[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Bandstahles gemäß dem
Oberbegriff des Anspruchs 1, wobei derartige Stähle und deren Zusammensetzung zum
Stand der Technik gehören.
[0002] Kaltgewalztes Stahlband wird vielfach zur Herstellung von kaltumgeformten Erzeugnissen
verwendet. Je nach Art des Umformverfahrens sind unterschiedliche Eigenschaften (Kennwerte)
erforderlich.
[0003] Die steigenden Anforderungen bezüglich der Anwendungs- und Gebrauchseigenschaften
erfordern zunehmend noch bessere mechanische, insbesondere Umformeigenschaften. Eine
gute Umformbarkeit ist gekennzeichnet durch möglichst hohe, die Tiefziehbarkeit kennzeichnende
r-Werte, hohe, die Streckziehbarkeit kennzeichnende n-Werte und hohe, die plane strain-Eigenschaften
kennzeichnende Dehnungswerte.
[0004] Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn die Umformeigenschaften in den verschiedenen
Richtungen, insbesondere in der Längs-, der Quer- und der Diagonalrichtung möglichst
gleich sind, d. h. weitgehend isotrop sind. Wenn diese Bedingung für den r-Wert zutrifft,
bedeutet dies außerdem, daß der sog. Δr-Wert sehr klein ist und nach dem Abpressen
von rotationssymmetrischen Teilen weitgehende Freiheit von Zipfeln erreicht wird.
Die Vorteile isotroper Eigenschaften drücken sich im wesentlichen in einer Gleichmäßigkeit
des Stoffflusses und einer Reduzierung des Blechverschnitts aus.
[0005] Die ebenfalls zunehmenden Anstrengungen im Leichtbau erfordern zur Erreichnung von
Gewichtsreduzierungen den Einsatz von dünneren Blechen. Zum Ausgleich des durch die
Blechdickenreduzierung verursachten Festigkeitsverlustes muß die Festigkeit des Blechs
gesteigert werden
[0006] Wegen des naturbedingten Abfalls der Umformbarkeit infolge einer Festigkeitserhöhung
ist ein vorherrschendes Ziel der Werkstoffentwicklung, bei der Verwirklichung höherer
Festigkeiten den Verlust an Umformbarkeit möglichst gering zu halten.
[0007] Nach dem Stand der Entwicklung sind zahlreiche höherteste Stähle mit Eignung zur
Kaltumformbarkeit bekannt. Der erreichte Stand ist im wesentlichen in den Stahl-Eisen-Werkstoffblättern
093 und 094 für mikrolegierte sowie P-legierte mit und ohne Bake-hardening (BH) wiedergegeben.
BH-Eigenschaften lassen sich besonders gut nach einem der neuartigen Durchlaufglühverfahren,
z. T. gekoppelt mit einer Schmelztauchveredlung erzielen. Die Bandsauberkeit sowie
die Gleichmäßigkeit der Eigenschaften lassen sich in diesen kontinuierlichen Bandverfahren
sehr gut einstellen.
[0008] Auch gibt es seit längerer Zeit erfolgreiche Bemühungen zur Erzielung isotroper Eigenschaften.
Ein isotroper Werkstoff zeigt beim Abpressen rotationssymmetrischer Teile keine Zipfelbildung.
Beispiel hierfür ist die Anzeige "B-Faktor" von Fa. Brockhaus, "Der Spiegel", Nr.
19/1966, Seite 125. Dieses Beispiel beinhaltet jedoch nicht ausdrücklich die Herstellung
höherfester Stähle und erfordert entweder sehr hohe Kaltwalzgrade oder sogar eine
normalisierende Glühung zur Einstellung der Zipfelfreiheit.
[0009] In jüngster Zeit ist das Beispiel eines höherfesten Feinblechstahls mit Ti-Legierung
zur Erzielung von Zipfelfreiheit aus der DE-PS 38 03 064 bekannt worden. Diese Entwicklung
ist jedoch auf das Haubenglühverfahren beschränkt und muß deshalb auf die genannten
Vorteile bei Anwendung des kontinuierlichen Glühens sowie der Oberflächenveredlung
nach einem Schmelztauchverfahren verzichten. Des weiteren bleibt die Möglichkeit einer
Steigerung der Festigkeitseigenschaften, z. B. der Streckgrenze, auf rd. 220 bis 280
N/mm
2 beschränkt. Ein weiterer Nachteil sind die ausschließlich niedrigen r-Werte um 1,0,
wodurch die Herstellung von Tiefziehteilen beeinträchtigt ist. Zudem wird bei diesem
Konzept die höhere Festigkeit wesentlich durch den Verfestigungsmechanismus einer
Kornverfeinerung erzielt. Feinkorn bedingt vergleichsweise hohen Aufwand beim Dressieren.
Bei lediglich normaler Dressierung bestünde die Gefahr von Fließfigurenbildung und
damit Von Versagen bei Außenhautteilen. Die im vorliegenden Fall notwendigerweise
hohen Dressiergrade verringern jedoch die Umformeigenschaften gegenüber normaler Dressierung.
[0010] Die Beschränkung auf die nahezu ausschließliche Wirkung der Kornverfeinerung über
Titan machen außerdem eine genaue Abstimmung von Warm-, Kaltwalz- und Glühbedingungen
auf die jeweils gegebene chem. Zusammensetzung erforderlich, wodurch hohe Anforderung
an die Treffsicherheit bei den genannten Fertigungsbedingungen gegeben sind. Ein weiterer
Nachteil ist in der Beschränkung der Walzendtemperatur auf Werte oberhalb von A
r3 zu sehen, wodurch vor allem das Walzen von Bändern mit geringer Enddicke aufgrund
des damit verbundenen höheren Temperaturverlustes erschwert wird.
[0011] Hier setzt die vorliegende Erfindung mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen
an. Das erfindungsgemäße Verfahren ist für die Einstellung von Streckgrenzen im Bereich
zwischen 200 und 420 N/mm
2 geeignet. Dabei sind die mechanischen Eigenschaften isotrop. Zudem läßt das Verfahren
in seinen einzelnen Varianten die Einstellung auch höherer r-Werte zu und bietet die
Möglichkeit zur Erzielung von Bake-hardening. Des weiteren können die Vorteile des
kontinuierlichen Glühens oder der Schmelztauchveredlung mit einbezogen werden. Die
erfindungsgemäßen Vorteile können mit Ti, Nb, V oder Zr erreicht werden.
[0012] Nach dem bisher aus der DE-PS 38 03 064 vorliegenden Erkenntnisstand wird die Herstellung
unter Einhaltung einer Walzendtemperatur oberhalb von A
r3 vorgeschrieben. Demnach war bislang nicht bekannt, unter welchen Bedingungen die
Vorteile einer abgesenkten Walzendtemperatur genutzt werden konnte.
[0013] Nach der vorliegenden Erfindung wird eine niedrige Walzendtemperatur mit einer hohen
Haspeltemperatur kombiniert. Überraschend ergaben sich hierdurch Eigenschaften und
Merkmale, wie sie bislang für Stahl mit isotropem Verhalten unbekannt waren:
- Verringerter Zunderanfall beim Warmwalzen
- Verminderter Dressieraufwand am Feinblech
[0014] Das erfindungsgemäße Verfahren läßt die Herstellung isotroper Bandstähle nicht nur
nach dem Hauben- sondern auch nach dem Durchlaufverfahren zu und erlaubt somit die
Erzielung von Bakehardening sowie die Veredlung im Schmelztauchverfahren.
[0015] Bei Anwendung einer Vakuumentkohlung im Stahlwerk und Durchlaufglühen des Kaltbands
kann neben Bakehardening überraschenderweise auch ein hoher r-Wert erzielt werden.
[0016] Einige Beispiele sollen das Ergebnis des erfindungsgemäßen Verfahrens verdeutlichen.
[0017] In der
Tabelle 1 ist die chemische Zusammensetzung der Stähle aufgeführt.
Die Stähle wurden mindestens mit der zur stöchiometrischen Stickstoffabbindung erforderlichen
Menge der Elemente Ti und/oder Nb oder V legiert. Zudem wurden die Stähle 4 und 9
zur Festigkeitserhöhung mit Phosphor legiert.
[0018] Tabelle 2 zeigt die Fertigungsbedingungen der Stähle.
Sie weist die erfindungsgemäße Eigenschaftskombination niedriger Walzendtemperatur
unter A
r3 und hohe Haspeltemperatur (> 650 °C) aus.
[0019] In der
Tabelle 3 sind die mechanischen Gütewerte, der Dressiergrad und die Korngröße der Stähle von
70 % kaltgewalztem Band aufgeführt.
Aufgrund der erfindungsgemäßen Warmbandfertigung konnte der Dressiergrad an den Kaltbändern
um rd. 1/3 niedriger eingestellt werden. Des weiteren wurden bei den vakuumentkohlten
Stählen 1 - 4 hohe r
m Werte (1,4 - 1,65), bei niedrigen Δ
r Werten (<±0,1) erreicht.
[0020] In
der Fig. 1 ist die Zipfelhöhe über dem Kaltwalzgrad für die durchlaufgeglühten Stähle und in
Fig. 2 die für die haubengeglühten Stähle grafisch aufgetragen.
Die Aufzeichnungen zeigen, daß sowohl bei den durchlaufgeglühten als auch bei den
haubengeglühten Stählen bei Kaltwalzgraden zwischen 50 und 85 % zipfelarme Kaltbänder
erzeugt wurden. Dabei war bei dem für die Kaltbandfertigung üblichen Kaltwalzgrad
von rd. 70 % die Zipfelhöhe aller Beispiele zipfelfrei.
1. Verfahren zur Herstellung eines kaltgewalzten, höhertesten Bandstahles mit guter Umformbarkeit
bei isotropen Eigenschaften aus Stahl mit folgender Zusammensetzung in Gewichtsprozenten:
max.: 0,08 % C 0,010 - 0,10 % P
max.: 1,0 % Si max.: 0,02 % S
max.: 1,8 % Mn max.: 0,08 % Al
max.: 0,008 % N
und einem oder mehreren der Elemente Titan, Vanadium, Niob, Zirkon, Rest Eisen, durch
Warmwalzen, Kaltwalzen, rekristallisierendes Glühen und nachfolgendes Dressieren,
wobei entweder der Gehalt an Ti oder V mind. dem Dreifachen des Gehalts an N oder
der Gehalt an Nb oder Zr mind. dem Sechsfachen des Gehalts an N entspricht, und wobei
der Stahl zu Brammen abgegossen, vor dem Warmwalzen auf eine Temperatur von mind.
1000°C erwärmt, zu Warmband ausgewalzt wird, wobei die Endwalztemperatur unter A
r3 und die Haspeltemperatur oberhalb 650°C liegt, und der Stahl nach der Warmwalzung
mit einem Abwalzgrad zwischen 55 und 85 % kalt ausgewalzt, dann rekristallisierend
geglüht und abschließend dressiert wird, und die Streckgrenze des Stahls nach zusätzlicher
simulierter Lackeinbrennbehandlung mindestens 200 N/mm
2 beträgt, wobei diese Behandlung mindestens 20 Min. bei mindestens 170°C durchgeführt
wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahl nach dem Kaltwalzen in einem Haubenofen rekristallisierend geglüht
wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahl nach dem Kaltwalzen in einem Durchlaufofen rekristallisierend geglüht
wird.
4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahl nach dem Kaltwalzen und Glühen anschließend schmelztauchveredelt wird.
5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Phosphorgehalt 0,035 bis 0,10 % beträgt.
6. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Endwalztemperatur beim Warmwalzen kleiner gleich 8500C ist.