[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Nitrieren oder Nitrocarburieren von Werkstücken
aus legierten Stählen, insbesondere korrosionsbeständigen Stählen mit größer 13 Gew.%
Chrom, in einer gasförmigen vorzugsweise ammoniakhaltigen Nitrier- bzw. Nitrocarburieratmosphäre,
bei dem die Werkstücke zuvor einer Vorbehandlung unterworfen werden.
[0002] Bei der thermisch-chemischen Oberflächenbehandlung metallischer Werkstücke durch
Nitrieren oder Nitrocarburieren in stickstoffhaltigen, insbesondere ammoniakhaltigen
Gasmischungen treten bei legierten, insbesondere hochlegierten Stählen infolge von
hemmend wirkenden Oberflächenzuständen bei der Erzeugung nitridhaltiger Randschichten
Schwierigkeiten derart auf, daß sich die Werkstücke nicht oder nur nach langer Behandlungsdauer
und dann auch nur sehr ungleichmäßig mit Nitrierschichten oder Nitrocarburierschichten
versehen lassen. Dies wird auf die Tatsache zurückgeführt, daß die Oberfläche legierter
Stähle gewisse Passivierungserscheinungen aufweist, die das Nitrieren oder Nitrocarburieren
beeinträchtigen. Dabei tritt vor allem der nachteilige Effekt unterschiedlicher Schichtstärken
über der Werkstückoberfläche auf, den man Weichfleckigkeit nennt. Vor allem bei korrosionsbeständigen
Stählen, wie den Chromstählen mit über 13 % Chromgehalt, erhält man nur einzelne Nitrierstellen,
während bis zu 80 % der Oberfläche nur geringe Nitrierungen oder dünne Nitrierschichten
zeigen.
[0003] Zur Beseitigung der schädlichen Passivierungen ist es bekannt, die Werkstücke einer
Ätzbehandlung in Säuren oder einem Annitrieren im Salzbad zu unterziehen. Diese bekannten
Verfahren sind jedoch einerseits aufgrund der sehr aggressiven Säuren und Salzbäder
nicht für alle Werkstücke geeignet bzw. benötigen säureresistente Anlagen und andererseits
ist die Verwendung dieser aggressiven Medien unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes
sehr problematisch.
[0004] Aus der DD-PS 296 967 ist weiterhin ein Verfahren zur Vorbehandlung von Eisenwerkstoffoberflächen
bekannt, bei dem die durch Nickel- oder Chromoxide passivierten Oberflächen durch
eine Mischung von Derivaten des Melamins sowie Carbonaten und/oder Hydrocarbonaten
aktiviert werden. Auch dieses bekannte Verfahren ist unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes
problematisch und erfordert eine kontrollierte und aufwendige Entsorgung der Abfallstoffe.
[0005] Der Erfindung liegt In Anbetracht des voranstehend geschilderten Standes der Technik
die
Aufgabe zugrunde, unter Meidung der genannten Nachteile ein Verfahren der eingangs beschriebenen
Art derart zu verbessern, daß Nitrierschichten bzw. Nitrocarburierschichten vergrößerter
Schichtstärke bei im übrigen gleichen Nitrier- oder Nitrocarburierbedingungen erzielt
werden, die eine hohe Gleichmäßigkeit aufweisen.
[0006] Die Aufgabe ist erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Werkstücke vor dem Nitrieren
bzw. Nitrocarburieren im aufgeheizten Ofen unter Zugabe eines spaltbaren Kohlenstoff-Trägers,
insbesondere eines Alkohols, einer Voraufkohlung als Vorbehandlung unterzogen werden.
[0007] Durch die in dem Ofen herrschende Prozeßtemperatur wird der in die Ofenatmosphäre
eingegebene Kohlenstoff-Träger unter Bildung von Zwischenprodukt-Radikalen gespalten,
welche die aus Chrom- und Nickeloxiden bestehende, die Nitrierung bzw. Nitrocarburierung
hemmende Passivschicht der Werkstücke überraschenderweise depassivieren und damit
die Werkstückoberfläche für die anschließende Nitrierung bzw. Nitrocarburierung optimal
vorbereiten. Vorzugsweise sollte bei der Verwendung von Alkoholen als Kohlenstoff-Träger
die Voraufkohlung bei der Nitier- bzw. Nitrocarburiertemperatur, insbesondere bei
Temperaturen zwischen 500° C und 600° C durchgeführt werden, weil einerseits bei diesen
Temperaturen die Alkohole nur langsam und unvollständig unter verstärkter Bildung
der Zwischenprodukt-Radikale gespalten werden und andererseits der Ofen für die nachfolgende
Nitrierung bzw. Nitrocarburierung nicht wieder abgekühlt oder konditioniert werden
muß. Als besonders vorteilhaft hat sich die Verwendung von Methanol als Kohlenstoff-Träger
im Rahmen der Entwicklung der erfindungsgemäßen Lehre herausgestellt, wobei das Verhältnis
von Methanol und stickstoffhaltigem Gas in der Voraufkohlungs-Atmosphäre etwa 1:1
vorteilhafterweise beträgt. So bieten sich die Verwendungen von Gasgemischen für die
Voraufkohlung von 50% NH3 und 50 % Methanol bei der Voraufkohlung, vorzugsweise bei
Temperaturen von etwa 570° C an.
[0008] Um zum einen die Dauer der Behandlung der metallischen Werkstücke durch den zusätzlichen
Verfahrensschritt der Voraufkohlung so kurz wie möglich zu halten, und zum anderen
den gesamten Temperaturbereich bis zur Erreichung der Prozeßtemperatur für die Spaltung
des Kohlenstoff-Trägers ausnutzen zu können, kann der Kohlenstoff-Träger schon während
der Aufheizphase des Ofens in die Ofenatmosphäre eingegeben werden. Die Dauer der
Voraufkohlung beträgt hiervon abhängig zwischen 10 Minuten und 70 Minuten, vorzugsweise
zwischen 30 Minuten und 60 Minuten. Dabei ist es zweckmäßig, daß der Kohlenstoff-Träger
im Zyklus der Nitrierung oder der Nitrocarburierung - und nicht in einem getrennten
Vorgang - der Ofenatmosphäre zugegeben wird, wobei die für die Voraufkohlung notwendige
Ofenatmosphäre nach dem Voraufkohlen möglichst schnell, zum Beispiel durch Öffnen
der Ofentür, aus dem Ofen ohne Zyklusunterbrechung entfernt wird. Ein solcher schlagartiger
Wechsel der Ofenatmosphäre von der Voraufkohlung hin zur nachfolgenden Nitrierung
bzw. Nitrocarburierung ist vorteilhaft, damit die bei der Voraufkohlung entstehenden
Spaltprodukte des Kohlenstoff-Trägers die für die Nitrierung bzw. Nitrocarburierung
notwendige Spaltung des Ammoniaks nicht behindern bzw. verzögern können.
[0009] Vorzugsweise findet das erfindungsgemäße Verfahren Anwendung an hochlegierten Stählen
mit großer Neigung zur Oberflächenpassivierung, wie Werkstücken aus 42CrMo4 oder X40CrMoV51,
wobei jedoch die Anwendung an niedrig legierten Stählen, wie C15 nicht ausgeschlossen
werden soll, da auch dort vorteilhafte Wirkungen mit der Lehre der Erfindung erzielt
werden.
[0010] Das erfindungsgemäße Verfahren wird nachfolgend an einem Ausführungsbeispiel näher
erläutert:
[0011] Die zu behandelnden metallischen Werkstücke werden in einen Wärmebehandlungsofen
eingebracht und dieser anschließend auf die notwendige Prozeßtemperatur für die Nitrierung
bzw. Nitrocarburierung aufgeheizt. Während der Endphase der Aufheizung wird der spaltbare
Kohlenstoff-Träger in die Ofenatmosphäre eingegeben. Infolge der im Ofen herrschenden
Temperatur wird der Kohlenstoff-Träger unter Bildung von Zwischenprodukt-Radikalen
gespalten. Diese Spaltprodukte aktivieren die aus Oxiden, insbesondere Chrom- und/oder
Nickeloxiden bestehende Passivschicht der metallischen Werkstücke. Die gesamte Wirkung
dieser durch die Zugabe des spaltbaren Kohlenstoff-Trägers geschaffenen Ofenatmosphäre
besteht einerseits in der Depassivierung der Werkstückoberflächen und andererseits
in einer sehr starken und kurzzeitigen Aufkohlungswirkung durch den gespaltenen Kohlenstoff-Träger.
Diese kurzzeitige Aufkohlung ist mit einer nur geringen übertragenen Kohlenstoff-Menge
verbunden, die zwar für die Aufkohlungshärtung nicht ausreichend ist, jedoch bewirkt,
daß bei der nachfolgenden Nitrierung bzw. Nitrocarburierung der infolge der Ammoniak-Spaltung
erhaltene Stickstoff der Nitrier- oder Nitrocarburier-Atmosphäre gleichmäßig und schnell
unter Bildung der gewünschten Randschichten von der Werkstückoberfläche aufgenommen
wird. Nach der vorzugsweise 30 bis 60 Minuten dauernden Voraufkohlung wird durch Öffnen
der Ofentür oder durch Spülen mit zum Beispiel N
2 - vorzugsweise bei gleichbleibender Temperatur - die Voraufkohlungs-Atmosphäre aus
Methan und Methan-Spaltprodukten entfernt und durch die Nitrier- oder Nitrocarburier-Atmosphäre
ersetzt. Es wird alsdann die Nitrierung bzw. Nitrocarburierung in an sich bekannter
Weise durchgeführt.
Beispiele:
[0012]
|
Voraufkohlung in Methanol + Ammoniak |
Nitrocarburieren |
Dicke der Verbindungsschicht (µm) |
Diffusionsschicht (µm) |
Behandl. Nummer |
T (min) |
T (°C) |
T(h) |
T(°C) |
Gasmischung |
C15 |
42CrMo4 |
X40Cr MoV51 |
X90Cr MoV18 |
1 |
--- |
--- |
6 |
570 |
50% NH3 + 50% Endogas |
9-15 |
6-8 |
4-6 |
0-40 |
2 |
60 |
570 |
5 |
570 |
50% NH3 + 50% Endogas |
18-25 |
7-9 |
5-7 |
60-70 |
3 |
30 |
580 |
6 |
580 |
50% NH3 + 5% CO2 (Rest N2) |
12-18 |
22-28 |
9-12 |
75-85 |
[0013] Die Beispiele zeigen auf, daß mit einer Voraufkohlung in einer Atmosphäre von 50%
Methanol + 50 % Ammoniak über Behandlungszeiten von 60 Minuten bzw. 30 Minuten sowie
bei Behandlungstemperaturen von 570° C bzw. 580° C und einem anschließend durchgeführten
Nitrocarburieren unter an sich bekannten Bedingungen eine wesentliche Diffusionsschicht-Verstärkung
erzielt wird, wobei anzumerken ist, daß eine absolut gleichmäßige Schichtausbildung
ohne Weichfleckigkeit gegeben ist.
1. Verfahren zum Nitrieren oder Nitrocarburieren von Werkstücken aus legierten Stählen,
insbesondere korrosionsbeständigen Stählen mit größer 13 Gew.% Chrom, in einer gasförmigen
vorzugsweise ammoniakhaltigen Nitrier- bzw. Nitrocarburieratmosphäre, bei dem die
Werkstücke zuvor einer Vorbehandlung unterworfen werden,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Werkstücke vor dem Nitrieren bzw. Nitrocarburieren im aufgeheizten Ofen unter
Zugabe eines spaltbaren Kohlenstoff-Trägers, insbesondere eines Alkohols einer Voraufkohlung
als Vorbehandlung unterzogen werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Voraufkohlung bei Nitrier-
bzw. Nitrocarburiertemperatur, insbesondere bei Temperaturen zwischen 500° C und 600°
C durchgeführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß Methanol als Kohlenstoff-Träger
verwendet wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Verhältnis
von Methanol und stickstoffhaltigem Gas in der Voraufkohlungs-Atmosphäre etwa 1:1
beträgt, wobei die stickstoffhaltige Atmosphäre vorzugsweise aus Ammoniak besteht.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Voraufkohlung
bei Temperaturen von etwa 570 bis 580° C durchgeführt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Kohlenstoff-Träger
während der Aufheizphase des Ofens in die Ofenatmosphäre gegeben wird.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Kohlenstoff-Träger im Zyklus
der Nitrierung oder Nitrocarburierung - und nicht in einem getrennten Vorgang - der
Ofenatmosphäre zugegeben wird, wobei die für die Voraufkohlung notwendige Ofenatmosphäre
nach dem Voraufkohlen möglichst schnell, zum Beispiel durch Öffnen der Ofentür, aus
dem Ofen ohne Zyklusunterbrechung entfernt wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Dauer
der Voraufkohlung zwischen 10 Minuten und 70 Minuten, vorzugsweise zwischen 30 Minuten
und 60 Minuten beträgt.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß es an hochlegierten
Stählen mit großer Neigung zur Oberflächenpassivierung, wie Werkstücken aus 42CrMo4
oder X40CrMoV51 angewendet wird.