[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Befestigung von Hängen nach dem Oberbegriff
des Patentanspruchs 1.
[0002] Unbefestigte Hänge neigen durch die auftretenden Zug- und Scherkräfte zum Abrutschen,
insbesondere wenn zusätzlich äußere Kräfte von der Geländeoberkante auf den Hang einwirken.
Diese Kräfte treten z.B. durch die Gewichtskraft von auf der Geländeoberkante errichteter
Gebäude oder über die Geländeoberkante fahrende Züge auf. Die Kräfte, die zum Abrutschen
des Hanges führen können, sind von der Steilheit und der Beschaffenheit des Hanges
abhängig.
[0003] Es ist bekannt, durch Bodenvernagelungen das Abrutschen von Hängen zu vermeiden.
Bei Boden- bzw. Felsvernagelungen handelt es sich um Stützkonstruktionen, die als
Verbundkörper wirken. Nagelwände bestehen aus drei Elementen, nämlich dem anstehenden
Boden oder Fels, den eingebrachten Stahl- oder Kunststoffstäben und einer dünnen Schutzhaut
an der Wandvorderseite. Dazu wird der Boden in einzelnen Etagen von oben nach unten
ausgehoben und die freigelegte Wandfläche rasch mit Spritzbeton gesichert. Die Nägel
mit einem Stabdurchmesser von ca. 20-30mm werden nach dem Erhärten des Spritzbetons
meist annähernd senkrecht zur Wandfläche in den Boden eingebracht. Dies kann durch
Rammen, Bohren, Spülen oder Vibration erfolgen. Zur Gewährleistung eines ausreichenden
Verbundes zwischen Nagel und Boden wird der durch die Bohrung entstandene Ringraum
mit Zementmörtel gefüllt und verpreßt. Nach dem Erhärten des Zementmörtels ist der
Nagelkopf mit der Spritzbetonhaut kraftschlüssig zu verbinden. Unmittelbar darauf
kann eine neue Lage ausgehoben werden. Im Regelfall entspricht die Länge der Nägel
etwa dem 0,5-0,7 fachen der Wandhöhe, und zwar je nach Boden- bzw. Felseigenschaften,
geometrischen Verhältnissen und äußeren Lasten. Boden- bzw. Felsvernagelungen werden
seit etwa 1970, vor allem im österreichischen Alpenraum häufig verwendet. Das zuvor
nur auf empirischen Bemessungsansätzen basierende Verfahren wurde im Verlaufe der
letzten Jahre zu einem mit Mitteln der Statik zu berechnendes Verfahren verbessert
(Grundbau-Taschenbuch Teil 3 3.Aufl.; Verlag Ernst & Sohn, Berlin 1987). Nachteilig
bei diesem Verfahren ist die Verwendung von unnatürlichen Baustoffen, was einen erheblichen
Eingriff in den Naturhaushalt darstellt. So wirkt z.B. die dünne Spritzbetonhaut wie
eine Versiegelung des Bodens. Regenwasser kann durch die Spritzbetonhaut nicht mehr
im Erdreich versickern und fließt folglich hangabwärts, wo es per Kanalisation abgeführt
werden muß und somit dem Grundwasserkreislauf entzogen wird. Des weiteren sind die
verwendeten Materialien den üblichen Verschleißprozessen wie z.B. Korrosion ausgesetzt,
so daß im Laufe der Zeit die Güte der Hangbefestigung abnimmt.
[0004] Eine weitere Möglichkeit zur Hangbefestigung ist der Lagenbau. Dabei werden lebende
Pflanzen in den Hang verlegt. Beim Heckenlagenbau werden bewurzelte Pflanzen auf eine
0,5 bis 0,7m tiefe Berme oder Terrasse, deren liegende Fläche mindestens 10% nach
außen ansteigen soll, so dicht nebeneinander gelegt, daß diese etwa ein Drittel der
ganzen Länge über das Planum hinausragen. Bevorzugt werden verschüttungsresistente
Laubgehölze, die die Fähigkeit zur adventiven Wurzelbildung besitzen. Eine weitere
Variante ist der Buschlagenbau. Am Hangfuße beginnend zieht man Gräben oder Terrassen
von 50 bis 100 cm Breite. Ihr Planum soll mindestens 10° nach außen ansteigen, damit
später die Äste an der ganzen Länge bewurzeln. Auf diese Terrassen wird das Buschwerk
so eingelegt, daß Äste von mindestens 1m Länge nur ein Fünftel bis ein Viertel ihrer
gesamten Länge herausragen. Die Äste werden überkreuzt und nicht parallel verlegt,
damit möglichst lange Stücke von Erde bedeckt sind. Dabei werden zur Erzielung verschieden
tiefer Wurzelhorizonte und eines möglichst gleichmäßigen Aufwuchses nicht nur verschiedene
Pflanzenarten, sondern auch verschiedene Altersphasen und Aststärken gemischt. Mit
dem Aushub des darüber liegenden Grabens wird der untere wieder zugeschüttet. In Schüttungen
geht der Buschlagenbau weit einfacher vor sich. Die Außenseite der Schüttungen wird
jeweils mit einer leichten Steigung gegen den Hang hin ausgebildet. Auf diesen äußersten
Streifen der Schüttung wird das Buschwerk ausgelegt und beschüttet. Bei Schüttungen
können mehrere Meter lange Äste verlegt werden, wodurch ohne bedeutenden Mehraufwand
eine außerordentlich tief reichende Festigkeit erzielt wird. Durch die anschließende
Bewurzelung erhöht sich die Festigkeit weiter (Grundbau-Taschenbuch Teil 3, 3.Aufl.;
Verlag Ernst & Sohn, Berlin 1987). Eine weitere Möglichkeit zur Hangbefestigung ist
der Heckenbuschlagenbau, der einer Kombination der beiden oben beschriebenen Lagenbauarten
entspricht. Nachteilig bei allen Verfahren des Lagenbaus ist die mangelnde Berechenbarkeit
der Festigkeit. Dies ist aber gerade für Bauten auf der Hangoberkante oder vor dem
Böschhungsfuß dringend notwendig, so daß diese weder mit dem Hang zusammen abrutschen,
noch von dem abrutschenden Hang zugeschüttet werden. Gleiches gilt selbstverständlich
auch für sich auf oder unterhalb des Hanges befindliche Personen.
[0005] Aufgabe der Erfindung ist von daher, ein Verfahren zur Hangbefestigung zu schaffen,
bei dem die Hangfestigkeit berechenbar und dauerhaft ist, sowie Folgeschäden vermieden
werden.
[0006] Die Lösung der Aufgabe ergibt sich aus den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruchs
1. Durch die Berechnung des Mindestdurchmessers der lebenden, adventiv wurzelbildenden
Pflanzen und/oder Pflanzenteilen, deren Länge und Rastermaß mittels aus der Bodenmechanik
bekannter Rechenverfahren ermittelt werden, ist es möglich, rechnerisch nachweisbare,
dauerhafte Hangfestigkeiten mit lebendbewehrten Boden zu erreichen. Die dadurch erzielte
Hangfestigkeit ist sofort voll wirksam. Durch die spätere Wurzelbildung und das damit
einhergehende Dickenwachstum wird die Hangfestigkeit zusätzlich erhöht. Die Wurzelbildung
ist nur für die Nährstoffversorgung der lebenden Pflanzen wichtig, daß diese nicht
absterben und verrotten. Für die direkte Hangbefestigung ist die Wurzelbildung nur
ein positiver Nebeneffekt. Die Pflanzenteile werden in solchen Mengen und mit solchen
Querschnitten je m Fläche lagenweise im Boden angeordnet, so daß durch den Einbau
der Pflanzen die bodenmechanischen Brucheigenschaften des Bodens so gestört werden,
daß dieser als Monolith reagiert.
[0007] Die Erfindung ist nachfolgend anhand eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispieles
näher erläutert. Die einzige Figur zeigt eine Prinzipdarstellung eines Stützkörpers
in Form einer durch Äste und Zweige bewehrten Hangbefestigung.
[0008] In der Fig.1 ist ein abzusichernder Hang der Höhe H dargestellt. Ohne Befestigung
ergibt sich aufgrund der auftretenden Zug- und Scherkräfte eine maximale Bruchfläche
1 mit einer an der Hangoberkante auftretenden maximalen Breite B. Durch das gezielte
Einbringen von Zweigen und Ästen 2 in die Tiefe b des Hanges, werden die bodenmechanischen
Brucheigenschaften des Hanges derart gestört, daß der Hang wie ein Verbundkörper oder
Monolith reagiert. Die Tiefe b der Zweige und Äste sowie der Abstand h der Einbaubermen
ist abhängig vom Neigungswinkel, der Höhe und der Materialeigenschaft des Hanges.
Anhand eines Zahlenbeispieles sollen die Relationen verdeutlicht werden.
[0009] Gegeben sei ein Hang der Höhe H (H=10m) und einem Neigungswinkel von 45°. Die Materialeigenschaften
des Hanges seien bestimmt durch die Wichte 19 kN/m³, einer scheinbaren Kohäsion von
1 kN/m, eines Reibungswinkels des Bodens von 32,5° und einer inneren Standsicherheit
von 1,4. Als Parameter zur Variation der Güte der Hangfestigkeit stehen der Abstand
der Einbaubermen, die Eindringtiefe b, die mittlere Dicke, die Neigung und die Anzahl
pro laufenden Meter Einbauberme der Zweige und Äste 2 zur Verfügung. Dabei sind jedoch
die biologischen Grenzen der einzelnen Parameter zu beachten. Bei einer Eindringtiefe
b von 2m, einer mittleren Dicke von 0,05m und einer Neigung von 10° der Zweige und
Äste 2, sowie einem Abstand h der Einbaubermen von 0,5m errechnet sich die Anzahl
der zu verwendenden Zweige und Äste 2 auf 11 pro laufenden Meter Einbauberme, d.h.
220 Zweige und Äste 2 pro laufenden Meter Hang um eine Neigung der maßgebenden Bruchfläche
von 42° zu erreichen, also kleiner als der Neigungswinkel von 45° des Hanges. Die
3° Differenz sind notwendig, um die von den DIN-Vorschriften vorgegebenen Sicherheitsmargen
einzuhalten. Der Abstand paralleler einzelner Zweige und Äste 2 zueinander in einer
Einbauberme sollte mindestens 0,02m betragen, damit keine gegeseitigen negativen Beeinflussungen
stattfinden. Damit ist auch die Anzahl der Zweige und Äste pro laufenden Meter Einbauberme
begrenzt.
[0010] Das Verfahren wird vorzugsweise für erst durch Schüttungen entstehende Hänge verwendet,
da dadurch das Einbringen der Pflanzen und/oder Pflanzenteilen besonders einfach gehandhabt
werden kann. Es ist aber auch für bereits bestehende Hänge geeignet.
[0011] Wachsen einzelne Pflanzen oder Pflanzenteile nicht an, so müssen diese durch neue
Pflanzen oder Pflanzenteile ersetzt werden. Sind jedoch erst einmal alle Pflanzen
angewachsen, so wird der altersmäßige Ausfall einzelner Pflanzen durch Austrieb neuer
junger Pflanzen mehr als kompensiert. Es stellt sich ein ökologisches Gleichgewicht
ein.
[0012] Mit dem Verfahren können Hänge bis zu einer Neigung von 70° befestigt werden, so
daß es neben der Befestigung von Hängen und Böschungen auch zur Befestigung von Schallschutzwällen
geeignet ist.
1. Verfahren zur Befestigung von Hängen mit lebenden, adventiv wurzelbildenden Pflanzen
und/oder Pflanzenteilen,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Mindestdurchmesser, die eingebrachte Tiefe und das Rastermaß der verwendeten
Pflanzen und/oder Pflanzenteilen abhängig von Neigung und Materialbeschaffenheit des
Hanges mittels aus der Bodenmechnik bekannter Rechenverfahren ermittelt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Verfahren zur Befestigung
von Schallschutzwällen verwendet wird.