(19)
(11) EP 0 943 589 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.09.1999  Patentblatt  1999/38

(21) Anmeldenummer: 98104738.4

(22) Anmeldetag:  17.03.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C04B 28/14, E04C 2/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(71) Anmelder: Rigips GmbH
D-40549 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Spickermann, Winfried, Dr.
    37619 Bodenwerder (DE)
  • Fischer, Markus, Dr.
    37619 Bodenwerder (DE)
  • Butz, Heinz-Joachim
    37619 Bodenwerder (DE)
  • Fiedler, Adolf
    37619 Heyen (DE)
  • Borns, Erwin
    37619 Kirchbrak (DE)

(74) Vertreter: Minderop, Ralph H., Dr. rer. nat. et al
Cohausz & Florack, Patentanwälte, Kanzlerstrasse 8a
40472 Düsseldorf
40472 Düsseldorf (DE)

   


(54) System aus Gipsfaserplatten und an diese angepassten Fugenfüller


(57) Eine Gipsfaserplatte ist an mindestens einer Plattenkante derart abgefast, daß die abgefaste Kante einen rechtwinklig zur Plattenoberfläche verlaufenden Steg aufweist, dessen Höhe 5 bis 50% der Plattendicke, mindestens aber 1 mm, und die Fasenbreite mindestens 3 mm beträgt; ein auf diese Gipsfaserplatte abgestimmter trockener Fugenfüllermischung enthält 70 bis 98 Gew.% Stuckgips einer Teilchengröße von < 300 µm, 0,02 bis 0,5 Gew.% Andicker, 0,2 bis 1 Gew.% Wasserretentionsmittel, 0,5 bis 3 Gew.% Polyvinylalkohol und 0,001 bis 0,1 Gew.% Borsäure oder eines Erdalkali- oder Alkalisalzes der Borsäure, jeweils bezogen auf das Gewicht der Mischung, sowie übliche Zusatzstoffe.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Gipsfaserplatte mit einer besonderen Kantenausbildung sowie einen für die gebildete Fuge geeigneten Fugenfüller.

[0002] Gipsfaserplatten sind seit vielen Jahren bekannt. Sie weisen gegenüber Gipskartonplatten eine höhere Festigkeit und eine Richtungsunabhängigkeit bei vielen Belastungsfällen auf. Sie sind deshalb für bestimmte Anwendungen besser geeignet als Gipskartonplatten, wofür jedoch gegenüber Gipskartonplatten ein höheres Gewicht in Kauf genommen werden muß.

[0003] Die bekannten Gipsfaserplatten weisen immer eine rechtwinklige Kante auf und müssen auf Abstand verlegt werden. Die dabei entstandene Fuge wird mit einem Fugenfüller verfüllt, dem im Hinblick auf die Zugfestigkeit und Biegezugfestigkeit der verfüllten Fuge besondere Bedeutung zukommt.

[0004] Nachteilig beim Einsatz bekannter Gipsfaserplatten und dafür verwendeter Fugenfüller ist, daß beim Verlegen der Platten dafür Sorge getragen werden muß, daß das Verlegen der Platten in einem bestimmten Rastermaß erfolgt und ein Abstand von etwa 5mm zwischen den Platten konstant eingehalten wird. Bekannte Gipsfaserplatten werden also nicht auf Stoß verlegt, was das Verlegen der Platten stark vereinfachen würde.

[0005] Aufgabe der Erfindung ist es, ein System aus Gipsfaserplatten und einem Fugenfüller bereitzustellen, welches ein schnelleres Verlegen bei ausreichend fester Fugenverbindung der einzelnen Platten untereinander gewährleistet.

[0006] Gelöst wird diese Aufgabe durch eine Gipsfaserplatte, die mindestens eine abgefaste Kante aufweist, wobei die abgefaste Kante einen rechtwinklig zur Plattenoberfläche stehenden Steg aufweist, dessen Höhe 5 bis 50% der Plattendicke, mindestens aber 1 mm, und die Fasenbreite mindestens 3 mm beträgt, und einen Fugenfüller zum Verfüllen der durch die auf Stoß verlegten Gipsfaserplatten entstehenden Fugenräume, der 70 bis 98% Stuckgips einer Teilchengröße von < 300 µm, 0,02 bis 0,5% Stärkeether, 0,2 bis 1% Methylcellulose, 0,5 bis 3% Polyvinylalkohol, 0,001 bis 0,1% einer Borsäure oder eines Alkalimetall- oder Erdalkalimetallsalzes einer Borsäure enthält.

[0007] Erfindungsgemäß wird erstmalig ein Gipsfaserplattensystem bereitgestellt, welches einerseits das einfache Verlegen der Platten auf Stoß und andererseits den gewünschten festen Verbund zwischen solchen Platten ermöglicht. Darüber hinaus sind die durch Verlegen der erfindungsgemäßen Gipsfaserplatten entstandenen Fugen leichter zu verspachteln als bei Einsatz herkömmlicher Gipsfaserplatten und weisen die geforderte Fugenfestigkeit auf.

[0008] Die EP 227 876 B1 beschreibt Gipskartonplatten mit einer abgerundeten Kante sowie einen Fugenfüller für die speziell mit diesen Platten gebildeten Fugenräume. Gipskartonplatten sind in der Regel leichter als Gipsfaserplatten gleicher Dicke. Damit zwischen den schwereren Gipsfaserplatten ein fester Verbund entsteht, was deshalb bisher angenommen worden, daß dieser nur durch die klassische Verlegung mit ausreichend großem Fugenraum und einer Verfüllung mit einer entsprechend großen Menge eines Fugenfüllers erzielt werden kann. Zu bedenken ist ferner, daß die abgerundeten Kanten der Gipskartonplatten mit einer Kartonlage ummantelt sind, so daß dadurch einerseits eine Stabilisierung der Kante erfolgt andererseits der eingesetzte Fugenfüller darauf abgestimmt ist, an der Papieroberfläche gut zu haften.

[0009] Die Fase der erfindungsgemäßen Gipsfaserplatten muß derart ausgebildet sein, daß die Steghöhe der Gipsfaserplattenkante 5 bis 50% der Plattendicke, mindestens aber 1 mm, beträgt. Ist die Steghöhe geringer als 5% der Plattendicke oder als 1 mm, kann die Kante beim Abfasen, Transport oder Einbau der Gipsfaserplatte abbrechen. Ist hingegen der Steg wesentlich höher als 50% der Plattendicke, wird der Fugenraum zu klein und die zum Verfüllen der Fuge einsetzbare Menge an Fugenfüller reicht nicht aus, die gewünschte Fugenfestigkeit zu gewährleisten.

[0010] Erfindungsgemäß eingesetzte Gipsfaserplatten umfassen alle Arten von Gipsfaserplatten. Sie können homogen über die gesamte Dicke aufgebaut oder mehrschichtig sein. Mehrschichtige Gipsfaserplatten weisen eine Kernschicht und mindestens eine Deckschicht auf. Die Dicke der Kernschicht kann 25 bis 50% der Gipsfaserplattendicke ausmachen.

[0011] Die Kante sollte derart abgefast sein, daß die Fase oder der Faserschenkel gerade, konkav oder konvex ausgebildet ist. Die Kanten können werksseitig oder auf der Baustelle mit einem Handwerkszeug gefast werden.

[0012] Die Bestandteile der erfindungsgemäßen tockenen Fugenfüllermischung werden anschließend erläutert. Alle Mengen- und Konzentrationsangaben beziehen sich auf das Gewicht der trockenen Mischung.

[0013] Hauptbestandteil ist ein β-Halbhydratgips (Stuckgips), der herstellungsbedingt geringe Mengen anderer Calciumsulfate enthalten kann. In der trockenen Fugenfüllermischung liegt der Stuckgips in einer Menge von 70 bis 98 Gew.%, vorzugsweise 90 bis 97 Gew.% vor. Als Andicker wird vorzugsweise ein Stärkeether eingesetzt. Besonders bevorzugte Stärkeether sind Hydroxypropylstärken. Diese Andicker werden in einer Menge von 0,02 bis 0,5 Gew.%, vorzugsweise 0,1 oder 0,2 bis 0,3 Gew.% eingesetzt. Als Wasserretentionsmittel werden vorzugsweise Methylcellulosen verwendet. Das Wasserretentionsmittel wird in einer Menge von 0,2 bis 1 Gew.%, vorzugsweise 0,5 bis 0,8 Gew.% eingesetzt.

[0014] Als weitere wesentliche Bestandteile enthält die erfindungsgemäße trockene Fugenfüllermischung Polyvinylalkohol und Borsäure oder ein Alkali-/Erdalkalisalz einer Borsäure. Borsäure und deren Salze fördern die Vernetzung des Polyvinylalkohols und erhöhen die Festigkeit des Fugenfüllers und die Haftfestigkeit des Fugenfüllers an der Gipsfaserplatte. In gipsgebundenen Fugenfüllern übliche Zusätze umfassen Verzögerer, Beschleuniger, Netzmittel und Entschäumer.

[0015] Als Verzögerer kann ein Proteinverzögerer, beispielsweise in einer Menge von 0,01 bis 0,5 Gew.% eingesetzt werden. Der Beschleuniger kann in einer Menge von 0,1 bis 1 Gew.% eingesetzt werden, insbesondere wenn es sich dabei um einen Dihydratbeschleuniger handelt. Ein Netzmittel kann beispielsweise in Mengen bis zu 0,1 Gew.%, ein Entschäumer in einer Menge bis zu 0,2 Gew.% eingesetzt werden.

[0016] Gemäß bevorzugten Ausführungsformen der Erfindung kann der Fugenfüller mineralische Zuschlagstoffe wie Kalksteinmehl (Calciumcarbonat), Glimmer oder Gemische einzelner mineralischer Zuschlagstoffe enthalten. Diese werden vorzugsweise in einer Menge von bis zu 25 Gew.% in der trockenen Fugenfüllermischung eingesetzt.

[0017] Soll über die Wirkung des zuvor beschriebenen Andickers hinaus eine weitere Andickung des Fugenfüllers bewirkt werden, hat es sich als vorteilhaft erwiesen, der Mischung ein Polyacrylamid oder Polymethylacrylamid zuzusetzen. Die Menge dieses zusätzlichen Andickers hängt von der gewünschten Viskosität ab und kann bis zu 0,1% oder mehr, vorzugsweise bis zu 0,06 Gew.% betragen.

[0018] Viskosität und Zähigkeit des Fugenfüllers können durch Zugabe von Fasern, insbesondere Cellulosefasern, weiter gesteuert werden. Cellulosefasern können beispielsweise der trockenen Fugenfüllermischung in Mengen bis zu 1 Gew.% zugesetzt werden.

[0019] Der erfindungsgemäße Fugenfüller ist maßbeständig und elastisch, so daß weder Riß- noch Wulstbildung zu erwarten sind. Die im Verbund der vergleichsweise schweren Gipsfaserplatten durch externe Belastung auftretenden Spannungen werden furch die Fuge aufgenommen, ohne daß sich dies nachteilig auf die Fuge auswirkt.

[0020] Zum Verspachteln der Fuge wird die trockene Fugenfüllermischung in bekannter Weise mit Wasser verrührt. Als praxisgerecht hat sich ein Verhältnis Wasser/trockene Fugenfüllermischung von etwa 0,9 erwiesen.

[0021] Wenn auch grundsätzlich nicht erforderlich, kann das Verfugen oder Verspachteln unter Verwendung eines Bewehrungsstreifens erfolgen, der beim Verspachteln in die Fugenmasse eingebettet wird.

[0022] Die beiden Figuren zeigen zwei unterschiedliche Ausgestaltungen der Kante der erfindungsgemäßen Gipsfaserplatte 1. Die Fase 2 oder Faserschenkel 2 kann gerade wie in Fig.1 oder konvex oder konkav, wie in Fig. 2 angedeutet ausgeformt, sein. Der verbleibende rechtwinklige Steg 3 der Kante ermöglicht das Verlegen der Gipsfaserplatten auf Stoß. Die Tiefe der Fase ist mit dem Winkel zwischen gedachter Verlängerung des Stegs 3 und dem Faseschenkel 2 für das Fugenvolumen und damit die Menge des einbringbaren Fugenfüllers verantwortlich.

[0023] Das folgende Beispiel dient der weiteren Erläuterung der Erfindung.

Beispiel 1



[0024] Ein erfindungsgemäßer Fugenfüller wird auf der Grundlage der folgenden Rezeptur hergestellt.
92
Gew.% Stuckgips, Teilchengröße < 300 µm
4,27
Gew.% Kalksteinmehl
0,5
Gew.% Cellulosefasern
0,2
Gew.% Stärkeether
0,8
Gew.% Methylcellulose
0,7
Gew.% Dihydrat-Beschleuniger
0,02
Gew.% Polyacrylamid
0,01
Gew.% Borat
1,5
Gew.% Polyvinylalkohol
0,01 bis 0,2
Gew.% Verzögerer


[0025] 100 Teile dieser trockenen Pulvermischung werden mit 90 Teilen Wasser vermischt und zum Verfugen eines Fugenraums eingesetzt, der durch Verlegen zweier erfindungsgemäßer Gipsfaserplatten auf Stoß gebildet wurde. Das Verfugen erfolgte in zwei Spachtelgängen ohne Bewehrungsstreifen. Die Festigkeit der Fuge wurde bestimmt. Für die Zugfestigkeit wurde ein Wert von 136 N/cm und für die Biegezugfestigkeit 9,5 N/cm ermittelt. Die Festigkeiten wurden in Anlehnung an die DIN 18180 bestimmt.


Ansprüche

1. Gipsfaserplatte, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine Plattenkante derart abgefast ist, daß die abgefaste Kante einen rechtwinklig zur Plattenoberfläche verlaufenden Steg aufweist, dessen Höhe 5 bis 50% der Plattendicke, mindestens aber 1 mm, und die Fasenbreite mindestens 3 mm beträgt.
 
2. Gipsfaserplatte nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der abgefaste Teil der Gipsfaserplattenkante gerade, konkav oder konvex ausgebildet ist.
 
3. Trockene Fugenfüllermischung zum Verfüllen von Fugenräumen, die sich nach Verlegen der Gipsfaserplatten der Ansprüche 1 und 2 ergeben, enthaltend 70 bis 98 Gew.% Stuckgips einer Teilchengröße von < 300 µm, 0,02 bis 0,5 Gew.% Andicker, 0,2 bis 1 Gew.% Wasserretentionsmittel, 0,5 bis 3 Gew.% Polyvinylalkohol und 0,001 bis 0,1 Gew.% Borsäure oder eines Erdalkali- oder Alkalisalzes der Borsäure, jeweils bezogen auf das Gewicht der Mischung, sowie übliche Zusatzstoffe.
 
4. Fugenfüllermischung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß als Andicker 0,02 bis 0,5 Gew.% Stärkeether und als Wasserretentionsmittel 0,2 bis 1,0 Gew.% Methylcellulose, jeweils bezogen auf das Gewicht der Mischung, enthalten sind.
 
5. Fugenfüllermischung nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, da sie zusätzlich bis zu 0,5 Gew.% Polyacrylamid, bezogen auf das Gewicht der Mischung, enthält.
 
6. Gipsfaserplattensystem, enthaltend mindestens zwei Gipsfaserplatten nach den Ansprüchen 1 und 2 sowie eine trockene Fugenfüllermischung nach den Ansprüchen 3 bis 5.
 




Zeichnung







Recherchenbericht