(19)
(11) EP 0 977 002 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.02.2000  Patentblatt  2000/05

(21) Anmeldenummer: 99110786.3

(22) Anmeldetag:  04.06.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7F41A 21/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 30.07.1998 DE 19834394

(71) Anmelder: Rheinmetall W & M GmbH
29345 Unterlüss (DE)

(72) Erfinder:
  • Schlenkert, Gert
    40233 Düsseldorf (DE)
  • Wagner, Hartmut
    29345 Unterlüss (DE)
  • Reckeweg, Horst
    42579 Heiligenhaus (DE)

   


(54) Waffenrohr mit einer verschleissmindernden Hartchromschicht


(57) Die Erfindung betrifft ein Waffenrohr mit einer innenseitigen verschleißmindernden Hartchromschicht (3), die eine Vielzahl von Mikrorissen (6) enthält.
Um zu erreichen, daß die Hartchromschicht (3) des Waffenrohres (1) eine gegenüber herkömmlichen Hartchromschichten verbesserte Thermoschockbeständigkeit aufweist, schlägt die Erfindung vor, daß in der Querschnittsfläche der jeweiligen Hartchromschicht (3) mindestens 500 Risse/cm bzw. auf der Oberfläche der Hartchromschicht mindestens 150 Risse/cm vorhanden sind.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Waffenrohr mit einer innenseitigen verschleißmindernden Hartchromschicht, die eine Vielzahl von Mikrorissen enthält.

[0002] Die beim Abschuß von Munition entstehenden heißen Pulverschwaden führen bei einer ungeschützten Innenwandung des entsprechenden üblicherweise aus Stahl bestehenden Waffenrohres zu abrasiven und erosiven Verschleißerscheinungen. Dieses führt zu Leistungs- und Treffereinbußen der jeweiligen Waffe sowie zu einer vorzeitigen Ermüdungslebensdauer des Waffenrohres.

[0003] Aus der DE 41 07 273 A1 ist es bekannt, bei großkalibrigen Waffenrohren zur Verringerung des erosiven Rohrverschleisses auf die Innenwandung des jeweiligen Waffenrohres eine Hartchromschicht aufzubringen. Allerdings hat sich gezeigt, daß die durch den Schuß bedingte hohe Thermoschockbelastung nach und nach ein Abplatzen der Chromschicht bewirken kann, so daß das Waffenrohr an den entstehenden Chromausbrüchen nicht mehr vor den heißen Pulvergasen geschützt ist und es wiederum zu Erosionen kommt.

[0004] Da die Chromausbrüche auf bei der Verchromung entstehenden Mikrorisse zurückzuführen sind, wird in der DE 41 07 273 A1 vorgeschlagen, die Chromausbrüche dadurch zu verhindern, daß die im Oberflächenbereich der Chromschicht vorhandenen Mikrorisse mit einem Werkstoff hoher Gleitfähigkeit, z.B. Polytetrafluorethyl, gefüllt werden.

[0005] Nachteilig ist bei diesen bekannten Waffenrohren unter anderem, daß ihre Herstellung verhältnismäßig aufwendig ist. Außerdem können die im Inneren der Chromschicht befindlichen Mikrorisse nicht mit der Gleitschicht gefüllt werden, so daß diese ihre die Chromausbrüche induzierende Wirkung behalten.

[0006] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Waffenrohr anzugeben, dessen Hartchromschicht eine gegenüber herkömmlichen Hartchromschichten verbesserte Thermoschockbeständigkeit aufweist, ohne daß hierzu die Mikrorisse durch eine Schicht hoher Gleitfähigkeit ausgefüllt werden müssen.

[0007] Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung offenbaren die Unteransprüche.

[0008] Im wesentlichen liegt der Erfindung der Gedanke zugrunde, die Anzahl der Mikrorisse in der Hartchromschicht gegenüber Waffenrohren mit herkömmlichen Hartchromschichten zu erhöhen, wobei in der Querschnittsfläche der jeweiligen Hartchromschicht mindestens 500 Risse/cm bzw. auf der Oberfläche der Beschichtung mindestens 150 Risse/cm vorhanden sind. Die Tatsache, daß eine Erhöhung der Rißzahl innerhalb der Hartchromschicht zu einer Verbesserung der Thermoschockbeständigkeit des Waffenrohres führt, ist überraschend. Denn da die Mikrorisse bei bekannten Watten Auslöser für das Abplatzen der Chromschicht sind, liegt es zunächst nahe, die Anzahl der Mikrorisse möglichst klein zu halten. Zwar wird in der vorstehend erwähnten DE 41 07 273 A1 ebenfalls vorgeschlagen, die Anzahl der Mikrorisse nach dem Aufbringen der Chromschicht zu erhöhen, doch sollen die zusätzlich eingebrachten Mikrorisse im Bereich der Oberfläche der Chromschicht eingebracht werden und dienen lediglich zur Haftverbesserung der aufgebrachten Gleitschicht.

[0009] Die durch die Rißzahlerhöhung in überraschender Weise bewirkte verbesserte Thermoschockbeständigkeit des Hartchroms läßt sich folgendermaßen erklären: Beim Schuß unterliegt die sehr spröde Chromschicht hohen Belastungen, die zu entsprechend hohen thermisch induzierten Dehnungen und Spannungen führen. Sobald die Dehnungen den durch die Chromschicht elastisch aufnehmbaren Anteil überschreiten, werden sie über die vorhandenen und zusätzlich entstehenden Risse (Dehnfugen) aufgenommen. Bei den herkömmlichen Chromschichten, bei denen die im Querschnitt gemessene Rißzahl etwa zwischen 200 und 400 Risse/cm -bzw. die auf der Oberfläche der Beschichtung gezählte Rißzahl etwa zwischen 40 und 70 Risse/cm- liegt, müssen die Risse einen relativ hohen Dehnungsanteil bei einen derartigen Thermoschock übernehmen, so daß sie zu relativ großen Rissen zusammenwachsen, die dann ihrerseits für die Chromausbrüche verantwortlich sind.

[0010] Die Erfindung schlägt nun vor, durch Vergrößerung der Rißzahl den auf den einzelnen Riß bezogenen Dehnungsanteil zu minimieren (Pseudoduktilität), so daß ein Zusammenwachsen größerer für Chromausbrüche verantwortlicher Risse nicht mehr entstehen können.

[0011] Hinsichtlich der unterschiedlichen Rißzahlen auf der Oberfläche und im Querschnitt der Hartchromschicht ist auf folgendes hinzuweisen: Grundsätzlich gibt es keine Vorzugsrichtung der Chromrißhäufigkeit. Die Risse entstehen bei der galvanischen Abscheidung des Chroms durch hohe Zugeigenspannungen, die abscheidungsbedingt sind. Bei Erreichen einer gewissen Mindestschichtdicke (ca. 5 µm) reißt die Chromschicht von der Chromschichtoberfläche her ein und löst einen großen Anteil der Eigenspannungen aus. Bei der weiteren Abscheidung überwachsen die entstehenden Risse mit Chrom, der dann ebenfalls nach Erreichen einer gewissen Schichtdicke einreißt usw. Dadurch entsteht ein Labyrinthverschluß. Wenn anschließend die Anzahl der Risse nicht auf der Oberfläche der Beschichtung, sondern im Querschnitt der Hartchromschicht gezählt wird, werden mehr Risse pro Wegstrecke gezählt. Dieses ist verständlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Risse in der Chromschicht von der Oberfläche her initiiert werden.

[0012] Die erfindungsgemäßen Waffenrohre weisen außer der verbesserten Thermoschockbeständigkeit den Vorteil auf, daß gegenüber bekannten verchromten Waffenrohren Chromschichten mit größerer Wandstärke auf das Waffenrohr aufgebracht werden können, die einen besseren Schutz des Rohrwerkstoffes ermöglichen. Außerdem sind die Chromschichten der erfindungsgemäßen Waffenrohre unempfindlicher gegenüber mechanischen Belastungen (z.B. bei Geschoßkontakt) und daher auch vorteilhaft in Maschinenwaffen einsetzbar.

[0013] Die Beeinflussung der Rißhäufigkeit kann durch die Zusammensetzung des Verchromungselektrolyten, der Verchromungstemperatur und der Art der Stromführung beim Verchromen des Waffenrohres erfolgen, wobei die optimalen Parameter für den jeweiligen Anwendungsfall durch Versuche ermittelt werden müssen.

[0014] Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den folgenden anhand von Figuren erläuterten Ausführungsbeispielen. Es zeigen:
Fig.1
den Längsschnitt eines Teiles eines mit einer Hartchromschicht versehenen erfindungsgemäßen Waffenrohres und
Fig.2
einen vergrößerten Querschnittsbereich entlang der in Fig.1 mit II-II bezeichneten Schnittlinie.


[0015] In Fig.1 ist mit 1 ein Waffenrohr bezeichnet, das einen Ladungsraum 2 umfaßt. Das Waffenrohr 1 ist mit einer Hartchromschicht 3 der Wandstärke 4 versehen und erstreckt sich in Richtung der Längsachse 5.

[0016] Wie in Fig.2 angedeutet, befinden sich in der Hartchromschicht 3 eine Vielzahl von Mikrorissen 6, wobei erfindungsgemäß in der Querschnittsfläche der jeweiligen Hartchromschicht mindestens 500 Risse/cm bzw. auf der Oberfläche der Beschichtung mindestens 150 Risse/cm vorhanden sind.

Bezugszeichenliste



[0017] 
1
Waffenrohr
2
Ladungsraum
3
Hartchromschicht
4
Wandstärke
5
Längsachse
6
Mikroriß



Ansprüche

1. Waffenrohr mit einer innenseitigen verschleißmindernden Hartchromschicht (3), die eine Vielzahl von Mikrorissen (6) enthält, dadurch gekennzeichnet, daß die Querschnittsfläche der jeweiligen Hartchromschicht (3) mindestens 500 Risse/cm enthält.
 
2. Waffenrohr nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß auf der Oberfläche der Hartchromschicht (3) mindestens 150 Risse/cm vorhanden sind.
 




Zeichnung