[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufkohlung metallischer Werkstücke in einem
Vakuum-Ofen, wobei die Ofenatmosphäre einen Kohlenstoff-Träger enthält, der unter
den Prozeßbedingungen der Aufkohlung unter Abgabe von reinem Kohlenstoff gespalten
wird.
[0002] Unter den thermochemischen Behandlungsverfahren zur Einsatzhärtung metallischer Werkstücke
haben sich in den letzten Jahren neben der konventionellen Gasaufkohlung immer mehr
die Aufkohlungsprozesse in Vakuumanlagen durchgesetzt, da nur mit diesen Verfahren
eine randoxidationsfreie Aufkohlung realisierbar ist. Bei diesen Aufkohlungsprozessen
in Vakuumanlagen handelt es sich um die Unterdruck- und die Plasmaaufkohlung. Da bei
diesen Aufkohlungsverfahren ohne sauerstoffhaltige Reaktionsgase gearbeitet wird,
kann keine C-Pegelregelung erfolgen; die entscheidende Kenngröße für den Kohlenstoffübergang
ist bei diesen Verfahren die Kohlenstoff-Massenstromdichte, die als Kohlenstoffmenge
definiert ist, die pro Zeit- und Flächeneinheit in den Werkstoff übergeht. Dieser
zur Aufkohlung benötigte Kohlenstoff wird von einem in der Ofenatmosphäre befindlichen
Kohlenstoff-Träger - meist einem Kohlenwasserstoff - zur Verfügung gestellt, der bei
den gegebenen Prozeßbedingungen unter Abgabe von reinem Kohlenstoff gespalten wird.
[0003] Bei den bekannten Unterdruck-Aufkohlungsverfahren wird als Kohlenstoff-Träger in
der Regel Propan (C
3H
8) verwendet, welches im Laufe der sogenannten Propanpyrolyse nach folgenden Reaktionsgleichungen
gespalten wird:



Bei der Plasmaaufkohlung wird als Kohlenstoff-Träger meist Methan (CH
4) verwendet, welches im Wege der Methanpyrolyse nach der Gleichung

gespalten wird. Bei der Plasmaaufkohlung ist es jedoch auch möglich, anstelle von
Methan Propan zu verwenden.
[0004] Die Verwendung von Methan oder Propan als Kohlenstoff-Träger ist jeweils mit verschiedenen
Vor- und Nachteilen verbunden. So ist beispielsweise Propan aufgrund seiner größeren
Anzahl von Kohlenstoffatomen - 3 C-Atome bei Propan gegenüber 1 C-Atom bei Methan
- ein wirksamerer Kohlenstoff-Träger als Methan. Andererseits weist Propan jedoch
den Nachteil auf, daß es bereits im Temperaturbereich über 600°C thermisch gespalten
wird, was zum Verrußen des Ofens sowie zur Teerbildung im Ofen führen kann. Die frühe
Dissoziation des Propan schon bei niedrigen Temperaturen hat darüber hinaus zur Folge,
daß bei der Behandlung dicht gepackter Chargen sowie von Werkstücken mit schwierig
zugängigen Oberflächen, wie beispielsweise Sacklochbohrungen, der dissoziierte Kohlenstoff
überwiegend außen an der Charge abgegeben wird, so daß die Aufkohlungswirkung in der
Chargenmitte geringer ist. Dasselbe gilt nicht nur für dicht gepackte Chargen, sondern
auch für Bohrungen, insbesondere Sacklochbohrungen, bei denen der Kohlenstoff überwiegend
an der Bohrungsöffnung abgegeben wird und im Inneren der Bohrung kaum noch eine Aufkohlungswirkung
nachzuweisen ist.
[0005] Methan hingegen weist zwar nur ein C-Atom auf, jedoch ist das Methan-Molekül so stabil,
daß es nicht bereits bei der notwendigen Aufkohlungstemperatur gespalten wird. Die
Spaltung erfolgt vielmehr erst im Plasma und somit wirklich nur an der Werkstückoberfläche.
Da die Kohlenstoff-Massenstromdichte bei der Spaltung von Methan gering ist, müssen
bei großflächigen Chargen große Mengen an Prozeßgas dem Ofen zugeführt werden.
[0006] Wie bereits voranstehend angedeutet, liegt ein weiteres Problem bei den aus dem Stand
der Technik bekannten Aufkohlungsverfahren darin, daß mit zunehmendem Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnis
(C/H) des Kohlenstoff-Trägers die Rußbildung im Ofen zunimmt. Bei Methan, CH
4 (C/H = 0,25), ist der Rußanfall gering, bei Ethan, C
2H
6 (C/H = 0,33), ist der Rußanfall mittelgroß, bei Propan, C
3H
8 (C/H = 0,375) groß und bei Butan, C
4H
10 (C/H = 0,4) sehr hoch. Somit stehen sich bei der Optimierung der Aufkohlungsverfahren
in Vakuum-Öfen zwei widerstreitende Forderungen bzw. Prozesse gegenüber, nämlich einerseits
die Forderung nach einer Erhöhung des Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnisses beim Kohlenstoff-Träger
zur Erhöhung der Kohlenstoff-Massenstromdichte zur Erzielung einer besseren Aufkohlungswirkung
und andererseits die zunehmende Rußbildung bei der Erhöhung des Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnisses
beim Kohlenstoff-Träger. Eine zur Erhöhung der Kohlenstoff-Massenstromdichte angestrebte
Erhöhung des Partialdruckes des Kohlenstoff-Trägers erhöht dabei zusätzlich die Rußbildung
im Ofen.
[0007] Zur Reduzierung der Rußbildung bei steigendem Partialdruck des Kohlenstoff-Trägers
ist es beispielsweise aus der US-PS 3 796 615 bekannt, den Partialdruck des Kohlenstoff-Trägers
pulsierend auf höhere Partialdrücke zu variieren, so daß der die Kohlenstoff-Massenstromdichte
erhöhende Partialdruck des Kohlenstoff-Trägers nur kurzzeitig zur Erhöhung der Aufkohlungswirkung
zur Verfügung steht, danach jedoch wieder absinkt, so daß die Rußbildung in Grenzen
gehalten werden kann. Aufgrund des teilweise hohen Partialdruckes des Kohlenstoff-Trägers
von bis zu 100 mbar liegt jedoch selbst bei diesem mit Druckpulsen betriebenen Verfahren
eine allmähliche Verrußung des Ofens vor, so daß dieser immer noch zu Reinigungszwecken
abgeschaltet werden muß.
[0008] In Anbetracht des voranstehend geschilderten Standes der Technik liegt der Erfindung
die
Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Aufkohlung metallischer Werkstücke in einem Vakuum-Ofen
bereitzustellen, das eine gleichbleibende Aufkohlung mit einer hohen Kohlenstoff-Massenstromdichte
gewährleistet, ohne daß gleichzeitig die Gefahr der Verrußung des Ofens besteht.
[0009] Überraschenderweise hat sich herausgestellt, daß diese Aufgabe erfindungsgemäß dadurch
gelöst wird, daß als Kohlenstoff-Träger ein Kohlenwasserstoff mit einem Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnis
von 1:1, vorzugsweise Acetylen, verwendet wird.
[0010] Überraschend bei der Verwendung von Acetylen als Kohlenstoff-Träger ist nicht nur
die sehr gute und gleichmäßige Aufkohlungswirkung auch bei schwierig zugänglichen
Werkstücken, sondern insbesondere die Tatsache, daß trotz des hohen Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnisses
von 1:1 so gut wie keine Ruß- und Teerbildung auftritt. Die gute Aufkohlungswirkung
bei der Verwendung von Acetylen als Kohlenstoff-Träger läßt sich damit erklären, daß
aufgrund des hohen Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnisses auch schon bei geringen Partialdrücken
des Kohlenstoff-Trägers eine ausreichende Kohlenstoff-Massenstromdichte zur Verfügung
steht, um eine gleichbleibende und ausreichende Aufkohlung zu erzielen.
[0011] Gemäß einer ersten bevorzugten erfindungsgemäßen Verfahrensweise wird mit Vorteil
ein Partialdruck des Kohlenstoff-Trägers von unter 20 mbar, vorzugsweise 10 mbar,
eingehalten, um ohne Rußbildung eine hohe Kohlenstoff-Massenstromdichte bzw. Kohlenstoff-Übertragungsrate
zu erzielen. Dabei kann gemäß einer Verfahrensvariante des erfindungsgemäßen Aufkohlungsverfahrens
der Partialdruck des Kohlenstoff-Trägers pulsierend variiert werden, wobei der Partialdruck
des Kohlenstoff-Trägers Werte von bis zu 50 mbar erreicht.
[0012] Neben dem Kohlenwasserstoff mit einem Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnis von 1:1
kann die Ofenatmosphäre zusätzlich noch weitere Gase, insbesondere Wasserstoff und/oder
Argon enthalten, welche als Inertgase zusätzlich die Oxydation der Werkstücke verhindern
sollen.
[0013] Bei einer erfindungsgemäßen Weiterbildung des Verfahrens kann die Aufspaltung des
Kohlenstoff-Trägers durch ein Plasma unterstützt werden.
[0014] Weitere Merkmale und Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens ergeben sich aus den
nachfolgenden Erläuterungen, die auf die beigefügten Zeichnungen Bezug nehmen. In
der Zeichnung zeigt:
- Fig. 1
- einen schematischen Längsschnitt durch ein Probewerkstück mit zugehörigem Tabellenwerk,
die Oberflächenhärtewerte auf der Innenseite des Probewerkstücks bei verschiedenen
Kohlenstoff-Trägern wiedergebend;
- Fig. 2
- eine Seitenansicht des Probewerkstücks gemäß Fig. 1 mit der Angabe verschiedener Meßpunkte
für den Härteverlauf an der Außen- und Innenseite des Probewerkstücks;
- Fig. 3
- eine graphische Darstellung des Härteverlaufs an den Meßpunkten A, C und E gemäß Fig.
2 an der Außenseite des Probewerkstücks nach der Einsatzhärtung mit Acetylen und
- Fig. 4
- eine graphische Darstellung des Härteverlaufs an den Meßpunkten B, D, F und H gemäß
Fig. 2 an der Innenseite des Probewerkstück nach der Einsatzhärtung mit Acetylen.
[0015] In der Zeichnung mit dem zugehörigen Tabellenwerk ist für ein Rohr aus dem Werkstoff
16 MnCr 5 mit einer abgestuften Durchgangsbohrung der Verlauf der Oberflächenhärte
auf der Innenseite des Rohres nach dem Unterdruckaufkohlen mit den Kohlenstoff-Trägern
Acetylen, Propan und Ethan vergleichend dargestellt.
[0016] Die Unterdruckaufkohlung mit den Kohlenstoff-Trägern Propan und Ethan erfolgte bei
860°C und mit einem Partialdruck des Kohlenstoff-Trägers von 10 mbar. Die Unterdruckaufkohlung
mit dem Kohlenstoff-Träger Acetylen erfolgte bei 930°C und einem Partialdruck des
Kohlenstoff-Trägers von 10 mbar über einen Zeitraum für die Aufkohlungs- und Diffusionsphase
von 260 min.
[0017] Wie aus der Abbildung sowie dem zugehörigen Tabellenwerk ersichtlich ist, wurden
mit den aus dem Stand der Technik bekannten Kohlenstoff-Trägern Propan und Ethan Oberflächenhärten
von etwa 60 HRC und mehr nur in den Randbereichen der Bohrungen, das heißt bis zu
einer Bohrungstiefe von etwa 50 mm von beiden Bohrungsöffnungen her gesehen, erzielt.
Dahingegen lag bei der Verwendung von Propan als Kohlenstoff-Träger der Wert der Oberflächenhärte
in der Mitte der Durchgangsbohrung bei einer Bohrtiefe von 110 mm bei nur 36,0 HRC.
Hier fand also so gut wie keine Aufkohlung statt. Bei der Verwendung von Ethan als
Kohlenstoff-Träger, welches aufgrund seines geringeren Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnisses
bei gleichem Partialdruck des Kohlenstoff-Trägers auch nur eine geringere Kohlenstoff-Massendichte
erzielen kann, lag der Wert für die Oberflächenhärte in der Mitte der Durchgangsbohrung
sogar bei nur 25,9 HRC.
[0018] Im Vergleich mit diesen bekannten Kohlenstoff-Trägern Propan und Ethan wurde mit
dem neuen Kohlenstoff-Träger Acetylen eine nahezu gleichbleibend gute Aufkohlung über
die gesamte Durchgangsbohrung erzielt. Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, liegt
der Wert für die Oberflächenhärte an der inneren Oberfläche der Durchgangsbohrung
fast durchgehend bei einem Wert von 60 HRC und mehr.
[0019] Die voranstehend beschriebene gleichmäßige Aufkohlung an der äußeren und inneren
Oberfläche des Probewerkstücks verdeutlichen auch die Abbildungen Fig. 2 bis 4, in
denen die Oberflächenhärte sowie die Einsatzhärtungstiefe (HV 1,0) an verschiedenen
Meßpunkten dargestellt ist. Ein Vergleich der Graphiken in Fig. 3 und 4 zeigt, daß
bei der Verwendung von Acetylen als Kohlenstoff-Träger nicht nur eine nahezu gleichbleibende
Oberflächenhärte entlang der inneren und äußeren Werkstückoberfläche erzielt wird,
sondern auch die Einsatzhärtungstiefe (HV 1,0) an der inneren und äußeren Werkstückoberfläche
fast an allen Meßpunkten übereinstimmt.
[0020] Mit dem voranstehend dargestellten Verfahren ist es somit möglich, durch die Verwendung
eines Kohlenwasserstoffes mit einem Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnis von 1:1, vorzugsweise
Acetylen, als Kohlenstoff-Träger die Aufkohlungswirkung bei der Aufkohlung von metallischen
Werkstücken in einem Vakuum-Ofen auch bei Werkstücken mit schwer zugänglichen Oberflächen
deutlich zu erhöhen, ohne daß die Gefahr der Verrußung des Ofens besteht.
1. Verfahren zur Aufkohlung metallischer Werkstücke in einem Vakuum-Ofen, wobei die Ofenatmosphäre
einen Kohlenstoff-Träger enthält, der unter den Prozeßbedingungen der Aufkohlung unter
Abgabe von reinem Kohlenstoff gespalten wird,
dadurch gekennzeichnet,
daß als Kohlenstoff-Träger ein Kohlenwasserstoff mit einem Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnis
von 1:1, vorzugsweise Acetylen, verwendet wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Partialdruck des Kohlenstoff-Trägers
unter 20 mbar, vorzugsweise 10 mbar, beträgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Partialdruck des
Kohlenstoff-Trägers pulsierend variiert wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Partialdruck des Kohlenstoff-Trägers
bei den Druckpulsen bis auf 50 mbar angehoben wird.
5. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß
in der Ofenatmosphäre neben dem Kohlenstoff-Träger noch andere Gase enthalten sind.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Ofenatmosphäre zusätzlich
noch Wasserstoff und/oder Argon enthält.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1, 2, 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß die
Aufspaltung des Kohlenstoff-Trägers durch ein Plasma unterstützt wird.