(19)
(11) EP 0 918 099 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
26.05.1999  Patentblatt  1999/21

(21) Anmeldenummer: 98120088.4

(22) Anmeldetag:  24.10.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C22C 38/14
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 27.10.1997 EP 97810795

(71) Anmelder: Stahlwerk Ergste Westig GmbH
58239 Schwerte (DE)

(72) Erfinder:
  • Rennhard, Christopher, Dr.sc.
    Summerville, SC 29483 (US)
  • Osing, Heinz-Juergen, Dr. Ing.
    58636 Iserlohn (DE)
  • Kloss-Ulitzka, Gisbert
    58809 Neuenrade (DE)
  • Partz, Klaus-Dieter, Dr.
    42799 Leichlingen (DE)

(74) Vertreter: König, Reimar, Dr.-Ing. et al
Patentanwälte Dr.-Ing. Reimar König Dipl.-Ing. Klaus Bergen, Wilhelm-Tell-Strasse 14
40219 Düsseldorf
40219 Düsseldorf (DE)

   


(54) Chrom-Mangan-Stahllegierung


(57) Eine Chrom-Mangan-Stahllegierung mit 0,08 bis 0,25% Kohlenstoff, 12 bis 17% Mangan, 0,2 bis 1,0% Silizium, 1 bis 3% Kupfer, 2 bis 6% Kobalt, 3 bis 6% Molybdän, 17 bis 22% Chrom und 0,5 bis 0,9% Stickstoff, deren Gehalte an Kohlenstoff und Stickstoff einerseits sowie Kobalt und Kupfer andererseits in bestimmter Weise aufeinander abgestimmt sind, zeichnet sich durch eine hohe Korrosionsbeständigkeit insbesondere gegenüber Körperflüssigkeiten und -gewebe sowie eine hohe Festigkeit bei gleichzeitig hoher Zähigkeit und guter Verarbeitbarkeit aus; sie eignet sich daher in besonderem Maße für eine Verwendung in der Medizintechnik, beispielsweise für Implantate, und als Werkstoff für körperverträglichen Schmuck.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Chrom-Mangan-Stahllegierung mit 12 bis 17% Mangan, 0,2 bis 1,0% Silizium, 1 bis 3% Kupfer, 2 bis 6% Kobalt, 3 bis 6% Molybdän, 17 bis 22% Chrom und 0,5 bis 0,9% Stickstoff, Rest Eisen einschließlich fakultativer Legierungselemente und erschmelzungsbedingter Verunreinigungen.

[0002] Nickelarme Stahllegierungen dieser Art eignen sich aufgrund ihrer hohen Bioverträglichkeit als Werkstoff für die Medizintechnik, beispielsweise für Implantate, mit dem menschlichen Körper in Berührung kommende medizinische Instrumente sowie für am menschlichen Körper oder körpernah zu tragenden Schmuck.

[0003] Derartige Stahllegierungen bedürfen im Hinblick auf eine ausreichende Korrosionsbeständigkeit gegenüber biologischen Flüssigkeiten und Sekreten sowie zur Vermeidung von Störungen in elektrischen Feldern, beispielsweise bei der Kernspin-Tomographie, eines austenitischen Gefüges. Hierfür kommt jedoch Nickel als Austenitbildner nicht infrage, weil es im Milieu des menschlichen Körpers zur Korrosion und dabei zum Eindringen von Nickelionen in das Körpergewebe und dadurch bedingt zu toxischen Reaktionen kommt. Der Nickelgehalt bioverträglicher Stahllegierungen ist daher gesetzlich begrenzt.

[0004] Neben der Körperverträglichkeit, einem guten Einwachsverhalten in Knochen und Gewebe sowie geringer Magnetisierbarkeit müssen für den menschlichen, oder auch den tierischen Körper geeignete Stahllegierungen eine hohe Festigkeit und Zähigkeit bei geringem Gewicht, eine gute Beschichtbarkeit und hohe Korrosionsbeständigkeit, insbesondere bezüglich Spaltkorrosion und Lochfraß auch gegenüber Reinigungs- und Desinfektionsmitteln, insbesondere chlorhaltigen Medien, eine hinreichende Gefügestabilität bei den üblichen Glüh- und Verarbeitungstemperaturen, trotz niedrigen Nickelgehalts eine gute Schweißbarkeit ohne die Gefahr des Entstehens von Ausscheidungen beim Abkühlen von der Schweißtemperatur an Luft und eine gute Bearbeitbarkeit sowie eine hohe Oberflächengüte besitzen. Darüber hinaus sollte der elektrische Widerstand möglichst hoch sein, um Störungen bei der medizinischen Untersuchung zu vermeiden. In Implantaten und Prothesen kann es nämlich zum Entstehen von Wirbelströmen kommen, deren Stärke mit der Leitfähigkeit bzw. abnehmendem elektrischen Widerstand zunimmt. Solche Wirbelströme führen nicht nur zu einem Erwärmen, sondern auch zu einer Verfälschung der Diagnose.

[0005] Um bei Nickelgehalten möglichst weit unterhalb von 1% ein stabilaustenitisches Gefüge zu gewährleisten, sind höhere Gehalte an Stickstoff und Mangan als Austenitbildner erforderlich. Dabei müssen der Stickstoff und Mangan jedoch bei allen Verarbeitungstemperaturen im Austenit gelöst bleiben, um das Entstehen von zur Versprödung führenden oder magnetisierbaren Ausscheidungsphasen, beispielsweise Carbonitride, Chromcarbide und - nitride, Sigma-Phase bzw. Ferrit und Verformungsmartensit zu verhindern. Zwar läßt sich das Entstehen von Ausscheidungsphasen beim Abkühlen von der Verarbeitungs- oder Glühtemperatur mit Hilfe einer hohen Abkühlungsgeschwindigkeit von beispielsweise über 200°C/min in manchen Fällen unterdrücken. Hohe Abkühlungsgeschwindigkeiten sind jedoch mit erhöhten Herstellungskosten verbunden und lassen sich bei größeren Querschnitten häufig nicht gleichmäßig über den gesamten Querschnitt erreichen. Körperverträgliche Stahllegierungen sollten daher einen möglichst niedrigen DBTT-Wert, d.h. eine Übergangstemperatur von vorzugsweise unter -20°C besitzen.

[0006] Schließlich müssen körperkompatible Stahllegierungen eine ausreichende Verarbeitbarkeit und Bearbeitbarkeit besitzen, um sie beispielsweise durch Kaltverformen ohne ein Zwischenglühen zu Stäben, Bändern, Draht, Platten und Knochennägeln verarbeiten zu können, sowie ein mechanisches Bearbeiten beispielsweise durch Zerspanen, Bohren, Prägen und Gewindeschneiden ohne die Gefahr von Oberflächenfehlern, insbesondere eine Rißbildung erlauben.

[0007] Insgesamt hängt die Körperverträglichkeit von der gleichzeitigen Erfüllung einer Reihe biologischer, metallurgischer, chemischer und mechanischer Anforderungen ab. Dem genügen bekannte nickelarme Stahllegierungen zumeist nur im Bereich einzelner Eigenschaften.

[0008] Dies gilt auch für eine aus der deutschen Patentschrift 195 13 407 bekannte Chrom-Mangan-Stahllegierung mit 2 bis 26% Mangan, über 2,5 bis 10% Molybdän, 11 bis 24% Chrom und über 0,55 bis 1,2% Stickstoff, die darüber hinaus noch bis 2,0% Silizium sowie bis 5,0% Kupfer und/oder Kobalt enthalten kann. Diese Stahllegierung ist nach den Angaben in der Patentschrift amagnetisch, zäh und verschleißbeständig; sie besitzt nach einem Lösungsglühen und Abschrecken ein homogenes austenitisches Gefüge und läßt sich bei einem entsprechenden Schwefelgehalt leichter spanabhebend bearbeiten. Weniger gut ist - je nach der Zusammensetzung innerhalb der angegebenen Gehaltsgrenzen - die Bearbeitbarkeit und die Gefügestabilität insbesondere bei höheren Nickel-Äquivalenten von beispielsweise 17.

[0009] Bei diesen Stahllegierungen ist das die zulässigen Gehalte an Nickel, Kobalt, Mangan, Stickstoff und Kohlenstoff bestimmende Nickel-Äquivalent nach herrschender Auffassung nach oben hin begrenzt, weil bei nickelarmen bzw. nickelfreien Stahllegierungen bei einem Nickel-Äquivalent von 17 insbesondere mit steigenden Stickstoff- und Kohlenstoffgehalten versprödende Phasen auftreten, insbesondere Chromnitrid und/oder Sigma-Phase. Um bei einem Nickel-Äquivalent unter 17 im austenitischen Bereich des in Fig. 1 dargestellten Schäffler-Diagramms, in dem "A" Austenit, "F" Ferrit und "M" Martensit bedeutet, bzw. außerhalb des austenitischmartensitischen Bereichs (A+M) und des austenitisch-ferritischen Duplex-Bereichs (A+F) zu bleiben, ist auch das durch die Gehalte an Chrom, Molybdän, Wolfram, Silizium, Vanadium, Niob und Aluminium bestimmte Chrom-Äquivalent entsprechend dem sich im Schäffler-Diagramm nach unten hin stark verengenden Bereich des Austenits begrenzt. Verbunden damit sind entsprechend niedrige Höchstgehalte an den tragenden Legierungsbestandteilen Chrom und Molybdän; denn mit höherem Chrom-Äquivalent muß das Nickel-Äquivalent entsprechend zunehmen und umgekehrt, um mit dem Gefüge im austenitischen bzw. "weißen" Bereich des Diagramms der Fig. 1 zu bleiben.

[0010] Die Folge des durch das zulässige Nickel-Äquivalent begrenzten Stickstoffgehaltes sowie der durch das Chrom-Äquivalent begrenzten Gehalte an Chrom und Molybdän ist eine Beeinträchtigung der Lochfraßbeständigkeit, die sich in einem verhälnismäßig niedrigen PREN-Wert:

äußert.

[0011] Angesichts des zuvor geschilderten Standes der Technik liegt der Erfindung das Problem zugrunde, das Eigenschaftsprofil der vorerwähnten Stahllegierung im Hinblick auf die vorerwähnten besonderen Erfordernisse der Medizintechnik und vergleichbarer Anwendungsgebiete merklich zu verbessern.

[0012] Die Erfindung erreicht dies mit einer Einengung der Gehaltsbereiche für Mangan, Molybdän und Chrom, die zwingende Anwesenheit von Kupfer und Kobalt sowie eine Abstimmung der Gehalte an Kohlenstoff und Stickstoff einerseits und Kobalt und Kupfer andererseits.

[0013] Im einzelnen enthält die erfindungsgemäße Stahllegierung 0,08 bis 0,25% Kohlenstoff, höchstens 0,015% Schwefel, höchstens 0,05% Phosphor, 12 bis 17% Mangan, 0,2 bis 1% Silizium, 1 bis 3% Kupfer, 2 bis 6% Kobalt, höchstens 0,01% Titan, 3 bis 6% Molybdän, 17 bis 22% Chrom, jeweils höchstens 1,0% Nickel, 0,01% Aluminium, 0,01% Niob, 0,01% Bor und 0,20% Vanadium, 0,5 bis 0,9% Stickstoff, Rest Eisen vorzugsweise bei einem Verhältnis des Kohlenstoffgehalts zum Gesamtgehalt an Kohlenstoff und Stickstoff von 0,08 bis 0,3, vorzugsweise 0,1 bis 0,25 oder auch 0,12 bis 0,16 und mit besonderem Vorteil gegebenenfalls auch einem Verhältnis der Gehalte an Kobalt und Kupfer von 1 bis 6, vorzugsweise 1,5 bis 3,5 oder auch 2 bis 2,5.

[0014] Das Nickel-Äquivalent beträgt vorzugsweise:

   K=0,6 bis 2,5

[0015] Die Stahllegierung besitzt eine wesentlich bessere Gefügestabilität und erlaubt innerhalb der erfindungsgemäßen Zusammensetzung einen ausreichenden oder auch verhältnismäßig großen Abstand von den Zwei-Phasengebieten (vgl. grauer Bereich im Diagramm der Fig. 1), d.h. Nickel-Äquivalente über 17, beispielsweise 18, über 20 oder auch über 26, hinter denen sich entsprechend höhere Gehalte an Chrom, Molybdän, Mangan, Stickstoff und Kohlenstoff sowie die damit verbundene Verbesserung der für die Verwendung der Legierung als bioverträglicher Werkstoff kritischen Eigenschaften, insbesondere eine höhere Korrosions- bzw. Lochfraßbeständigkeit bei hoher Festigkeit und Zähigkeit sowie ausgezeichneter Verarbeitbarkeit verbergen.

[0016] Die Stahllegierung erlaubt eine Kaltverformung bis zu 90% und bleibt dabei völlig unmagnetisch und ausreichend zäh. So beträgt die Einschnürung 70 bis 35% bei Verformungsgraden bis 80%. Des weiteren besitzt die Stahllegierung eine hohe Dauerwechselfestigkeit, beispielsweise über 10 Lastwechsel bei 700 MPa nach einem 60%-igen Kaltverformen.

[0017] Darüber hinaus ist die Stahllegierung völlig amagnetisch, besitzt einen hohen elektrischen Widerstand sowie eine stabile und passive Oberfläche; ihre Festigkeit liegt bei 1000 bis über 2000 MPa oder auch 2500 MPa, je nach dem Grad einer Kaltverformung, bei guter Zähigkeit und Härte von bis 630 HV 0,5 sowie einem PREN-Wert von 37 oder auch über 45, vorzugsweise über 50; ihre Korrosionsbeständigkeit zeigt sich im Meereswasser-Versuch an einem elektrochemischen Durchbruchpotential Ep von über 1000 mV oder auch 1150 mV, während das Durchbruchpotential herkömmlicher Implantatstähle bei etwa 750 bis 800 mV liegt. Die hohe Festigkeit erlaubt geringere Querschnitte und dementsprechend ein geringeres Gewicht bei gleicher Kontur.

[0018] Der spezifische Widerstand beträgt das drei- bis fünffache herkömmlicher Austenite; die relative Permeabilität als Anziehen dafür, daß die Stahllegierung amagnetisch ist, liegt bei µR = 1,001.

[0019] Vorzugsweise enthält die erfindungsgemäße Stahllegierung 0,1 bis 0,2% Kohlenstoff, 0,002 bis 0,008% Schwefel, 0,002 bis 0,01% Phosphor, 14 bis 16% Mangan, 0,5 bis 0,8% Silizium, 1,5 bis 3% Kupfer, 3 bis 5% Kobalt, höchstens 0,01% Titan, 3 bis 6% Molybdän, 18 bis 22% Chrom, höchstens 0,40% Nickel, jeweils höchstens 0,01% Aluminium, Niob und Bor, 0,04 bis 0,2% Vanadium und 0,7 bis 0,9% Stickstoff.

[0020] In Gegenwart von Kobalt und Kupfer wirkt das Mangan synergistisch, obgleich Mangan-Gehalte über 10%, insbesondere über 12% zum Entstehen intermetallischer Phasen und damit zu einer Beeinträchtigung der Korrosionsbeständigkeit führen. Kobalt und Kupfer wirken dem entgegen; sie erhöhen die Löslichkeit von Cr2N und Sigma-Phase im Austenit.

[0021] Die hohe Gefügestabilität der erfindungsgemäßen Stahllegierung veranschaulicht das Diagramm der Fig. 2, das die ausgezogene Abkühlungskurve 1 einer herkömmlichen nickelfreien austenitischen Chrom-Mangan-Stickstoff-Stahllegierung mit 0,08% Kohlenstoff, 11% Mangan, 4% Molybdän und 0,9% Stickstoff und die zu längeren Abkühlungszeiten verschobene gestrichelte Kurve 2 der erfindungsgemäßen Stahllegierung des Beispiels 1 (siehe unten) wiedergibt. Des weiteren ist in das Diagramm der Fig. 2 der durch die Kurve 1' begrenzte, dunkelgraue angelegte Bereich des Entstehens schädlicher Ausscheidungsphasen bei der bekannten Vergleichslegierung und der durch die gestrichelte Kurve 2' begrenzte, hellgrau angelegte Bereich des Entstehens von Ausscheidungsphasen bei der erfindungsgemäßen Stahllegierung eingezeichnet.

[0022] Das Diagramm zeigt, daß die erfindungsgemäße Stahllegierung im Temperaturbereich unter 1000°C eine zunehmend langsamere Abkühlung und dementsprechend größere Querschnitte erlaubt, ohne daß die Gefahr einer Versprödung durch Ausscheidungsphasen besteht. Dies ist vornehmlich darauf zurückzuführen, daß bei der erfindungsgemäßen Stahllegierung Kobalt und Kupfer insbesondere in dem durch deren Mengenverhältnis gekennzeichneten Bereich die Löslichkeit des Chromnitrids und der Sigma-Phase verbessern und gleichzeitig die Löslichkeitsgrenze soweit anheben, daß die Gefahr des Entstehens schädlicher Ausscheidungsphasen deutlich geringer ist. Die bisher notwendigen hohen Abkühlungsgeschwindigkeiten von beispielsweise 200°C/min verringern sich im Schnitt auf weniger als die Hälfte, und ein Lösungsglühen kann bei Temperaturen von 1100°C bis 1150°C stattfinden.

[0023] Hinzu kommt, daß Kobalt das Entstehen Chrom, Molybdänund Kobalt enthaltender Spinelle begünstigt, die eine Inertisierung der Oberfläche in Gestalt einer stabilen Passivierungsschicht und damit eine Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit, aber auch ein besseres Haftvermögen beispielsweise im Falle einer Titanbeschichtung als Trägerschicht für einen Überzug aus Hydroxyappatit oder Kalziumphosphat bewirken.

[0024] Die verbesserte Korrosionsbeständigkeit der erfindungsgemäßen Stahllegierung im Vergleich zu bekannten Werkstoffen veranschaulicht das Diagramm der Fig. 3. Die Messungen wurden nach der "anodic current density-Methode" durchgeführt, bei der der Stromanstieg als Funktion des angelegten Potentials gemessen wurde. Dabei handelt es sich um eine sogenannte elektrochemische Messung, die so durchgeführt wird, daß ein Potentiostat das Potential der als Arbeitselektrode geschalteten Probe auf einen vorgegebenen Wert relativ zu einer Bezugselektrode regelt. Der zu messende Strom fließt dabei zwischen der Arbeitselektrode und einer Gegenelektrode und wird mit einem Schreiber aufgezeichnet. Die Messungen wurden in einem Glasbehälter mit einer Kochsalzlösung bei 40°C durchgeführt.

[0025] Die gute Korrosionsbeständigkeit verhindert, daß Nickelionen unter dem Einfluß des menschlichen Schweißes in den menschlichen Körper gelangen und so zu allergischen Reaktionen führen.

[0026] Aus dem Diagramm der Fig. 4 ergibt sich die Zugfestigkeit der erfindungsgemäßen Stahllegierung des Beispiels 1 in Abhängigkeit von deren Verformungsgrad beim Kaltverformen.

[0027] Die erfindungsgemäße Stahllegierung läßt sich bei Atmosphärendruck im Induktionsofen erschmelzen. Dabei wird vorzugsweise eine hochchromhaltige Vorschmelze erzeugt, in die nacheinander Molybdän, Kupfer und Kobalt eingebracht werden. Sodann wird in die Schmelze Mangannitrid mit einem Stickstoffgehalt über 6% in Portionen von höchstens 2% des Einsatzgewichtes eingebracht. Die Abstichtemperatur liegt vorzugsweise 100 bis 120°C über der Liquidustemperatur. Die erfindungsgemäße Stahllegierung wird vorzugsweise aufsteigend in einer vorgewärmten Kokille vergossen. Nach einem Ausgleichsglühen bei 1150 bis 1250°C läßt sich der Gußblock - gegebenenfalls nach einem Elektro-Schlacke-Umschmelzen (ESU) - durch Schmieden und/oder Walzen zu einem Vormaterial warmverarbeiten.

[0028] Alternativ läßt sich der Stickstoff jedoch auch gasförmig, beispielsweise im Wege eines Druckaufstickens beim Elektroschlacke-Umschmelzen einbringen.

[0029] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen des näheren erläutert.

Beispiel 1



[0030] Nach dem vorstehend beschriebenen Verfahren wurde eine Stahllegierung mit 19,3% Chrom, 15,0% Mangan, 0,2% Nickel, 3,5% Molybdän, 4,5% Kobalt, 2,0% Kupfer, 0,7% Silizium, 0,13% Kohlenstoff, 0,015% Niob, 0,78% Stickstoff, 0,005% Schwefel, 0,05% Vanadium und 0,03% Titan, Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen mit einem Nickel-Äquivalent von 21,9 im Induktionsofen erschmolzen und nach dem Vergießen zu einem Rundstab mit einem Durchmesser von 56 mm ausgeschmiedet. Der Stab wurde sodann bei 1130°C lösungsgeglüht und mit Wasser abgeschreckt; er erwies sich als völlig unmagnetisch und war über den gesamten Querschnitt frei von Ausscheidungsphasen. Im Zugversuch ergaben sich die folgenden Werte:
Zugfestigkeit Rm
1150 MPa
Einschnürung
70%


[0031] Die Zugfestigkeit erhöhte sich nach einem 56%-igen Kaltverformen auf 2120 MPa bei einer Einschnürung von 40% und einer Härte von 610 HV.

[0032] Das Durchbruchpotential wurde in einer 1-M-Natriumchlorid-Lösung gemessen und betrug Ep > 1230 mV.

[0033] Die Stahllegierung ließ sich sehr gut zerspanen, ohne daß dabei Verklebungen und Schuppenbildungen in der Oberfläche erkennbar waren. Die Oberfläche war glatt und glänzend. Auch bei einem Gewindeschneiden ergab sich eine glatte und fehlerfreie Oberfläche.

Beispiel 2



[0034] In gleicher Weise wurde einer weitere Versuchslegierung mit 18,5% Chrom, 15,4% Mangan, 0,18% Nickel, 4,8% Molybdän, 4,6% Kobalt, 2,4% Kupfer, 0,65% Silizium, 0,14% Kohlenstoff, 0,01% Niob, 0,86% Stickstoff, 0,004% Schwefel, 0,06% Vanadium und 0,01% Titan, Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen mit einem Nickel-Äquivalent von 23,6 erschmolzen, vergossen und zu einem Rundstab mit einem Durchmesser von 56 mm ausgeschmiedet. Der Stab wurde nach einem Lösungsglühen bei 1130°C mit Wasser abgeschreckt; er war im abgeschreckten Zustand völlig unmagnetisch und über den gesamten Querschnitt frei von Ausscheidungen.

[0035] Bei der weiteren Untersuchung ergaben sich die folgenden Werte:
Zugfestigkeit Rm
1160 MPa
Einschnürung
65%
und nach einem 56%-igen Kaltverformen
Zugfestigkeit Rm
1970 MPa
Einschnürung
42%
Härte
620 HV
Durchbruchpotential Ep >
1200 mV

Beispiel 3



[0036] In ebenfalls gleicher Weise wurde eine Stahllegierung mit 20,5% Chrom, 13,2% Mangan, 0,10% Nickel, 4,8% Molybdän, 2,5% Kobalt, 1,4% Kupfer, 0,65% Silizium, 0,10% Kohlenstoff, 0,01% Niob, 0,83% Stickstoff, 0,004% Schwefel, 0,05% Vanadium und 0,01% Titan, Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen mit einem Nickel-Äquivalent von 20,1 erschmolzen, vergossen und zu einem Rundstab mit einem Durchmesser von 56 mm ausgeschmiedet. Der Stab wurde ebenfalls bei 1130°C geglüht und mit Wasser abgeschreckt; er war völlig unmagnetisch und zeigte über den gesamten Querschnitt keine Ausscheidungsphasen.

[0037] Bei der weiteren Untersuchung ergaben sich die folgenden Eigenschaften:
Zugfestigkeit Rm
1040 MPa
Einschnürung
70%
und nach einem 75%-igen Kaltverformen
Zugfestigkeit Rm
2200 MPa
Dehnung
8%
Härte
650 HV
Durchbruchpotential Ep >
1190 mV


[0038] Das Zerspanungsverhalten entsprach dem der Stahllegierung des Beispiels 2 bei etwas besserem Oberflächenglanz.

[0039] Die erfindungsgemäße Stahllegierung erfüllt die eingangs erwähnten Anforderungen und eignet sich aufgrund ihrer speziellen Eigenschaftskombination insbesondere als Werkstoff für die Medizintechnik bzw. für mit dem menschlichen Körper, insbesondere menschlichem Schweiß in Berührung kommende Gegenstände wie Münzen, Prothesen, Implantate, Dentaldrähte, Knochennägel, Platten, chirurgische Instrumente, Bohrer und Nadeln, Schmuck und Brillengestelle sowie für Krankenhaus- und Laborinstallationen, Bestecke, Küchengeräte und Gebrauchsmustergegenstände, bei denen es auf die geschilderte Eigenschaftskombination ankommt.


Ansprüche

1. Chrom-Mangan-Stahllegierung mit

0,08 bis 0,25% Kohlenstoff

höchstens 0,015% Schwefel

höchstens 0,050% Phosphor

12 bis 17% Mangan

0,2 bis 1% Silizium

1 bis 3% Kupfer

2 bis 6% Kobalt

höchstens 0,01% Titan

3 bis 6% Molybdän

17 bis 22% Chrom

höchstens 1,0% Nickel

höchstens 0,01% Aluminium

höchstens 0,01% Niob

höchstens 0,01% Bor

höchstens 0,2% Vanadium

0,5 bis 0,9% Stickstoff,

Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen und einem Nickel-Äquivalent über 17, vorzugsweise über 20.
 
2. Stahllegierung nach Anspruch 1, deren Gehalte an Kohlenstoff und Stickstoff der Bedingung:

genügen.
 
3. Stahllegierung nach Anspruch 1 oder 2, deren Gehalte an Kobalt und Kupfer der Bedingung:

genügen.
 
4. Stahllegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, deren Nickeläquivalent der Bedingung:

   K=0,6 bis 2,5
genügt.
 
5. Stahllegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, die jedoch

0,1 bis 0,2% Kohlenstoff

0,002 bis 0,008% Schwefel

0,002 bis 0,01% Phosphor

14 bis 16% Mangan

0,5 bis 0,8% Silizium

1,5 bis 3% Kupfer

3 bis 5% Kobalt

höchstens 0,01% Titan

3 bis 6% Molybdän

18 bis 22% Chrom

höchstens 0,4% Nickel

höchstens 0,01% Aluminium

höchstens 0,01% Niob

höchstens 0,01% Bor

0,04 bis 0,2% Vanadium

0,7 bis 0,9% Stickstoff,

Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingte Verunreinigungen enthält.
 
6. Stahllegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 5 mit 0,11 bis 0,20% Kohlenstoff, 0,74 bis 0,90% Stickstoff und 4 bis 5% Kobalt sowie einem Nickel-Äquivalent über 20.
 
7. Verwendung einer Legierung nach einem der Ansprüche 1 bis 6 als Werkstoff für die Medizintechnik, Krankenhaus- und Laborinstallationen, Gebrauchsgegenstände und Schmuck.
 




Zeichnung













Recherchenbericht