(19)
(11) EP 0 780 480 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.06.1997  Patentblatt  1997/26

(21) Anmeldenummer: 96114389.8

(22) Anmeldetag:  09.09.1996
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C21D 8/04
// C22C38/12, C22C38/14
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE DE ES FR GB IT LU NL SE

(30) Priorität: 16.12.1995 DE 19547181

(71) Anmelder: Fried. Krupp AG Hoesch-Krupp
45143 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Engl, Bernhard, Dr.
    44267 Dortmund (DE)
  • Stich, Günter, Dipl.-Ing.
    44869 Bochum (DE)
  • Horn, Klaus-Dieter
    44369 Dortmund (DE)

   


(54) Verfahren zur Herstellung eines kaltgewalzten, höherfesten Bandstahles mit guter Umformbarkeit bei isotropen Eigenschaften


(57) Zur Erzeugung eines kaltgewalzten, höherfesten Bandstahles mit guter Umformbarkeit bei isotropen Eigenschaften aus Stahl mit folgender Zusammensetzung in Gewichtsprozenten:
max.: 0,08 % C
max.: 0,10 % P
max.: 1,0 % Si
max.: 0,02 % S
max.: 1,8 % Mn
max.: 0,08 % Al
max.: 0,008 % N
und einem oder mehreren der Elemente Titan, Vanadium, Niob, Rest Eisen, durch Warmwalzen, Kaltwalzen, rekristallisierendes Glühen und nachfolgendes Dressieren, wird vorgeschlagen, daß entweder der Gehalt an Ti oder V mind. dem Dreifachen des Gehalts an N oder der Gehalt an Nb oder Zr mind. dem Sechsfachen des Gehalts an N entspricht, und daß der Stahl zu Brammen abgegossen, vor dem Warmwalzen auf eine Temperatur von mind. 1000°C erwärmt, zu Warmband ausgewalzt wird, wobei die Endwalztemperatur unter Ar3 und die Haspeltemperatur oberhalb 650°C liegt, und der Stahl nach der Warmwalzung mit einem Abwalzgrad zwischen 55 und 85 % kalt ausgewalzt, dann rekristallisierend geglüht und abschließend dressiert wird, und die Streckgrenze des Stahls nach zusätzlicher simulierter Lackeinbrennbehandlung mit mind. 20 min - 170°C mindestens 200 N/mm2 beträgt.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Bandstahles gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1, wobei derartige Stähle und deren Zusammensetzung zum Stand der Technik gehören.

[0002] Kaltgewalztes Stahlband wird vielfach zur Herstellung von kaltumgeformten Erzeugnissen verwendet. Je nach Art des Umformverfahrens sind unterschiedliche Eigenschaften (Kennwerte) erforderlich.

[0003] Die steigenden Anforderungen bezüglich der Anwendungs- und Gebrauchseigenschaften erfordern zunehmend noch bessere mechanische, insbesondere Umformeigenschaften. Eine gute Umformbarkeit ist gekennzeichnet durch möglichst hohe, die Tiefziehbarkeit kennzeichnende r-Werte, hohe, die Streckziehbarkeit kennzeichnende n-Werte und hohe, die plane strain-Eigenschaften kennzeichnende Dehnungswerte.

[0004] Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn die Umformeigenschaften in den verschiedenen Richtungen, insbesondere in der Längs-, der Quer- und der Diagonalrichtung möglichst gleich sind, d. h. weitgehend isotrop sind. Wenn diese Bedingung für den r-Wert zutrifft, bedeutet dies außerdem, daß der sog. Δr-Wert sehr klein ist und nach dem Abpressen von rotationssymmetrischen Teilen weitgehende Freiheit von Zipfeln erreicht wird. Die Vorteile isotroper Eigenschaften drücken sich im wesentlichen in einer Gleichmäßigkeit des Stoffflusses und einer Reduzierung des Blechverschnitts aus.

[0005] Die ebenfalls zunehmenden Anstrengungen im Leichtbau erfordern zur Erreichnung von Gewichtsreduzierungen den Einsatz von dünneren Blechen. Zum Ausgleich des durch die Blechdickenreduzierung verursachten Festigkeitsverlustes muß die Festigkeit des Blechs gesteigert werden

[0006] Wegen des naturbedingten Abfalls der Umformbarkeit infolge einer Festigkeitserhöhung ist ein vorherrschendes Ziel der Werkstoffentwicklung, bei der Verwirklichung höherer Festigkeiten den Verlust an Umformbarkeit möglichst gering zu halten.

[0007] Nach dem Stand der Entwicklung sind zahlreiche höherteste Stähle mit Eignung zur Kaltumformbarkeit bekannt. Der erreichte Stand ist im wesentlichen in den Stahl-Eisen-Werkstoffblättern 093 und 094 für mikrolegierte sowie P-legierte mit und ohne Bake-hardening (BH) wiedergegeben. BH-Eigenschaften lassen sich besonders gut nach einem der neuartigen Durchlaufglühverfahren, z. T. gekoppelt mit einer Schmelztauchveredlung erzielen. Die Bandsauberkeit sowie die Gleichmäßigkeit der Eigenschaften lassen sich in diesen kontinuierlichen Bandverfahren sehr gut einstellen.

[0008] Auch gibt es seit längerer Zeit erfolgreiche Bemühungen zur Erzielung isotroper Eigenschaften. Ein isotroper Werkstoff zeigt beim Abpressen rotationssymmetrischer Teile keine Zipfelbildung. Beispiel hierfür ist die Anzeige "B-Faktor" von Fa. Brockhaus, "Der Spiegel", Nr. 19/1966, Seite 125. Dieses Beispiel beinhaltet jedoch nicht ausdrücklich die Herstellung höherfester Stähle und erfordert entweder sehr hohe Kaltwalzgrade oder sogar eine normalisierende Glühung zur Einstellung der Zipfelfreiheit.

[0009] In jüngster Zeit ist das Beispiel eines höherfesten Feinblechstahls mit Ti-Legierung zur Erzielung von Zipfelfreiheit aus der DE-PS 38 03 064 bekannt worden. Diese Entwicklung ist jedoch auf das Haubenglühverfahren beschränkt und muß deshalb auf die genannten Vorteile bei Anwendung des kontinuierlichen Glühens sowie der Oberflächenveredlung nach einem Schmelztauchverfahren verzichten. Des weiteren bleibt die Möglichkeit einer Steigerung der Festigkeitseigenschaften, z. B. der Streckgrenze, auf rd. 220 bis 280 N/mm2 beschränkt. Ein weiterer Nachteil sind die ausschließlich niedrigen r-Werte um 1,0, wodurch die Herstellung von Tiefziehteilen beeinträchtigt ist. Zudem wird bei diesem Konzept die höhere Festigkeit wesentlich durch den Verfestigungsmechanismus einer Kornverfeinerung erzielt. Feinkorn bedingt vergleichsweise hohen Aufwand beim Dressieren. Bei lediglich normaler Dressierung bestünde die Gefahr von Fließfigurenbildung und damit Von Versagen bei Außenhautteilen. Die im vorliegenden Fall notwendigerweise hohen Dressiergrade verringern jedoch die Umformeigenschaften gegenüber normaler Dressierung.

[0010] Die Beschränkung auf die nahezu ausschließliche Wirkung der Kornverfeinerung über Titan machen außerdem eine genaue Abstimmung von Warm-, Kaltwalz- und Glühbedingungen auf die jeweils gegebene chem. Zusammensetzung erforderlich, wodurch hohe Anforderung an die Treffsicherheit bei den genannten Fertigungsbedingungen gegeben sind. Ein weiterer Nachteil ist in der Beschränkung der Walzendtemperatur auf Werte oberhalb von Ar3 zu sehen, wodurch vor allem das Walzen von Bändern mit geringer Enddicke aufgrund des damit verbundenen höheren Temperaturverlustes erschwert wird.

[0011] Hier setzt die vorliegende Erfindung mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen an. Das erfindungsgemäße Verfahren ist für die Einstellung von Streckgrenzen im Bereich zwischen 200 und 420 N/mm2 geeignet. Dabei sind die mechanischen Eigenschaften isotrop. Zudem läßt das Verfahren in seinen einzelnen Varianten die Einstellung auch höherer r-Werte zu und bietet die Möglichkeit zur Erzielung von Bake-hardening. Des weiteren können die Vorteile des kontinuierlichen Glühens oder der Schmelztauchveredlung mit einbezogen werden. Die erfindungsgemäßen Vorteile können mit Ti, Nb, V oder Zr erreicht werden.

[0012] Nach dem bisher aus der DE-PS 38 03 064 vorliegenden Erkenntnisstand wird die Herstellung unter Einhaltung einer Walzendtemperatur oberhalb von Ar3 vorgeschrieben. Demnach war bislang nicht bekannt, unter welchen Bedingungen die Vorteile einer abgesenkten Walzendtemperatur genutzt werden konnte.

[0013] Nach der vorliegenden Erfindung wird eine niedrige Walzendtemperatur mit einer hohen Haspeltemperatur kombiniert. Überraschend ergaben sich hierdurch Eigenschaften und Merkmale, wie sie bislang für Stahl mit isotropem Verhalten unbekannt waren:
  • Verringerter Zunderanfall beim Warmwalzen
  • Verminderter Dressieraufwand am Feinblech


[0014] Das erfindungsgemäße Verfahren läßt die Herstellung isotroper Bandstähle nicht nur nach dem Hauben- sondern auch nach dem Durchlaufverfahren zu und erlaubt somit die Erzielung von Bakehardening sowie die Veredlung im Schmelztauchverfahren.

[0015] Bei Anwendung einer Vakuumentkohlung im Stahlwerk und Durchlaufglühen des Kaltbands kann neben Bakehardening überraschenderweise auch ein hoher r-Wert erzielt werden.

[0016] Einige Beispiele sollen das Ergebnis des erfindungsgemäßen Verfahrens verdeutlichen.

[0017] In der Tabelle 1 ist die chemische Zusammensetzung der Stähle aufgeführt.
Die Stähle wurden mindestens mit der zur stöchiometrischen Stickstoffabbindung erforderlichen Menge der Elemente Ti und/oder Nb oder V legiert. Zudem wurden die Stähle 4 und 9 zur Festigkeitserhöhung mit Phosphor legiert.

[0018] Tabelle 2 zeigt die Fertigungsbedingungen der Stähle.
Sie weist die erfindungsgemäße Eigenschaftskombination niedriger Walzendtemperatur unter Ar3 und hohe Haspeltemperatur (> 650 °C) aus.

[0019] In der Tabelle 3 sind die mechanischen Gütewerte, der Dressiergrad und die Korngröße der Stähle von 70 % kaltgewalztem Band aufgeführt.
Aufgrund der erfindungsgemäßen Warmbandfertigung konnte der Dressiergrad an den Kaltbändern um rd. 1/3 niedriger eingestellt werden. Des weiteren wurden bei den vakuumentkohlten Stählen 1 - 4 hohe rm Werte (1,4 - 1,65), bei niedrigen Δr Werten (<±0,1) erreicht.

[0020] In der Fig. 1 ist die Zipfelhöhe über dem Kaltwalzgrad für die durchlaufgeglühten Stähle und in Fig. 2 die für die haubengeglühten Stähle grafisch aufgetragen.
Die Aufzeichnungen zeigen, daß sowohl bei den durchlaufgeglühten als auch bei den haubengeglühten Stählen bei Kaltwalzgraden zwischen 50 und 85 % zipfelarme Kaltbänder erzeugt wurden. Dabei war bei dem für die Kaltbandfertigung üblichen Kaltwalzgrad von rd. 70 % die Zipfelhöhe aller Beispiele zipfelfrei.

[0021] Zudem ist der Fig. 2 zu entnehmen, daß eine abweichend von der Erfindung niedrige Haspeltemperatur (Stahl 7.2.1, 600 °C) eine hohe Zipfligkeit bewirkt. Dieses unterstreicht das Erfordernis der erfindungsgemäßen Kombination von hoher Haspeltemperatur bei niedriger Walzendtemperatur.








Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung eines kaltgewalzten, höhertesten Bandstahles mit guter Umformbarkeit bei isotropen Eigenschaften aus Stahl mit folgender Zusammensetzung in Gewichtsprozenten:

max.: 0,08 % C   0,010 - 0,10 % P

max.: 1,0 % Si   max.: 0,02 % S

max.: 1,8 % Mn   max.: 0,08 % Al
max.: 0,008 % N

und einem oder mehreren der Elemente Titan, Vanadium, Niob, Zirkon, Rest Eisen, durch Warmwalzen, Kaltwalzen, rekristallisierendes Glühen und nachfolgendes Dressieren, wobei entweder der Gehalt an Ti oder V mind. dem Dreifachen des Gehalts an N oder der Gehalt an Nb oder Zr mind. dem Sechsfachen des Gehalts an N entspricht, und wobei der Stahl zu Brammen abgegossen, vor dem Warmwalzen auf eine Temperatur von mind. 1000°C erwärmt, zu Warmband ausgewalzt wird, wobei die Endwalztemperatur unter Ar3 und die Haspeltemperatur oberhalb 650°C liegt, und der Stahl nach der Warmwalzung mit einem Abwalzgrad zwischen 55 und 85 % kalt ausgewalzt, dann rekristallisierend geglüht und abschließend dressiert wird, und die Streckgrenze des Stahls nach zusätzlicher simulierter Lackeinbrennbehandlung mindestens 200 N/mm2 beträgt, wobei diese Behandlung mindestens 20 Min. bei mindestens 170°C durchgeführt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahl nach dem Kaltwalzen in einem Haubenofen rekristallisierend geglüht wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahl nach dem Kaltwalzen in einem Durchlaufofen rekristallisierend geglüht wird.
 
4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahl nach dem Kaltwalzen und Glühen anschließend schmelztauchveredelt wird.
 
5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Phosphorgehalt 0,035 bis 0,10 % beträgt.
 
6. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Endwalztemperatur beim Warmwalzen kleiner gleich 8500C ist.
 




Zeichnung










Recherchenbericht