Ab) die anfängliche Vlieshöhe unter 0,9 p/cm² Belastung. Die Rücksprungkraft
(R) wird nach der maximalen Belastung des Vlieses und definierter Wartezeit ebenfalls
unter 0,9 p/cm² gemessen und in % des Anfangsbausches ausgedrückt.
Vorgehen:
[0048] Über eine Testkarde werden 150 g bei 20 °C und 60 % rel. Feuchte konditionierte Füllfasern
zu einem Vlies mit der Grundfläche von 35 x 72 cm verarbeitet. Dieser Vlieskörper
wird zur Bauschmessung folgender Belastung ausgesetzt: Der Prüfstempel, eine runde
Platte mit 150 mm Durchmesser, wird mit zunehmendem Gewicht gegen das Vlies gedrückt
und so der Widerstand des Vlieses gegen Belastung festgestellt.
[0049] Eine Minute nach der maximalen Belastung mit 10 p/cm² wird die Vlieshöhe noch einmal
mit der anfänglichen Belastung von 0,9 p/cm² ermittelt. Dieser Bausch ergibt die sogenannte
Rücksprungkraft (R).
1. Durch Strecken orientierte Polyethylenterephthalatspinnfaser mit verbessertem Bauschverhalten
und verbesserter Rücksprungkraft, dadurch gekennzeichnet, daß das Polyethylenterephthalat
Zusätze von
0,01 bis 2 Gew.-% mindestens eines üblichen bekannten Nukleierungsmittels aus der
Gruppe
- anorganische Stoffe mit einer mittleren Teilchengröße unter 10 µm,
- monomere organische Verbindungen ausgewählt aus Salzen von Carbonsäuren, Benzophenon
oder Alkaliaralkylsulfonaten,
- organische Polymere ausgewählt aus Polyethylen, Polypropylen, Copolymerisaten aus
Ethylen und ungesättigten Carbonsäuren und Copolymerisaten aus Styrolderivaten mit
Dienen, und
0,05 bis 2 Gew.-% einer Esterverbindung der Formel (I)
[CH₃(CH₂)
aCO(O-CH₂-CH₂)
b-O-B]₂-A (I)
mit
a = 6 - 20
b = 1 - 5
A = geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest mit 1 bis 10 C-Atomen
B = Phenylrest,
sowie wahlweise weitere übliche, bekannte verarbeitungs- oder verwendungsbedingte
Additive enthält.
2. PET-Spinnfaser gemäß Anspurch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Esterverbindung in
Mengen von 0,1 bis 0,3 Gew.-%, bevorzugt 0,15 bis 0,25 Gew.-%, vorliegt.
3. PET-Spinnfaser gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Säurekomponente
der Esterverbindung Laurinsäure ist.
4. PET-Spinnfaser gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Alkoholkomponente
der Esterverbindung ethoxyliertes Bisphenol A ist, wobei Ether des Bisphenols mit
Mono- und/oder Diglykolen, d.h. Alkoholkomponenten, in denen b = 1 und/oder 2 ist,
bevorzugt sind.
5. PET-Spinnfaser gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die verwendungsbedingten
Additive solche aus der Gruppe Mattierungsmittel, Pigmente, Stabilisatoren, UV-Aufheller,
flammhemmende und schmutzabweisende Additive sind.
6. PET-Spinnfaser gemäß Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Schmelzpunkt mindestens
250 °C beträgt, gemessen mittels DSC bei einer Aufheizrate von 20 °C/Minute.
7. PET-Spinnfaser gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das verarbeitungsbedingte
Additiv ausgewählt ist aus der Gruppe Mono-, Di- oder Triethylenglykol.
8. PET-Spinnfaser gemäß irgendeinem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß
sie eine Hohlfaser ist.
9. PET-Spinnfaser gemäß irgendeinem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß
ihre relative Viskosität, gemessen als 1%ige Lösung in m-Kresol bei 20 °C, 1,45 bis
1,55 beträgt.
10. PET-Spinnfaser, gemäß irgendeinem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß
das Nukleierungsmittel zugleich Mattierungsmittel ist.
11. Verfahren zur Herstellung einer PET-Spinnfaser gemäß irgendeinem der Ansprüche 1 bis
10, dadurch gekennzeichnet, daß ein Polyethylenterephthalat mit einer relativen Viskosität
zwischen 1,45 und 1,68 mit allen Zusätzen und Additiven versetzt, gemischt, anschließend
versponnen und nachfolgend verstreckt wird.
12. Verfahren gemaß Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß die Zusätze und Additive
in den Extruder oder in die PET-Schmelze dosiert werden.
13. Verfahren gemäß Anspruch 11 oder 12, dadurch gekennzeichnet, daß der bevorzugte Bereich
der relativen Viskosität der PET-Spinnfaser von 1,45 bis 1,55 durch Zudosieren einer
entsprechenden Menge Mono-, Di- oder Triethylenglykol, vorzugsweise Monoethylenglykol,
in den Extruder oder in die Schmelzeleitung eingestellt wird.
14. Verfahren gemäß irgendeinem der Ansprüche 11 bis 13, dadurch gekennzeichnet, daß als
Spinnfaser eine mattierte Hohlfaser erhalten wird.
15. PET-Spinnfaser mit verbessertem Bauschverhalten und verbesserter Rücksprungkraft,
herstellbar durch das Verfahren gemäß Anspruch 11.
16. Verwendung von Esterverbindungen der Formel I zur Herstellung von PET-Spinnfasern
mit verbessertem Bauschverhalten und verbesserter Rückstellkraft.