Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft ein elektromagnetisch durchlässiges Fenster bei einem zielverfolgenden
Über- oder Hyperschall-Flugkörper.
[0002] Zielverfolgende Über- und Hyperschall-Flugkörper besitzen einen Suchkopf mit einem
auf elektro-magnetische Strahlung anspechenden Sucher, welche die Strahlung, beispielsweise
IR-Strahlung eines Zielobjekts erfaßt. Bei Über- und Hyperschallgeschwindigkeiten
des Flugkörpers wird durch aerokinetische Aufheizung die Struktur des Flugkörpers
stark aufgeheizt. Es treten hohe mechanische und thermische Belastungen des Flugkörpers
und des Suchkopfes auf Aufgrund der entstehenden Temperaturgradienten werden Eigenspannungen
erzeugt, die bis an die Festigkeitsgrenze der Werkstoffe reichen. Darüber hinaus wirken
bei hohen Fluggeschwindigkeiten extreme Staudrücke auf die Struktur.
[0003] Der Sucher wird durch ein Fenster geschützt, welches für die betreffende elektromagnetische
Strahlung durchlässig ist.
Zugrundeliegender Stand der Technik
[0004] Es gibt nur sehr wenig Materialien, welche für IR-Strahlung durchlässig sind und
für Über- und Hyperschallgeschwindigkeiten ausreichende Festigkeitseigenschaften besitzen.
Bekannte elektromagnetisch durchlässige Fenster für zielverfolgende Über- und Hyperschall-Flugkörper
werden entweder aus Magnesiumfluorid, Zinksulfid, Saphir oder Diamant hergestellt.
Weiterhin können die Fenster je nach Anforderung unterschiedliche Form und Dicke haben.
Beispielsweise versucht man die Dicke des Fensters zu erhöhen, um dadurch die thermischen
Belastungen durch Erhöhung der Wärmekapazität entgegenzuwirken.
[0005] Fenster aus Magnesiumfluorid oder Zinksulfid haben eine relativ geringe Wärmeleitfähigkeit,
so daß sie sich in der Flugphase sehr erhitzen, wodurch die Fensteraußenseite schmilzt.
Weiterhin kann der Sucher "erblinden" aufgrund der Eigenemission des Fensters.
[0006] Bei Fenstern aus sprödbruchgefährdeten, infrarotdurchlässigen Materialien ist eine
größere Dicke des Fensters zur Aufnahme der Druckbelastung günstig. Andererseits haben
jedoch dünnere Fenster günstigere Eigenschaften bezüglich Temperaturschockbelastungen.
Dabei gibt es eine optimal Fensterdicke, für die die durch Staudruck und Temperatur
hervorgerufene Spannungen des Fensters minimal werden.
[0007] Alle bekannten für elektromagnetische Strahlung durchlässigen Fenster für zielverfolgende
Über- und Hyperschall-Flugkörper haben den Nachteil, daß sie die thermischen und mechanischen
Belastungen während der Flugphase nur eine sehr kurze Zeit von 1-2 Sekunden standhalten.
Die tatsächliche Flugzeit ist aber in der Regel wesentlich höher. Dieses Problem wird
heute dadurch gelöst, daß das Fenster während einer ersten Flugphase durch eine massive
Schutzverkleidung geschützt wird. Während dieser Flugphase ist der Sucher dann abgeschirmt
und eine Zielverfolgung ist nicht möglich. Erst in einer Endflugphase, wenn der Flugkörper
schon nahe an dem Ziel angekommen ist, wird die Schutzverkleidung abgeworfen, wodurch
die tatsächliche Zielverfolgung durch den Sucher ermöglicht wird. Eine solche Schutzverkleidung
ist in der DE 37 15 085 A1 beschrieben. Neben der Begrenzung der Zielverfolgungszeit
ist die Verwendung einer solchen Schutzverkleidung konstruktiv sehr aufwendig.
[0008] Die EP 0 599 035 A1 zeigt eine Verbindungsanordnung zum Verbinden eines einen Suchkopf
abdeckenden Domes aus relativ sprödem, infrarotdurchlässigen Material mit der Struktur
eines Flugkörpers. Diese Verbindungsanordnung enthält einen über den Rand des Domes
greifender, den Dom formschlüssig haltender und mit der Struktur des Flugkörpers verbundener
Haltering. Die Verbindung erfolgt ohne stoffschlüssige Verbindung zwischen Dom und
Haltering. Längs des Randes des Domes ist unter dem Haltering eine Nut vorgesehen,
in welche ein flexibles Dichtmittel zur Abdichtung zwischen Haltering und Dom untergebracht
ist.
Offenbarung der Erfindung
[0009] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Fenster der eingangs genannten Art
so zu verbessern, daß es die in der Flugphase des Flugkörpers auftretende Belastungen
besser standhält.
[0010] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß das Fenster mehrere gemeinsam
gehalterte, einander stützende Fensterschichten aufweist, deren Materialwahl, Dicke
und Anordnung temperaturbedingte mechanische Spannungen bei Über- oder Hyperschallflug
im Vergleich zu einem durchgehend homogenen Fenster reduziert.
[0011] Die Erfindung beruht auf folgenden Überlegungen: Das Fenster muß eine bestimmte Gesamtdicke
aufweisen, um den erheblichen mechanischen Belastungen zu widerstehen. Über diese
Gesamtdicke des Fensters hinweg tritt ein Temperaturgradient auf. An der Oberfläche
und in den äußeren Schichten wird das Fenster sehr heiß. Die weiter innen liegenden
Schichten des Fensters werden zunächst weniger erhitzt. Bei einem homogenen Fenster
treten dann thermisch bedingte, mechanische Spannungen auf: Die äußeren Schichten
dehnen sich stärker thermisch aus als die inneren Schichten.. Die hierdurch entstehenden
Spannungen können durch ein mehrschichtiges Fenster reduziert werden.
[0012] Die
Anordnung" kann so sein, daß die Schichten des Fensters an ihren Oberflächen z.B.
durch Ansprengen fest miteinander verbunden sind. Hierdurch wird ein guter Wärmeübergang
zwischen den Schichten gewährleistet und der Temperaturgradient möglichst gering gehalten.
Um Spannungen zwischen den Schichten infolge des unvermeidlichen Temperaturgradienten
zu verhindern, müssen dann die Materialien der Schichten hinsichtlich ihrer Ausdehnungs-Koeffizienten
so gewählt werden, daß sich die auf unterschiedlichen Temperaturen befindlichen Schichten
möglichst in gleichem Maße ausdehnen. Die heißen Schichten nahe der Außenfläche müssen
einen geringeren thermischen Ausdehnungskoeffizienten haben als die kühleren inneren
Schichten.
[0013] Die
Anordnung" kann aber auch darin bestehen, daß zwischen den Fensterschichten eine Gleitschicht
vorhanden ist, die eine Relativbewegung der Fensterschichten parallel zu ihren aneinandergrenzenden
Oberflächen gestattet, so daß die Übertragung der Spannungen zwischen den Fensterschichten
vermindert wird.
[0014] Die Lebensdauer eines erfindnungsgemäßen Fensters kann 10 Sekunden und mehr befragen.
Typische Missionszeiten eines zielverfolgenden Über- oder Hyperschall-Flugkörpers
liegen im Bereich von 3-8 Sekunden. Es ist dann also nicht notwendig, spezielle Schutzverkleidungen
vorzusehen, welche das Fenster in bestimmten Flugphasen schützen.
[0015] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist nachstehend unter Bezugnahme auf die zugehörigen
Zeichnungen näher erläutert.
Kurze Beschreibung der Zeichnung
[0016]
- Fig. 1
- ist eine schematische Schnittdarstellung und zeigt den vorderen Teil eines Suchkopfes
eines zielsuchenden Flugkörpers.
- Fig. 2
- zeigt den Verlauf der auftretenden Spannungen in drei unterschiedlich ausgeführten
Fenstern während der Flugphase.
Bevorzugte Ausführung der Erfindung
[0017] In Fig. 1 ist ein Fenster gezeigt, das in einem Suchkopf eines zielverfolgenden Über-
oder Hyperschall-Flugkörper eingestzt ist. Der dargestellte Teil des Suchkopfes ist
rotationssymmetrisch. Die Rotationsachse ist mit 10 bezeichnet. Die Flugrichtung des
Flugkörpers ist nach links in der Fig. 1.
[0018] Das Fenster besteht aus einem vorderen Fensterschicht 12 und einem hinteren Fensterschicht
14, welche aneinander angesprengt sind. Die vordere Fensterschicht 12 besteht aus
Saphir und ist relativ dünn. Die hintere Fensterschicht 14 besteht aus Magnesiumfluorid
und ist relativ dick. Das Fenster befindet sich in einer Fassung 16. Die Fassung ist
mit der Struktur 18 des Flugkörpers verbunden. Zwischen der Fassung 16 und der Struktur
18 befindet sich eine Isolationsschicht 20 aus Silikon. Weiterhin ist die Fassung
16 gegenüber der Struktur 18 durch eine Ablationsschicht 22 isoliert. Die Fassung
16 greift mit einem Rand 24 über das Fenster. In dem dargestellten Ausführungsbeispiel
ist das Fenster gegenüber der Struktur durch eine erste und eine zweite Dichtung 26
bzw. 28 abgedichtet. Es ist aber auch möglich, nur eine Dichtung zu verwenden. Die
Dichtungen sind hohen Temperaturen ausgesetzt, so daß sie sich zum Teil während der
Flugphase auflösen können und als Ablationsschicht wirken. Solche Hochtemperaturdichtungen
sind jedoch an sich bekannt und werden hier nicht näher beschrieben.
[0019] In Fig. 2 ist die in drei unterschiedlich ausgeführten Fenstern auftretenden Maximalspannung
über die Flugdauer aufgetragen. Die Kurven sind rechnerisch simuliert. Am Ende der
Beschleunigungsphase wirkt ein sehr hoher Staudruck auf das Fenster, der nach der
Beschleunigungsphase wieder absinkt. Die Temperaturbelastung des Fensters steigt über
die Beschleunigungsphase hinaus an. Die Kurve 30 zeigt den prinzipiellen Verlauf der
auftetenden Spannungen in einem konventionellen einschichtigen Fenster. Die Kurve
32 zeigt den Verlauf der auftetenden Spannungen in einem Fenster mit zwei Fensterschichten,
welche bei einer Temperatur von 320°C aneinander angesprengt sind. Die Kurve 34 zeigt
den Verlauf der auftetenden Spannungen in einem Fenster mit zwei Fensterschichten,
zwischen welchen sich eine Spannungstrennschicht befindet.
[0020] In dem konventionellen Fenster (Kurve 30) steigt die Spannung während der Beschleunigungsphase
wegen des hohen Staudrucks und des Temperaturschocks an und erreicht nach kurzer Zeit
ein kritisches Maximum. Solchen Spannungen halten die bekannten Materialien nicht
stand.
[0021] Die Kurve 32 zeigt, daß die Spannung in einem Fenster mit zwei aneinander angesprengten
Fensterschichten aus unterschiedlichen Materialien zunächst auf ein moderates Maximum
ansteigt, dann wieder abfällt und noch später wieder ansteigt. Insgesamt liegt der
Spannungsverlauf deutlich unter dem Verlauf bei einem einschichtigen, homogenen Fenster.
Da die Fensterschichten unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizenten haben, verursacht
die hohe Temperatur eine Schubspannung zwischen den Fensterschichten. Das Ansprengen
ist so ausgeführt, daß die thermisch verursachte Schubspannung zwischen den beiden
Fensterschichten dann sehr klein ist, wenn die von dem Staudruck verursachte Spannung
am größten ist.
[0022] Die Kurve 34 zeigt, daß die Spannung in einem Fenster mit zwei durch eine Gleitschicht,
z.B. Öl- oder Fettschicht voneinander getrennten Fensterschichten zunächst wieder
auf ein moderates Maximum ansteigt. Danach sinkt die Spannung wieder ab. Die Gleitschicht
bewirkt, daß die Fensterschichten bei unterschiedlicher Wärmeausdehung aufeinander
gleiten können, wodurch keine Schubspannung zwischen den Fensterschichten aufgebaut
werden kann. Die hohe Temperatur während des Fluges hat also keinen nennenswerten
Einfluß auf die in dem Fenster auftretenden Spannung.
1. Für elektromagnetische Strahlung durchlässiges Fenster bei einem zielverfolgenden
Über- oder Hyperschall-Flugkörper, dadurch gekennzeichnet, daß das Fenster mehrere gemeinsam gehalterte, einander stützende Fensterschichten (12,14)
aufweist, deren Materialwahl, Dicke und Anordnung temperaturbedingte mechanische Spannungen
bei Über- oder Hyperschallflug im Vergleich zu einem durchgehend homogenen Fenster
reduziert.
2. Fenster nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Fensterschichten auf ihren aneinandergrenzenden Oberflächen fest miteinander
verbunden sind und aus Materialien mit derart unterschiedlichen thermischen Ausdehnungs-Koeffizienten
bestehen, daß sich bei dem während des Über- oder Hyperschallfluges durch das Fenster
hindurch auftretenden Temperaturgradienten in den verschiedenen Fensterschichten im
wesentlichen gleiche thermische Ausdehnungen ergeben.
3. Fenster nach Anspruch 1 oder 2, gekennzeichnet durch Mittel zum Herstellen eines guten Wärmeüberganges zwischen den Fensterschichten.
4. Fenster nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß als Mittel zum Herstellen eines guten Wärmeüberganges die Fensterschichten durch
Ansprengen miteinander verbunden sind.
5. Fenster nach Anspruch 1, dadurch gekennzechnet, daß zwischen den Fensterschichten (12,14) eine Gleitschicht vorhanden ist, die eine Relativbewegung
der Fensterschichten parallel zu ihren aneinandergrenzenden Oberflächen gestattet,
so daß die Übertragung der Spannungen zwischen den Fensterschichten (12,14) vermindert
wird.