(19)
(11) EP 0 823 290 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.02.1998  Patentblatt  1998/07

(21) Anmeldenummer: 97112842.6

(22) Anmeldetag:  25.07.1997
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6B05D 7/22, B05B 13/06, B05D 1/36
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE

(30) Priorität: 09.08.1996 DE 19632191

(71) Anmelder: AUDI AG
85045 Ingolstadt (DE)

(72) Erfinder:
  • Käsbauer, Ludwig
    93326 Abensberg (DE)
  • List, Kurt
    85055 Ingolstadt (DE)

(74) Vertreter: Geissler, Manfred 
Audi AG, Abteilung I/EK-P
85045 Ingolstadt
85045 Ingolstadt (DE)

   


(54) Verfahren zur Herstellung einer mehrschichtigen Lackierung


(57) Bei einem besonderem Anwendungsfall der Erfindung, nämlich dem Lackieren einer Fahrzeugkarosserie (1) mit mindestens einer Basisschicht sowie mit mindestens einer farbigen Deckschicht, wird vorgeschlagen, daß bei noch geöffneten Klappen bzw. Türen zumindest auf die Innenwandflächen (Motorraum 2, Motorhauben-Innenseite 3, Kofferraum 4, Kofferraumdeckel-Innenseite 5, Tür-Randflächen 6 und Türrahmen 7) unmittelbar nach dem Aufbringen der Basisschicht die farbige Deckschicht aufgetragen wird. Die Klappen bzw. Türen können danach weitgehend geschlossen werden und auch in dieser Stellung verbleiben. Ein mit dem ständigen Öffnen und Schließen von Klappen bzw. Türen ansonsten einhergehendes Hochwirbeln von Schmutzpartikeln wird dadurch vermieden.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung einer mehrschichtigen Lackierung auf über beweglich gelagerte Klappen, Türen oder dergleichen zugänglichen Innenwandflächen und auf ungehindert zugänglichen Außenwandflächen eines Gegenstandes insbesondere zum Lackieren einer Fahrzeugkarosserie mit mindestens einer Basisschicht sowie mit mindestens einer farbigen Deckschicht.

[0002] Das Verschmutzen zu lackierende Gegenstände während des Durchlaufs vom Rohteil bis zum Abschluß eines mehrstufigen Lackiervorganges ist nach wie vor die Hauptursache für kostenintensive Lacknacharbeiten. In größeren industriellen Anlagen, beispielsweise beim Lackieren von Fahrzeugkarosserien, legen diese zwischen und innerhalb der einzelnen Stationen große Strecken zurück und sind dort entsprechenden Umgebungseinflüssen ausgesetzt. Dabei lagern sich Staubpartikel, Fasern, z. B. von Kleidung, Schleifstaub oder gasförmige Medien auf den Oberflächen ab, die über elektrostatische Aufladung sehr fest dort haften und nur schwierig wieder zu entfernen sind. Die Folge sind beim nachfolgenden Lackauftrag Schmutz- und Fasereinschlüsse bzw. Benetzungsstörungen, die insbesondere bei hochwertigen und hochpreisigen Produkten wie Kraftfahrzeugen zu nicht akzeptablen Lackierergebnissen führen. Aus den genannten Gründen werden daher Vorkehrungen zur Vermeidung der Verschmutzung vor dem Lackieren bzw. zwischen den einzelnen Lackierstufen getroffen. Gängige Methoden hierzu sind die Einhausung von Förderstrecken durch teilweise belüftete Tunnel sowie auch die Anwendung der Reinraumtechnik.

[0003] Eine gemäß Stand der Technik praktizierte Prozeßfolge beim Lackieren von Fahrzeugkarosserien ist folgende:

[0004] Um den Anforderungen an Elastizität und Schutz genügen zu können, werden in einem mehrstufigen Verfahren eine Reihe von Schichten aufgetragen. Diese sind eine Zink-Phosphatschicht, eine Kataphorese-Grundierung und ein elastischer Steinschlagfüller als Basisschichten sowie ein die Farbe der Fahrzeugkarosserie bestimmender Decklack (uni, metallic oder Effekt-Lack), auf den generell noch ein Klarlack folgt, beides hier allgemein als Deckschichten bezeichnet.

[0005] Ein wirksamer Korrosionsschutz darf natürlich nicht bei der Lackierung enden. In weiteren Bearbeitungsschritten werden die Nähte abgedichtet, der Unterboden konserviert und Hohlräume mit Heißwachs versiegelt.

[0006] Wenn die Rohkarosserie in die Lackieranlage kommt, ist ihre Oberfläche mit einem hauchdünnen Ölfilm und Resten von Ziehfett, das vor dem Pressen (Tiefziehen) auf die Bleche gesprüht wird, bedeckt. Die Karosserien müssen deshalb zunächst in einer Spritz- und Volltauchzone entfettet werden. In Phosphatier-Bädern erhalten die gereinigten Karosserien eine Zinkphosphat-Auflage. Sie dient als zusätzlicher Korrosionsschutz und Haftvermittler für die nachfolgende Grundierung. Die Zink-Phosphatschicht wird in einer Passivierzone nachgespült und verdichtet.

[0007] Es schließt sich eine Kataphorese-Grundierung der Karosserien an. Diese erfolgt im Tauchverfahren. Durch eine zwischen Karosserie und Tauchbekken angelegte elektrische Gleichspannung (ca. 300 Volt) werden die in Wasser gelösten Lackpartikel vom Blech angezogen und bleiben gleichmäßig auch an unzugänglichen Stellen haften. In einem nachgeschalteten Ofen wird die Grundierung eingebrannt (ca. 180 ° C).

[0008] Nach Einbrennen der Grundierung und einem sich anschließenden Abdichten der Nähte werden Unterboden sowie Radhäuser mit Kunststoff beschichtet, wodurch die mechanische Widerstandsfähigkeit und der Langzeitschutz des Unterbodens erhöht wird. Diese Materialien werden in einem Trockner vorgeliert, die endgültige Trocknung erfolgt in den weiteren Bearbeitungsschritten.

[0009] Zum Schutz vor Steinschlägen erfolgt anschließend eine elastische Grundierung mit dem sogenannten Steinschlag-Füller. Auch dieser wird nach Aufbringen anschließend in einem Trockenofen eingebrannt (bei ca. 150 ° C). Dadurch werden die Lackschichten widerstandsfähiger gegen mechanische Einflüsse und das Abplatzen des Decklackes wird weitgehendst vermieden.

[0010] Es folgt eine Decklackierung in dem vom Kunden gewünschten Farbton. Beim Lackiervorgang werden die Lackpartikel durch ein elektrostatisches Feld von unter Hochspannung stehenden Spritzköpfen zu der geerdeten Karosserie transportiert. Zusätzlich erhalten alle Karossen eine Klarlackschicht.

[0011] Die fertig lackierten Karosserien werden anschließend einem WachsflutVerfahren unterzogen. Dabei werden die Hohlräume mit ca. 120 ° heißem Wachs konserviert. Mit dieser nochmaligen Steigerung des Korrosionsschutzes ist der Lackierprozeß beendet.

[0012] Beim vorbeschriebenen Lackieren des Decklackes im Innenbereich (insbes. Motorraum, Kofferraum) des Fahrzeuges sowie der Tür-Randflächen (Einstiege) und Türrahmen mittels Spritzpistolen werden durch Öffnen von Motorhaube, Türen und Heckklappe, was für die Zugänglichkeit notwendig ist, Schmutzpartikel hochgewirbelt, die sich auf die Außenfläche des Fahrzeuges legen. Außerdem werden Partikel von Scharnieren gelockert, die ebenfalls an der Karosserie-Außenfläche Schmutz erzeugen.

[0013] Der Erfindung liegt von daher die Aufgabe zugrunde, das gattungsgemäße Lackierverfahren dahingehend zu verbessern, daß gerade den letztgenannten Verschmutzungsproblemen vorgebeugt werden kann.

[0014] Dies gelingt erfindungsgemäß, wenn die im Kennzeichen das Patentanspruches 1 angegebene Verfahrensweise angewendet wird.

[0015] Der Kerngedanke der Erfindung ist also darin zu sehen, daß bei noch geöffneten Klappen, Türen oder dergleichen (bedingt durch den vorherigen Auftrag einer letzten Basisschicht) die Innenwandflächen mit der ersten Deckschicht versehen werden, so daß (vorzugsweise nach dem Trocknen dieser die Endbehandlung darstellenden Deckschicht) die Klappen, Türen oder dergleichen soweit möglich wieder geschlossen werden können. Eine Beschichtung mit Klarlack aus optischen und Korrosionschutz-Gründen ist bei den Innenwandflächen nicht erforderlich. Für das weitere Aufbringen der ersten Deckschicht und ggf. weiterer Deckschichten auf der Außenwandfläche müssen die Klappen und Türen dann nicht mehr geöffnet werden.

[0016] In einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung, wie sie in Patentanspruch 2 angegeben ist, erfolgt der Auftrag der ersten Deckschicht auf die zuletzt aufgebrachte Basisschicht an der Innenwandfläche

naß in naß". Die Lackiertechnik

naß in naß" ist an sich im Stand der Technik bekannt (DE 34 35 937 C2, DE 38 06 257 C2), insofern, als zum Beispiel ein Metallic-Basislack mit Klarlack und Klarlack mit dekorativem Lack möglichst schnell nacheinander auf die Fahrzeugkarosserie aufgetragen werden. Im zweitgenannten Dokument findet diese Technik bei der Zwei-Farben-Lackierung Anwendung. Auch ist es bekannt (DE 27 40 246 A1) eine zweite Grundierschicht auf eine erste

naß in naß" aufzutragen, um nach einer Zwischentrocknung und Auftragen einer ersten Farbschicht auf diese wiederum

naß in naß" eine weitere Farbschicht aufzutragen.

[0017] Insbesondere beim Lackieren von Fahrzeugkarosserien bietet sich, wie Patentanspruch 5 angibt, an die erste Farbschicht

naß in naß" auf den zuvor aufgebrachten Steinschlagfüller aufzutragen.

[0018] Die Erfindung ist nachstehend anhand eines Ausführungsbeispieles erläutert. Die zugehörige Zeichnung zeigt in
Fig. 1a
einen Ausschnitt einer Lackier-Prozeßfolge nach dem Stand der Technik,
Fig. 1b
eine nach der Erfindung abgewandelte Prozeßfolge und
Fig. 2
bevorzugte Innenwandbereiche einer Fahrzeugkarosserie für das vorgezogene Aufbringen des Decklackes.


[0019] Die Darstellung des bisherigen Standes der Technik nach Fig. 1 a ist selbsterklärend, wobei dem Reinigungsschritt in der Füllerkabine das Aufbringen von Grundierung und Unterbodenschutz vorgelagert ist, während dem Trocknen in der Decklackkabine noch eine Hohlraumkonservierung nachgeschaltet ist.

[0020] Abweichend hierzu wird bei der in Fig. 1b dargestellten erfindungsgemäßen Vorgehensweise bereits in der Füllerkabine nach dem Auftrag des Steinschlagfüllers innen und außen vorzugsweise

naß in naß" auch gleich in den in Fig. 2 gezeigten Innenwandbereichen der Decklack aufgebracht. In der später folgenden Decklackkabine ist es dann nur noch erforderlich, die Außenwand (Karosserieaußenfläche) mit Decklack zu versehen.

[0021] Die in Fig. 1b gezeigten Abläufe gelten bei Verwendung lösemittelhaltiger Lacke. Werden hingegen wasserlösliche Lacke verwendet, so ist es empfehlenswert, zwischen der Decklackapplikation - außen - und der Klarlackapplikation eine Zwischentrocknungsstufe vorzusehen. Der der Erfindung zugrunde liegende Gedanke bleibt hiervon jedoch unberührt. Ihr Einsatz bei Wasserlacken ist daher analog zu betrachten.

[0022] In Fig. 2 sind die Innenwandbereiche einer Fahrzeugkarosserie 1 gezeigt, die bevorzugt bereits in der Füllerkabine eine Decklackbeschichtung erhalten sollen. Es sind dies Motorraum 2, Motorhauben-Innenseite 3, Kofferraum 4, Kofferraumdeckel-Innenseite 5, Tür-Randflächen 6 und Türrahmen 7. Die Karosserieaußenfläche 8 erhält, wie bisher üblich, in der Decklackkabine die entsprechende Beschichtung. Eine Decklackbeschichtung des Fahrgastraumes 9 ist nicht vorgesehen.

[0023] Je nach den anlagetechnischen Gegebenheiten könnte es sich anbieten und als vorteilhaft erweisen, auch die Karosserieaußenfläche 8 zeitgleich (in einem Arbeitsgang) mit den Innenwandflächen 2 - 7 mit der ersten farbigen Deckschicht zu versehen.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung einer mehrschichtigen Lackierung auf über beweglich gelagerte Klappen, Türen oder dergleichen zugänglichen Innenwandflächen und auf ungehindert zugänglichen Außenwandflächen eines Gegenstandes, insbesondere zum Lackieren einer Fahrzeugkarosserie mit mindestens einer Basisschicht sowie mit mindestens einer farbigen Deckschicht, dadurch gekennzeichnet, daß bei noch geöffneten Klappen, Türen oder dergleichen zumindest auf die Innenwandflächen (2,3,4,5,6,7) unmittelbar nach dem Aufbringen der Basisschicht die farbige Deckschicht aufgetragen wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Auftragen der Beschichtungen (Basisschicht, farbige Deckschicht) auf die Innenwandflächen (2-7)

naß in naß" erfolgt.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Aufbringen der ersten farbigen Deckschicht auf die Außenwandfläche (8) zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.
 
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß auch die Außenwandfläche (8) in einem Arbeitsgang mit dem Beschichten der Innenwandflächen (2-7) mit der ersten farbigen Deckschicht versehen wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß bei der Lackierung von Fahrzeugkarosserien (1) auf die Innenwandflächen (2,3,4,5,6,7) eine erste farbige Deckschicht

naß in naß" auf eine zuvor aufgebrachte Steinschlagfüller-Beschichtung aufgetragen wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Innenwandflächen ein Motorraum (2), eine Motorhauben-Innenseite (3), ein Kofferraum (4), eine Kofferraumdeckel-Innenseite (5), Tür-Randflächen (6) und Türrahmen (7) sind.
 




Zeichnung










Recherchenbericht