[0001] Die Erfindung betrifft die Kalibrierung der Walzen eines Asselwalzwerkes zum Walzen
dünnwandiger Rohre aus vorgelochten Hohlkörpern über einen Dorn mit mindestens drei
um 120° gegeneinander versetzten, um den Spreizwinkel α gegenüber der Walzachse geneigt
und um den Transportwinkel γ zur Walzachse geschwenkt angeordneten Walzen mit jeweils
einem Einlaufkonus, einem Arbeitsteil (Schulter) und einem Glätteil, an den sich ein
Rundekonus anschließt.
[0002] Das vor etwa 60 Jahren von Walter Assel entwickelte Asselwalzverfahren zur Herstellung
von Wälzlager- und dickwandigen Drehteilrohren mit einem Durchmesser/Wanddickenverhältnis
von etwa 16:1 wurde durch permanente Verbesserungen zu einem leistungsfähigen Streckverfahren
weiterentwickelt. Es findet Anwendung bei der Herstellung von Rohren mit mittleren
und starken Wanddicken und insbesonderen solchen, die einwandfreie Oberflächen und
enge Toleranzen haben sollen, wie das beispielsweise für das Herstellen von Wälzlagerstahlrohren
der Fall ist. Das Asselwalzwerk arbeitet nach dem Prinzip des Schrägwalzens über Dornstangen,
wobei drei konische Walzen im Eingriff sind, die um jeweils 120 ° gegeneinander versetzt
gegenüber der Walzgutachse schräg gelagert sind. Darüber hinaus sind die Walzen senkrecht
zur Walzenachse verstellbar, so daß eine Vielzahl von Rohrdurchmessern auf einem Asselwalzwerk
herstellbar ist
[0003] Die Walzen des Asselwalzwerkes bestehen im wesentlichen aus einem Einlaufteil, einem
Arbeitsteil (Schulter), aus einem Glätteil und einem Auslauf- und Rundungsteil. Die
Hauptumformarbeit findet im Arbeitsteil an den Schultern statt. Gegenüber dem Diescher-Verfahren,
bei dem bekanntlich zwei sogenannte Tonnenwalzen eingesetzt werden, hat das Asselverfahren
Vorteile, wie einmal die bessere Walzgutführung durch den Einsatz von mindestens drei
Walzen und die fehlende Notwendigkeit, Führungsscheiben einsetzen zu müssen. Ein besonderer
Vorteil besteht darin, daß Asselwalzanlagen einen wesentlich kleineren Walzendurchmesser
benötigen, was dazu führt, daß diese Anlagen in der Regel kleiner gebaut werden können
als entsprechende Diescher-Walzanlagen.
[0004] Wie bei anderen Schrägwalzverfahren bekannt, können auch beim Asselwalzverfahren
schraubenlinienförmig verlaufende Wanddickenungleichheiten am Hohlblock bzw. Rohr
auftreten, die sogenannten Wendel. Diese wirken sich im Querschnitt des Hohlkörpers
als Exzentrizität, d.h. Abweichung der Mittelpunkte von Innen- und Außenkreis zueinander
und im Längsschnitt als periodisch verlaufende und sich miteinander abwechselnde Verdickung
und Verdünnung der Wand aus. Die Ursache für die Wendelbildung liegt beim Asselverfahren
in der Hauptsache in einer unzureichenden Kalibrierung der Walzen. Aus diesem Grund
können bei herkömmlichen Asselverfahren, also bei relativ dicken Wänden, zwar enge
Wanddickentoleranzen von ± 4 % bis ± 7% erreicht werden, die Toleranzen bei dünnen
Wänden lassen aber noch zu wünschen übrig.
[0005] Ein anderer Nachteil des Asselwalzverfahrens gegenüber anderen Schrägwalzverfahren
ist die relativ niedrige mögliche Walzgeschwindigkeit, durch die die Kapazität der
Anlage eingeschränkt ist. Die Grenzen für die Walzgeschwindigkeit sind einmal die
max. mögliche Drehzahl des Walzgutes selbst sowie der max. mögliche Transportwinkel.
Eine zu hohe Walzgutdrehzahl kann zu Schäden auf dem gewalzten Rohr führen, ein zu
großer Transportwinkel führt bei den herkömmlichen Walzenkalibrierungen zu großer
Wendelbildung, d.h. zu schlechteren Rohrtoleranzen. Da die Walzgutdrehzahl nicht mehr
merkbar gesteigert werden konnte und kann und der Transportwinkel γ aus Toleranzgründen
auf etwa 7° beschränkt wurde, schien es bei der Walzgutgeschwindigkeit keine Steigerungsmöglichkeiten
mehr zu geben. Dabei wurde überhaupt nicht berücksichtigt, daß die Steigungshöhe des
wendelförmig um das Rohr verlaufenden Wulstes nicht nur vom Transportwinkel der Walzen,
sondern auch vom Rohrdurchmesser abhängig ist. Je größer der Rohrdurchmesser bei gleichem
Transportwinkel ist, desto größer wird die Steigungshöhe des Wendels und desto größer
der Unterschied zwischen dünnster und dickster Wand. Das bedeutet im Prinzip aber
auch, daß bei kleinen Rohrdurchmessern durchaus mit größeren Transportwinkel als bisher
üblich gewalzt werden kann, wenn man z.B. die Steigungshöhe als konstanten Wert annimmt.
[0006] Das Asselverfahren konnte außerdem nur für einen eingeschränkten Anwendungszweck
eingesetzt werden, nämlich für ein max. D/s-Verhältnis, d.h. Durchmesser-Wanddickenverhältnis,
von 12 ... 16:1, also für dickwandige Wälzläger- und Drehteilrohre und dergleichen.
Wurden größere D/s-Verhältnisse gewählt, so trat durch die Triangulation des hinteren
Rohrendes beim Verlassen der Walzen Stecker auf, die erst durch das rechtzeitige Lüften
der Walzen bei Walzenende verhindert werden konnten.
[0007] Gelänge es, auch dünnwandige Rohre nach dem Asselwalzverfahren toleranzhaltig und
mit guten Oberflächenqualitäten zu walzen, so würde sich das Einsatzgebiet dieses
Verfahrens erweitern lassen, beispielsweise auf Ölfeldrohre, Kesselrohre und Leitungsrohre.
Immerhin ließen sich dann die Vorteile des Asselverfahrens, beispielsweise gegenüber
dem Diescher-Walzverfahren ausnutzen, die da sind, gute Walzgutführung durch mindestens
drei Walzen, gute Wanddickentoleranzen der Rohre, niedrige Investitionskosten insgesamt
und -wegen der geringeren Beanspruchung der Rohre im Walzspalt- bessere Rohrqualität
als beim Diescher-Walzen.
[0008] Ausgehend von den vorstehend geschilderten Problemen und Nachteilen beim Stand der
Technik ist es Ziel der vorliegenden Erfindung, die Kapazität von Asselwalzanlagen
zum Walzen von dünnwandigen Rohren ohne Verschlechterung der Rohrqualität zu erhöhen,
indem eine entsprechende Kalibrierung der Asselwalzen vorgesehen wird.
[0009] Zur Lösung der Aufgabe werden folgende Maßnahmen in Kombination vorgeschlagen:
a) bei divergenter Walzenstellung beträgt der Transportwinkel (γ) jeder Asselwalze
in Abhängigkeit vom jeweiligen Rohrdurchmesser und der Glätteillänge der Asselwalze
zwischen 7°und 17°, wobei der Transportwinkel (γ) mit steigendem Rohrdurchmesser kleiner
wird
b) der Spreizwinkel (α) wird zwischen 7°und 30° eingestellt,
c) der Öffnungswinkel (β) des Rundekonus, gebildet zwischen der verlängerten Mantellinie
des Glätteils und der gegenüberliegenden Mantellinie des kurzen Rundekonuses, beträgt
zwischen 4° und 15°.
[0010] Die Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe beinhaltet mehrere Überlegungen, die in
Kombination zu dem gewünschten Erfolg führen. Erfahrungsgemäß begünstigt ein großer
Vorschubwinkel γ die Aufweitung des Rohres im Walzspalt. Dieser Effekt wird bewußt
benutzt, um größere Rohrdurchmesser bei gleichbleibender Wanddicke zu erzeugen, also
ein großes D/s-Verhältnis. Der beanspruchte Transportwinkel γ von 7° bis 17° ist gleichzeitig
der Einstellbereich der Anlage.
[0011] Der mögliche Transportwinkel γ ist abhängig vom Rohrdurchmesser und der Glätt eillänge
der Asselwalzen. Bei einem Rohrdurchmesser von 250 mm, einem Transportwinkel γ = 15°
und drei Walzen ist die Steigungshöhe am Rohr bezogen auf eine Walze etwa 70 mm (bei
einem Vorschubwirkungsgrad von η = 1,0). Dies würde aber bedeuten, daß der Glätteil
der Walze zu lang ist. Dieser lange Glätteil ist ungünstig, weil er die Streckung
des Rohres in Längsrichtung behindert. Es wird deshalb eine Regel aufgestellt, daß
der Transportwinkel γ mit steigendem Rohrdurchmesser kleiner wird. Man kann sagen:
Die Länge des Glätteils der Walze beträgt bei drei Walzen

Dabei bedeuten:
- Z =
- Anzahl der Walzen
- f =
- Faktor für die Glätteillänge = 1,15 bis 1,50 = Überdeckungsfaktor.
- η =
- Vorschubwirkungsgrad.
- 10,7 =
- Konstante
Aus dieser Formel läßt sich am Beispiel der Faktoren f = 1,15 und η = 0,9 folgende
Glätteillänge bei drei Walzen errechnet:

Für den Rohrdurchmesser D = 100mm ergibt sich als Beispiel

entsprechend einem Transportwinkel von γ = 17°
und für den Rohrdurchmesser D = 250mm

entsprechend einem Transportwinkel von γ = 7°.
[0012] Darin bedeutet: D = Rohrdurchmesser im Glätteil.
[0013] Ändert sich die Anzahl der Walzen in z.B. vier, bilden wie bisher der Transportwinkel
γ = 7°die untere und γ = 17° die obere Einstellgrenze für das Walzwerk.
[0014] Zum Angleichen der Winkelgeschwindigkeit des jeweiligen Punktes des Rundekonus der
Walze und dem diesen Punkt gegenüberliegenden Teil des Rohres ist eine divergente
Walzenstellung mit großem Spreizwinkel α vorgesehen, der zwischen 7° und 30° liegt.
Gleichzeitig wird ein kurzer sich schnell öffnender Rundekonus der Walze vorgesehen.
Bekannt ist ein Öffnungswinkel von etwa β = 2 bis 3° bezogen auf eine Walze nach Figur
1. Der Öffnungswinkel wird zwischen der Mantellinie des Rundekonus und der gegenüberliegenden
verlängerten Mantellinie des Glätteiles gebildet; er nimmt mit größer werdendem Transportwinkel
γ zu. Es hat sich gezeigt, daß ein Öffnungswinkel β von mindestens 4° das Runden des
aus dem Glätteil austretenden Rohres verbessert und die Gefahr einer Sackbildung des
Rohres zwischen den Walzen und damit die Triangulation des hinteren Rohrendes verhindert.
Der gefundene Winkelbereich für den Öffnungswinkel liegt zwischen 4° und 15°.
[0015] Mit einer Kalibrierung der vorgeschlagenen Art lassen sich überraschend gut dünnwandige
Rohre bei relativ hohen Walzgeschwindigkeiten herstellen, so daß nicht nur die Kapazität
beim Walzen von dünnwandigen Rohren nach dem Asselwalzverfahren erhöht wird, sondern
auch die Toleranzwerte den geforderten Werten entsprechen.
[0016] Zur Erläuterung der einzelnen Walzenwinkel sind zwei Zeichnungsfiguren beigefügt
und nachfolgend beschrieben. Es zeigt:
- Figur 1
- eine der drei Asselwalzen in der Längsmittelebene des Rohres und
- Figur 2
- eine Draufsicht auf die um den Transportwinkel γ verschwenkte Walze.
[0017] Die Walze 1 besteht nach Figur 1 aus dem Einlaufkonus 2, dem Arbeitsteil (Schulter)
3, dem Glätteil 4 und dem Rundekonus 5. Im Einlaufkonus 2 wird der Hohlblock 6 gefaßt,
in Drehung versetzt und in die Walze 1 eingezogen. Dabei werden Außen- und Innendurchmesser
des Hohlblockes 6 soweit verkleinert, daß der Hohlblock mit seiner unter der Walze
liegenden Innenoberfläche die Dornstange 8 berührt. Die Wanddickenreduktion findet
wesentlich erst unter der Schulter 3 statt, der Glätteil 4 dient zur Vergleichmäßigung
der Wanddicke des aus dem Hohlblock 6 gewalzten Rohres 7. Beim Walzen unter der Schulter
3 und im Glätteil 4 wird das Rohr aufgeweitet und nimmt einen bei drei Walzen dreieckigen
Querschnitt an, da sich die Wand in die zwischen den Walzen liegenden Räumen hineinwölbt.
Im anschließenden Rundekonus 5 wird das vieleckige Rohr 7 gerundet.
[0018] In der Zeichnungsfigur 1 ist erkennbar, daß die Walze 1 um den Spreizwinkel α zur
Längsachse Y-Y geschwenkt ist, wobei die Walzenachse Z-Z die Längsachse Y-Y im Punkt
A trifft. Der Öffnungswinkel β wird zwischen der verlängerten Mantellinie des Glätteils
und der gegenüberliegenden Mantellinie des kurzen Rundekonus 5 gebildet und ist auch
in Figur 1 dargestellt.
[0019] In der Draufsicht auf die Walze in Figur 2 wird deutlich, daß der Transportwinkel
γ durch Verschwenken der Walze 1 zur Rohrlängsachse Y-Y entsteht. Der Transportwinkel
γ dient dem spiralförmigen Vorwärtsbewegen des Walzgutes und beeinflußt unmittelbar
die Walzengeschwindigkeit. Erst durch Abstimmung der einzelnen Winkel untereinander
und Kombination lassen sich die Vorteile der vorliegenden Erfindung erreichen, nämlich
das wirtschaftliche Walzen von dünnwandigen Rohren guter Qualtität nach dem Asselwalzverfahren.