(19)
(11) EP 1 008 667 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.06.2000  Patentblatt  2000/24

(21) Anmeldenummer: 99123536.7

(22) Anmeldetag:  26.11.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C22C 38/22, C22C 38/24, C22C 38/04, C22C 38/06, C21D 8/02, C21D 1/28
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 07.12.1998 DE 19856265

(71) Anmelder: Thyssen Krupp Stahl AG
40211 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Kern, Andreas, Dr.-Ing.
    40885 Ratingen (DE)
  • Gränzdörffer, Gerd, Dr.-Ing.
    40489 Düsseldorf (DE)
  • Schriever, Udo, Dr.-Ing.
    45134 Essen (DE)

(74) Vertreter: Simons, Johannes 
Cohausz & Florack Patentanwälte Kanzlerstrasse 8 A
40472 Düsseldorf
40472 Düsseldorf (DE)

   


(54) Verfahren zur Herstellung feuerresistenter Stahlbleche


(57) Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung feuerresistenter Stahlbleche mit einer Streckgrenze Re > 235 N/mm2 und einem Streckgrenzenverhältnis Re/Rm zwischen 0,4 und 0,65 für den Einsatz im Stahlbau. Aus nickelfreiem Stahl werden Brammen abgegossen, die mit einer Anfangstemperatur im Bereich von 1000 bis 1350 °C zu Bändern warmgewalzt werden bei Endwalztemperaturen über 850 °C. Die Bänder werden anschließend an Luft auf 720 bis 780 °C abgekühlt und gehaspelt. Danach wird das gehaspelte Band zu Blechen abgetafelt.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung feuerresistenter Stahlbleche mit einer Streckgrenze Re > 235 N/mm2 und einem Streckgrenzenverhältnis Re/Rm (Streckgrenze Re; Zugfestigkeit Rm) zwischen 0,4 und 0,65, insbesondere zwischen 0,4 und 0,6, für den Einsatz im Stahlbau.

[0002] Feuerresistente Stähle müssen eine hohe Warmfestigkeit aufweisen, damit im Stahlbau eine Verringerung von teuren Brandschutzmaßnahmen ermöglicht wird. Gleichzeitig soll ein feuerresistenter Stahl zur Erzielung eines guten Verformungsverhaltens ein sehr niedriges Streckgrenzenverhältnis Re/Rm aufweisen. Das erhöht die Sicherheit der Konstruktion gegen Versagen infolge mechanischer Belastung. Die erfindungsgemäß zu schaffenden Stähle haben darüber hinaus die an Baustähle für Stahlkonstruktionen gestellten Anforderungen hinsichtlich Zähigkeit und Verarbeitungsverhalten zu erfüllen und einen erhöhten Widerstand gegen atmosphärische Korrosion (Wetterfestigkeit) zu besitzen.

[0003] Für den Brandschutz von Stahlkonstruktionen werden Stahlteile derzeit z.B. durch Spritzputz oder Platten abgedeckt. Ziel ist es, im Brandfall die Dauer bis zum Erreichen einer kritischen Temperatur möglichst lang zu halten oder diese Temperatur gar nicht zu erreichen.

[0004] Die kritische Temperatur ist erreicht, wenn der bei dieser Temperatur gemessene Streckgrenzenwert unter 2/3 des bei Raumtemperatur gemessenen Streckgrenzenwertes abgesunken ist. Konventionelle Baustähle haben bei etwa 350 °C ihre kritische Temperatur. Durch die Notwendigkeit bei konventionellen Baustählen teure Brandschutzmaßnahmen in erheblichem Umfang vornehmen zu müssen, ist eine kostengünstige Bauabwicklung nicht gewährleistet und eine optimale Raumausnutzung vielfach schwierig.

[0005] Um die Brandschutzmaßnahmen zur Kostenreduzierung bei Stahlbauten zu verringern, sind bereits eine Reihe geeigneter feuerresistenter Stähle mit Streckgrenzenwerten von mindestens 270 bis 450 N/mm2 und erhöhter Warmfestigkeit bekannt, z.B. aus der EP 0 470 055 A2. Die kritische Temperatur konnte bei ihnen bis max. 600 °C angehoben werden. Dadurch wurde bereits ein verbesserter Brandschutz erreicht. Die Verbesserung des Verformungsverhaltens ist jedoch sehr gering, weil das Streckgrenzenverhältnis dieser Stähle nur um höchstens 10 % niedriger liegt als bei konventionellen Baustählen mit gleich hoher Streckgrenze.

[0006] Der vorliegenden Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, ein kostengünstiges Verfahren zur Herstellung von Stählen vorzuschlagen, mit denen Brandschutzmaßnahmen durch eine über den Stand der Technik erhöhte kritische Temperatur weiter reduziert werden können und die verbesserte Verformbarkeit durch ein niedriges Streckgrenzenverhältnis von 0,4 bis 0,65 aufweisen. Hierdurch soll eine kostengünstige und moderne Baugestaltung mit hoher Sicherheit gegen mechanisches und thermisches Versagen der Konstruktion ermöglicht und parallel dazu ein erhöhter Widerstand gegen atmosphärische Korrosion geschaffen werden.

[0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den Maßnahmen des Anspruchs 1 gelöst. Verarbeitet wird nach diesem Verfahren ein nickelfreier Stahl folgender chemischer Zusammensetzung (in Masse-%):

0,01 bis 0,14 % C,

0,20 bis 1,20 % Mn,

0,020 bis 0,045 % Allösl,

0,7 bis 0,9 % Cr,

0,10 bis 0,25 % Mo,

0,01 bis 0,05 % V,

Rest Eisen mit erschmelzungsbedingten Verunreinigungen.

[0008] Dabei können nach einer Ausgestaltung der Erfindung der C-Gehalt auf einen Bereich von 0,01 bis 0,12 % und der Mn-Gehalt auf einen Bereich von 0,20 bis 1,00 % beschränkt sein.

[0009] Wahlweise können dem erfindungsgemäß verwendeten Stahl zusätzlich ein öder mehrere der folgenden Elemente in den angegebenen Mengen (in Masse-%) zugesetzt werden:

bis 0,30 % Si

bis 0,008 % N,

bis 0,50 % Cu,

bis 0,0040 % B,

bis 0,0030 % Ca,

bis 0,02 % Nb,

bis 0,02 % Ti



[0010] Dieser Stahl wird im Stand- oder Strangguß zu Brammen oder Dünnbrammen vergossen. Die Brammen werden mit einer Anfangstemperatur im Bereich von 1000 bis 1350 °C zu Bändern warmgewalzt. Im Falle der Erzeugung von Brammen werden diese auf die Warmwalz-Anfangstemperatur aufgeheizt. Erfolgt dagegen der Abguß von Dünnbrammen, können diese aus der Gießhitze nach Abkühlung auf die Warmwalz-Anfangstemperatur unmittelbar anschließend an den Gießprozeß weiterverarbeitet werden, indem sie zu Bändern ausgewalzt werden.

[0011] Die Warmwalz-Endtemperatur liegt über 850 °C, bevorzugt jedoch nicht höher als 900 °C. Die warmgewalzten Bänder mit Dicken bis max. 15 mm kühlen nach dem Austritt aus der Warmwalzstaffel ausschließlich an Luft ab und werden bei einer Temperatur im Bereich von 720 bis 780 °C gehaspelt, bei der sich in der Praxis besonders gute Ergebnisse einstellen. Nach einer Ausgestaltung der Erfindung kann die Obergrenze der Haspeltemperatur bei 760 °C liegen. Nach dem Haspeln werden von den Bändern Bleche abgetafelt.

[0012] Die so erzeugten Bleche werden vorteilhafterweise im Temperaturbereich von 880 bis 950 °C, bevorzugt bei 920 °C, für maximal 30 Minuten normalgeglüht. Die Bleche können dann zusätzlich im Temperaturbereich von 400 °C bis 700 °C angelassen werden.

[0013] Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird in den Stahlblechen ein mehrphasiges Gefüge erzeugt, das vorwiegend aus Ferrit mit eingelagerten bainitisch/martensitischen Inseln besteht und darüber hinaus fein verteilte Carbidausscheidungen aufweist. Auf diesem Gefüge beruht die hohe Warmfestigkeit und das niedrige Streckgrenzenverhältnis als Voraussetzung für eine gute Verformbarkeit der Bleche.

[0014] In Tabelle 1 sind die chemischen Zusammensetzungen von erfindungsgemäßen feuerresistenten nickelfreien Stählen 1 - 4 in Form von 5 und 10 mm dickem Blech sowie die während der Verarbeitung der Stähle jeweils eingehaltenen Endwalz- und Haspeltemperaturen aufgelistet.

[0015] Die Stähle wurden zu Brammen vergossen, die anschließend auf 1200 °C erwärmt und zu Band warmgewalzt, wobei die in Tabelle 1 angegebenen jeweiligen Endwalztemperaturen erreicht wurden. Ausgehend von der jeweiligen Endwalztemperatur wurde das jeweilige Band an Luft auf die in Tabelle 1 angegebene jeweilige Haspeltemperatur abgekühlt. Anschließend wurden von den Bändern Bleche abgetafelt, die einer Normalglühung bei 920 °C mit weniger als 30 Minuten Haltedauer unterzogen wurden.

[0016] Tabelle 2 enthält die an Proben der Bleche aus den feuerresistenten nickelfreien Stählen 1 - 4 der Zusammensetzung gemäß Tabelle 1 gemessenen mechanischen Eigenschaften. Charakteristisch ist insbesondere die deutlich höhere Warmfestigkeit, die hier durch die Streckgrenze Re bei 600 °C gekennzeichnet ist, die zwischen 180 und 217 N/mm2 liegt. Das entspricht einer Streckgrenzenverminderung gegenüber Raumtemperatur mit mehr als 3/5. Damit kann die kritische Temperatur auf über 600 °C angehoben und so der Aufwand für zusätzliche Isolierung gegen ein Aufheizen des Stahles im Brandfall deutlich reduziert werden.

[0017] Darüber hinaus wird auch die verbesserte Verformbarkeit der erfindungsgemäß hergestellten Bleche aus feuerresistenten Stählen gegenüber konventionellen Stählen deutlich. So weisen erfindungsgemäß erzeugte Bleche mit 0,48 bis 0,65 ein rd. 15 % niedrigeres Streckgrenzenverhältnis auf als konventionelle Stähle, die gleich hohe Streckgrenzenwerte besitzen.

Tabelle 2
Stahl Nr. Prüftemperatur: RT 600 °C
  Re [N/mm2] Rm [N/mm2] A5 [%] Z [%] Av(-20 °C) [J] Re [N/mm2]
1 287 568 30 69 63 188
2 287 489 36 79 156 180
3 244 521 28 72 48 182
4 323 495 33 74 n.b. 217



Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung von Blech mit Dicken bis 15 mm aus einem der Stahl mit einer Streckgrenze Re > 235 N/mm2 und einem Streckgrenzenverhältnis Re/Rm zwischen 0,4 und 0,65 für den Stahlbau, bestehend aus (in Masse-%):

0,01 bis 0,14 % C,

0,20 bis 1,20 % Mn,

0,020 bis 0,045 % Allösl,

0,70 bis 0,90 % Cr,

0,10 bis 0,25 % Mo,

0,01 bis 0,05 % V,

Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen,

dadurch gekennzeichnet, daß der zu Brammen oder Dünnbrammen vergossene Stahl mit einer Anfangstemperatur im Bereich von 1000 °C bis 1350 °C zu Bändern bei Endwalztemperaturen über 850 °C warmgewalzt wird, daß die Bänder anschließend an Luft auf Haspeltemperatur im Bereich von 720 °C bis 780 °C abgekühlt werden und daß das gehaspelte Band dann zu Blechen abgetafelt wird.
 
2. Verfahren nach einem der Ansprüche 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahl zusätzlich mit mindestens einem der folgenden Elemente in den angegebenen Mengen (in Masse-%) legiert wird:

bis 0,30 % Si,

bis 0,008 % N,

bis 0,50 % Cu,

bis 0,0040 % B,

bis 0,0030 % Ca,

bis 0,02 % Nb,

bis 0,02 % Ti.


 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Bleche bei einer Temperatur im Bereich von 880 °C bis 950 °C normalgeglüht werden.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Bleche bei Temperaturen im Bereich von 400 bis 700 °C angelassen werden.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Endwalztemperatur im Bereich von 850 bis 900 °C liegt.
 





Recherchenbericht