(19)
(11) EP 0 989 056 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.03.2000  Patentblatt  2000/13

(21) Anmeldenummer: 99111805.0

(22) Anmeldetag:  16.06.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B63B 41/00, B63B 39/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 23.09.1998 DE 29817032 U

(71) Anmelder: Becker, Reinhard
40789 Monheim-Baumberg (DE)

(72) Erfinder:
  • Becker, Reinhard
    40789 Monheim-Baumberg (DE)
  • Engelmann, Harald
    14467 Potsdam (DE)

(74) Vertreter: Pfeiffer, Eva 
Brucknerstrasse 9 B
01309 Dresden
01309 Dresden (DE)

   


(54) Einrichtung zum Bewegen und Steuern der Kiele von Segelyachten


(57) Die Erfindung betrifft eine Einrichtung zum Bewegen und Steuern des Kieles/der Kiele von Segelyachten, wodurch jeder der vorzugsweise hintereinander liegenden Kiele jeweils nach beiden Seiten um max. 90° ausgeschwenkt werden kann. Aufgabe der Erfindung ist es, die Bewegungs- und Steuereinrichtung an der tiefsten Stelle des Kieles anzuordnen, damit ihr Gewicht nicht durch zusätzlichen Ballast ausgeglichen werden muß. Darüber hinaus soll die Einrichtung keine Einbauten im Inneren des Bootes erfordern.
Zur Lösung dieser Aufgabe sind in der Kielbombe (12) von einem Antriebaggregat angetriebene, rechte und linke Bewegungselemente (1) jeweils paarweise gegenüberliegend angeordnet, deren Hub über Hebelsysteme (2.1;2.2) auf im Inneren des Kielschaftes (4) in Längsrichtung beweglich verlaufende Kraftübertragungseinrichtungen (5) übertragen wird. Unter dem Bootsrumpf (11) befinden sich rechte und linke Gelenksystem (6;7;8) zur Umwandlung der Längsbewegung in eine nach rechts oder links gerichtete Schwenkbewegung des Kieles. Bei Anordnung mehrerer Kiele ergeben sich damit viele Möglichkeiten, durch gegenläufiges oder paralleles Ausschwenken die Kentersicherheit zu erhöhen, zusätzliche Leeabdrift zu vermeiden, das aufrichtende Moment zu verstärken und bei Bedarf den Tiefgang zu verringern.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Einrichtung zum Bewegen und Steuern der Kiele von Segelyachten, wobei die Antriebsaggregate am tiefsten Punkt der vorzugsweise hintereinander liegenden, jeweils unabhängig voneinander nach beiden Seiten schwenkbar gelagerten Kielen angeordnet sind.

[0002] Mit dem Ziel, den Tiefgang von Segelyachten in flachen Gewässern zu verringern und/oder ihre Kentersicherheit zu erhöhen, ist es bekannt, den oder die Kiele schwenkbar unter dem Schiffsrumpf zu befestigen, wobei sich die erforderlichen Antriebsaggregate grundsätzlich im Inneren des Schiffes befinden (z.B. DE 27 51 364; DE 84 09 661.6). In DE 296 038 93 und DE 29 22 629 sind schwenkbareKiele beschrieben, die aus zwei senkrecht voneinander trennbaren Teilen bestehen, die im Bedarfsfall rechtwinklig zur Mittschiffsebene nach außen gespreizt werden können. Hier können die Antriebs- und Verstellaggregate entweder im Inneren des Schiffskörpers oder unmittelbar unter dem Rumpf in einer abgedichteten "Wasserzone" untergebracht sein. Diese Wasserzone ist an ihrer Unterseite mit Schlitzen versehen, durch welche Haltearme für die zwei spreizbaren Halbkiele hindurchragen. Aus dem deutschen Gebrauchsmuster G 91 15 019.1 ist eine "Liftkieleinrichtung" bekannt, die aus einem, einen Schacht aufweisenden Kielgehäuse und einem in diesem hydraulisch auf- und abwärts bewegbaren Läufer besteht, an welchem der Kiel befestigt ist und von dem er in Längsrichtung ausgefahren und wieder eingeholt werden kann, wobei sich die erforderliche Hydraulik direkt im Kielgehäuse unmittelbar unter dem Bootsrumpf befindet. Ein seitliches Schwenken des Kiels ist mit dieser Einrichtung nicht möglich.

[0003] Die den Stand der Technik kennzeichnenden, vorwiegend hydraulisch arbeitenden Einrichtungen zum Schwenken bzw. zur Längenänderung der Kiele weisen durchweg den Nachteil auf, daß sie sich entweder im Inneren des Bootsrumpfes befinden, wo sie viel Platz benötigen und unbeweglichen Ballast darstellen oder außerhalb im Kielgelenk angeordnet sind, wohin sich dadurch der Schwerpunkt der Yacht verlagert, was durch ein erhebliches Mehrgewicht der Kielbombe ausgeglichen werden muß. Das kann zu einer ungünstigen Beeinflussung des Segelverhaltens führen, wodurch die Vorteile schwenkbarer Kiele teilweise wieder aufgehoben werden. Darüber hinaus müssen die Antriebs- und Kraftübertragungseinrichtungen bereits beim Bau der Boote vorgesehen werden, da sie aufwendige Durchführungen durch die Schiffshaut erfordern.

[0004] Darüber hinaus sind die bekannten Einrichtungen ausschließlich geeignet die Bewegung des Kiels nur in einer Richtung, nach links oder rechts bzw. oben oder unten zu realisieren, was nur eine begrenzte Erweiterung der Manövriermöglichkeiten bewirkt.

[0005] Die Aufgabe der Erfindung besteht deshalb in der Entwicklung einer Einrichtung zum Bewegen und Steuern nach beiden Seiten schwenkbarer Kiele, die an der tiefsten Stelle des Kieles angeordnet ist und damit nicht durch zusätzlichen Ballast ausgeglichen werden muß. Darüber hinaus soll die Einrichtung keine Einbauten im Inneren des Bootes erfordern, so daß entsprechende Kiele auch nachträglich an jede Yacht angebaut werden können.

[0006] Diese Aufgabe wird durch die in Patentanspruch 1 beschriebene Einrichtung gelöst. Die Ansprüche 2 bis 8 stellen günstige Ausgestaltungen der Erfindung dar.

[0007] Gemäß der Erfindung sind im tiefstliegenden Bauteil eines an sich bekannten, aus Kielgelenk, Kielschaft und Kielbombe bestehenden Kieles ein Antriebsaggregat zur Erzeugung der Bewegungsenergie, rechte und linke Bewegungselemente zur Erzeugung der Bewegung sowie je ein Hebelsystem für die Übertragung dieser Kräfte auf im Inneren des Kieles in Längsrichtung verlaufende, bewegliche weitere Kraftübertragungseinrichtungen angeordnet. Diese Kraftübertragungseinrichtungen enden unter dem Bootsrumpf, in dem als Kielgelenk ausgebildeten Bauteil, wo erfindungsgemäß die Umwandlung der Auf- und Abbewegung in eine nach rechts oder links gerichtete kreisförmige Schwenkbewegung des Kieles bis auf jeweils max. 90° in jede Richtung erfolgt.

[0008] In einer vorzugsweisen Ausführungsform der Erfindung besteht das Antriebsaggregat ebenfalls aus einer elektrisch angetriebenen Hydraulikpumpe. Die Hubbewegung der als Bewegungselemente eingesetzten Hydraulikzylinder wird erfindungsgemäß über Koppelgetriebe auf die im Inneren des Kielschaftes verlaufenden Kraftübertragungseinrichtungen, die beispielsweise als Schubstangen ausgebildet sein können, übertragen. Die als Koppelgetriebe wirkenden Hebelsysteme realisieren die Kraftübertragung über je zwei Scherenarme, die von den Hydraulikzylindern bis auf 180° gespreizt werden können, was im Kielgelenk zum Ausschwenken des Kieles um max. 90° führt, indem die Aufwärtsbewegung der Schubstangen über Pleuelstangen sowie einen gleitend und einen fest gelagerten Pleuel-Gelenkpunkt auf den rechten bzw. linken Drehpunkt des Kieles übertragen wird. Eine Arretierungsvorrichtung hält den Kiel in seiner senkrechten Neutralstellung, wenn kein Ausschwenken erforderlich ist und verhindert darüber hinaus ein Überschwenken der Neutralstellung.

[0009] Die Erfindung soll nachstehend an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert werden. Die beigefügte Zeichnung zeigt dazu in
. Figur 1
einen Längsschnitt durch die Einrichtung
. Figur 2
eine Darstellung der Funktionen und Bewegungen.


[0010] Die verwendeten Bezugszahlen bedeuten:



[0011] Mit der im Beispiel dargestellten Ausführungsform der Erfindung ergibt sich beim Ausschwenken des Kieles folgender Funktionsablauf: Nach Anlaufen der Hydraulikpumpe und Erreichen des notwenigen Hydraulikdruckes kann die Kielarretierung 9 gelöst werden. Je nach Schwenkrichtung beginnen die linken oder rechten Hydraulikzylinder 1 auszufahren und drücken die Scherenarme 2.1; 2.2 bis in die Senkrechte auseinander. Der entstehende Hub wird über eine der Schubstangen 5 auf eine der Pleuelstangen 6 übertragen. Durch die Fixierung des oberen Pleuelgelenkpunktes 7.1 am Bootsrumpf 11 entsteht im Gleitgelenk des Pleuels 7.2 eine auf den Kiel wirkende senkrechte Kraft. Diese führt über den Kieldrehpunkt 8 zum Ausschwenken des Kiels. Bei Maximalhub des Hydraulikzylinders 1 stehen die Scherenarme 2.1;2.2 senkrecht zueinander und der Kiel hat einen Schwenkwinkel von 90° erreicht. Zwischenpositionen können über den jeweils entsprechenden Hub der Hydraulikzylinder 1 beliebig gewählt werden.

[0012] Die Rückführung des Kiels in die senkrechte Neutralstellung wird vorwiegend durch das Eigengewicht der Kielbombe erreicht wobei eine geringe Rückstellkraft des einfahrenden Hydraulikzylinders für ein sicheres Erreichen der Neutralstellung sorgt. Die zunächst hohe Rückstellgeschwindigkeit des Kiels wird bei Annäherung an die Neutralstellung hydromechanisch über eine entsprechende Drosselung des Volumenstromes der Hydraulikflüssigkeit nahezu gleich Null. Ein selbsttätiges Verriegeln der Kielarretierung 9 verhindert bei Erreichen der Neutralstellung ein Überschwenken des Kiels. Zum Ausschwenken des Kiels in die Gegenrichtung muß ein neuer Schwenkvorgang eingeleitet werden.

[0013] Die erfindungsgemäße Einrichtung besteht aus einem robusten und wenig störanfälligen Mechanismus und kann nachträglich an jeder Yacht nachgerüstetwerden. Außer den erforderlichen Energiezuführungen sind keine Einbauten im Inneren der Yacht erforderlich. Durch Montage der Einrichtung in den ohnehin mit Ballast zu beschwerenden Elementen Kielbombe und Kielschaft, verbessert sich das Segelverhalten des Bootes weiter so daß höhere Geschwindigkeiten erzielt werden können. Der Kiel kann je nach Anforderung nach links oder rechts bis auf 90° ausgeschwenkt werden.

[0014] Bei beispielsweise zwei hintereinander angeordneten, mit den erfindungsgemäßen Einrichtungen versehenen Kielen, lassen sich durch

. Senkrechtstellung beider Kiele,

. gegenläufiges Ausschwenken beider Kiele zwischen 0 ... 90°,

. Ausschwenken beider Kiele nach einer Seite,

. Senkrechtstellung eines und Ausschwenken des zweiten Kieles

unterschiedliche Kielstellungen für die Verbesserung des aufrichtenden Moments, die Erhöhung der Kentersicherheit, die Vermeidung von zusätzlicher Leeabdrift bei Ballastverlagerung und die Verminderung des Tiefganges bis auf minimal 0,50 cm erzielen. Erforderlichenfalls kann das Boot sogar auf den beiden gegenläufig ausgeschwenkten Kielen abgestellt werden.


Ansprüche

1. Einrichtung zum Bewegen und Steuern der Kiele von Segelyachten, bestehend aus im Inneren des Kieles/der Kiele angeordneten Antriebs- und Kraftübertragungseinrichtungen, dadurch gekennzeichnet,
daß im tiefstliegenden Bauteil des Kielkörpers (12) von einem Antriebsaggregat angetriebene, rechte und linke Bewegungselemente (1) jeweils paarweise angeordnet sind, deren Hub über Hebelsysteme (2.1;2.2) auf im Inneren des Kielschaftes (4) in Längsrichtung bewegliche Kraftübertragungseinrichtungen (5) übertragen wird und unter dem Bootsrumpf rechte und linke Gelenksysteme (6;7;8) zur Umwandlung der Längsbewegung in eine nach rechts oder links gerichtete Schwenkbewegung des Kieles angeordnet sind.
 
2. Einrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Antriebsaggregat eine Hydraulikpumpe und als Bewegungselemente (1) je zwei Hydraulikzylinder in der Kielbombe (12) installiert sind.
 
3. Einrichtung nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß als Hebelsysteme Koppelgetriebe eingesetzt werden, die aus jeweils oberen und unteren Scherenarmen (2.1;2.2) bestehen, die durch Gelenke (3) miteinander verbunden sind.
 
4. Einrichtung nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß als längsbewegliche Kraftübertragungseinrichtungen zwei Schubstangen (5) im Kielschaft (4) verlaufen.
 
5. Einrichtung nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Umwandlung der Längsbewegung der Schubstangen (5) in die Schwenkbewegung des Kieles über Pleuelstangen (6) sowie die Gelenkpunkte (7.1; 7.2) und den Drehpunkt (8) erfolgt.
 
6. Einrichtung nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß der obere Pleuelgelenkpunkt (7.1) fest am Bootsrumpf und der Gelenkpunkt (7.2) gleitend auf der Schubstange (6) gelagert ist.
 
7. Einrichtung nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Kielgelenk (10) beim Erreichen der senkrechten Neutrallage des Kiels mittels einer mechanischen Sicherung (9) arretiert und zum erneuten Ausschwenken hydraulisch wieder gelöst wird.
 
8. Einrichtung nach Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß sich bei Anordnung mehrerer Kiele durch gemeinsame Senkrechtstellung, gegenläufiges oder paralleles Ausschwenken oder unterschiedliche Stellungen jedes der Kiele eine Vielzahl von Möglichkeiten für die Verbesserung des aufrichtenden Moments, die Erhöhung der Kentersicherheit, die Vermeidung von zusätzlicher Leeabdrift und die Verminderung des Tiefganges ergeben.
 




Zeichnung