(19)
(11) EP 0 959 434 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
24.11.1999  Patentblatt  1999/47

(21) Anmeldenummer: 99440095.0

(22) Anmeldetag:  30.04.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6G07B 15/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 19.05.1998 DE 19822443

(71) Anmelder: ALCATEL
75008 Paris (FR)

(72) Erfinder:
  • Beier, Wolfgang
    71263 Weil der Stadt (DE)

(74) Vertreter: Brose, Gerhard, Dipl.-Ing. et al
Alcatel Intellectual Property Department, Stuttgart Postfach 30 09 29
70449 Stuttgart
70449 Stuttgart (DE)

   


(54) Verfahren zur Erfassung von Strassenbenutzungsgebühren sowie Erfassungsstelle dafür


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erfassung von Straßenbenutzungsgebühren, bei dem ein Straßenabschnitt laufend auf zu erfassende Fahrzeuge überwacht wird, bei dem bei Erfassung eines Fahrzeugs versucht wird, das Vorhandensein einer system-spezifischen Berechtigung festzustellen, bei dem das Kennzeichen des Fahrzeugs durch Abtastung und Bildauswertung ermittelt wird, wenn keine Berechtigung zur Benutzung des Straßenabschnitts festgestellt werden kann, bei dem bei fehlender Berechtigung weitere Maßnahmen eingeleitet werden, und bei dem erfindungsgemäß als solche weitere Maßnahme eine Abfrage in einer Datenbank oder einem Datenbanksystem durchgeführt wird, ob für dieses Fahrzeug eine auf andere, nicht systemspezifische Art erlangte Berechtigung vorliegt, sowie eine Erfassungsstelle dafür.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erfassung von Straßenbenutzungsgebühren nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1, und eine Erfassungsstelle nach dem Oberbegriff des Anspruchs 4.

[0002] Zur Erfassung von Straßenbenutzungsgebühren sind derzeit eine Vielzahl von Verfahren und Systemen bekannt und zum Teil auch schon im Einsatz. Der größte Teil dieser Verfahren und Systeme beruht auf einer manuellen Abrechnung direkt vor Ort. Dies ist nicht nur personalintensiv und mit Zeitverzögerungen verbunden, sondern trennt auch die Zahlungsvorgänge von den Buchungsvorgängen, wenn nachträglich die Kosten einem bestimmten Geschäftsvorgang zugeordnet werden müssen und macht damit auch unverhältnismäßig viel Verwaltungsaufwand.

[0003] Ausschließlich durch Vorauszahlung und nur mit stichprobenartigen Kontrollen arbeiten Plakettensysteme, die in der Regel landesweit gelten. Für eine pauschale Gebühr können dabei mit einem Kraftfahrzeug gebührenpflichtige Straßen beliebig oft in einem bestimmten Zeitraum befahren werden. Die Quittungen (Plaketten) sind zu Kontrollzwecken unlösbar mit dem Kraftfahrzeug zu verbinden. Diese Art von Plaketten erlauben weder eine Art von Rabatt noch eine Steuerung des Verkehrs beispielsweise durch tageszeitabhängige Tarife.

[0004] Zur Straßengebührenerfassung bekannt ist auch ein ganz anderes Plakettensystem, das ursprünglich entwickelt wurde, um per Fernabfrage die Individuen eines zu überwachenden Tierbestands zu identifizieren. Eine Weiterentwicklung dieses Plakettensystems wird bei den europäischen Eisenbahnen zur begleitenden Überwachung von Güterwagen und Frachtcontainern eingesetzt.

[0005] Die ursprünglichen Plaketten, mit denen die Tiere in irgendeiner bekannten Weise markiert wurden, waren so aufgebaut, daß sie beim Empfang von mit einer bestimmten Frequenz ausgestrahlter HF-Energie die empfangene Energie nutzen, um auf derselben Frequenz ein mit der Nummer der Plakette und somit der Nummer des markierten Tiers moduliertes Signal zurückzusenden. Abfragestationen konnten an Tränken, Wildwechseln oder Eingängen zu Pferchen angebracht sein. Sie mußten einen HF-Dauerstrich-Sender und einen HF-Empfänger mit Demodulator aufweisen, womit die Plaketten abgefragt und deren Nummern ausgewertet werden konnten.

[0006] Weiterentwicklungen der Plaketten gehen in verschiedene Richtungen. Durch in den Plaketten enthaltene Batterien kann die Reichweite für eine sichere Abfrage erhöht werden oder es können Zusatzfunktionen verwirklicht werden. Der Empfang von HF-Energie ist dann nur noch Auslöser für die Abfrage. Andere Weiterentwicklungen gehen dahin, auch Daten in den Plaketten von der Abfragestation aus zu ändern oder andere Daten abzufragen. Die Abfragestationen selbst sind entsprechend weiterentwickelt. Die Grundversion und einige Weiterentwicklungen sind beispielsweise beschrieben in den US-Patenten 4,739,328, 4,864,158, 5,030,807 und 5,055,659. Die bei den europäischen Eisenbahnen verwendeten Plaketten haben etwa das Format einer Scheckkarte und sind einige Millimeter dick.

[0007] Solche Plaketten werden nun auch verwendet, um Straßenbenutzungsgebühren im Vorbeifahren an einer elektronischen Mautstelle oder auch Parkgebühren bei der Einfahrt in einen Parkplatz zu entrichten.

[0008] Das zuletzt beschriebene Plakettensystem ist zwar sehr flexibel und sehr leistungsfähig, setzt aber voraus, daß jeder Straßenbenutzer "Teilnehmer" oder "Mitglied" dieses Systems ist. Insbesondere ist eine irgendwie geartete Zusammenarbeit mit anderen Systemen auf bekannte Art nicht möglich.

[0009] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß Systeme wie das letztgenannte in einer Art Tarifverbund mit anderen und auch andersartigen Systemen zusammenarbeiten können.

[0010] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren nach der Lehre des Anspruchs 1 und eine Erfassungsstelle nach der Lehre des Anspruchs 4.

[0011] Der Grundgedanke dabei ist, daß zunächst auf die jeweils systemspezifische Art und Weise, also beispielsweise mittels der genannten Plaketten, festgestellt wird, ob eine Berechtigung vorliegt. Dies ist beispielsweise in einem Tarifverbund dann der Fall, wenn die Berechtigung bei einem solchen Partner des Tarifverbunds erworben wurde, der solche Ausweismittel ausgibt, die von der betroffenen Erfassungsstelle gelesen werden können. Kann auf diese Art das Vorliegen einer Berechtigung nicht festgestellt werden, so werden die für die Ahndung eines Verstoßes erforderlichen Maßnahmen ergriffen, d. h. das Kennzeichen des Fahrzeugs ermittelt. Bevor jedoch eine Ahndung erfolgt, wird nun aber erfindungsgemäß in einer Datenbank oder einem Datenbanksystem abgefragt, ob für dieses Fahrzeug eine auf andere, nicht systemspezifische Art erlangte Berechtigung vorliegt. Erst wenn dies nicht der Fall ist, wird eine Ahndung eingeleitet.

[0012] Weitere Ausgestaltungen der Erfindung sind den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung zu entnehmen.

[0013] Im folgenden wird die Erfindung unter Zuhilfenahme der beiliegenden Zeichnung weiter erläutert:
Figur 1
zeigt die Situation, in der das erfindungsgemäße Verfahren und die erfindungsgemäße Erfassungsstelle einsetzbar sind.


[0014] Anhand der Figur 1 wird zunächst die Situation beschrieben, in der das erfindungsgemäße Verfahren und die erfindungsgemäße Erfassungsstelle einsetzbar sind.

[0015] Figur 1 zeigt eine dreispurige Straße 1 mit einer rechten Spur 1r, einer mittleren Spur 1m und einer linken Spur 1l und eine Erfassungsstation mit zwei Abfragestationen 2r und 21, zwei Meßzonen 3r und 31, zwei Frontkameras 4r und 41 und zwei Rückkameras 5r und 51. Die Frontkameras können beispielsweise für eine Dokumentation des Fahrzeugs und dessen Fahrers verwendet werden, die Rückkameras für eine Auswertung und Dokumentation des Kennzeichens.

[0016] Für die Durchführung der vorliegenden Erfindung ist die in Figur 1 gezeigte Ausrüstung überdimensioniert. Für das erfindungsgemäße Verfahren und die erfindungsgemäße Erfassungsstelle genügen bereits eine der Abfragestationen, eine der Meßzonen und eine der Kameras. Die Erfindung ist bereits an einspurigen oder zweispurigen Straßen, prinzipiell auch an mehr als dreispurigen Straßen, durchführbar. In der Figur verlaufen die Meßzonen schräg über die Fahrbahnen; wird vorausgesetzt, daß die Fahrspuren auf den einzelnen Fahrbahnen eingehalten werden, so kann für jede zu überwachende Fahrbahn eine Meßzone verwendet werden, die mittig und längs dieser Fahrbahn verläuft. Die Abfragestationen und die Kameras müssen natürlich jeweils den Bereich der zugehörigen Meßzone abdecken.

[0017] Im gezeigten Beispiel ist unterstellt, daß die systemspezifische Art und Weise der Abfrage eine solche mittels des beschriebenen Plakettensystems ist. Von der Abfragestation oder einer der Abfragestationen 2r und 21 wird jedes in der Meßzone . oder einer der Meßzonen 3r und 31 befindliche Fahrzeug mittels HF abgefragt, ob eine Berechtigung zum Passieren vorliegt. Genauso gut könnte aber auch beispielsweise eine Chipkartenlesestation oder eine Zahlstelle als Abfragestation verwendet werden, an der dann beim Vorbeifahren angehalten werden müßte, um eine Chipkarte kurz einzuführen oder einen Zahlvorgang durchzuführen.

[0018] Ob überhaupt ein Fahrzeug vorhanden ist oder nicht kann in diesem Fall mit der ohnehin vorhandenen Kamera festgestellt werden. Aber auch Lichtschranken oder Induktionsschleifen sind hierfür geeignet.

[0019] Für den Fall, daß zwar ein Fahrzeug in der Meßzone erkannt wird, daß aber auf systemspezifische Art kein Vorliegen einer Berechtigung ermittelt werden kann, wird nun erfindungsgemäß eine Abfrage in einer Datenbank durchgeführt. Diese Abfrage kann problemlos automatisiert werden.

[0020] Das Problem, durch Abtastung und Bildauswertung das Kennzeichen eines Fahrzeugs automatisch zu ermitteln, kann als gelöst oder zumindest als ohne erfinderische Mittel lösbar angesehen werden. Dies gilt ganz besonders für den Fall, daß, wie im Fall des Chipkartenlesers oder der Zahlstelle, an der Abfragestation, an einer ziemlich genau vorbestimmten Position, kurz angehalten werden muß.

[0021] Auch eine automatische Abfrage in einer Datenbank oder einem Datenbanksystem ist an sich grundsätzlich bekannt oder zumindest ohne erfinderische Mittel lösbar. Gibt es nur eine Art gebührenpflichtiger Straßenabschnitte und für alle solchen Straßenabschnitte nur eine gemeinsame pauschale Genehmigung, so genügt als Abfragekriterium allein das Kennzeichen des Fahrzeugs. Ansonsten müssen je nach Art der Tarifgestaltung noch weitere Kriterien wie die Region oder der Ort der Abfragestation, die Fahrzeugart, das Fahrzeuggewicht, die Insassenzahl, die Straßenkategorie oder auch, wenn die Abfrage oder deren Auswertung nicht unmittelbar erfolgt, die Zeit als Abfagekriterien mit verwendet werden. Auch eine automatisierte Ermittlung der dafür, erforderlichen zusätzlichen Angaben ist ebenfalls an sich grundsätzlich bekannt oder zumindest ohne erfinderische Mittel lösbar.

[0022] Als Ahndung kommt im einfachsten Fall das Nichtöffnen einer vorhandenen Schranke in Frage. Dies kann dann zu einem Eingreifen einer Überwachungsperson führen; es kann aber auch dazu führen, daß der gewünschte Straßenabschnitt nicht befahren werden kann.

[0023] Häufig ist es erwünscht, den Verkehrsfluß nicht zu beeinträchtigen und gegebenenfalls erst nachträglich die nicht genehmigte Straßenbenutzung zu ahnden. Um eine Ahndung in die Wege zu leiten, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein: Zu einem bestimmten Zeitpunkt muß überhaupt ein Fahrzeug in einer Meßzone vorhanden sein; ein zu diesem Zeitpunkt in der Meßzone befindliches Fahrzeug kann nicht als berechtigt ermittelt werden; für dieses Fahrzeug, das durch sein Kennzeichen individualisiert wird, ist auch in keiner Datenbank eine Berechtigung für diesen Zeitpunkt und diesen Straßenabschnitt zu ermitteln.

[0024] Ob diese Kriterien parallel ermittelt werden und erst anschließend eine Auswertung erfolgt oder ob ein Kriterium nur dann ermittelt wird, wenn bereits ein anderes als erfüllt erkannt wurde, ist letztlich gleichgültig. Auch ist es für die Erfindung grundsätzlich unerheblich, ob etwaige für die Fahndung erforderlichen Beweismittel in jedem Fall sofort mit erstellt und nur bei Bedarf gespeichert werden oder ob sie erst im Bedarfsfall angefertigt werden. In der Regel wird jedoch von einem gleichzeitigen Erfassen aller für die Auswertung und eine etwaige Ahndung erforderlichen Daten auszugehen sein.

[0025] Daß Teile der Erfassungsstation und die damit gewonnenen Daten auch noch für andere Aufgaben, wie Erstellen einer Statistik und Kontrollieren der Einhaltung von Höchstgeschwindigkeiten oder eines Überholverbots, mit verwendet werden können, soll nicht ausgeschlossen werden. Nicht nur aus Gründen des Datenschutzes sollten jedoch alle Daten baldmöglichst wieder gelöscht werden.


Ansprüche

1. Verfahren zur Erfassung von Straßenbenutzungsgebühren, bei dem ein Straßenabschnitt laufend auf zu erfassende Fahrzeuge überwacht wird, bei dem bei Erfassung eines Fahrzeugs versucht wird, das Vorhandensein einer systemspezifischen Berechtigung festzustellen, bei dem das Kennzeichen des Fahrzeugs durch Abtastung und Bildauswertung ermittelt wird, wenn keine Berechtigung zur Benutzung des Straßenabschnitts festgestellt werden kann und bei dem bei fehlender Berechtigung weitere Maßnahmen eingeleitet werden, dadurch gekennzeichnet, daß als solche weitere Maßnahme eine Abfrage in einer Datenbank oder einem Datenbanksystem durchgeführt wird, ob für dieses Fahrzeug eine auf andere, nicht systemspezifische Art erlangte Berechtigung vorliegt.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Feststellung des Vorhandenseins einer systemspezifischen Berechtigung durch eine in dem zu überwachenden Straßenabschnitt wirksame Fernabfrage erfolgt.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Feststellung des Vorhandenseins einer systemspezifischen Berechtigung anhand einer an einem Kontrollpunkt vom Fahrzeug aus vorzunehmenden Handlung erfolgt.
 
4. Erfassungsstelle zur Erfassung von Straßenbenutzungsgebühren, mit Mitteln, um einen Straßenabschnitt laufend auf zu erfassende Fahrzeuge zu überwachen, mit Mitteln, um das Vorhandensein einer systemspezifischen Berechtigung festzustellen, mit Mitteln, um das Kennzeichen eines Fahrzeugs durch Abtastung und Bildauswertung ermitteln, und mit Mitteln, um weitere Maßnahmen einzuleiten, dadurch gekennzeichnet, daß Mittel vorhanden sind, um als solche weitere Maßnahme eine Abfrage in einer Datenbank oder einem Datenbanksystem durchzuführen, ob für ein Fahrzeug eine auf andere, nicht systemspezifische Art erlangte Berechtigung vorliegt.
 




Zeichnung