(19)
(11) EP 0 875 626 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.11.1998  Patentblatt  1998/45

(21) Anmeldenummer: 97112613.1

(22) Anmeldetag:  23.07.1997
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6E01F 5/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE

(30) Priorität: 02.05.1997 DE 19718733

(71) Anmelder: Gepro Ingenieurgesellschaft mbH
01219 Dresden (DE)

(72) Erfinder:
  • Lieberenz, Klaus, Prof. Dr.
    01259 Dresden (DE)
  • Müller, Steffen
    01069 Dresden (DE)

(74) Vertreter: Kaufmann, Sigfrid, Doz. Dr.-Ing. habil. 
Kador & Partner, Loschwitzer Strasse 28
01309 Dresden
01309 Dresden (DE)

   


(54) Mittelkernverbau für Bahnanlagen


(57) Die Erfindung betrifft einen Mittelkernverbau für Bahnanlagen, dessen Anwendung sich besonders für Langsamfahrstrecken im Zuge der Instandhaltung von zwei- und mehrgleisigen Strecken anbietet. Der erfindungsgemäße Mittelkernverbau ist so gestaltet, daß die Baugrenze außerhalb der Verkehrslasten des Betriebsgleises liegt und an dieser ein temporär wirksames Stützbauwerk, bevorzugt ausgeführt aus Bewehrter Erde, errichtet ist, das beim Bau des zweiten Gleises als Verbau wirkt. Ein derartiger Mittelkernverbau ist wesentlich kostengünstiger als die bisherigen Lösungen (Trägerbohlwände, Spundwände); die Sperrung des Betriebsgleises beim Ein- und Ausbau dieses Mittelkernverbaues entfällt ebenso wie die damit verbundenen sonstigen Nachteile wie z. B. Standsicherheitsgefährdung der Gleise und Auflockerung des Bodens. Ein wesentlicher Vorzug der Erfindung ist zudem die mögliche Anordnung von quer zum Verbau liegenden, horizontal durchgehenden Zuggliedern.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft einen Vorschlag für einen Mittelkernverbau für Bahnanlagen, dessen Anwendung sich namentlich für Langsamfahrstrecken im Zuge der Instandhaltung von zwei- und mehrgleisigen Strecken anbietet.

[0002] Zur Instandhaltung von Eisenbahnstrecken wird oft eine Planums- und Frostschutzschicht unter dem Gleisschotter eingebaut. Beim Einbau dieser Schutzschicht bei zwei- und mehrgleisigen Strecken wird üblicherweise zunächst ein Gleis, das Gleis 1, rückgebaut und das andere Gleis (Gleis 2) befahren. Zur Sicherung des Gleises 2 ist im Rückbauzustand des Gleises 1 ein Mittelkernverbau notwendig. Der Mittelkernverbau wird nach dem Stand der Technik kostenintensiv als Spundwand oder als Trägerbohlwand ausgeführt und steht im allgemeinen in der Bahnachse. Beim Ein- und Rückbau eines derartigen Mittelkernverbaus ist die Sperrung des Betriebsgleises notwendig. Bereits der Raumbedarf der hierbei einzusetzenden Technik zwingt zu dieser - betriebsorganisatorisch und betriebstechnisch häufig aufwendigen - Maßnahme. Zudem besteht beim Rückbau der bisherigen Lösungen, speziell bei dem der Trägerbohlwände, eine erhebliche Standsicherheitsgefährdung der Gleise. Nachteilig sind des weiteren die Auflockerung des die Träger bzw. die Spundprofile umgebenden Bodens und die demzufolge entstehenden Gleishebungen und höheren Wasserwegigkeiten.

[0003] Ziel der Erfindung ist es, diese Nachteile des Standes der Technik kostengünstig zu beseitigen. Dabei steht die Aufgabe, einen Mittelkernverbau zu entwickeln, dessen System gleisübergreifend einsetzbar ist.

[0004] Hierfür wird der erfindungsgemäße Mittelkernverbau so ausgeführt, daß die Baugrenze außerhalb des Druckbereiches der Verkehrslasten des Betriebsgleises liegt und an dieser ein temporär wirksames Stützbauwerk errichtet ist, das dann bei dem Bau des zweiten Gleises als Verbau wirkt. Das Stützbauwerk besteht bevorzugt aus Geokunststoffbewehrter Erde. An diesem Mittelkernverbau aus Bewehrter Erde kann eine Schotterhalterung befestigt sein. Bei Notwendigkeit von Mittelentwässerungen sind diese erfindungsgemäß vor oder im Stützbau eingebracht; gleiches gilt für Versorgungsleitungen. Die Tiefenentwässerung, z. B. ausgeführt als Gabione, besitzt bevorzugt eine stabile Form, so daß sie ein zusätzliches Widerlager des Mittelkernverbaus bildet. Zudem ermöglicht die stabile Form beim Bau der Planums- und Frostschutzschicht des Gleises 2 eine klare Trennung unterschiedlicher Materialien, nämlich zwischen dem Filtermaterial der Tiefenentwässerung und dem Tragschichtmaterial der Planums-/Frostschutzschicht. Gleichzeitig wird gewährleistet, daß die Planums-/Frostschutzschicht des Gleises 2 gegen ein festes Widerlager eingebaut werden kann, wodurch eine hohe Einbauqualität gewährleistet wird.

[0005] Die Erfindung kann in grundsätzlich gleicher Ausführung auch bei mehrgleisigen Strecken Anwendung finden.

[0006] Mit einer derartigen Anordnung werden die oben beschriebenen Nachteile der bislang eingesetzten technischen Mittel vollständig ausgeräumt.

[0007] Das betrifft auch die Vermeidung einer baulichen Trennung des Untergrundes entlang der Verbauwand durch im Boden verbleibende Verbauelemente (Träger, Spundprofile). Darüber hinaus weist die Erfindung insbesondere den Vorzug auf, daß durch die mögliche Einbindung von quer zum Verbau liegenden, horizontal durchgehenden Zuggliedern die Standsicherheit des gesamten Gleiskörpers nachhaltig erhöht wird. Hinzu kommt;, daß die erfindungsgemäße Lösung gegenüber dem Stand der Technik wesentlich kostengünstiger ist.

[0008] Die Erfindung wird nachfolgend anhand zweier Ausführungsbeispiele (Fig. 1 - 4) und der Darstellung der grundsätzlichen Bauphasen (Fig. 5; 6) näher erläutert. Zudem wird eine Ausführungsvariante der Gestaltung des Tragsystems (Fig. 7) offenbart.

[0009] Fig. 1 zeigt die Erfindung einschließlich Tiefenentwässerung mit Gabionenwandung; Details hiervon sind aus Fig. 2 zu entnehmen. Es ist ersichtlich, daß die Wand des temporär wirksamen Stützbauwerkes 1 - bevorzugt ausgeführt aus Geokunststoffbewehrter Erde - außerhalb des Druckbereiches der Verkehrslasten - vgl. Druckausbreitungslinie 2 nach Dienstvorschrift 836 der Deutschen Bahn AG - liegt. Die Tiefenentwässerung 3 mit Gabionenwandung ist mittig eingebracht; die Planumsschutzschicht 4 besitzt im Ausführungsbeispiel ein Gefälle von 5 Prozent. Die Gabione 5 ist im Querschnitt quadratisch, z. B. 0,50 x 0,50 m und ca. 3 m lang. Sie ist mit Vliesstoff 6 ausgekleidet und beinhaltet das im Kiessand 7 (bevorzugt 2/16) liegende Vollsickerrohr 8 (DN 200). Der Raum zwischen Stützbauwerk 1 und Gabione 5 (Abstand ca. 0,1 m) wird gleichfalls mit Kiessand 7 ausgefüllt. Das stützbauwerk 1 ist keilförmig gestaltet. Dabei beträgt die untere Einbindungslänge des Bewehrungstextils 9 ca. 1 m; oben ist es über Reibung innerhalb der Planumsschutzschicht 4 eingebunden. Das Bewehrungstextil 9 wird zudem durch Bodennägel 11, die im Abstand von ca. 1 m eingebracht sind, fixiert. Die Wand des Stützbauwerkes 1 ist von Anfang an und bleibend über einen Stabilisierungskorb 12 aus einer Betonstahl-Lagermatte unter Verwendung von Stabilisierungsbügel 13 (gleichfalls 1 Stück/Meter) gesichert.

[0010] In Fig. 3 ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung mit einer außermittigen Tiefenentwässerung 14 dargestellt; Details sind aus Fig. 4 ersichtlich. Der erfindungswesentliche Aufbau dieser Variante ist grundsätzlich analog wie vorstehend beschrieben. Der Verzicht auf die stabile Gabionenwandung bedingt allerdings eine größere technologische Sorgfalt bei der Gestaltung dieser Entwässerung, andererseits entfallen die Kosten für die Gabionen-Elemente.

[0011] Fig. 5 zeigt die ersten drei Bauphasen für die in den Fig. 1 und 2 offenbarten ersten Ausführungsvariante der Erfindung:

1. Einbau einer Schotterhalterung 15 und Rückbau von Gleis 1 und seiner Schotterbettung.

2. Abschnittsweise Bodenaushub und Herstellung des Erdplanums- sowie abschnittsweise Herstellen des Bewehrten Erdkörpers in der Planumsschutzschicht.

3. Herstellen der Planumsschutzschicht 4 und Herstellen einer Rückverankerung 16 der Schotterhalterung.



[0012] Fig. 6 erläutert die Bauphasen 4 ff. bis zur abschließenden 6. Bauphase:

4. Neubau von Gleis 1 und seiner Schotterbettung 10; Rückbau von Gleis 2 und Schotterbettung; abschnittsweise Bodenaushub und Herstellen des Erdplanums; abschnittsweise Herstellen der Tiefenentwässerung 3 mit Gabionenwandung 5.

5. Verfüllen des Zwischenraumes zwischen Wandung der Tiefenentwässerung 3 und Planumsschutzschichtwandung von Gleis 1 mit Kiessand 7; Herstellen der Planumsschutzschicht im Gleis 2.

6. Abschnittsweise Rückbau der Schotterhalterung; abschnittsweise Herstellen der Schotterbettung im Mittelbereich; abschnittsweise Herstellen von Gleis 2 und seiner Schotterbettung.



[0013] Eine Ausführungsvariante der Gestaltung des Tragsystems ist in Fig. 7 dargestellt.

Liste der verwendeten Bezugszeichen



[0014] 
1
- Stützbauwerk
2
- Druckausbreitungslinie
3
- Tiefenentwässerung, mittig
4
- Planumsschutzschicht
5
- Gabione
6
- Vliesstoff
7
- Kiessand
8
- Vollsickerrohr
9
- Bewehrungstextil
10
- Schotterbettung
11
- Bodennägel
12
- Stabilisierungskorb
13
- Stabilisierungsbügel
14
- Tiefenentwässerung, außermittig
15
- Schotterhalterung
16
- Rückverankerung der Schotterhalterung
17
- Geokunststofftextil
18
- Geokunststofftextil



Ansprüche

1. Mittelkernverbau für Bahnanlagen, gekennzeichnet dadurch, daß dessen Baugrenze außerhalb des Druckbereiches der Verkehrslasten (2) des Betriebsgleises liegt und an dieser ein temporär wirksames Stützbauwerk (1) errichtet ist, das beim Bau des zweiten Gleises als Verbau wirkt.
 
2. Mittelkernverbau nach Anspruch 1., gekennzeichnet dadurch, daß das Stützbauwerk (1) aus Bewehrter Erde besteht.
 
3. Mittelkernverbau nach Anspruch 1. und 2., gekennzeichnet dadurch, daß an dem stützbauwerk (1) eine Schotterhalterung (15) befestigt ist.
 
4. Mittelkernverbau nach Anspruch 1. bis 3., gekennzeichnet dadurch, daß vor oder im Stützbauwerk (1) eine Entwässerung (3, 14) und/oder Versorgungsleitungen eingebracht sind.
 
5. Mittelkernverbau nach Anspruch 1. bis 4., gekennzeichnet dadurch, daß die Entwässerung (3, 14) eine stabile Form besitzt.
 
6. Mittelkernverbau nach Anspruch 1. bis 5., gekennzeichnet dadurch, daß die Entwässerung (3, 14) als Gabione (5) ausgeführt ist.
 
7. Verfahren zur Errichtung eines Mittelkernverbaues für Bahnanlagen nach den Ansprüchen 1. bis 6., gekennzeichnet dadurch, daß ausgehend vom Einbau einer Schotterhalterung (15) und Rückbau von Gleis 1 und seiner Schotterbettung (10) abschnittsweise Bodenaushub und Herstellen des Erdplanums sowie abschnittsweise Herstellen des Stützbaukörpers (1) in der Planumsschutzschicht sowie das Herstellen der Planumsschutzschicht (4) und einer Rückverankerung (16) der Schotterhalterung (15) vorgenommen wird und dann der Neubau von Gleis 1 und seiner Schotterbettung (10), der Rückbau von Gleis 2 mit Schotterbettung sowie das abschnittsweise Herstellen der Entwässerung (3) erfolgt, sich daran das Verfüllen des Zwischenraumes zwischen Wandung der Entwässerung (3) und Planumsschutzschichtwandung von Gleis 1 mit Kiessand (7) sowie das Herstellen der Planumsschutzschicht im Gleis 2 anschließt und abschließend abschnittsweise der Rückbau der Schotterhalterung, das Herstellen der Schotterbettung im Mittelbereich sowie das Herstellen von Gleis 2 und seiner Schotterbettung vorgenommen wird.
 




Zeichnung