(19)
(11) EP 0 677 601 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
18.10.1995  Patentblatt  1995/42

(21) Anmeldenummer: 95105498.0

(22) Anmeldetag:  12.04.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6D01F 6/62, D01D 5/24, D01F 1/10, D01F 1/07
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR LI NL

(30) Priorität: 14.04.1994 DE 4412969

(71) Anmelder: EMS-INVENTA AG
CH-8001 Zürich (CH)

(72) Erfinder:
  • Kaegi, Werner, Dipl.-Ing.
    CH-7013 Domat/Ems (CH)

(74) Vertreter: Müller-Boré & Partner Patentanwälte 
Grafinger Strasse 2
81671 München
81671 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) PET-Fasern mit verbessertem Bausch und Verfahren zu ihrer Herstellung


    (57) Die Erfindung betrifft Polyethylenterephthalat-Fasern mit verbessertem Bausch, der erreicht wird, wenn sich die Wirkung von 0,05 bis 2 Gew.-% einer Esterverbindung der allgemeinen Formel



            [CH₃(CH₂)aCO(O-CH₂-CH₂)b-O-B]₂-A


    a =
    6 - 20, b = 1 - 5
    A =
    Alkylenrest C₁ - C₁₀
    B =
    Phenylrest,
       und die Wirkung von 0,01 bis 2,0 Gew.-% eines Nukleierungsmittels als Zusätze in der Polyesterschmelze ergänzen.
    Die gesponnen und gestreckten Fasern zeigen in Form eines Vlieses beim Messen der sogenannten Bauschigkeit einen hohen Anfangsbausch und eine besonders hohe Rückstellkraft nach maximaler Belastung.




    Beschreibung


    [0001] Polyethylenterephthalatfasern werden wegen ihrer ausgezeichneten physikalischen und guten physiologischen Eigenschaften für alle Arten von Textilien in großem Umfang eingesetzt.

    [0002] Mit Hilfe von besonderen Additiven oder polymeren Beimischungen und Herstellungsbedingungen kann Polyethylenterephthalat auch speziellen Anforderungsprofilen angepaßt werden. So werden solche Fasern mit definierten Leistungsmerkmalen, z.B. als Füllfasern für Schlafsäcke, Steppdecken, Wattierungen und ähnlichen Anwendungen verwendet.

    [0003] Füllfasern zeichnen sich z.B. durch spezielle Kräuselarten, wie die sogenannten Helixformen, durch optimierte Kräuselausbildung, durch besondere Fasersteifheit, die z.B. durch hohe Kristallisation, durch Zulegieren von anderen Polymeren oder mit ausgesuchten Faserquerschnitten angestrebt wird, aus. Sie sind meist oberflächenbehandelt, z.B. silikonisiert, um durch Glätte das unerwünschte Aneinanderhaften der Fasern zu vermeiden und einen weichen Griff zu erzielen.

    [0004] Trotz umfangreicher Entwicklungsarbeiten, insbesondere um auch Polyesterfüllfasern zu entwickeln, die in ihren Gebrauchseigenschaften den natürlichen Daunen nahekommen, sind die Bauschelastizität und das Wiedererholungsvermögen solcher Fasern noch immer ungenügend und nehmen über die Gebrauchsdauer laufend weiter ab.

    [0005] Die wichtigsten Größen bei der Beurteilung einer Füllfaser, z.B. einer PET-Spinnfaser zum Füllen von Kissen, Decken, Schlafsäcken, Polstern etc., sind der Bausch und die Rücksprungkraft der Faser. Der Bausch ist das auf das Fasergewicht bezogene Volumen eines daraus hergestellten Füllvlieses unter definierter Flächenbelastung. Je höher der Bausch, umso weniger Fasern werden benötigt und umso leichter wird der fertige Artikel, bei zugleich besserer Wärmeisolation durch eine größere, im Vlies eingeschlossene Luftmenge.

    [0006] Für ein optimales Bauschverhalten ist eine hohe (Biege-)Steifheit der Einzelfasern Voraussetzung, was ihnen eine große elastische Rücksprungkraft verleiht. Damit diese im Vliesverband zum Tragen kommt, müssen die Fasern in Bogenzahl, -winkel und -form so optimiert sein, daß sie sich möglichst sperrig aneinander abstützen. Um die Wiedererholung nach einer Belastung nicht durch Reibung zu behindern, werden zudem die Fasern an der Oberfläche silikonisiert, wodurch sich die nötige Glätte und ein weicher Griff einstellen lassen.

    [0007] Zur Erhöhung der Steifheit einer Einzelfaser gibt es drei Möglichkeiten. Physikalisch ist die sogenannte Biege-Steifheit definiert als mathematisches Produkt aus Elastizitätsmodul und Materialquerschnittsflächenträgheitsmoment. Letzteres setzt sich wiederum zusammen aus der Querschnittsfläche und dem Quadrat des Radius bezüglich der Achse. Somit erhöhen folgende Maßnahmen die Steifheit:

    1. Vergrößerung der Materialquerschnittsfläche (d.h. des Einzelfasertiters bzw. -durchmessers). Dadurch nimmt aber die Weichheit ab.

    2. Vergrößerung des mittleren Materialabstandes von der Faserachse (ohne Erhöhung des Titers). Diese Möglichkeit wird bei einer Hohlfaser optimal ausgenützt.

    3. Erhöhung des Elastizitätsmoduls des Fasermaterials durch entsprechende Wahl oder Modifikation des Polyesters. Der Elastizitätsmodul hängt direkt zusammen mit der Orientierung bzw. dem Kristallinitätsgrad der Makromoleküle der teilkristallinen, thermoplastischen Polymeren.



    [0008] In bevorzugter Weise werden diese Maßnahmen kombiniert angewendet, um eine maximale Wirkung zu erzielen.

    [0009] Der Hauptanteil der Kristallisation von PET-Fasern wird spannungsinduziert beim Verstrecken der ursprünglich nahezu amorphen Spinnkabel erzielt. Mit einer darauffolgenden Thermofixierung kann nur noch eine geringe weitere Kristallinitätserhöhung erzielt werden. Da bei diesem molekülorientierenden Prozess die Temperatur relativ niedrig ist, d.h. ca. 100 °C unter dem Kristallitschmelzpunkt, und die Verweilzeiten nur im Bereich von Sekunden liegen, erreicht man normalerweise wegen der hohen Relaxationszeiten, innerhalb derer eine Polymerkette einen Platzwechsel im Gefüge vornehmen kann, nur mittelmäßige Kristallisationsgrade.

    [0010] Über kristallinitätserhöhende Zusätze zu spinnbaren Polymeren ist ein sehr unterschiedlicher Wissensstand bekannt. Einerseits zeigen Warner und Holt in "Text. Res. Journal" 1983, 486-89, daß die durch Pigmentzusatz verbesserte Kristallinität in PET-Granulat nicht im Spinngut wirksam wird, andererseits ist bekannt, daß kristallisationsfördernde Zusätze das Verspinnen von Polymeren außerordentlich erschweren oder unmöglich machen.

    [0011] Deshalb sind hochkristalline Polymer-Formulierungen, wie sie für Spritzgußanwendungen üblich sind, nicht zu Fasern oder Fäden verarbeitbar.

    [0012] So beschreibt zum Beispiel die DE 31 03 192 ein Alkalimetallsalz einer aromatischen Sulfonsäure als Kristallisationsbeschleunigerfür Spritzguß-PES-Typen, dessen Vorteile mit sehr geringen Mengenanteilen für PES-Faser nur genutzt werden können, wenn unmittelbar nach dem Spinnen verstreckt wird, d.h. mit dem sogenannten Spinn-Streck-Verfahren gearbeitet wird. Außerdem ist es bekannt, daß Alkalimetallsulfat-Gruppen den Feuchtigkeitsrückhalt im Polyester erhöhen. Diese Eigenschaft ist für Füll- und Wattierungsfasern unerwünscht.

    [0013] Durch Weichmacher kann die Kettenbeweglichkeit des Polyesters so weit erhöht werden, daß sich beim Erstarren leichter kristallisierfähige Ordnungszustände ausbilden können. Dabei wird während des Abkühlvorgangs eine weitgehende Orientierung nicht nur ermöglicht, sondern auch abgeschlossen.

    [0014] Weichmacher verschlechtern aber meist die mechanischen Eigenschaften, vor allem die Schlagzähigkeit, sie neigen außerdem zur Migration.

    [0015] Der Einfluß von Copolyester-Komponenten auf die Kristallisation, speziell die Kristallisationsgeschwindigkeit, wird von Lasarova und Dimov in "Faserf. und Textiltechnik" 1976, 27, 237-40, untersucht und ein weichmacherartiger Effekt für solche Copolymere gezeigt. Für derartige Modifikationen resultiert jedoch gleichzeitig ein Rückgang der Festigkeiten, des E-Moduls und des Schmelzpunktes, d.h. der wichtigsten Fasereigenschaften.

    [0016] Zudem nimmt in der Regel die Kristallisationsneigung durch den Einbau anderer Co-Monomere sogar ab, weil die Regelmäßigkeit im Aufbau der Hauptvalenzkette gestört wird.

    [0017] Die EP 194 808 beschreibt verschiedene Polyesterharze mit verbesserten Entformungseigenschaften infolge erhöhter Kristallisationsgeschwindigkeit. Sie enthalten bis zu 10 Gew.-% anorganische Nukleierungsmittel, Metallsalze von Carbonsäuren, bis zu 150 Gew.-% Verstärkungsfaser und 0,3 bis 10 Gew.-% Weichmacher auf Esterbasis, sowie 1 bis 30 Gew.-% Schlagzähmodifikator.

    [0018] Neben der Tatsache, daß Polymere mit derartigen Additivmengen nicht zum Verspinnen geeignet sind, wird in dieser EP festgestellt, daß die Wirkung des erfindungsgemäßen Weichmachers außerhalb der angegebenen Grenzen versagt.

    [0019] Die erfindungsgemäße Aufgabe, eine durch Strecken orientierte Polyethylenterephthalatspinnfaser mit verbessertem Bauschverhalten und verbesserter Rücksprungkraft zu entwickeln, wurde überraschenderweise durch die kennzeichnenden Merkmale von Patentanspruch 1 gelöst. Dabei enthält das Polyethylenterephthalat Zusätze von 0,01 bis 2 Gew.-% mindestens eines Nukleierungsmittels und 0,05 bis 2 Gew.-% einer Esterverbindung der Formel I



            [CH₃(CH₂)aCO(O-CH₂-CH₂)b-O-B]₂-A   I



    mit
    a =
    6 - 20
    b =
    1 - 5
    A =
    geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest mit 1 bis 10 C-Atomen
    B =
    Phenylrest
    sowie wahlweise weitere verarbeitungs- oder verwendungsbedingte Additive.

    [0020] Vorzugsweise ist die obere Grenze für das Nukleierungsmittel und die Esterverbindung möglichst 2,0 Gew.-%.

    [0021] Solche verwendungsbedingten Additive sind nach dem Stand der Technik u.a. Mattierungsmittel, Pigmente, Stabilisatoren, UV-Aufheller, schmutzabweisende und flammhemmende Additive. Von den letzteren werden bevorzugt Phosphorverbindungen eingesetzt. Dabei haben sich in besonderer Weise Phosphorinanverbindungen bewährt.

    [0022] Besonders vorteilhaft ist ein Anteil der Phosphorinanverbindung SANDOFLAM® 5085 zwischen 3,0 und 10,0 Gew.-%, bevorzugt zwischen 4,0 und 7,0 Gew.-%.

    [0023] Unter den üblichen, bekannten verarbeitungsbedingten Additiven sind insbesondere Glykole, bevorzugt Mono-, Di- und Triethylenglykol zur Einstellung der Viskosität zu nennen, wobei Ethylenglykol besonders bevorzugt ist.

    [0024] Die Esterverbindungen, die erfindungsgemäß bevorzugt in Mengen von nur 0,1 bis 0,3 Gew.-% und besonders bevorzugt von nur 0,15 bis 0,25 Gew.-% vorhanden sein müssen, sind an sich als Weichmacher für PET-Spritzguß-Rezepturen bekannt. Sie müssen jedoch dafür in einem deutlich höheren Konzentrationsbereich, nämlich 0,3 bis 10,0 Gew.-%, eingesetzt werden (EP 194 808).

    [0025] Durch umfangreiche Spinnversuche konnte jedoch gezeigt werden, daß es einen definierten engen Bereich mit einer relativ geringen Konzentration der Esterverbindung gibt, in dem sich ihr Einfluß und die Wirkung des Nukleierungsmittels so ergänzen, daß unerwarteterweise Bauschanfangswert, Wiedererholung und Kristallinität signifikant höher liegen. Die Beispiele sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Außerdem wurde nachgewiesen, daß die erfindungsgemäße Esterverbindung (abgekürzt mit der allgemeinen Bezeichnung Bidieol) nur dann die Kristallisation beeinflusst, wenn gleichzeitig Nukleierungsmittel im Polyester dispergiert ist. Als Nukleierungsmittel kann z.B. das in mattiertem Polyester bereits vorhandene Mattierungsmittel Titandioxid dienen.

    [0026] Die für PET in Frage kommenden Nukleierungsmittel, auch Keimbildner genannt, sind beispielsweise im "Taschenbuch der Kunststoff-Additive", Carl Hanser Verlag, 3. Ausgabe 1990, Seite 899 beschrieben.

    [0027] Die erfindungsgemäß eingesetzten Nukleierungsmittel sind entweder inerte, anorganische Stoffe mit einer mittleren Teilchengröße unter 10 µm, vorzugsweise unter 1 µm, z.B. Talkum, Kaolin, Kreide, Ruß, Graphit, Quarzmehl (SiO₂) sowie anorganische Pigmente, wie z.B. TiO₂, BaSO₄, ZnS, oder geeignete monomere organische Verbindungen wie z.B. Salze von Carbonsäuren, Benzophenon oder Alkaliaralkylsulfonate, oder schließlich ausgesuchte organische Polymere wie z.B. Polyethylen, Polypropylen, Copolymerisate aus Ethylen und ungesättigten Carbonsäuren oder Copolymerisate aus Styrolderivaten mit Dienen. (R. Vieweg, L. Goerden (Hrsg.): Kunststoffe Handbuch Bd. VIII, Polyester, Hanser Verlag 1973, Seite 701). Die organischen Verbindungen bzw. die Polymere können allein oder zusammen mit anorganischen Keimbildnern eingesetzt werden. Die erfindungsgemäß bevorzugten Nukleierungsmittel sind die für die Produktion von PET-Spinngranulat verwendeten Typen von Mattierungsmitteln, insbesondere Titandioxid. Sie werden in Mengen von 0,01 bis 2,0, bevorzugt von 0,1 bis 1,5 Gew.-%, eingesetzt.

    [0028] Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zur Herstellung einer PET-Spinnfaser gemäß Anspruch 11, welches dadurch gekennzeichnet ist, daß ein Polyethylenterephthalat mit einer relativen Viskosität (RV) zwischen 1,45 und 1,68 (gemes sen 1%ig in m-Kresol bei 20°C) mit allen Zusätzen und Additiven versetzt, ge mischt, anschließend versponnen und nachfolgend verstreckt wird.

    [0029] Dabei werden in vorteilhaften Varianten die Zusätze und Additive mit geeigneten Vorrichtungen in den Extruder oder in die PET-Schmelze dosiert, falls sie nicht schon vorher, z.B. dem Granulat zugefügt wurden.

    [0030] Weiterhin betrifft die Erfindung PET-Spinnfasern mit verbessertem Bauschverhalten und verbesserter Rücksprungkraft, welche durch dieses Verfahren herstellbar sind, sowie die Verwendung von Esterverbindungen der Formel I zur Herstellung von PET-Spinnfasern mit verbessertem Bauschverhalten und verbesserter Rücksprungkraft.

    [0031] Figur 1 faßt die Ergebnisse der Bauschprüfung der nach Beispiel 1 bis 7 hergestellten PET-Fasern zusammen. Es wird gezeigt, daß für einen maximalen Bausch nicht nur die Additiv-Konzentration in einem optimalen Bereich liegen muss, sondern daß für die Bauschrücksprungkraft, welche mit der Kristallinität korreliert ist, auch das Molekulargewicht bzw. die relative Viskosität des Polyesters maßgebend ist. Infolge nichtlinearer Zusammenhänge mit den erfindungsgemäßen Additiven zeigen sich gekrümmte Wirkungsflächen mit Gratausbildung. Im untersuchten Bereich verhalten sich Bausch-Anfangshöhe und Rücksprungkraft zum Teil gegenläufig. Nur in einem definierten Bereich um Punkt G erhält man sowohl hohe Werte für den Anfangsbausch als auch für die Rücksprungkraft. Diese komplexen Zusammenhänge im erfindungsgemäßen Bereich sind gegenüber dem bisherigen Stand des Wissens neu und unerwartet.

    [0032] Zur optimalen, niedrigen Relativviskosität (RV) der erfindungsgemäßen PET-Faser im Bereich von 1,45 bis 1,55 ist folgendes anzumerken:

    [0033] Es ist bekannt, daß das Verspinnen von Polyesterschmelze mit der für das erfindungsgemäße Verfahren optimalen niedrigen Viskosität zu Störungen führt, deshalb wird mit Vorteil von höhermolekularem Polyester, z.B. mit RV = 1,60, ausgegangen, dem beim Einsatz von Granulat in die Extruder-Einzugszone oder beim Direktspinnen in die Schmelzeleitung eine entsprechende Menge Mono-, Di- oder Tri-Ethylenglykol, vorzugsweise Mono-Ethylenglykol (EG), für den Abbau auf RV = ca. 1,50 zudosiert wird.

    [0034] Die Korrelation zwischen EG-Zugabe und relativer Viskosität ist aus der Figur 1 ersichtlich.

    [0035] Für die Esterverbindung wurde praktisch kein Einfluß auf die Viskosität beobachtet. Bei Viskositätsabbau durch andere dem Polyester zugegebene Additive oder durch Feuchtigkeitsspuren im Ausgangsgranulat oder in den Additiven ist die zudosierte Glykolmenge so zu reduzieren, daß die resultierende Endviskosität immer noch im bevorzugten Bereich von RV = 1,45 bis 1,55 liegt. Ein solcher Fall trat im Beispiel 8 auf, wo durch den weiteren Zusatz eines flammhemmenden Mittels die Viskosität so stark abgebaut wurde, daß auf die Zudosierung von Glykol verzichtet werden konnte.

    Figur 1 Bauschverhalten von mattierter PET-Füll-Faser



    [0036]    in Abhängigkeit von Bidieol-Zusatz und relativer Viskosität


    Interpolierte Kurven mit: konstantem Anfangsbausch -----
       konstanter Rückstellkraft ―
    Optimaler Bereich = Überschneidungsbereich der hohen Werte

    Beispiele 1 - 7



    [0037] Eingesetzte Substanzen:
    - Standard-Polyethylenterephthalat der Firma EMS-CHEMIE AG mit rel. Viskosität 1,60 (gemessen 1%-ig in m-Kresol bei 20 °C) und 0,4 Gew.-% TiO₂ (Titandioxid) < 1 µm
    - Bidieol: Bisphenol-A-diethoxylaurat
    Herstellung des Bidieol
    Verwendete Chemikalien:
    - Ethoxyliertes Bisphenol A (Fa. AKZO)
    Schmelzpunkt: 105 - 112 °C
    Molekulargewicht: ca. 340 g/mol
    Hydroxylzahl: ca. 350 mg KOH/g

    - Laurinsäure, (Fa. FLUKA, purum 98 %)
    - Butylzinnsäure, Mono-n-Butylzinnoxid (Fa. ACIMA).
    Ansatz:
    272 g Ethoxyliertes Bisphenol A (0,8 mol)
    304 g Laurinsäure (1,52 mol)
    4 g Butylzinnsäure (als Katalysator)

    Durchführung:



    [0038] Ethoxyliertes Bisphenol A, Laurinsäure und Butylzinnsäure werden bei 22 °C vorgelegt und unter Stickstoff-Spülung und Rühren auf 160 °C erhitzt. Dabei wird der Druck auf ca. 7500 Pa (ca. 56 mm Hg) erniedrigt. Das sich bildende Reaktionswasser wird ca. 6 Stunden lang aus der Mischung entfernt, bis die Säurezahl unter 5 mg KOH/g gesunken ist. Das Produkt ist eine leicht gelbliche, klare Flüssigkeit mit einer Viskosität von ca. 410 mPas und einer Dichte von ca. 1000 kg/m³ (beides bei 25 °C).

    Spinnen und Verstrecken der PET-Fasern:



    [0039] Auf einer Schmelzspinnmaschine wurde mit 0,4 % TiO₂ mattiertes Standard-PET-Granulat (relative Viskosität 1,60/1%ige Lösung in m-Kresol bei 20 °C) aufgeschmolzen und gemäß Tabelle 1 getrennt Ethylenglykol (EG) und Bidieol in den Granulateinlauf des Extruders zudosiert (EG und Bidieol sind nicht mischbar). Aus einer speziellen Düsenplatte mit 380 Bohrungen wurden bei einer Temperatur von 262 °C Hohlfäden ausgepreßt, mit Blasluft abgekühlt, mit 1000 m/min abgezogen und in eine Kanne abgelegt. Der Hohlraumanteil der unverstreckten Fäden betrug ca. 25 % (d.h. der Innendurchmesser betrug 50 % des Außendurchmessers), die relative Viskosität 1,50. Anschließend wurde das Spinnmaterial auf einer Faserstraße etwa 3,5-fach verstreckt, danach gekräuselt, silikonisiert, thermofixiert und zu Stapelfasern geschnitten, die einen Endtiter von 6,5 dtex und eine Reißfestigkeit von 3,5 cN/dtex bei 55 % Bruchdehnung zeigten. Ein daraus hergestelltes Füllfaservlies zeigte dabei Bauschwerte, die deutlich über denjenigen einer handelsüblichen Hohlfaser lagen.
    Tabelle 1
    Bauschrücksprungkraft und Kristallinität der Fertigfaser
    Beispiele 1 2 3 4 5 6 7 **)
    Versuchsbez. A B/E C D F G H -
    Ethylenglykol (Gew.-%) 0 0 0 0 0,07 0,07 0,07 -
    Bidieol (Gew.-%) 0 0,1 0,2 0,3 0,1 0,2 0,3 -
    Anfangsbausch Ab in mm 126 115/113 125 118 125 126 118 121
    Rücksprungkraft R in % 77 79/80 82 85 78 86 81 81
    Kristallinität*) K in % 41 44/45 46 47 44 49 46 44
    *) Kristallinität nach DSC-Auswertung
    **) Vergleichswerte einer handelsüblichen Hohlfaser


    [0040] Lineare Regression des Rückstellvermögens (für den linearen Bereich ohne Ethylenglykol-Zudosierung):

    Dasselbe für die Kristallinität:

    Der Einfluß des Bidieols auf Rückstellvermögen und Kristallinität ist damit statistisch gesichert.

    [0041] Der Glasübergangspunkt schwankte bei allen Varianten maximal um nur 0,5 °C. Ein Zusatzversuch mit 2 Gew.-% Bidieol ergab eine Absenkung der Glasübergangstemperatur um ca. 3,5 °C, verbunden mit einer deutlichen Bauschverschlechterung.

    Beispiel 8



    [0042] Ausgehend vom gleichen Standard-PET-Granulat und unter den gleichen Spinn- und Streckbedingungen wie in den Beispielen 1 bis 7 wurden ebenfalls Hohlfasern, aber mit einem flammhemmenden Zusatz, hergestellt. Es wurden 0,2 Gew.-% Bidieol (zudosiert in den Einlauf des Aufschmelzextruders) und 5,6 Gew.-% (bezogen auf das Fasergewicht) des Flammschutzmittels SANDOFLAM® 5085 der Firma SANDOZ AG, ein Phoshorinan mit einer Schmelztemperatur von ca. 188 °C, zugegeben. Das Flammschutzmittel wurde als reines Pulver mit einer Vorrichtung, wie sie in DE 40 39 857 beschrieben ist, direkt in die PET-Schmelze eingetragen. Vorteilhafte weitere Varianten des Verfahrens sind die Zugabe in Form eines Masterbatch-Granulates in den Extruder oder aufgeschmolzen mit einer geeigneten Pumpe in die PET-Schmelze. Da die Viskosität schon durch das Flammschutzmittel und darin enthaltene Feuchtigkeitsspuren in den optimalen Bereich reduziert wurde, mußte kein Ethylenglykol zudosiert werden.

    [0043] Die Eigenschaften der so hergestellten Fasern wurden als Vergleich zur Versuchsvariante G (Beispiel 6) in der Tabelle 2 zusammengefaßt.

    [0044] Für den LOI-Flammtest (Limiting Oxygen Index gemäß ASTM D 2863) wurden aus den Stapelfasern vernadelte Vliese mit einem Flächengewicht von ca. 200 g/m² und einer Dicke von ca. 6 mm hergestellt.







    [0045] Es zeigte sich, daß sich auf diese Art flammhemmende Füllfasern mit einem etwa 35 % höheren LOI-Wert als die Vergleichsfaser ohne flammhemmendes Additiv herstellen lassen, wobei der erfindungsgemäße hohe Bausch erhalten bleibt. Letzteres ist nicht selbstverständlich, da von den bisher auf dem Markt erhältlichen, flammhemmenden Polyesterfasern bekannt ist, daß deren Bauschrückstellvermögen durch phosphorhaltige Flammschutzmittel beeinträchtigt wird. Dies liegt daran, daß die Phosphorverbindungen in die Fasermolekülketten eingebaut sind und somit ein Copolyester mit reduziertem Schmelzpunkt und verringerter Kristallisationsfähigkeit vorliegt. Dabei werden korrelierende schlechtere Bauscheigenschaften gemessen. An einer solchen PES-Faser wurde z.B. ein Schmelzpunkt von 247 °C (DSC, mit 20 °C/min Aufheizgeschwindigkeit) und eine Kristallinität von ca. 43 % gemessen.

    [0046] Die erfindungsgemäße PET-Faser gemäß Beispiel 8 erfüllt in vorteilhafter Weise die Anforderungen nach Flammhemmung bei gleichzeitig hohem Bausch und Rückstellvermögen und zusätzlich nach einem Faserschmelzpunkt von mindestens 250 °C gemäß oben erwähnten DSC-Meßbedingungen.

    Methodik der Bauschmessung


    Prinzip:



    [0047] Über Karde oder Krempel wird ein Vlies mit definiertem Flächengewicht hergestellt und die resultierende Vlieshöhe unter definierter Belastung von 0,9 bis 10 p/cm² gemessen. Die Vlieshöhe ist ein Maß für die Bauschigkeit der Faser. Dabei versteht man unter Anfangsbausch (Ab) die anfängliche Vlieshöhe unter 0,9 p/cm² Belastung. Die Rücksprungkraft (R) wird nach der maximalen Belastung des Vlieses und definierter Wartezeit ebenfalls unter 0,9 p/cm² gemessen und in % des Anfangsbausches ausgedrückt.

    Vorgehen:



    [0048] Über eine Testkarde werden 150 g bei 20 °C und 60 % rel. Feuchte konditionierte Füllfasern zu einem Vlies mit der Grundfläche von 35 x 72 cm verarbeitet. Dieser Vlieskörper wird zur Bauschmessung folgender Belastung ausgesetzt: Der Prüfstempel, eine runde Platte mit 150 mm Durchmesser, wird mit zunehmendem Gewicht gegen das Vlies gedrückt und so der Widerstand des Vlieses gegen Belastung festgestellt.

    [0049] Eine Minute nach der maximalen Belastung mit 10 p/cm² wird die Vlieshöhe noch einmal mit der anfänglichen Belastung von 0,9 p/cm² ermittelt. Dieser Bausch ergibt die sogenannte Rücksprungkraft (R).


    Ansprüche

    1. Durch Strecken orientierte Polyethylenterephthalatspinnfaser mit verbessertem Bauschverhalten und verbesserter Rücksprungkraft, dadurch gekennzeichnet, daß das Polyethylenterephthalat Zusätze von
    0,01 bis 2 Gew.-% mindestens eines üblichen bekannten Nukleierungsmittels aus der Gruppe

    - anorganische Stoffe mit einer mittleren Teilchengröße unter 10 µm,

    - monomere organische Verbindungen ausgewählt aus Salzen von Carbonsäuren, Benzophenon oder Alkaliaralkylsulfonaten,

    - organische Polymere ausgewählt aus Polyethylen, Polypropylen, Copolymerisaten aus Ethylen und ungesättigten Carbonsäuren und Copolymerisaten aus Styrolderivaten mit Dienen, und

    0,05 bis 2 Gew.-% einer Esterverbindung der Formel (I)



            [CH₃(CH₂)aCO(O-CH₂-CH₂)b-O-B]₂-A   (I)



    mit

    a =   6 - 20

    b =   1 - 5

    A =   geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest mit 1 bis 10 C-Atomen

    B =   Phenylrest,

    sowie wahlweise weitere übliche, bekannte verarbeitungs- oder verwendungsbedingte Additive enthält.
     
    2. PET-Spinnfaser gemäß Anspurch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Esterverbindung in Mengen von 0,1 bis 0,3 Gew.-%, bevorzugt 0,15 bis 0,25 Gew.-%, vorliegt.
     
    3. PET-Spinnfaser gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Säurekomponente der Esterverbindung Laurinsäure ist.
     
    4. PET-Spinnfaser gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Alkoholkomponente der Esterverbindung ethoxyliertes Bisphenol A ist, wobei Ether des Bisphenols mit Mono- und/oder Diglykolen, d.h. Alkoholkomponenten, in denen b = 1 und/oder 2 ist, bevorzugt sind.
     
    5. PET-Spinnfaser gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die verwendungsbedingten Additive solche aus der Gruppe Mattierungsmittel, Pigmente, Stabilisatoren, UV-Aufheller, flammhemmende und schmutzabweisende Additive sind.
     
    6. PET-Spinnfaser gemäß Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Schmelzpunkt mindestens 250 °C beträgt, gemessen mittels DSC bei einer Aufheizrate von 20 °C/Minute.
     
    7. PET-Spinnfaser gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das verarbeitungsbedingte Additiv ausgewählt ist aus der Gruppe Mono-, Di- oder Triethylenglykol.
     
    8. PET-Spinnfaser gemäß irgendeinem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine Hohlfaser ist.
     
    9. PET-Spinnfaser gemäß irgendeinem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß ihre relative Viskosität, gemessen als 1%ige Lösung in m-Kresol bei 20 °C, 1,45 bis 1,55 beträgt.
     
    10. PET-Spinnfaser, gemäß irgendeinem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß das Nukleierungsmittel zugleich Mattierungsmittel ist.
     
    11. Verfahren zur Herstellung einer PET-Spinnfaser gemäß irgendeinem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß ein Polyethylenterephthalat mit einer relativen Viskosität zwischen 1,45 und 1,68 mit allen Zusätzen und Additiven versetzt, gemischt, anschließend versponnen und nachfolgend verstreckt wird.
     
    12. Verfahren gemaß Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß die Zusätze und Additive in den Extruder oder in die PET-Schmelze dosiert werden.
     
    13. Verfahren gemäß Anspruch 11 oder 12, dadurch gekennzeichnet, daß der bevorzugte Bereich der relativen Viskosität der PET-Spinnfaser von 1,45 bis 1,55 durch Zudosieren einer entsprechenden Menge Mono-, Di- oder Triethylenglykol, vorzugsweise Monoethylenglykol, in den Extruder oder in die Schmelzeleitung eingestellt wird.
     
    14. Verfahren gemäß irgendeinem der Ansprüche 11 bis 13, dadurch gekennzeichnet, daß als Spinnfaser eine mattierte Hohlfaser erhalten wird.
     
    15. PET-Spinnfaser mit verbessertem Bauschverhalten und verbesserter Rücksprungkraft, herstellbar durch das Verfahren gemäß Anspruch 11.
     
    16. Verwendung von Esterverbindungen der Formel I zur Herstellung von PET-Spinnfasern mit verbessertem Bauschverhalten und verbesserter Rückstellkraft.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht