(19)
(11) EP 0 684 324 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.11.1995  Patentblatt  1995/48

(21) Anmeldenummer: 95107172.9

(22) Anmeldetag:  11.05.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C25B 1/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 24.05.1994 DE 4418067

(71) Anmelder:
  • H.C. Starck GmbH & Co. KG
    D-38642 Goslar (DE)
  • Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V.
    D-80636 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Naumann, Dirk, Dr.
    D-38667 Bad Harzburg (DE)
  • Olbrich, Armin, Dr.
    D-38723 Seesen (DE)
  • Schmoll, Josef, Dr.
    D-38642 Goslar (DE)
  • Gutknecht, Wilfried, Dr.
    D-38642 Goslar (DE)
  • Bauer, Bernd
    D-66130 Fechingen (DE)
  • Menzel, Thomas, Dipl.-Ing.
    D-70567 Stuttgart (DE)

(74) Vertreter: Steiling, Lothar, Dr. 
Bayer AG Konzernzentrale RP Patente Konzern
D-51368 Leverkusen
D-51368 Leverkusen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von Metallhydroxiden


    (57) Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Metallhydroxiden und/oder Metalloxidhydroxiden aus entsprechenden Metallionen und Hydroxidionen, wobei die Metallionen in einem membranelektrochemischen Verfahren, in dem die Metalionendurch anodische Auflösung entsprechender Metalle im Anodenraum und die Hydroxidionen durch kathodische Reduktion von Wasser im durch eine Anionenaustauschermembran getrennten Kathodenraum gebildet werden und die Hydroxidionen unter der treibenden Kraft eines elektrischen Feldes durch die Anionenaustauschermembran in den Anodenraum überführt werden.


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Metallhydroxiden und/oder Metalloxidhydroxiden aus entsprechenden Metallionen und Hydroxidionen, wobei die Metallionen in einem membranelektrochemischen Verfahren durch anodische Auflösung entsprechender Metalle im Anodenraum und die Hydroxidionen durch kathodische Reduktion von Wasser im von einer Anionenaustauschermembran begrenzten Kathodenraum gebildet werden und die Hydroxidionen unter der treibenden Kraft eines elektrischen Feldes durch die Anionenaustauschermembran in den Anodenraum überführt werden.

    [0002] Metallhydroxide und Metalloxidhydroxide sind wertvolle Zwischenprodukte für die Herstellung von anorganischen oder organischen Salzen dieser Metalle, für die entsprechenden Oxide oder der reinen Metalle selbst. So läßt sich z.B. Cobalthydroxid durch Calcinierung ein Cobaltoxid definierter Zusammensetzung z.B. für die Anwendung in der Elektronik für die Herstellung von Varistoren oder in Akkumulatoren herstellen oder durch Reduktion ein Cobaltmetallpulver definierter Partikelgrößenverteilung. Nickelhydroxide dienen als Pigmente oder werden mit verschiedenen Dotierungen und Partikelstrukturen für den Einsatz in Batterien eingesetzt. Zinkhydroxide können als Vorstoffe für Pigmente dienen und die Kupferverbindungen lassen sich in katalytisch aktive Materialien umwandeln.

    [0003] Bei der Herstellung der Hydroxide für verschiedene Anwendungen steht das Ziel im Vordergrund, möglichst kompaktes und fließfähiges Material für die weitere Verarbeitung herzustellen. Cobaltmetallpulver, hergestellt aus Cobalthydroxid bzw. Cobaltoxidhydroxid, ergibt durch seine Partikelgrößenverteilung und Partikelstruktur nach seiner Sinterung gemeinsam mit Wolframcarbid z.B. spezielle Hartmetallwerkzeuge.

    [0004] Für die neuentwickelten Schaumanoden, die insbesondere in Nickelhydridspeicherzellen eingesetzt werden, wird ein Nickelhydroxid benötigt, dessen physikalische Eigenschaften sowohl bezüglich des Anwendungszweckes als auch der angewendeten Verarbeitungstechnik optimiert sind. Die Anwendung in Hochleistungsakkumulatoren mit Nickel-Schaumelektroden auf Basis der Pasten-Technologie verlangt ein Material mit hoher Fließfähigkeit, gedrungener Teilchenform, enger Kornverteilung und konstanter Qualität. Ferner soll sich das Produkt gut mit den üblicherweise eingesetzten Zusätzen wie z.B. Cobalt-Metallpulver und Cobaltoxid mischen lassen.

    [0005] Ein entsprechendes Material und Grundzüge des Herstellungsverfahrens sind in dem Patent JP Hei 4-80513 beschrieben. Nickelhydroxidteilchen mit einem Durchmesser zwischen 1 und 100 µm werden dabei kristallisiert, indem bei einem konstanten pH-Wert und bei konstanter Temperatur kontinuierlich eine Nickelsalzlösung und ein Alkalihydroxid in fester oder flüssiger Form unter intensivem Rühren in ein Reaktionsgefäß geleitet werden. Als günstige Versuchsbedingungen werden ein pH-Wert von 11 und eine Temperatur von 48°C angegeben.

    [0006] Es ist weiterhin bekannt, daß die Herstellung eines hinreichend kompakten Nickelhydroxids durch Fällung in Gegenwart von Ammoniak oder eines Ammoniumsalzes erfolgen kann. So wird gemäß Trans. Faraday Soc. 51(1955) 961 aus Nickelnitrat und wäßriger Ammoniaklösung eine Nickelamminkomplexlösung hergestellt, aus der durch Kochen bei gewöhnlichem oder vermindertem Druck oder durch Behandlung mit Wasserdampf ein Nickelhydroxid erhalten wird und das gegenüber den Nickelhydroxiden, die in Abwesenheit von Ammoniak gefällt werden, eine wesentlich geringere spezifische Oberfläche aufweist (13 bis 20 m²/g). Die Herstellung kompakter Nickelhydroxide in Gegenwart von Ammoniak oder einem Ammoniumsalz geht auch aus den Patentanmeldungen JP-A 53-6119 und JP-A 61-18107 hervor. In der zuerst genannten Patentanmeldung wird die Fällung von Nickelhydroxid durch Zugabe einer Alkalilauge zu einer entsprechenden Lösung mit einem pH-Wert von mindestens 3,0 beschrieben. Elektrochemische Untersuchungen an dem auf diese Weise hergestellten Material ergaben im Vergleich zu handelsüblichen Nickelhydroxiden besonders hohe spezifische Ladungskapazitäten.

    [0007] Derartige Produkte erfüllen jedoch noch nicht die oben genannten Anforderungen an Teilchenform, Kornverteilung und Fließfähigkeit.

    [0008] Wesentliche Merkmale des Verfahrens zur Herstellung eines kompakten Nickelhydroxids und dessen Verwendung in alkalischen Batterien werden in der EP-A 353 837 beschrieben. Eine Nickel(II)-tetramminsalzlösung wird durch Auflösung von Nickelnitrat oder Nickelsulfat in verdünnter Aminoniaklösung hergestellt und durch kontrollierte Zugabe von Natronlauge entsprechend der folgenden Reaktion zersetzt:



            Ni(NH₃)₄SO₄ + 2 NaOH ⇒ Ni(OH)₂ + Na₂SO₄ + 4 NH₃



    Die Reaktion läuft bei Temperaturen zwischen 40 und 50°C und im pH-Bereich zwischen 11 und 13 ab. Dabei nimmt das Porenvolumen mit sinkendem pH-Wert ab. Es wird ausdrücklich festgestellt, daß ein porenfreies Produkt nur bei hinreichend geringen Reaktionsgeschwindigkeiten kristallisiert werden kann. Weiterhin hat das nach diesem Verfahren hergestellte Nickelhydroxid eine hohe Kristallinität, eine geringe spezifische Oberfläche, ein geringes Porenvolumen und daher eine hohe physikalische Dichte. Auch die Nachteile dieses Produkts, die auf die hohe Dichte zurückzuführen sind, werden beschrieben. Die geringe spezifische Oberfläche resultiert in einer geringeren Protonenleitfähigkeit und in einer höheren Stromdichte, die die Entstehung des unerwünschten γ-NiOOH, das zur Quellung der Elektrode führt, fördert. Zwar hat das bei niedrigen pH-Werten kristallisierte Nickelhydroxid eine hohe Dichte, doch neigt es stärker zur Bildung von γ-NiOOH. Durch die Wahl eines mittleren pH-Wertes läßt sich ein Kompromiß zwischen der geforderten hohen Dichte und der in gewissem Maße notwendigen Porosität finden. Nach diesem Verfahren wird ein Nickelhydroxid hergestellt, das 3 bis 10 % Zink oder 1 bis 3 % Magnesium in fester Lösung enthält. Diese Dotierungen wirken der Entstehung des γ-NiOOH entgegen.

    [0009] Aus dem Patent JP Hei 4-68249 geht ein kontinuierliches Verfahren zur Kristallisation eines Nickelhydroxids mit sphärischer Teilchenform hervor. Dabei werden mittels Dosierpumpen eine Nickelsalzlösung (0,5 bis 3,5 mol/l), verdünnte Alkalilauge (1,25 bis 10 mol/l) und eine Ammoniak- und/oder Ammoniumsalzlösung kontinuierlich unter intensivem Rühren in einen mit einem Überlaufrohr versehenen beheizten zylindrischen Behälter gepumpt, wobei der Ammoniak auch gasförmig eingeleitet werden kann. Die Ammoniakkonzentration wird mit 10 bis 28 Gew.-% und die Ammoniumsalzkonzentration mit 3 bis 7,5 mol/l angegeben. Um das Nickel zu komplexieren, werden zwischen 0,1 und 1,5 mol Ammoniak je Mol Nickelsalzlösung zugeführt. Nach etwa 10 bis 30 Stunden erreicht das System einen stationären Zustand, wonach kontinuierlich ein Produkt mit konstanter Qualität ausgetragen werden kann. Die Verweilzeit im Behälter beträgt zwischen 0,5 und 5 Stunden.

    [0010] Ein wesentliches Merkmal dieses Verfahrens ist die Durchführung der Reaktion bei einem definierten pH-Wert, der im Bereich zwischen 9 und 12 durch pH-gesteuerte Zufuhr von Alkalilauge auf ± 0,1 pH-Stufen konstant gehalten wird, und bei konstanter Temperatur im Bereich zwischen 20 und 80°C, wobei die Temperaturabweichungen nicht mehr als ± 2 K betragen sollten. Bei diesen Bedingungen werden die kompakten sphärischen Partikel mit einer Teilchengröße zwischen 2 und 50 µm erhalten. Die Teilchengröße läßt sich insbesondere durch Variation des NH₃-Zuflusses, der Verweilzeit und der Rührgeschwindigkeit einstellen. Mit abnehmender Rückgeschwindigkeit bzw. zunehmendem NH₃-Zufluß nimmt die Teilchengröße zu. Mit zunehmender Verweilzeit im Behälter wird das Produkt gröber, die Teilchengrößenverteilung enger. Das Kristallisat wird anschließend filtriert, mit Wasser gewaschen und getrocknet. Das nach diesem Verfahren hergestellte Produkt weist die eingangs genannten Eigenschaften auf, wobei es nicht gemahlen zu werden braucht.

    [0011] In der EP A 462 889 wird ein Verfahren zur Herstellung von Nickelhydroxid offenbart. Dabei liegt der Temperaturbereich der Kristallisation oberhalb 80°C. Es werden mit Cobalt, Cadmium und/oder Zink dotierte Nitrat- oder Sulfatlösungen eingesetzt. Der Cobalt-Gehalt liegt zwischen 1 und 8 Gew.-%, und die Gehalte an Cadmium und/oder Zink betragen zwischen 3 und 10 Gew.-%. Komplexierung erfolgt mit Hilfe eines Ammoniumsalzes, wobei das Molverhältnis NH₃/Ni zwischen 0,3 und 0,6 beträgt. Bei diesem Verfahren wird ein pH-Wert von 9,2 ± 0,1 eingehalten. Ferner wird ein dreiflügeliger Rührer, dessen Durchmesser halb so groß wie der Behälterdurchmesser ist und dessen Drehzahl zwischen 300 und 1000 min⁻¹ liegt, eingesetzt.

    [0012] Wie in den bereits beschriebenen Verfahren wird das Produkt filtriert, waschen und getrocknet.

    [0013] Die Nachteile dieser Verfahren sind einerseits die zwangsläufig anfallenden großen Mengen von Neutralsalzen, die bei mindestens der doppelten stöchiometrischen Menge des Nickelhydroxid liegen und ins Abwasser abgegeben werden. Andererseits enthält dieses Abwasser neben geringen Mengen komplex gelösten Nickels noch große Mengen Ammoniak, die entsorgt werden müssen.

    [0014] Beim chemischen Verfahren der Fällungskristallisation zur Herstellung von sphärischem Nickelhydroxid fallen zwangsläufig 2 Mol Natriumchlorid pro Mol Nickelhydroxid an. Im Hinblick auf strengere Umweltrichtlinien und Grenzwerte für Abwässer einerseits und wirtschaftliche Aspekte bedingt durch den hohen Verbrauch an Lauge und resultierende Deponiekosten für das anfallende Salz andererseits müssen geschlossene Produktionskreisläufe entwickelt werden.

    [0015] Bei einer derartigen Verfahrensführung wird beispielsweise Nickel mittels Elektrolyse anodisch in einer Metallsalzlösung aufgelöst und durch die kathodisch gebildeten Hydroxidionen als Nickelhydroxid gefällt. Nach der Sedimentation und verschiedenen, nachfolgenden Waschstufen zur Reinigung des gefällten Produktes von noch vorhandenen bzw. bei der Fällung eingeschlossenen Salzen erhält man das reine Produkt.

    [0016] Verfahren zur Herstellung von Metallhydroxiden sind in folgenden Patentschriften bereits beschrieben. In der JP-A 63/247 385 wird die elektrolytische Herstellung von Metallhydroxiden unter Verwendung einer perfluorierten Anionenaustauschermembran der Toyo Soda und dem Einsatz inerter Elektroden ausgeführt. Als Elektrolyt wird dabei auf der Anodenseite das Metallsalz des herzustellenden Metallhydroxides verwandt. Im Kathodenkreislauf wird eine alkalische Lösung eingesetzt. In der EP-A 0 559 590 wird in einer vergleichbaren Anordnung das Metallsalz durch anodische Auflösung der Elektrode kontinuierlich zugegeben. Die Anforderungen an den Prozeß, insbesondere der zu verwendenden Membranen, der Elektrolytlösungen und der Versuchsbedingungen sind nur unzureichend präzisiert.

    [0017] Aufgabe dieser Erfindung ist die Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung von Metallhydroxiden und/oder Metalloxidhydroxiden, welches die Nachteile des beschriebenen Standes der Technik nicht aufweist.

    [0018] Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zur Herstellung von Metallhydroxiden und/oder Metalloxidhydroxiden aus entsprechenden Metallionen und Hydroxidionen, wobei die Metallionen in einem membranelektrochemischen Verfahren durch anodische Auflösung entsprechender Metalle im Anodenraum und die Hydroxidionen durch kathodische Reduktion von Wasser im von einer Anionenaustauschermembran begrenzten Kathodenraum gebildet werden und die Hydroxidionen unter der treibenden Kraft eines elektrischen Feldes durch die Anionenaustauschermembran in den Anodenraum überführt werden, wobei die Auflösung der Metalle in Gegenwart eines Komplexbildners bei einem pH >7 durchgeführt wird.

    [0019] Als Komplexbildner im Sinne dieser Erfindung werden bevorzugt Ammoniak und/oder organische Mono- und/oder Diamine mit einer Kettenlänge von 1 bis 6 C-Atomen eingesetzt. Metalle sind insbesondere eines oder mehrere aus der Gruppe Co, Ni, Cu, Fe In, Mn, Sn, Zn, Zr, Ti, Al, Cd und Ni. Besonders bevorzugt sind dabei Co und/oder Ni. Im folgenden wird das erfindungsgemäße Verfahren weiterhin für den Fall der Herstellung von Nickelhydroxid beschrieben, ohne die Erfindung hierdurch einzuschränken.

    [0020] Die sich prinzipiell ergebende Konfiguration für eine Membranelektrolysezelle, die zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignet ist, wird im folgenden dargestellt. Der Kathoden- und der Anodenraum der Elektrolysezelle werden durch eine Anionenaustauschermembran getrennt, so daß sich zwei getrennte Kreisläufe ergeben. Der Kreislauf auf der Seite der Kathode wird mit Katholyt, der auf der Anodenseite mit Anolyt bezeichnet. Als Katholyt können bevorzugt alkalische Lösungen wie z.B. Natronlauge oder Kalilauge eingesetzt werden. Für die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens ist es dabei von Vorteil, wenn die Lösung selbst eine hohe Leitfähigkeit besitzt und das Kation der verwendeten Lauge ebenfalls auf der Anodenseite eingesetzt wird. Die Kathode selbst kann aus vergütetem Stahl, platiniertem Titan, Nickel oder einer Nickellegierung bestehen.

    [0021] Die Zusammensetzung des Anolyten ergibt sich aus den Edukten zur Herstellung von Nickelhydroxid, d.h. Ammoniak, Natriumchlorid und geringe Mengen an Nickelsulfat. Das Natriumchlorid dient in erster Linie zur Erhöhung der Leitfähigkeit der Lösung und durch die geringe Zugabe von Sulfat wird die anodische Auflösung der Nickelelektrode verbessert. Besonders gute Ergebnisse werden erzielt, wenn im Anolyten Chlorid und/oder Sulfationen vorliegen. Die Anode selbst besteht aus Reinnickel, vorzugsweise aus einer elektrochemisch hergestellten Anode.

    [0022] Bei der Herstellung anderer Metallhydroxide und/oder Metalloxidhydroxide besteht die Anode aus den entsprechenden Metallen. Grundsätzlich wird also eine Opferanode eingesetzt.

    [0023] Unter aktiven Transportbedingungen aufgrund des angelegten äußeren Potentiales geht Nickel als Ni²⁺-Ion unter Abgabe von Elektronen in Lösung. Die Anwesenheit des Ammoniak verhindert dabei eine spontane Ausfällung des Ni(OH)₂ unter alkalischen Bedingungen und führt über verschiedene Zwischenstufen zu einem zweiwertigen Nickel-Aminkomplex.



    [0024] Die Reaktion an der Kathode liefert unter Elektronenaufnahme Wasserstoff, der gasförmig entweicht und Hydroxidionen, die entsprechend ihrer Ladung über die Anionenaustauschermembran in den Anodenkreislauf transportiert werden. Im Anolyt findet dann die Bildung und Ausfällung des Nickelhydroxides bei Überschreiten der Löslichkeitsgrenze statt. Die Fällung folgt dabei einem dynamischen Gleichgewicht, wobei ein Ligandenaustausch (Ammoniak gegen Hydroxid) stattfindet.

    [0025] Die Bildung des sphärischen Produktes wird dabei wesentlich durch die Kristallisationsbedingungen, d.h. die Konzentration der Einzelkomponenten und die Temperaturführung im Anodenkreislauf bestimmt. Das gefällte Produkt wird dann kontinuierlich aus dem Anolytkreislauf abgetrennt. Die Abtrennung kann in einem verfahrenstechnisch einfach auszuführenden Sedimentationsbehälter aufgrund des großen Dichteunterschiedes des gebildeten Produktes und des Lösungsmittels durchgeführt werden. Zur Abtrennung eines Produktes einheitlicher Korngröße erfolgt die Abtrennung über eine Filtrationsstufe (Mikrofiltration). Der wesentliche Vorteil dieser Verfahrensvariante ist, daß zusätzliche, einzelne Verfahrensschritte zur Rückgewinnung der verschiedenen Edukte entfallen, da sie im Anolytkreislauf gehalten werden.

    [0026] Zur Umsetzung des beschriebenen elektrochemischen Membranverfahrens muß sichergestellt sein, daß die einzusetzende Anionenaustauschermembran folgende Anforderungen erfüllt:
    Sie muß alkalistabil sein, insbesondere chemisch stabil in den angrenzenden Lösungen (gegen NH₃ bis zur Sättigungskonzentration), oxidationsstabil (Ni²⁺/Ni³⁺; Cl⁻, ClO³⁻), temperaturstabil bis 80°C, sie muß eine hohe Permselektivität, einen niedrigen Membranwiderstand aufweisen bei hoher mechanischer Festigkeit und Formbeständigkeit und ausreichende Langzeitstabilität.

    [0027] Technisch relevante Ionenaustauschermembranen weisen üblicherweise eine mikroheterogene- und/oder eine Interpolymermorphlogie auf. Damit soll erreicht werden, daß die mechanischen und elektrochemischen Eigenschaften entkoppelt eingestellt werden können. Dementsprechend erfolgt der Aufbau einer Membran aus einem Matrixpolymeren, einem Gewebe oder einem Binder, sowie aus einem Polyelektrolyten bzw. einem Ionomer. Dabei wird entsprechend des Grades der Heterogenität der Ionenaustauschermembran zwischen homogenen Membranen, Interpolymermembranen, mikroheterogenen Pfropf- oder Blockcopolymermembranen und heterogenen Membranen unterschieden.

    [0028] Das polymere Netzwerk kann dabei unterschiedlich aufgebaut sein, um für die meisten Anwendungsfalle ausreichend gute elektrische und mechanische Eigenschaften aufzuweisen. Als ladungsneutrales Matrixpolymer wird üblicherweise Polyvinylchlorid und Polyacrylat eingesetzt. Als weitere Matrixpolymere können noch Polyethylen, Polypropylen oder Polysulfon verwendet werden, wobei nur diese eine chemische Langzeitstabilität unter alkalischen Bedingungen aufweisen.

    [0029] Bevorzugt wird somit beim erfindungsgemäßen Verfahren als Anionenaustauschermembran eine solche auf Basis von Polyethylen, Polypropylen, Poyletherketon, Polysulfon, Polyphenyloxid- und/oder -sulfid eingesetzt.

    [0030] Die ionenleitenden Polyelektrolyte einer Anionenaustauschermembranen bestehen aus einem Netzwerk mit eienr positiven Überschußladung und beweglichen, negativ geladenen Gegenionen. Das Festionengerüst kann durch schwach basische Amino- und Iminogruppen aufgebaut sein, wie auch aus stark basischen Immonium- und quartären Ammonium-Gruppen:



            -NH₃⁺ -RNH₂⁺ -R₃N⁺ = R₂N⁺



    Besonders bevorzugt weist die im erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzte Anionenaustauschermembran Austauschgruuppen aus alkyliertem Polyvinylimidazol, Polyvinylpyridin und/oder alkyliertem 1,4-Diazabicyclo[2.2.2]octan auf.

    [0031] Besonders geeignete Membranen sind in der DE-A 42 11 266 beschrieben.

    [0032] Der Typ und die Konzentration an Festionen bestimmt hauptsächlich die Permselektivität und den elektrischen Widerstand der Membran, kann sich aber auch auf die mechanischen Eigenschaften, insbesondere auf die Quellung der Membran aufgrund der Konzentration an Festionen auswirken. Die stark basische quartäre Ammonium-Gruppe ist bei allen pH-Werten dissoziert, während die primäre Ammonium-Gruppe nur schwar dissoziiert ist. Aus diesen Grund werden meistens quartäre Ammonium-Gruppen in kommerziellen Anionenaustauschermembranen eingebaut, außer, daß eine Membran mit bestimmten Eigenschaften hergestellt werden soll.

    [0033] Systeme auf Basis von chlormethyliertem Polystyrol, Styrol/Divinylbenzol-Copolymeren und Styrol/Butadien-Copolymeren unter nachträglicher Quarternisierung mit Trimethylamin finden den häufigsten Einsatz.

    [0034] Die chemische Langzeitstabilität der Anionenaustauschermembranen kann nur durch folgende Faktoren beeinflußt werden:
    • Zerstörung der Polymermatrix (unzureichende Stabilität des Matrix- oder Interpolymers in alkalischer Lösung)
    • morphologische Veränderung des Systems Festionengerüst/Polymermatrix
    • chemischer Abbau der Festionen unter alkalischen oder oxidativen Bedingungen
    Zur Auswahl einer Anionenaustauschermembran für den Einsatz bei der Herstellung von sphärischem Nickelhydroxid mittels Membranelektrolyse aus ammoniakalischer Lösung müssen sowohl die elektrochemischen, die mechanischen und die chemischen Eigenschaften in gleicher Weise optimiert sein. Dies bedeutet, daß Vorgaben hinsichtlich Membran- bzw. Materialauswahl und den vom Hersteller dargestellten physikochemischen Eigenschaften erstellt und evaluiert werden müssen. Diese Vorgaben lassen sich für die erfindungsgemäß eingesetzten Membranen wie folgt zusammenfassen:
    Bezüglich der elektrochemischen Eigenschaften sollte der
    elektrische Widerstand <10Ω-cm²,
    die Permselektivität >92 %,
    die Quellung <25 % und
    die Ionenaustauscherkapazität >1,2 mmol g⁻¹ betragen.


    [0035] Bezüglich der mechanischen Eigenschaften sollte das Gewebe aus temperatur-, alkali- und oxidationsstabilen Polymeren (Polypropylen, Polyethylen, Polyetherketon) bestehen und als Festladung chemisch stabiles quartäres Ammoniumsalz (Vinylimidazol, 4,4'-Diaza-bicyclo[2.2.2]-octan) aufweisen.

    [0036] Geeignete Membranen sind in der DE-A 44 21 1266 beschrieben. Besonders bevorzugt wird das erfindungsgemäße Verfahren kontinuierlich durchgeführt, wobei das gebildete Metallhydroxid und/oder Metalloxidhydroxid vom Anolyten abgetrennt wird und der Komplexbildner in den Anodenraum zurückgeführt wird.

    [0037] Im folgenden wird die Erfindung beispielhaft erläutert, ohne daß hierin eine Einschränkung zu sehen ist.

    Beispiel 1 Herstellung von Cobalthydroxiden


    Prinzipieller Aufbau der Elektrolysezelle



    [0038] Die Elektrolysezelle ist aus zwei Nickelkathoden, zwei Abstandhaltern aus Polyethylen, zwei Membranen und der Cobalt-Opferanode und vier Rahmen unterschiedlicher Dicke zusammengesetzt. Die Zelle ist so aufgebaut, daß die Nickelkathoden die äußeren Seiten der Zelle mit einer Fläche von 120 x 200 mm² effektiver Elektrodenfläche darstellen. Die elektrische Kontaktierung erfolgt an überstehenden Elektrodenflächen. Auf den Kathoden liegt ein PE-Rahmen von 5 mm Dicke, auf dem wiederum die Membran aufliegt. Mit einem weiteren Rahmen von 10 mm Dicke wird der Abstand zur Cobalt-Anode gehalten, die über den Rahmen übersteht und mit den elektrischen Zuleitungen versehen ist. Die Cobalt-Anode besteht aus Reincobalt bei einer Dicke von 20 mm. Der gesamte Aufbau wird über eine Halterung flüssigkeitsdicht zusammengepreßt. Zwischen den Kathoden und der Membran ist ein PE-Gitter eingelegt, das eine Berührung von Kathode und Membran verhindert. Die Rahmen, die Anode und Membran trennen, sind mit Bohrungen versehen, durch die der Anolyt zu- und wieder abgeleitet wird. Die Kathoden sind ebenfalls mit Zuleitungen versehen, so daß im gesamten Kathodenraum eine gleichmäßige Durchströmung mit dem Katholyten gewährleistet ist.

    [0039] Katholyt und Anolyt enthalten je 100 g/l NaCl, der Katholyt außerdem 40 g/l NaOH.

    [0040] Der Katholyt wird mit einer Geschwindigkeit von 100 l/h umgepunpt, was einer Verweilzeit des Elektrolyten von 9 sec im Kathodenraum entspricht. Der Anolyt wird während der Elektrolyse mit einer Geschwindigkeit von 650 l/h im Kreislauf gepumpt, was einer mittleren Verweilzeit von 2,7 sec im Anodenraum entspricht. Die Temperatur des Anolyten beträgt 50°C. Die Ammoniakkonzentration im Anolyten wird auf 2 mol/l eingestellt und Verluste durch Verdampfung durch Zugabe von Ammoniak in den Anolytkreislauf ausgeglichen.

    [0041] Die stationäre Feststoffkonzentration von gebildeten Cobalthydroxiden ist 80 g/l bei einer mittleren Verweilzeit von 4 h.

    [0042] Die Elektrolysebedingungen sind so gewählt, daß ein Strom von 12 A entsprechend 500 A/m² fließt, wobei 21 g Cobalthydroxid der Form Co(OH)₂ in jeder Stunde gebildet werden, die in 0,26 l Suspension aus dem Kreislauf ausgeschleust und durch Filtration abgetrennt werden. Nach Waschen mit Wasser wird ein sauberes Cobalthydroxid gewonnen. Der gebildete Wasserstoff gast aus dem Katholyt-Vortatsbehälter aus.
    pH-Anolyt: 10,5 - 11,5
    Membran: Neosepta® AMH, Hersteller Tokuyama Soda

    Zusammensetzung des Endproduktes



    [0043] Cobalthydroxid, Mischung aus Co(OH)₂ mit CoOOH im Verhältnis 80/20 nach Analyse
    Schüttdichte: 1,6 g/cm³
    Cobalt-Gehalt: 63,5 %
    Farbe: Dunkelbraun

    Beispiel 2 Herstellung von Nickelhydroxid



    [0044] In einer Elektrolysezelle, die in vergleichbarer Weise als Stapel von Elektroden und Membranen mit den Elektrodenräumen dazwischen aufgebaut ist, wird Nickel elektrochemisch in Gegenwart von Ammoniak aufgelöst und der gebildete Amminkomplex zu Nickelhydroxid zersetzt.

    [0045] Elektrolytzusammensetzung:
    Anolyt: 16,5 mmol/l NiSO₄
    220 ml NH₃ (25 %ig)/l
    2 mol/l NaCl
    Katholyt: 1 mol/l NaOH
    Anode: Reinstnickel
    Kathode: platiniertes Titan
    Temperatur: Elektrolyse 40°C Zersetzung des Komplexes 70°C
    Stromdichte: 1000 A/m²
    Abstand Elektroden/Membran: 2 mm
    Überströmgeschwindigkeit: >10 cm/s
    pH-Anolyt: 10,5 - 11,5
    Membran: Neosepta® AMH, Hersteller Tokuyama Soda


    [0046] Die Zersetzung des in der Elektrolyse gebildeten Amminkomplexes erfolgt durch Temperaturerhöhung des Elektrolyten in einem Reaktor zu Nickelhydroxid.
    a) Herstellung eines kompakten, kugelförmigen Nickelhydroxid
    Der Amminkomplex wird in einem Rührreaktor zersetzt, wobei das Zersetzungsprodukt zu kompakten, sphärischen Partikeln agglomeriert. Das agglomerierte Material wird kontinuierlich über einen Überlauf als Suspension aus dem Kreislauf des Anolyten abgetrennt.
    Nickelhydroxid aus Überlauf:
    Schüttdichte: 1,35 g/cm³
    mittlere Partikelgröße: 10 µm

    b) Bei Vorlage von Substraten wie Fasern aus Nickel oder einem kugelförmigen Ionenaustauscherharz mit der mittleren Partikelgröße von 200 µm lagert sich im Zersetzungsreaktor eine gleichmäßige Schicht von Nickelhydroxid auf dem Substrat ab.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von Metallhydroxiden und/oder Metalloxidhydroxiden aus entsprechenden Metallionen und Hydroxidionen, wobei die Metallionen in einem membranelektrochemischen Verfahren durch anodische Auflösung entsprechender Metalle im Anodenraum und die Hydroxidionen durch kathodische Reduktion von Wasser im von einer Anionenaustauschermembran begrenzten Kathodenraum gebildet werden und die Hydroxidionen unter der treibenden Kraft eines elektrischen Feldes durch die Anionenaustauschermembran in den Anodenraum überführt werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Auflösung der Metalle in Gegenwart eines Komplexbildners bei einem pH >7 durchgeführt wird.
     
    2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Komplexbildner Ammoniak und/oder organische Mono- und/oder Diamine mit einer Kettenlange von 1 bis 6 C-Atomen eingesetzt werden.
     
    3. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 oder 2, daurch gekennzeichnet, daß als Metall eines oder mehrere aus der Gruppe Co, Ni, Cu, Fe, In, Mn, Sn, Zn, Zr, Ti, Al, Cd und U eingesetzt werden.
     
    4. Verfahren gemäß Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß als Metall Co und/oder Ni eingesetzt wird.
     
    5. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß als Katholyt eine wäßrige Alkalilauge eingesetzt wird.
     
    6. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß im Anolyten Chlorid- und/oder Sulfationen vorliegen.
     
    7. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß als Anionenaustauschermembran eine solche auf Basis von Polyethylen, Polypropylen, Polyetherketon, Polysulfon, Polyphenyloxid- und/oder -sulfid eingesetzt wird.
     
    8. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Anionenaustauschmembran Austauschgruppen aus alkyliertem Polyvinylimidazol, Polyvinylpyridin und/oder alkyliertem 1,4-Diazabicyclo[2.2.2]octan aufweist.
     
    9. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß das gebildete Metallhydroxid und/oder Metalloxidhydroxid vom Anolyten abgetrennt wird und der Komplexbildner in den Anodenraum zurückgeführt wird.
     





    Recherchenbericht