[0001] Soll ein Modell eines Gestrickstücks in Serie gefertigt werden, so ist es wichtig,
dass alle Exemplare der Serie möglichst identisch sind. Dies wird einmal dadurch erreicht,
dass alle Exemplare nach dem gleichen Musterprogramm auf der Maschine gestrickt werden.
Ein weiteres Kriterium ist jedoch auch, dass für jedes Exemplar die gleiche Strickfadenlänge
pro Maschenreihe verbraucht wird. Es ist daher in der EP 0 652 317 ein Verfahren vorgeschlagen
worden, bei dem die Strickfadenlänge für ein Gestrickstück dadurch ermittelt wird,
dass auf der Strickmaschine zunächst Mustergestrickstücke erstellt werden, bei denen
die Strickparameter solange verändert werden, bis ein Gestrickstück optimaler Form,
Struktur und Aussehen entsteht. Dieses Gestrickstück wird dann als Referenzexemplar
für die nachfolgende Serienproduktion verwendet. Von diesem Referenzexemplar werden
die Maschengrößen, die Anzahl der Maschen in einer Maschenreihe sowie die Länge des
oder der verstrickten Strickfäden pro Maschenreihe abgespeichert. Bei der Produktion
der nachfolgenden Serienexemplare wird die verbrauchte Strickfadenlänge in jeder Maschenreihe
mit dem Wert der Strickfadenlänge der entsprechenden Maschenreihe des Referenzexemplars
verglichen. Sollten sich dabei Abweichungen zwischen dem gemessenen Strickfadenverbrauch
und dem Referenzwert ergeben, so wird die Maschengröße des gerade gefertigten Gestrickstücks
so verändert, dass der Referenzwert für den Strickfadenverbrauch wieder erreicht wird.
Dieses bekannte Verfahren ist jedoch sehr aufwendig, weil erst mehrere Exemplare des
Gestrickstücks gestrickt werden müssen, bevor Referenzwerte für den Strickfadenverbrauch
vorliegen. Bei Kleidungsstücken ist dieser Nachteil besonders gravierend, da Kleidungsstücke
ja immer in mehreren Größen angeboten werden und für jede Größe erst durch Stricken
von Testmodellen ein Referenzexemplar ermittelt werden muss.
[0002] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren vorzuschlagen,
mit dem die Herstellung von Gestrickstücken gleichen Strickfadenverbrauchs unter Vermeidung
der oben genannten Nachteile möglich ist.
[0003] Die Aufgabe wird mit einem Verfahren zur Herstellung eines Gestrickstücks auf einer
Strickmaschine gelöst, das gekennzeichnet ist durch die Schritte:
- Entwurf der Form, Größe und Musterung des zu fertigenden Gestrickstücks mit Hilfe
eines Computerprogramms,
- Ermittlung der Maschen- und/oder Fanghenkelzahl, der Maschen- und/oder Fanghenkelgröße
sowie des Verlaufs des oder der Strickfäden von einer Nadel zur nächsten in Abhängigkeit
der Parameter der Strickmaschine für jede Maschenreihe des entworfenen Gestrickstücks,
- Ermittlung der benötigten Länge des oder der Strickfäden für jede Maschenreihe des
Gestrickstücks,
- Stricken eines Gestrickstücks entsprechend der Entwurfsvorgaben und Messung der tatsächlich
verbrauchten Strickfadenlänge oder -längen während des Strickvorgangs des Gestrickstücks
in jeder Maschenreihe;
- Vergleich der gemessenen Strickfadenlänge oder -längen mit den vorab ermittelten Sollwerten,
- Veränderung der Maschen- und/oder Fanghenkelgröße während des Strickvorgangs, falls
die Messwerte und die Sollwerte der Strickfadenlängen voneinander abweichen.
[0004] Beim erfindungsgemäßen Verfahren kann also auf das Stricken von Testmustern vollständig
verzichtet werden. Alle relevanten Größen einschließlich der Strickfadenlängen pro
Maschenreihe werden beim Entwurf des Gestrickstücks mit Hilfe eines Computers ermittelt.
Die hierzu verwendeten Musterentwurfsprogramme können auf einem Farbmonitor die Musterung
und Formgebung des Gestrickstücks sehr exakt darstellen. Die Programme werden außerdem
mit sämtlichen Daten der Strickmaschine wie Nadelstärken, Nadelteilung, Kammspaltbreite
und dergleichen versorgt. Außerdem werden dem Programm entsprechende Daten über die
verwendeten Strickfäden zugeführt. Damit sind die Programme in der Lage, nicht nur
das Aussehen des fertigen Gestrickstücks genau darzustellen, sondern auch die Maschinenlaufzeit
für die Produktion des Gestricks und die Länge der verarbeiteten Strickfäden zu ermitteln.
[0005] Zur Ermittlung der Strickfadenlänge einer Maschenreihe sind mehrere Verfahren möglich.
So können zur Ermittlung der benötigten Länge des oder der Strickfäden für jede Maschenreihe
des Gestrickstücks der oder die Strickfadenverläufe in Einzelelemente wie Maschen-
und/oder Fanghenkelschleifen, Maschenfüße, Verbindung der Maschenfüße zweier aufeinander
folgender Maschen zerlegt und die Fadenlängen der Einzelelemente in Abhängigkeit vom
Nadelabstand, von der Kammspaltbreite der Maschine, von der Nadelstärke, der Maschengröße
und der Strickfadendicke aus Tabellen entnommen und zur Gesamtfadenlänge einer Maschenreihe
aufaddiert werden. Die Tabellenwerte können dabei durch empirische Ermittlung an vergleichbaren
Gestrickstücken gewonnen werden.
[0006] Eine andere Möglichkeit zur Ermittlung der benötigten Länge des oder der Strickfäden
für jede Maschenreihe des Gestrickstücks besteht darin, der oder die Strickfadenverläufe
abschnittsweise durch einfache geometrische Figuren anzunähern und die berechneten
Längen der einzelnen Figuren zu den Sollwerten für die Gesamtfadenlängen der Maschenreihe
aufzuaddieren. Als geometrische Figuren kommen dabei beispielsweise Kreisbogenabschnitte
und Geradenabschnitte in Frage.
[0007] Nachfolgend wird anhand der Zeichnung eine Möglichkeit der Bestimmung der Strickfadenlänge
näher beschrieben.
[0008] Es zeigen:
- Fig. 1
- eine schematische Darstellung eines in Einzelelemente zerlegten Strickfadenverlaufs
eines einbettigen Gestricks;
- Fig. 2
- eine schematische Darstellung eines in Einzelelemente zerlegten Strickfadenverlaufs
eines doppelbettigen Gestricks;
- Fig. 3
- eine schematische Darstellung eines in Einzelelemente zerlegten Strickfadenverlaufs
eines doppelbettigen 1:1-Gestricks;
- Fig. 4
- eine schematische Darstellung eines in Einzelelemente zerlegten Strickfadenverlaufs
eines Gestricke mit ein- und doppelbettigen Sektoren.
[0009] Fig. 1 zeigt den Verlauf eines Strickfaden 10 eines einflächigen Gestricke. Dabei
strickt jede Nadel 11 eines Nadelbetts einer Flachstrickmaschine, wobei die Nadeln
11 einen gegenseitigen Abstand a aufweisen. Zur Bestimmung der Länge des Strickfadens
10 in einer Maschenreihe des Gestricke kann der Strickfadenverlauf wie folgt in Einzelelemente
1 und 2 aufgeteilt werden: Das Element 1 ist eine Maschenschleife, die sich aus einem
Maschenkopf 1a und zwei Maschenschenkeln 1b zusammensetzt. Die Maschenschleife wird
durch einen Maschenkopf 5 der zuvor gestrickten Masche abgeschlossen. Die Fadenlänge
dieses Elements 1 wird durch die Dicke des Kopfes der Nadel 11 sowie durch die Länge
der beiden Maschenschenkel 1a, 1b, die von der Nadelsenkerposition abhängt, bestimmt.
Werden statt Maschen Fanghenkel gebildet, so wird der Wert für die Strickfadenlänge
einer entsprechenden Maschenschleife mit einem Faktor multipliziert, der die etwas
geringere Fadenlänge eines Fanghenkels gegenüber einer Masche berücksichtigt. Die
Elemente 2 des Strickfadenverlaufs aus Fig. 1 sind Maschenfüße, die aus einem Fußteil
2a nach links und einem Fußteil 2b nach rechts bestehen. Da die Ausrichtung der Fußteile
2a und 2b je nach Bindungsart entweder in Nadelbettebenen oder winklig dazu angeordnet
sind, für ein- und zweibettige Gestricke jedoch dieselben Elemente 2 verwendet werden
sollen, wird das Element 2 wie folgt festgelegt:
[0010] Um den Kreuzungspunkt zwischen dem Abschlaggrund A und der Mittelebene M der Nadel
11 wird ein Kreisbogen mit dem Radius R, der dem halben Nadelabstand a entspricht,
geschlagen. Die Strickfadenlänge innerhalb dieses Kreisbogens gehört zum Maschenfußelement
2, unabhängig davon, in welcher Richtung die Fußteile 2a und 2b ausgerichtet sind.
Die Länge des Strickfadens des Elements 2 entspricht damit ungefähr dem Nadelabstand
oder der Nadelteilung a. Wird ein Strickfaden über mehrere Nadeln geflottet, so wird
für jede Nadel, an der der Faden vorbeigeführt wird, die Strickfadenlänge gleich dem
Wert des Elements 2 gewählt. Die Strickfadenlänge des Gestricks aus Fig. 1 kann allein
durch Addieren der Fadenlängen der Elemente 1 und 2 gewonnen werden. Liegt jedoch
ein zweibettiges Gestrick vor, wie ein Rechts-Rechts-Gestrick mit dem in Fig. 2 gezeigten
Fadenverlauf, so muss neben den Längen der Elemente 1 und 2 auch die Länge von Elementen
3 und 4 berücksichtigt werden, die die Fadenverbindung zwischen den Elementen 2 zweier
benachbarter, auf unterschiedlichen Nadelbetten angeordneter Maschen betreffen. Die
Fadenlänge der Elemente 3 und 4 aus Fig. 2 ist identisch und wird durch die Nadeleinteilung
sowie die Kammspaltbreite der Maschine bestimmt. Bei einem 1:1-Gestrick gemäß Fig.
3, zu dessen Herstellung nur jede zweite Nadel 11 eines Nadelbetts strickt, weisen
die entsprechenden Elemente 3' und 4' daher eine größere Länge auf, als die Elemente
3 und 4 des Gestricks aus Fig. 2. Beim Gestrick in Fig. 3 ist auch zu berücksichtigen,
dass sich eines der beiden Nadelbetten nicht in Grundposition befindet, sondern um
eine halbe Nadelteilung a gegenüber der Grundposition versetzt worden ist, sodass
sich die Nadeln der beiden Nadelbetten gegenüberstehen. In den Fig. 2 und 4 befinden
sich beide Nadelbetten in Grundstellung.
[0011] Ein ganz allgemeines Beispiel eines Strickfadenverlaufs für ein sektoral ein- und
zweibettiges Gestrick zeigt Fig. 4, bei dem es zu sehr unterschiedlichen Längen der
Elemente 3 und 4'' kommt. Doch auch hier wird die gesamte Strickfadenlänge durch Aufaddieren
der Längen der Elemente 1, 2, 3, 4 und 4'' gebildet. Zur Berücksichtigung der unterschiedlichen
Strickfadenstärken kann die Gesamtlänge noch mit einem Faktor multipliziert werden.
Der sich insgesamt ergebende Wert ist die theoretisch benötigte Fadenlänge einer Maschenreihe.
Wird das Gestrick aus mehreren Strickfäden unterschiedlicher Farbe gebildet, so muss
für jeden Strickfaden die benötigte Länge ermittelt werden. Bei einer Bildung des
Gestricks aus mehreren dünnen Strickfäden wird die Summe der Längen der Einzelelemente
mit einem Faktor multipliziert, der die Dicke des einzelnen Strickfadens und die Anzahl
der Fäden berücksichtigt. Die solchermaßen bestimmte Strickfadenlänge einer Maschenreihe
des Gestricks wird während des Strickvorgangs mit dem tatsächlich benötigten Strickfadenverbrauch
verglichen. Bei einer Abweichung des gemessenen Wertes vom ermittelten Wert wird die
Maschengröße des Gestrickstücks durch eine entsprechende Ansteuerung der zugehörigen
Schlossteile so verändert, dass der gemessene Wert wieder mit dem ermittelten Wert
übereinstimmt.
1. Verfahren zur Herstellung eines Gestrickstücks auf einer Strickmaschine, gekennzeichnet
durch die Schritte:
- Entwurf der Form, Größe und Musterung des zu fertigenden Gestrickstücks mit Hilfe
eines Computerprogramms,
- Ermittlung der Maschen- und/oder Fanghenkelzahl, der Maschen- und/oder Fanghenkelgröße
sowie des Verlaufs des oder der Strickfäden (10) von einer Nadel (11) zur nächsten
in Abhängigkeit der Parameter der Strickmaschine für jede Maschenreihe des entworfenen
Gestrickstücks,
- Ermittlung der benötigten Länge des oder der Strickfäden (10) für jede Maschenreihe
des Gestrickstücks,
- Stricken eines Gestrickstücks entsprechend der Entwurfsvorgaben und Messung der
tatsächlich verbrauchten Strickfadenlänge oder -längen während des Strickvorgangs
des Gestrickstücks in jeder Maschenreihe;
- Vergleich der gemessenen Strickfadenlänge oder -längen mit den vorab ermittelten
Sollwerten,
- Veränderung der Maschen- und/oder Fanghenkelgröße während des Strickvorgangs, falls
die Messwerte und die Sollwerte der Strickfadenlängen voneinander abweichen.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zur Ermittlung der benötigten
Länge des oder der Strickfäden (10) für jede Maschenreihe des Gestrickstücks der oder
die Strickfadenverläufe in Einzelelemente (1, 2, 3, 3', 4, 4', 4'') wie Maschen- und/oder
Fanghenkelschleifen (1), Maschenfüße (2), Verbindung der Maschenfüße (2) zwei aufeinanderfolgender
Maschen zerlegt und die Fadenlängen der Einzelelemente (1, 2, 3, 3', 4, 4', 4'') in
Abhängigkeit vom Nadelabstand (a), von der Kammspaltbreite der Maschine, von der Nadelstärke,
der Maschengröße und von der Strickfadendicke aus Tabellen entnommen und zur Gesamtfadenlänge
einer Maschenreihe aufaddiert werden.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Tabellenwerte durch empirische
Ermittlung an vergleichbaren Gestrickstücken gewonnen werden.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zur Ermittlung der benötigten
Länge des oder der Strickfäden (10) für jede Maschenreihe des Gestrickstücks der oder
die Strickfadenverläufe abschnittsweise durch einfache geometrische Figuren angenähert
und die berechneten Längen der einzelnen Figuren zu den Sollwerten für die Gesamtfadenlängen
der Maschenreihe aufaddiert werden.