[0001] Die Erfindung liegt auf dem Gebiet der Rangiertechnik und insbesondere der automatisierten
Ablaufanlagen und betrifft ein Verfahren zum Betrieb einer Gleisanlage mit mehreren
in Fahrtrichtung eines Fahrzeugs oder einer Fahrzeuggruppe aufeinanderfolgenden verzweigenden
Weichen.
[0002] In automatisierten Ablaufanlagen können einzelne Abläufe von Fahrzeugen oder Fahrzeuggruppen
durch anomales Ablaufverhalten zu Störungen des Rangierbetriebs und nachfolgender
Abläufe führen. Insbesondere besteht bei zu langsamen Abläufen die Gefahr von Auflauf-
oder Eckstößen durch nachfolgende Abläufe. Beim Auflaufen nachfolgender Abläufe können
die einzelnen Weichen zur individuellen selektiven Vereinzelung der Abläufe nicht
mehr gestellt werden, so daß sich eine große Anzahl von Falschläufern bildet, die
gezwungenermaßen dem führenden Fahrzeug in dessen End- oder Richtungsgleis folgen.
[0003] Die Aufgabe der Erfindung besteht daher in der Schaffung eines Verfahrens, das einen
frühzeitigen Schutz des aktuellen Ablaufs vor den nachfolgenden Abläufen gewährleistet
und Falschläufer vermeidet.
[0004] Diese Aufgabe wird bei einem Verfahren der eingangs genannten Art erfindungsgemäß
dadurch gelöst, daß nach grenzzeichenfreier Räumung einer in Fahrtrichtung des Fahrzeugs
oder der Fahrzeuggruppe ersten Weiche diese in Schutzstellung gestellt und gesperrt
wird, daß nach grenzzeichenfreier Räumung der in Fahrtrichtung des Fahrzeugs oder
der Fahrzeuggruppe nachfolgenden zweiten Weiche die bislang schutzbietende erste Weiche
entsperrt wird, so daß die erste Weiche wieder bedarfsgemäß gestellt werden kann,
und daß die zweite Weiche in Schutzstellung gestellt und gesperrt wird. Die Verwendung
von Grenzzeichen und die Überwachung einer grenzzeichenfreien Räumung eines Abschnitts
einer Gleisanlage sind für sich seit langem bekannt (DE-C3-26 31 076). Eine grenzzeichenfreie
Räumung ist bei eng vermaschten Bahnnetzen, beispielsweise in Rangierbereichen, erforderlich
und erfolgt durch Überwachung des Profilraums der jeweiligen Streckenelemente wie
z. B. Weichen. Die Streckenelemente werden beispielsweise durch Achszähler derart
überwacht, daß die Meldung der Grenzzeichenfreiheit erst erfolgt, wenn keinerlei Teile
von in dem jeweiligen Streckenelement befindlichen Fahrzeugen in den Profilraum benachbarter
oder anschließender Streckenelemente hineinragen können.
[0005] Bei nachfolgenden weiteren Weichen kann das erfindungsgemäße Verfahren entsprechend
fortgesetzt werden, so daß die zweite Weiche anstelle der ersten Weiche tritt und
die weitere Weiche als zweite Weiche dient usw. Ein wesentlicher Vorteil des Verfahrens
besteht darin, daß die jeweils vorhergehende, grenzzeichenfrei geräumte Weiche quasi
dem aktuellen Ablauf folgend sukzessive als schutzgebende Weiche dient und unmittelbar
nach grenzzeichenfreier Räumung der Folgeweiche wieder frei stellbar wird. Dadurch
ergeben sich insgesamt weniger Falschläufer und somit weniger Gefahrensituationen.
Dennoch wird der jeweils vorhergehende Ablauf zuverlässig gegen Eckstöße der nachfolgenden
Abläufe geschützt.
[0006] Eine im Hinblick auf Ablaufanlagen mit Richtungsgleisen bevorzugte Ausgestaltung
der Erfindung sieht vor, daß Auslaufgleise ohne weitere Weichen, beispielsweise Richtungsgleise
in Rangieranlagen, überwacht werden und daß bei vollständigem Einlauf des Fahrzeugs
oder der Fahrzeuggruppe in das Auslaufgleis die in Fahrtrichtung zurückliegende letzte
Weiche entsperrt wird, so daß diese bedarfsgemäß gestellt werden kann.
[0007] Das Erkennen der grenzzeichenfreien Räumung der zurückliegenden Weiche ist in an
sich bekannter Weise durch optische Systeme oder in Kenntnis des Laufverhaltens möglich.
Eine im Hinblick auf die Störunanfälligkeit besonders bevorzugte Fortbildung der Erfindung
sieht vor, daß die grenzzeichenfreie Räumung jeweils durch Achszählung mittels Gleiskontakten
erkannt wird.
[0008] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird nachfolgend anhand einer Zeichnung näher
erläutert, die das Verfahren unter Betrachtung eines Ausschnitts einer automatisierten
Ablaufanlage darstellt.
[0009] Eine Gleisanlage GA enthält neben geraden Streckenabschnitten ST mehrere in Fahrtrichtung
FR eines Fahrzeugs F1 aufeinanderfolgende verzweigende Weichen. Nachfolgend sollen
nur die Weichen W1, W2 näher betrachtet werden, die für einen selektiven Ablauf des
Fahrzeugs F1 in ein Richtungsgleis RI1 gestellt werden. Die jeweilige Stellung der
Weichen W1, W2 ist jeweils durch eine größere Strichstärke hervorgehoben. Die Weiche
W1 ist in der Situation (a) derart gestellt, daß das Fahrzeug F1 im Geradeauslauf
zu den Richtungsgleisen RI1 bzw. RI2 geleitet wird; die Stellung der Weiche W2 ist
derart, daß das Fahrzeug F1 in das vorgesehene Richtungsgleis RI1 gelangt. Zu jeder
Weiche W1, W2 sind (virtuelle) Grenzzeichen GZ1, GZ2 vorgesehen. Das Grenzzeichen
GZ1 korrespondiert mit den im Weichenauslauf angeordneten Gleiskontakten GK1 der Weiche
W1. Entsprechend korrespondiert das Grenzzeichen GZ2 mit den im Auslaufbereich der
Weiche W2 bzw. der darunter liegenden Weiche angeordneten Gleiskontakten GK2. In den
Richtungsgleisen RI1 bis RI4 sind Überwachungskontakte GK3 angeordnet. Erst wenn sämtliche
Achsen eines Ablaufs (Fahrzeug / Fahrzeuggruppe) den jeweiligen Gleiskontakt GK überfahren
haben und in bekannter Weise der beim Einlauf gezählten Achsanzahl entsprechen, wird
das jeweilige Element als grenzzeichenfrei geräumt angesehen. Die Gleiskontakte GK
sind dabei derart angeordnet, daß ein mit seiner letzten Achse unmittelbar dahinter
zum Stillstand kommendes Fahrzeug nicht in den Profilraum der benachbarten oder angrenzenden
Streckenelemente hereinragt, so daß keine Eckstoßgefahr besteht.
[0010] In der Situation (a) läuft das Fahrzeug F1 gerade in die in Fahrtrichtung FR erste
Weiche W1 ein. Die Weiche W1 wird damit besetzt gemeldet und gegen Umstellung gesperrt.
Durch Achszählung der dem Grenzzeichen GZ1 zugeordneten Gleiskontakte GK1 wird geprüft,
ob die Weiche W1 grenzzeichenfrei geräumt worden ist. In der Situation (b) ist dies
noch nicht der Fall, weil die letzte Achse des Fahrzeugs F1 den dem Grenzzeichen GZ1
zugeordneten im Auslaufbereich der Weiche W1 angeordneten Gleiskontakt GK1 noch nicht
überfahren hat.
[0011] In der Situation (c) befindet sich das Fahrzeug F1 in dem Streckenabschnitt ST und
hat die Weiche W1 grenzzeichenfrei geräumt. Unabhängig von der für den nächsten Ablauf
gewünschten Stellung wird die Weiche W1 vorübergehend in abweisende Stellung bzw.
Schutzstellung WS1 gebracht. Nachfolgende Abläufe würden daher durch die schutzbietende
Stellung der Weiche W1 zu den Richtungsgleisen RI3 bzw. RI4 gelenkt, so daß das Fahrzeug
F1 in jedem Fall geschützt ist. Selbst wenn das Fahrzeug F1 in dem Streckenabschnitt
ST zum Stehen kommt, ist eine Gefährdung oder Beschädigung des Fahrzeugs F1 oder nachfolgender
Abläufe verhindert. In der Situation (d) läuft das Fahrzeug F1 in die Weiche W2 ein,
die gemäß dem gewünschten Ablauf des Fahrzeugs F1 auf das Richtungsgleis RI1 gestellt
ist. Außerdem erkennt man bereits ein nachfolgendes Fahrzeug F2, das sich noch auf
einem Streckenabschnitt vor der Weiche W1 befindet. Auch die grenzzeichenfreie Räumung
der Weiche W2 wird überwacht. Dazu dienen die dem Grenzzeichen GZ2 zugeordneten Gleiskontakte
GK2 im Auslaufbereich der Weiche W2.
[0012] In der Situation (e) befindet sich das Fahrzeug F1 bereits im Einlauf in das Richtungsgleis
RI1 und hat die Weiche W2 grenzzeichenfrei geräumt. Dies führt zur Entsperrung der
Weiche W1, die nun gemäß dem gewünschten Lauf des Fahrzeugs F2 stellbar ist. Da im
vorliegenden Beispiel das Fahrzeug F2 in das Richtungsgleis RI2 einlaufen soll, wird
die Weiche W1 aus ihrer Schutzstellung WS1 in den Geradeauslauf umgestellt. Gleichzeitig
läuft die Weiche W2 in abweisende Schutzstellung WS2 um, in der das Fahrzeug F1 vor
nachfolgenden Abläufen geschützt ist.
[0013] In der Situation (f) ist das Fahrzeug F2 in die Weiche W1 eingelaufen und das Fahrzeug
F1 hat den Überwachungskontakt GK3 passiert. Der dadurch erkennbare vollständige Einlauf
des Fahrzeugs F1 in das Richtungsgleis RI1 führt dazu, daß die Weiche W2 entsperrt
und stellbar für das Fahrzeug F2 wird. Im vorliegenden Fall ist eine Umstellung der
Weiche W2 zufällig nicht erforderlich, weil die bisherige Schutzstellung WS2 bereits
in das Richtungsgleis RI2 führt. Der nachfolgende Ablauf des Fahrzeugs F2 wird weiter
so behandelt, wie zuvor ausführlich im Zusammenhang mit dem Fahrzeug F1 beschrieben.
Demgemäß wird die grenzzeichenfreie Räumung der Weiche W1 geprüft, die in der Sitation
(g) erfolgt ist, so daß diese in die Schutzstellung WS1 umläuft und gesperrt wird.
Gleichzeitig ist das Fahrzeug F2 bereits in die Weiche W2 eingelaufen und setzt seinen
Weg damit in Richtung des Richtungsgleises RI2 fort.
[0014] Wäre in der Situation (c) die grenzzeichenfreie Räumung der Weiche W1 durch das Fahrzeug
F1 nicht rechtzeitig erfolgt, so wäre die Weiche W1 nicht in die Schutzstellung gelangt,
sondern in der Lage "Aufpuffern" geblieben. Ein Aufpuffern des Fahrzeugs F2 auf das
Fahrzeug F1 birgt wesentlich weniger Gefahren, als ein möglicherweise bei Stellung
der Weiche W1 ohne Grenzzeichenfreiheit auftretender Eckstoß zwischen den Fahrzeugen
F1 und F2. Die jeweils schutzbietende Stellung der zurückliegenden Weiche ist nur
so lange erforderlich, bis die Folgeweiche grenzzeichenfrei geräumt ist. Dies vermindert
insgesamt die Anzahl der Falschläufer und die Gefahr von Eckstößen.
[0015] Das vorbeschriebene Verfahren kann vorzugsweise nur dann angewendet werden, wenn
für einen vorhergehenden Ablauf (Fahrzeug F1) ein ungenügendes Laufverhalten (insbesondere
zu geringe Ablaufgeschwindigkeit) festgestellt wird oder aufgrund einer Prognose zu
erwarten ist.
1. Verfahren zum Betrieb einer Gleisanlage (GA) mit mehreren in Fahrtrichtung (FR) eines
Fahrzeugs (F1) oder einer Fahrzeuggruppe aufeinanderfolgenden verzweigenden Weichen
(W1, W2),
dadurch gekennzeichnet, daß
nach grenzzeichenfreier Räumung einer in Fahrtrichtung (FR) des Fahrzeugs (F1) oder
der Fahrzeuggruppe ersten Weiche (W1) diese in Schutzstellung (WS1) gestellt und gesperrt
wird, daß nach grenzzeichenfreier Räumung der in Fahrtrichtung (FR) des Fahrzeugs
(F1) oder der Fahrzeuggruppe nachfolgenden zweiten Weiche (W2) die bislang schutzbietende
erste Weiche (W1) entsperrt wird, so daß die erste Weiche (W1) wieder bedarfsgemäß
gestellt werden kann, und daß die zweite Weiche (W2) in Schutzstellung (WS2) gestellt
und gesperrt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß
Auslaufgleise (RI1 bis RI4) ohne weitere Weichen, beispielsweise Richtungsgleise in
Rangieranlagen, überwacht werden und daß bei vollständigem Einlauf des Fahrzeugs (F1)
oder der Fahrzeuggruppe in das Auslaufgleis (RI1 bis RI4) die in Fahrtrichtung (FR)
zurückliegende letzte Weiche (W2) entsperrt wird, so daß diese bedarfsgemäß gestellt
werden kann.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß
die grenzzeichenfreie Räumung jeweils durch Achszählung mittels Gleiskontakten (GK)
erkannt wird.