[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Richten von stangenförmigem, metallischem
Gut mit gegebenenfalls unterschiedlicher Festigkeit über dem Querschnitt, beispielsweise
von gewalzten und/oder mechanisch und/oder wärmetechnisch behandelten Stäben, wie
Rundstangen, Eisenbahnschienen und dergleichen, zur Einstellung von hoher Materialfestigkeit
des Richtgutes und bestimmten oder niedrigen Restspannungen in diesem durch plastisches
Druckverformen in Längsrichtung mit anschließender plastischer Dehnung.
[0002] Ein lineares Richten von metallischem Stabmaterial erfolgt jeweils durch zumindest
teilweises plastisches Verformen des Werkstoffes über den Querschnitt.
[0003] Ein wichtiges diesbezügliches Verfahren arbeitet mittels plastischer Dehnung in Längsrichtung,
durch welche eine Verkleinerung des Querschnittes des Richtgutes bewirkt wird. Bei
durchwegs homogenen oder konzentrisch bzw. symmetrisch gleichen Materialeigenschaften
sind gute Richtergebnisse bzw. eine axlineare Ausrichtung des Gutes erreichbar. Dieses,
vorzugsweise bei geringen Querschnitten des Stabmaterials verwendete, gegebenenfalls
kontinuierliche Richtverfahren erfordert jedoch für größere Querschnitte und dergleichen
Längen einen erheblichen maschinentechnischen Aufwand. Weiters kann mit einem derartigen
Richtverfahren oft keine ausreichende Geradheit des Erzeugnisses erreicht werden,
wenn im Richtgutquerschnitt unterschiedliche Festigkeitseigenschaften des Materials
vorliegen.
[0004] Gemäß DE-OS- 1 527 434 wurde schon vorgeschlagen, für stangenförmiges Gut unterschiedlicher
Materialfestigkeit im Querschnitt eine gleichmäßig gekrümmte Streckbahn zu verwenden,
was allerdings nur bei gleichartig ausgebildeten örtlichen Abweichungen der Fließgrenze
des Werkstoffes zielführend ist.
[0005] Besonders verbreitet, auch für größere Querschnitte des Richtgutes, ist ein sogenanntes
Biegerichten, bei welchem der Stab, zumeist im Durchlaufverfahren, mittels Rollen
auslaufend hin-und hergebogen wird. In den axfernen bzw.
[0006] oberflächennahen Bereichen des Gutes erfolgen dabei alternativ eine plastische Dehnung
sowie eine dergleichen Stauchung des Richtgutes, wobei im linear ausgerichteten Material
erhebliche örtliche Restspannungen verbleiben können. Es wurden schon nach diesem
Prinzip wirkende Richtverfahren vorgeschlagen ( EP- 0 234 204), mit welchen eine Schiene
an der Schienenfußseite nahezu frei von Längszugeigenspannungen ausrichtbar ist.
[0007] Um Eigenspannungsspitzen in den oberflächennahen Bereichen zu vermeiden bzw. gering
zu halten, ist es auch bekannt, das Richtgut durch in Längsrichtung wirkende Druckspannungen
plastisch zu verformen ( SU- 1 148 663 A) und gegebenenfalls diese Spannungen durch
an der Richtgutoberfläche eingeleitete gegensinnige Reibungsschubspannungen örtlich
aufzubauen ( EP- 0 671 983 B1). Dieses Richten mittels Längsdruckspannungen besitzt
zwar zumeist den Vorteil von kleinen verbleibenden Längseigenspannungen im Gut bei
gutem Richteffekt, hat jedoch die Nachteile einer Vergrößerung des Querschnittes sowie
des Wirksamwerdens des Bauschinger - Effektes. - Der Bauschinger - Effekt ist das
Absinken der Festigkeitswerte, wenn die an eine plastische Verformung anschließende
Materialbelastung gegengerichtet ist -. Weiters entstehen bei unterschiedlicher Materialfestigkeit
in den Querschnittszonen unerwünschte Stabkrümmungen nach dem Richten durch plastisches
Stauchen.
[0008] Aus der SU - 1 311 807 A1 ist ein Verfahren bekannt geworden, welches eine jeweils
plastische Druckverformung mit anschließender Zugverformung offenbart, wobei insbesondere
eine hohe Gleichmäßigkeit des Querschnittes des Richtgutes erreicht werden soll. Nachteilig
dabei kann wiederum ein Entstehen von Krümmungen während des Richtens bei Festigkeitsunterschieden
in Querschnittsbereichen des Stabes sein.
[0009] Die Erfindung setzt sich zum Ziel, die Nachteile der bekannten Richtmethoden für
stangenförmiges metallisches Gut zu beseitigen und ein neues verbessertes Verfahren
zu schaffen, mit welchem nach dem Richtvorgang der Stab bzw. die Stange hohe Linearität
aufweist, auch wenn im Querschnitt derselben Bereiche mit unterschiedlicher Festigkeit
vorliegen. In Erweiterung dieses Zieles ist es erfindungsgemäße Aufgabe, gewünschte
Restspannungen im Richtgut zu minimieren und/oder auf gewünschte Werte einzustellen.
[0010] Dieses Ziel wird bei einem Verfahren der eingangs genannten Art dadurch erreicht,
daß in einem ersten Schritt das stangenförmige Gut in sämtlichen Querschnittsbereichen
einer Stauchung mit bleibender Formänderung in Längsrichtung unterworfen und in einem
zweiten Schritt eine Dehnung desselben mit der Maßgabe durchgeführt wird, daß diese
Dehnung mindestens bis zum teilweisen Fließen des Materials und höchstens bis zum
Erreichen von gleich hohen Spannungen im gesamten Querschnitt erfolgt und danach beendet
wird.
[0011] Die wesentlichen mit der Erfindung erreichten Vorteile bestehen darin, daß bei bester
Richtgüte Längseigenspannungen im Gut in gewünschter Weise eingestellt oder im wesentlichen
vollkommen abgebaut werden können. Durch die Materialdehnung im zweiten Schritt wird
weiters eine hohe Dehngrenze des Richtgutes erreicht.
[0012] Die Erfindung fußt, wie gefunden wurde, auf folgenden Erkenntnissen: Liegen im Richtgutquerschnitt
Bereiche mit unterschiedlicher Festigkeit, so werden im ersten Verfahrensschritt beim
Stauchen die weniger festen Bereiche früher plastifiziert als die höherfesten; insgesamt
soll jedoch die bleibende Formänderung möglichst gering gehalten werden. Erfolgt nun
im zweiten Verfahrensschritt eine Dehnung des Stabes bis die Spannungen im gesamten
Querschnitt gleich hoch sind, dies bedeutet, daß die weniger festen Querschnittsbereiche
eine entsprechend große bleibende Streckung erfahren haben, so liegen nach dem Entlasten
keine axial gerichteten Eigenspannungen im Richtgut vor. Der Streckgrad wird dabei
von der Fließfestigkeitsdifferenz im Materials bestimmt. Sollen aber, beispielsweise
bei spanlos bearbeiteten Rundstangen, die oberflächennahen koaxialen Druckspannungen
nur teilweise abgebaut werden, so ist die Dehnung derselben im zweiten Verfahrensschritt
geringer vorzunehmen.
[0013] Besonders vorteilhafte Richtergebnisse mit gleichmäßig hohe mechanischen Materialkennwerten
sind erreichtbar, wenn im ersten Schritt das stangenförmige Material in Längsrichtung
um weniger als 0,5 %, vorzugsweise um weniger als 0,4% , plastisch gestaucht wird.
[0014] Um gewünschte Gebrauchseigenschaften und hohe Reproduzierbarkeit der mechanischen
Materialwerte zu erreichen, kann es weiters von Vorteil sein, wenn die Festigkeit
und die Eigenspannungen in der oberflächennahe Zone des stabförmigen Gutes durch die
Richtparameter eingestellt und auf dessen Betriebsbeanspruchung abgestimmt werden.
[0015] Verfahrenstechnisch, aber auch im Hinblick auf den anlagenmäßigen Aufwand kann es
günstig sein, wenn beim Richten des stangenförmigen Gutes zumindest das Stauchen mit
bleibender Formänderung in Teillängen schrittweise durchgeführt wird.
[0016] Im folgenden wird die Erfindung anhand von schematischen Diagrammen und von einem
lediglich einen Ausführungsweg beschreibenden Beispiel mit zugehörigen graphischen
Darstellungen näher erläutert.
[0017] Es zeigen:
- Fig. 1
- ein Spannung- Dehnung-Diagramm für das erfindungsgemäße Verfahren ohne Berücksichtigung
des Bauschinger - Effektes ( schematisch)
- Fig. 2
- ein Spannung- Dehnung-Diagramm für das erfindungsgemäße Verfahren ohne Berücksichtigung
des Bauschinger-Effektes, mit hohem Stauchgrad (schematisch)
- Fig. 3
- ein Spannung- Dehnung- Diagramm für das erfindungsgemäße Verfahren mit Berücksichtigung
des Bauschinger - Effektes
- Fig. 4
- Längseigenspannungen in einem mechanisch randschichtverformten Stab A und diesbezügliche
Ergebnisse nach dem Linearrichten mit unterschiedlichen bleibenden Dehnungen
- Fig.5
- Längseigenspannungen in einem weiteren mechanisch randschichtverformten Stab B
[0018] In Fig. 1 ist schematisch ein Spannung-Dehnung- Diagramm für das erfindungsgemäße
Verfahren dargestellt, wobei ein linear zu richtendes Gut Eigenspannungen und unterschiedliche
Materialfestigkeit im Querschnitt aufweist.
[0019] Im oberflächennahen Bereich A1 des Gutes liegen beispielsweise Druckspannungen -
σ vor, die von Zugspannungen + σ im Kernbereich K1 ausgeglichen werden. Gemäß der
Erfindung erfolgt im ersten Schritt ein Stauchen -E jeweils bis zur Elastizitätsgrenze
der Bereiche A2 und K2 mit einem weiteren plastischen Teil der Formänderung nach A3
bzw. K3. Der unterschiedlichen Materialfestigkeit wegen sind die Druckspannungen -
σ bei A3 im höherfesten Querschnittsbereich größer.
[0020] Nach einer Entlastung und einem Aufbringen von Zugspannungen +σ erfolgt in geringer
festem Materialbereich bei Erreichen der Fließspannung ( K4) eine plastische Dehnung
+ ε, wohingegen die Formänderung im höher festen Materialbereich elastisch ist und
erst wesentliche höhere Zugspannungen ( bei A4) eine Plastifizierung des Werkstoffes
bewirken können. Wird jedoch, wie erfindungsgesmäß vorgesehen ist, die Dehnung + ε
nach einem Erreichen von gleich hohen Spannungen + σ im gesamten Querschnitt, was
im Diagramm von Fig. 1 sowie in den den weiteren Diagrammen mit R1 bezeichnet ist,
beendet und das Richtgut entlastet, so verbleiben in diesem, wie durch R2 gezeigt
ist, im wesentlichen keinerlei Restspannungen.
[0021] Aus Fig. 2 ist schematisch ein Spannung- Dehnung-Diagramm für das erfindungsgemäße
Verfahren zu entnehmen, wobei im Querschnitt des zu richtenden Gutes anfänglich unterschiedliche
Längseigenspannungen A1 und K1 gegeben sind. Das Stauchen des Richtgutes im vorgesehenen
ersten Schritt des Verfahrens wird nach einem Erreichen der jeweiligen Elastizitätsgrenze
A2 und A3 bzw. von K2 nach K3 vorgenommen.
[0022] Am Anschluß an die Entlastung erfolgt ein im zweiten Schritt vorgesehenes Dehnen
bis die Spannungen + σ bei R1 im gesamten Querschnitt des Gutes gleich hoch sind.
Wird nun die Zugbelastung beendet, ergibt sich eine elastische Formänderung R1 nach
R2, wobei danach im Richtgut im wesentlichen keinerlei Restspannungen in Längsrichtung
desselben vorliegen. Dessen Querschnitt jedoch ist durch die erhöhte plastische Druckverformung
im ersten Schritt größer. Durch die Höhe des Stauchgrades im ersten Verfahrensschritt
kann also der Durchmesser nach dem Richten des Stabes eingestellt werden.
[0023] Der gerade Verlauf der Dehnungskurven K3 nach K4 und A3 nach A4 nach einer plastischen
Stauchung K2 nach K3 und A2 nach A3 ist idealisiert dargestellt und berücksichtigt
nicht den vorher genannten Bauschinger- Effekt.
[0024] Fig. 3 zeigt im wesentlichen ein gleiches Diagramm, wobei dem Bauschinger - Effekt
Rechnung getragen ist. Wird nach einer plastischen Druckumformung des Materials dieses
einer Zugbelastung + σ ausgesetzt, so beginnt ein Fließen bzw. eine Plastifizierung
schon bei wesentlich niedrigeren Spannungen σ, wie dies aus den gebogenen Kurvenformen
K3 nach K4 sowie A3 in Richtung A4 im Diagramm hervorgeht.
[0025] In Fig. 4 sind die oberflächennahen Eigenspannungen eines randschichtverformten Stabes
A aus einem Werkzeugstahl mit höherem Kohlenstoffgehalt gemäß DIN Werkstoff Nr. 1.
4112 mit einem Durchmesser von 30 mm sowie derartige Ergebnisse nach dem Richten desselben
mit unterschiedlichen Parametern dargestellt. Dabei bedeuten die nach unten gerichteten
Balken Druckspannungen, nach oben weisende Zugspannungen. Die Werte unter P1 vermitteln
die Ergebnisse betreffend die Eigenspannungen von jeweils drei Messungen unmittelbar
nach dem Randschichtverformen, gemessen mit der Bohrlochmethode für eine mittlere
Bohrlochtiefe von 1,0 mm.
[0026] Die Werte L1 stellen jeweils vier Meßergebnisse nach einem Richten dar, bei welchem
der randschichtverformte Stab einer plastischen Stauchung von ε = -0,36%, gefolgt
von einer Streckung ε mit + 0,15 % , unterworfen wurde. Unter L1 sind vier Meßwerte
für eine mittlere Bohrlochtiefe von 1,0 mm dargestellt. Aus den Meßwerten L1 im Vergleich
mit jenen, ermittelt im Ausgangszustand (P1), ist eine geringe Senkung der Druckeigenspannungen
im Oberflächenbereich des Stabes ersichtlich, dennoch muß das Dehnungsmaß von ε =
+ 0,15 % als nicht ausreichend gewertet werden.
[0027] Unter S1 in Fig. 4 sind jeweils vier Werte einer Spannungsermittlung nach vergrößerter
Stabstreckung mit wiederum einer mittleren Bohrlochtiefe von 1,0 mm dargestellt. Aus
den Ergebnissen der Untersuchungen ist ablesbar, daß lediglich geringe Resteigenspannungen
nach einem Richten mittels eines Stauchvorganges mit ε = 0,36%, gefolgt von einer
Streckung ε von + 0,23 % im Stab gegeben sind.
[0028] Fig. 5 zeigt die Ergebnisse von Eigenspannungsmessungen von einem gleich randschichtverformten
Stab B (P1), wobei ein Linearrichten mit einem ersten Schritt einem Stauchen im Ausmaß
von ε = -0.36 % und mit einem zweiten Schritt einem Strecken von ε = +0,13 % (L1)
sowie von ε = 0,21 % (S2) angewendet wurde. Die Ermittlung der Werte von P1, L1 und
S1 erfolgte wiederum mittels der Bohrlochmethode für eine mittlere Eigenspannungsmeßlochtiefe
von 1 mm. Die Ergebnisse S1 zeigen, daß das Richtgut äußerst geringe Eigenspannungen
in Längsrichtung besitzt.
[0029] In umfangreichen Reihenuntersuchungen wurde gefunden, daß die vorzusehenden Werte
für das Ausmaß des Stauchens im ersten Schritt und jenes der Dehnung im zweiten Schritt
des erfindungsgemäßen Linearrichtverfahrens durch Berechnungen unter Zugrundelegung
der Werkstoffkennwerte des Richtgutes ermittelt werden können.
1. Verfahren zum Richten von stangenförmigem, metallischem Gut mit gegebenenfalls unterschiedlicher
Festigkeit über dem Querschnitt, beispielsweise von gewalzten und/oder mechanisch
und/oder wärmetechnisch behandelten Stäben wie Rundstangen, Eisenbahnschienen und
dergleichen, zur Einstellung von hoher Materialfestigkeit des Richtgutes und bestimmten
oder niedrigen Restspannungen in diesem durch plastisches Druckverformen in Längsrichtung
mit anschließender plastischer Dehnung, dadurch gekennzeichnet, daß in einem ersten Schritt das stangenförmige Gut in sämtlichen Querschnittsbereichen
einer Stauchung mit bleibender Formänderung in Längsrichtung unterworfen und in einem
zweiten Schritt eine Dehnung desselben mit der Maßgabe durchgeführt wird, daß diese
Dehnung mindestens bis zum teilweisen Fließen des Materials und höchstens bis zum
Erreichen von gleich hohen Spannungen im gesamten Querschnitt erfolgt und danach beendet
wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß im ersten Schritt das stangenförmige Material Längsrichtung um weniger als 0,5
%, vorzugsweise um weniger als 0,4 %, plastisch gestaucht wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Festigkeit und die Eigenspannungen in der oberflächennahen Zone des stabförmigen
Gutes durch die Richtparameter eingestellt und auf dessen Beanspruchung abgestimmt
werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß beim Richten des stangenförmigen Gutes zumindest das Stauchen mit bleibender
Formänderung in Teillängen schrittweise durchgeführt wird.