(19)
(11) EP 1 014 028 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.06.2000  Patentblatt  2000/26

(21) Anmeldenummer: 99124092.0

(22) Anmeldetag:  13.12.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7F41G 7/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 15.12.1998 DE 19857895

(71) Anmelder: Bodenseewerk Gerätetechnik GmbH
88662 Überlingen (DE)

(72) Erfinder:
  • Krogmann, Uwe, Dr.
    88662 Überlingen (DE)

(74) Vertreter: Weisse, Jürgen, Dipl.-Phys. et al
Patentanwälte Dipl.-Phys. Jürgen Weisse Dipl.-Chem. Dr. Rudolf Wolgast Bökenbusch 41
42555 Velbert-Langenberg
42555 Velbert-Langenberg (DE)

   


(54) Lenk,- Navigations- und Regelsystem für Flugkörper


(57) Bei einem Lenk-, Navigations- und Regelsystem für zielverfolgende Flugkörper (12) mit Sensor- und Signalverarbeitungsmitteln (14,16,18,20,22 bzw. 28,30) im Flugzeug (10), Sensor- und Signalverarbeitungsmitteln (42,44 bzw. 40) im Flugkörper (12) und Datenübertragungsmitteln (52) zwischen Flugzeug (10) und Flugkörper (12), sind die Sensor- und Signalverarbeitungsmittel (14,16,18,20,22 bzw. 28,30) im Flugzeug (10) und die Sensor- und Signalverarbeitungsmittel (42,44 bzw. 40) im Flugkörper (12) über eine Schnittstelle (52) im Startgerät und über drahtlose Datenübertragungsmittel ("Data Link" 54) in Datenaustausch und zu einem zusammenwirkenden System für die Lenkung, Navigation und Regelung des Flugkörpers (12) integriert.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Lenk-, Navigations- und Regelsystem für zielverfolgende Flugkörper mit Sensor- und Signalverarbeitungsmitteln im Flugzeug, Sensor- und Signalverarbeitungsmitteln im Flugkörper und Datenübertragungsmittel zwischen Flugzeug und Flugkörper.

[0002] Ein Flugzeug enthält Sensoren. Das sind Trägheitssensoren für die Flugregelung und Navigation und Empfänger für die Satelliten-Navigation. Ferner enthält ein Flugzeug Radar. Kampfflugzeuge enthalten Infrarotsensoren (FLIR). Es sind auch verschiedene Kommunikations-Systeme vorgesehen. Diese Sensoren und Systeme dienen der Flugführung des Flugzeugs. Sie dienen auch dem Erfassen und Identifizieren von Zielen, die von dem Flugzeug z.B. mit einem Flugkörper angegriffen werden können. Das Flugzeug enthält weiterhin eine

Missionseinheit", welche auf Grund der Sensordaten dem Piloten eine Missionsplanung liefert und z.B. berechnet, welcher von mehreren vorhandenen Flugkörpern mit größter Trefferwahrscheinlichkeit ein bestimmtes Ziel erreicht.

[0003] Das Flugzeug dient als Träger des Flugkörpers, der in einem Startgerät gehaltert ist. Auch der Flugkörper weist Sensoren auf. Das sind einmal Sensoren, welche ein Ziel erfassen und Signale liefern, aus denen Lenksignale für den Flugkörper abgeleitet werden, so daß der Flugkörper das Ziel verfolgt. Solche Sensoren können Radar-Sensoren oder ein Suchkopf mit passiven Infrarotsensoren sein. Der Flugkörper enthält üblicherweise auch Inertialsensoren zur Stabilisierung des Suchkopfes und zur Entkopplung des Suchkopfes und des Infrarotsensors von den Bewegungen des Flugkörpers. Der Flugkörper enthält häufig auch Inertialsensoren für die Navigation des Flugkörpers.

[0004] Üblicherweise werden von dem Flugzeug vor dem Abschuß einzelne Datensätze, z.B. die Position des Flugzeugs oder eine Einweisung des Flugkörpers auf ein bestimmtes Ziel über eine

Nabelschnur" an den Flugkörper übertragen. Ein weiteres Zusammenwirken zwischen Flugzeug und Flugkörper findet nicht statt.

[0005] Durch die DE 197 16 025 A1 ist weiterhin bekannt, in einem von einem Flugzeug abzuschießenden, zielverfolgenden Flugkörper eine

Flugkörper-Missionseinheit" vorzusehen. In dieser Flugkörper-Missionseinheit sind die für die Mission des Flugkörpers relevanten Daten und Fakten als Wissen gespeichert. Auf die Flugkörper-Missionseinheit sind weiterhin Daten von Sensoren aufgeschaltet. Die Flugkörper-Missionseinheit liefert aus dem gespeicherten Wissen und den von den Sensoren gelieferten Daten Entscheidungs-Kriterien für das Abschießen des Flugkörpers. Diese Flugkörper-Missionseinheit ist mit dem Flugzeug über eine standardisierte Schnittstelle verbunden. Damit liefert jeder Flugkörper selbst Entscheidungs-Kriterien für sein Abschießen über eine standardisierte Schnittstelle. Wenn an das Flugzeug ein neuer Flugkörpertyp angehängt wird, braucht an dem Flugzeug, etwa der Missionseinheit des Flugzeugs, nichts geändert zu werden. Jeder Flugkörper

sagt" also dem Piloten, ob er auf Grund seiner bekannten, in der Flugkörper-Missionseinheit gespeicherten Eigenschaften bei dem jeweils vorliegenden Flugzustand ein bestimmtes Ziel, auf das er eingewiesen ist, zu treffen vermag.

[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein verbessertes Lenk-, Navigations- und Regelsystem für Flugkörper zu schaffen.

[0007] Insbesondere liegt der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, ein Lenk-, Navigations- und Regelsystem für Flugkörper zu schaffen, das eine Ziel-Erfassung und -Identifikation und einen Einsatz des Flugkörpers gegen hochmanövrierfähige Ziele auch unter ungünstigen Bedingungen, z.B. jenseits der optischen Sichtweite, ermöglicht.

[0008] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe dadurch gelöst, daß die Sensor- und Signalverarbeitungsmittel im Flugzeug und die Sensor- und Signalverarbeitungsmittel im Flugkörper durch die Datenübertragungsmittel zu einem zusammenwirkenden System für die Lenkung, Navigation und Regelung des Flugkörpers integriert sind.

[0009] Nach der Erfindung werden nicht nur bestimmte Daten von den bordeigenen Sensoren und Rechnern des Flugzeugs vor dem Abschuß auf den Flugkörper übertragen. Es werden auch nicht nur Informationen über den Flugkörper an die Missionseinheit des Flugzeugs übermittelt. Vielmehr werden die Sensor- und Signalverarbeitungsmittel von Flugzeug und Flugkörper zu einem System integriert, in welchem die Sensoren des Flugkörpers (oder verschiedener Flugkörper), Kommunikationsmittel des Flugzeugs und die Signalverarbeitungsmittel des Flugzeugs zusammenwirken. Die Flugkörper können z.B. Sensoren aufweisen, die im Flugzeug nicht vorhanden sind. Signale von solchen Sensoren werden dann mit verwendet, um etwa ein Ziel zu identifizieren. Flugzeugeigene Sensoren wie Radar können andererseits entfernte Ziele erfassen, die der Sucher des Flugkörpers noch nicht

sieht", und die Bahn des Flugkörpers entsprechend programmieren oder den Flugkörper auf ein so vom Flugzeug erfaßtes Ziel lenken. Die Sensoren und sonstigen Elemente von Flugzeug und Flugkörper können zusammenwirken bei der Fehlererkennung und Fehleridentifikation und bei der Rekonfiguration von Elementen, wenn Fehler auftreten. Flugzeug und ein oder mehrere Flugkörper bilden somit ein verglichen mit dem Stand der Technik wesentlich effizienteres System für die Lenkung, Navigation und Regelung des Flugkörpers.

[0010] Der Ausdruck

Flugzeug" soll hier auch unbemannte und ggf. autonom operierende Träger von zielverfolgenden Flugkörpern umfassen.

[0011] Für die Integration der Systeme können die flugzeugseitigen Sensor- und Signalverarbeitungsmittel und die flugkörperseitigen Sensor- und Signalverarbeitungsmittel über eine Schnittstelle im Startgerät miteinander in Datenaustausch stehen. Es können aber auch alternativ oder zusätzlich die flugzeugseitigen Sensor- und Signalverarbeitungsmittel und die flugkörperseitigen Sensor- und Signalverarbeitungsmittel über drahtlose Datenübertragungsmittel ("Data Link") miteinander in Datenaustausch stehen.

[0012] Durch die Fusion der Sensoren und der Signalverarbeitungsmittel von Flugzeug und Flugkörper können die Anforderungen erfüllt werden, die an taktische Flugkörper mittlerer Reichweite zur Luftverteidigung gegen moderne, hochmanövrierfähige Ziele gestellt werden. Diese Anforderungen umfassen: Die Gewinnung von Informationen über Ziele und deren Bewegungen sowie Störmaßnahmen, die Bewertung der Informationen und das Treffen situationsbedingter Entscheidungen, die Erzeugung von Kommandosignalen zur optimalen Lenkung des Flugkörpers in das Ziel und die schnelle und robuste Regelung des dynamischen Verhaltens des Flugkörpers im gesamten Einsatzbereich unter Berücksichtigung von Störmaßnahmen. Jedes dieser Probleme ist nichtlinear, zeitvariabel und unsicher bezüglich der bei der Lösung zu treffenden Annahmen.

[0013] Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand weiterer Unteransprüche.

[0014] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist nachstehend unter Bezugnahme auf die zugehörigen Zeichnungen näher erläutert.
Fig.1
ist ein Blockdiagramm des Gesamtsystems von Flugzeug und Flugkörper.
Fig.2
ist ein Diagramm und zeigt die hierarchische Kontrollstruktur.
Fig.3
zeigt eine erste Ausführung der Regelkreise, durch welche der Flugkörper zu dem Ziel geführt wird.
Fig.4
zeigt eine zweite Ausführung der Regelkreise, durch welche der Flugkörper zu dem Ziel geführt wird, unter Verwendung lernfähiger Strukturen.
Fig.5
veranschaulicht den Lernvorgang unter Verwendung genetischer Algorithmen.
Fig.6
zeigt ein erweitertes Zielmodell unter Verwendung von Vorwissen über das zu erwartende Verhalten des Ziels.
Fig.7
zeigt eine Weiterbildung der Regelkreise von Fig.4, bei welcher unterschiedliche dynamische Verhalten des Flugkörpers autonom verfügbar sind.


[0015] In Fig.1 ist mit 10 ein Flugzeug bezeichnet. Das Flugzeug 10 trägt einen Flugkörper 12. Der Flugkörper 12 wird von dem Flugzeug 10 abgeschossen. An dem Flugzeug 10 sind verschiedene Sensoren vorgesehen, nämlich ein Radar 14, ein Flugkörper-Annäherunssensor (MAWS) 16, ein Infrarotsensor (FLIR) 18, ein Empfänger für die Freund-Feind-Kennung (IFF) 20 und ein Sensor 22, der durch Integration von Trägheitsnavigations-System (INS) und Satellitennavigations-Empfänger (GPS) die Position des Flugzeugs liefert. Mit 24 sind Kommunikations-Einrichtungen (COMM) bezeichnet, über welche das Flugzeug und der Pilot Informationen erhält. Schließlich bezeichnet ein Block 26 ein Helmvisier (HMS).

[0016] Die Informationen von diesen Sensoren oder Einrichtungen sind auf Signalverarbeitungsmittel 28 für die Erkennung (Detektion), Identifizierung und Verfolgung eines Ziels aufgeschaltet.

[0017] Das Flugzeug 10 enthält weiterhin eine Missionseinheit 30 für die Missionsplanung. Dazu gehört die Feuerleitung und die Planung der taktischen Dynamik. Die Missionseinheit ist in Datenaustausch nach beiden Richtungen mit den Signalverarbeitungsmitteln 28. Die Missionseinheit 30 ist auch in Datenaustausch mit anderen Mitwirkenden, also insbesondere mit anderen

freundlichen" Flugzeugen. Diese anderen Mitwirkenden sind durch einen gestrichelt gezeichneten Block 32 dargestellt. Durch diesen Datenaustausch kann auch eine Zielbestimmung durch einen Dritten erfolgen, z.B. wenn dieser Dritte das Ziel besser erkennen kann oder das Flugzeug 10 stark gefährdet ist. Diese Zielbestimmung durch einen Dritten ist durch einen Block 34 symbolisiert. Block 36 symbolisiert die informationsmäßige Vernetzung mehrerer Flugzeuge zur koordinierten Steuerung eines Angriffs (Internetted Strike Package Management Control).

[0018] Die Missionseinheit 30 liefert weiterhin Daten an ein Informations-Verteilungssytem (MIDS) 38.

[0019] Der Flugkörper 12 enthält eine Missionskontrolleinheit 40. Die Missionskontrolleinheit 40 erhält Daten von flugkörpereigenen Sensoren, die hier durch im K-Band und im X-Band arbeitenden Radar-Sensoren 42 bzw. 44 dargestellt sind. Weiterhin enthält auch der Flugkörper 12 eine Trägheitsmeßeinheit (IMU) 46 und einen Empfänger 48 für die Satellitennavigation (GPS). Die Signale der Trägheitsmeßeinheit 46 und des Empfängers 48 sind auf Signalverarbeitungsmittel 50 zur integrierten Verarbeitung der Signale von Trägheitsmeßeinheit 46 und Empfänger 48 aufgeschaltet. Die Signalverarbeitungsmittel 50 bewirken eine Initialisierung des Flugkörpers und weiterhin die Positionsberechnung auf Grund der Signale von Trägheitsmeßeinheit 46 und Empfänger 48. Die so erhaltenen Positionsdaten sind ebenfalls auf die Missionskontrolleinheit 40 aufgeschaltet.

[0020] Die Missionskontrolleinheit 40 ist vor dem Abschuß des Flugkörpers 12 über eine Startgerät-Schnittstelle 52 in zwei Richtungen mit den Signalverarbeitungsmitteln 28 des Flugzeugs 10 in Datenaustausch. Dadurch bilden die Sensor- und Signalverarbeitungsmittel des Flugzeugs 10 und die Sensor und Signalverarbeitungsmittel des Flugkörpers 12 ein integriertes System, das auf alle Sensoren und alle Signalverarbeitungsmittel von Flugzeug 10 und Flugkörper 12 zurückgreifen kann.

[0021] Die Missionskontrolleinheit 40 enthält Mittel 53 zur Daten- und Sensorfusion zur Erzeugung von Zielvektoren, zur Situationserkennung und zur Erzeugung eines Situationsvektors, wobei die Komponenten der Zielvektoren und des Situationsvektors Größen sind, die zur Charakterisierung des Ziels bzw. der Situation dienen, sowie Mittel 55 zur Entscheidung und Planung. Die Mittel zur Entscheidung und Planung treffen auf Grund der zugeführten Daten Entscheidungen über das zu verfolgende Ziel, eine Bedrohung, Täuschkörper-Trennung vom Ziel, die Zielwahl, die Bahnoptimierung und die Sensorlenkung.

[0022] Nach dem Abschuß sind die flugkörperseitige Missionskontrolleinheit 40 und die Signalverarbeitungsmittel 28 des Flugzeugs 10 noch über eine drahtlose Datenübertragung 54 (Data-Link) in ggf. etwas eingeschränktem Datenaustausch. Auch während des Fluges werden daher dem Flugkörper 12 Informationen von den Signalverarbeitungsmitteln 28 des Flugzeugs 10 übermittelt und erhalten die Signalverarbeitungsmittel 28 Informationen von dem Flugkörper 12, z.B. Informationen von den zielerfassenden Sensoren 42, 44 des Flugkörpers 12 oder Informationen über die Position des Flugkörpers von den Signalverarbeitungsmitteln 50. Über die Missionseinheit 30 des Flugzeugs 10 können auch Zielbestimmungen durch Dritte an den Flugkörper übermittelt werden.

[0023] Die Missionskontrolleinheit 40 des Flugkörpers 12 liefert Daten an ein Lenk- und Regelsystem 56. Das Lenk- und Regelsystem 56 enthält einen Lenkprozessor 58. Der Lenkprozessor 58 gibt Kommandos auf einen Autopiloten 60. Der Autopilot steuert u.a. einen Machzahlregler 62.

[0024] Mit der beschriebenen Struktur werden die Funktionen der drei Missionsphasen, nämlich vor dem Abfeuern (Pre-Launch), Marschflug (Midcourse) und Endanflug (Terminal), des Flugkörpers 12 durch Software in einer eine Echtzeitverarbeitung ermöglichenden Hardware-Konfiguration realisiert. Die wesentlichen Elemente dieser Sensordaten- und Informationsverarbeitung sind: Die Missionskontroll-Funktion mit Daten- und Sensorfusion sowie Entscheidung und Planung, die optimale Lenkung und hochdynamische Regelung der Flugkörper-Zelle, die integrierte Navigation durch Verarbeitung der Signale von Trägheitsmeßeinheit 46 und Satelliten-Empfänger 48 und die Initialisierung, Kalibrierung und Ausrichtung der Trägheitsmeßeinheit durch das hochgenaue Trägheitsnavigations-System 22 des Flugzeugs 10, wodurch ein gemeinsames Referenzsystem für Flugzeug und Flugkörper festgelegt wird.

[0025] Bei der Sensordaten- und Informationsverarbeitung werden wissensbasierte und lernfähige Elemente eingesetzt, um eine hohe Autonomie des Flugkörpers und große Anpassungsfähigkeit an Veränderungen im Szenario und Missionsverlauf zu erreichen.

[0026] Fig.2 zeigt die hierarchische Kontrollstruktur in der Anordnung von Fig. 1.

[0027] Übergeordnet ist die Missionskontrolle, die in Fig.2 durch einen Block 64 dargestellt ist. Die Missionskontrolle gibt an, was geschehen soll, z.B. welcher Flugkörper auf welches Ziel abgeschossen werden soll. Die nächste Stufe der "Hierarchie" ist das Sensor-Subsystem mit der Verarbeitung der Suchersignale. Das ist durch Block 66 dargestellt. Dieses Sensor-Subsystem umfaßt sowohl z.B. die Sensoren 14 und 18 des Flugzeugs als auch die Sensoren 42, 44 des Flugkörpers. Der Sucher gibt an, wo das von der Missionskontrolle bestimmte Ziel sich befindet. Auf Grund dieser Suchersignale erzeugt eine Lenk-Verarbeitung, dargestellt durch Block 68 Lenkkommandos für Marschflug ("Midcourse") und Endanflug. Die Lenkkommandos werden von einem Autopiloten 60 ausgeführt, das ist in Fig.2 dargestellt durch Block 70.

[0028] Als höchste Ebene der in Figur 2 gezeigten hierarchischen Kontrollstruktur steuert somit die Missionskontrolleinheit 40 situationsbedingt die Interaktionen des Flugkörpers 10 mit dem "reale Welt"-Szenario, in dem sich das interessierende Geschehen abspielt. Sie bedient sich dabei auf der einen Seite der Multi-Sensorik (Situation erfassen) und auf der anderen Seite der Lenkung und Regelung (Situation beeinflussen durch Interaktion).

[0029] Zu diesem Zweck führt die Missionskontrolleinheit außer dem Flugkörper- und I/O-Management insbesondere die Funktionen von Daten- und Sensorfusion sowie die situationsbedingten Planungs- und Entscheidungsprozesse aus. Durch Überlagerung aller verfügbaren Information und Daten (Sensoren, Data-Link) wird ein Situationsvektor erzeugt und daraus die Extraktion relevanter Merkmale (Merkmalsvektor) durchgeführt. Dem schließt sich eine Ziel-Identifikation und -Klassifikation an. Damit ist die Flugkörper/-Ziel-Situation im Szenario global darstellbar (situation awareness (SITAW)). Mit dieser Information erfolgt der Entscheidungs- und Planungsprozeß.

[0030] Die wesentlichen Aufgaben dieser Funktionen sind damit zusammenfassend: Unterscheidung, ob die vom Suchkopf gelieferten Informationen von wirklichen Zielen oder von Täuschkörpern stammen, intelligente Zielauswahl bei Mehrfachzielen mit und ohne Zuweisungen über den Datenlink, Bahnoptimierung zur Minimierung der Flugzeit, Erhöhung der Reichweite sowie zur besseren Unterdrückung von Störern und Steuerung der Suchkopfsensoren zur Störunterdrückung bzw. Anpassung an Umweltbedingungen.

[0031] Die Ausführung dieser Aufgabe geschieht auf der Basis der Ausgangsinformationen der "Data- & Sensor Fusion" und der Inertial/GPS Integrationsrechnung. Zur Anwendung gelangen neben bewährten klassischen auch neuartigen wissensbasierte Verfahren, die mittels genetischer Modelle über Ziel-und Störerverhalten die Entscheidungen fällen. Ausgabedaten der Entscheidungs- und Planungsfunktion sind die Kommandos für den Lenkrechner und die Sensorsteuerung.

[0032] Flugkörper gehören zur Klasse der nichtlinearen, zeitvarianten, multivariablen, dynamischen Systeme. Die auf sie wirkenden Störungen sind weitgehend unbekannt und zeitvariabel. Insbesondere in Phasen großer Anstellwinkel treten neben den Veränderungen der Flugkörpermasse und des Trägheitsmomentes beträchtliche Veränderungen der nichtlinearen Aerodynamik während des Einsatzes auf.

[0033] Eine besondere Bedeutung kommt der Funktion des Autopiloten für weitreichende Flugkörper aufgrund des Staustrahltriebwerkes zu. Dies betrifft zum einen die Regelung der Fluggeschwindigkeit in der Marschphase über den Schub des Triebwerkes. Dabei sind verschiedenste Beschränkungen in dessen Betriebsbereich zu berücksichtigen. Diese hängen ab von Anströmwinkel, Höhe, Anströmgeschwindigkeit und Treibstoffdurchsatz.

[0034] Zum anderen werden im Zusammenhang mit dem Staustrahltriebwerk verschiedene Strategien zur Ansteuerung des Autopiloten untersucht, nämlich "Skid-To-Turn", "Bank-To-Turn" und "Twist-To-Track".

[0035] Flugkörper gegen schnell manövrierende Ziele müssen im Hinblick auf das Endgame hochagil sein. Die dazu benötigten hohen Querbeschleunigungen erfordern bei einer Bank-to-Turn Strategie eine schnelle Rollbewegung des Flugkörpers. Die dabei auftretenden hohen Rollraten verursachen extrem starke Kopplungen zwischen dem Roll-Kanal und den lateralen Kanälen und stellen an die Autopiloten hohe Anforderungen.

[0036] Hohe Querbeschleunigungen gehen außerdem mit großen Anstell- und Schiebewinkeln einher, die nicht nur ab bestimmten Grenzen zu Schubverlusten führen, sondern das Staustrahltriebwerk gänzlich verlöschen lassen. Um dieses zu verhindern, muß die Bank-To-Turn Steuerung sowohl die restriktiven Schiebewinkelgrenzen als auch einen im Anstellwinkel asymmetrisch zulässigen Bereich einhalten.

[0037] Die Auslegung der Bank-To-Turn Autopiloten muß in einer Umgebung geschehen, die alle sechs Freiheitsgrade berücksichtigt. Die entsprechende Aerodynamik muß dazu zur Verfügung stehen. Weiterhin sind alle Komponenten der Sensorik und Aktuatorik innerhalb des Autopiloten-Regelkreises zu berücksichtigen (so z.B. Trägheitsmeßeinheit, Triebwerk, Ruderstellsystem).

[0038] Das Zusammenspiel des Autopiloten in Verbindung mit der Lenkung muß anhand des validierten Simulationsprogrammes mit sechs Freiheitsgraden erfolgen. Liegt die Struktur des Autopiloten fest, kann mit der Generierung operationeller Algorithmen begonnen werden.

[0039] Die benötigten Modelle und Daten zu Aerodynamik, Flugkörper, Sensorik und Aktuatorik sowie die Anforderungen an den Autopiloten-Regelkreis sind Eingangsgrößen für die Problemstellung und müssen als solche präzise definiert werden. Entsprechendes gilt für die operationelle Software.

[0040] Die Lenkung autonomer Flugkörper erfordert die Kenntnis wesentlicher Parameter der Relativkinematik zwischen Flugkörper und Ziel. Hierzu zählt insbesondere die Richtung und die intertiale Drehrate der Sichtlinie. Lenkverfahren, die hierauf basieren, gehören der Klasse der weithin eingesetzten Proportionalnavigationsverfahren an.

[0041] Die Leistungsfähigkeit der Lenkung, insbesondere die Größe der Schußbereiche und der "no-escape zone" sowie die Trefferablage kann verbessert werden, wenn zusätzliche Informationen über die Entfernung, die Annäherungsgeschwindigkeit und das Zielmanöver zur Verfügung stehen. Lenkverfahren, die auf den vollständigen Zustandsvektor der Relativkinematik zurückgreifen, können über ein zu definierendes Gütekriterium als "Optimal-Lenkung" (Optimum Guidance) ausgelegt werden. In der Regel stehen diese Informationen nicht bzw. nicht mit der nötigen Genauigkeit zur Verfügung, so daß in der Praxis häufig Lösungsansätze verwendet werden, die in irgendeiner Form Ausgangsinformationen zur Begegnungssituation und/oder Informationen zum Eigenbewegungszustand des Flugkörpers berücksichtigen, um das Lenkgesetz der aktuellen Begegnungssituation anzupassen. Darüber hinaus sind die Maßnahmen mit dem größten Erfolg nicht unbedingt durch einen geradlinigen Entwurf zugänglich, vielmehr müssen die erforderlichen Strategien in langwierigen Simulationen ermittelt werden.

[0042] Auf der anderen Seite stehen heute leistungsfähige Optimierungsalgorithmen zur Verfügung, um nichtlineare Steuerungsprobleme numerisch zu lösen. Mit der optimalen Steuerung liegt das Expertenwissen für eine optimale Lenkung vor, das mit Hilfe wissensbasierter Informationsverarbeitung in ein kontinuierliches/stetiges Lenkgesetz überführt werden kann und in Echtzeit implementierbar ist.

[0043] Der hier bisher beschrittene Weg zum Entwurf von Autopilot und Lenkgesetz folgt der konventionellen, sequentiellen Vorgehensweise: Zunächst wird der Autopilot entworfen. Das ist ein

innerer Regelkreis". Dann wird das Lenkgesetz ermittelt. Das stellt einen

äußeren Regelkreis" dar. Das ist in Fig.3 als Blockschaltbild dargestellt.

[0044] In Fig.3 symbolisiert ein Block 72 die Zieldynamik. Die Zieldynamik 72 liefert einen Zustandsvektor xT des Ziels. Aus dem Zustandsvektor xM des Flugkörpers und dem Zustandsvektor xT des Ziels ergibt sich die relative Geometrie zwischen Ziel und Flugkörper, die in Fig.3 durch einen Block 74 symbolisiert ist. Diese relative Geometrie 74 ist durch einen Vektor x darstellbar. Der Vektor x beeinflußt einen Zielsensor 76, welcher das Ziel verfolgt. Die Signale des Zielsensors 76 sind auf ein Filter 78 geschaltet, das unter Berücksichtigung von Störungen, die durch einen

Eingang" 80 symbolisiert sind, einen Schätzwert

des Vektors x liefert. Zielsensor 76 und Filter 78 bilden das Sensorsystem 82.

[0045] Der Schätzwert

beaufschlagt die Flugführung, die durch einen Block 84 dargestellt ist. Das sind die Mittel, welche die Bahn des Flugkörpers vorgeben und Querbeschleunigungs-Kommandos aMG auf einen Autopiloten 86 geben. In Sinne der Regelungstechnik stellt die Flugführung 84 den Regler 88 dar. Der Autopilot 86 beeinflußt die Flugkörperdynamik, welche durch einen Block 90 dargestellt ist. Die von dem Autopiloten 86 beeinflußte Flugkörperdynamik 90 liefert den Zustandsvektor xM des Flugkörpers. Im Sinne der Regelungstechnik stellt der Autopilot 86 und die Flugkörperdynamik 90 das

Stellglied" dar, das durch einen Block 92 symbolisiert ist. Das ist der

äußere" Regelkreis. Ein

innerer Regelkreis" ist durch die Rückführung 94 von dem

Ausgang" der Flugkörperdynamik 90, d.h. dem Zustandsvektor xM, auf den Eingang des Autopiloten 86 gegeben.

[0046] Im Gegensatz zu dieser konventionellen Realisierungen können auch neue Technologien herangezogen werden, welche die Verwendung nichtlinearer Autopiloten und Lenkgesetze mit wissensbasierten Elementen ermöglichen und damit den Weg zur lernenden Flugführung und Regelung ("Learning Guidance and Control (LGC)") eröffnen.

[0047] Gerade diese neuen, Wissensgewinnung und Verarbeitung ermöglichenden Informationstechnologien, liefern die Basis für einen neuartigen integrierten simultanen Entwurf von Autopilot und Lenkgesetz. Dies schafft die Möglichkeit, Kopplungen zwischen der Regelung und der Lenkung zur weiteren Steigerung der Agilität einzuführen und damit einen wesentlichen Schritt in Richtung der Nutzung des vollen Manövrierfähigkeis-Potentials des Flugkörpers zu tun. Das Ergebnis ist eine integrierte, lernende Flugführung und Regelung ("Integrated Learning Guidance and Control (ILGC)"), mit einer gegenüber Figur 3 veränderten funktionalen Zuordnung der Elemente der Lenk- und Regelschleife, wie sie in Figur 4 vereinfacht dargestellt ist. Danach sind die Flugkörperdynamik und die Relativgeometrie zu dem zu regelnden Prozeß zusammengefaßt, wobei die Zieldynamik als stochastische Störgröße betrachtet wird; natürlich mit der Möglichkeit einer Modellierung. Der Regler wird durch die integrierte Funktion aus Autopilot und Lenkgesetz gebildet und wirkt direkt über die Aktuatoren des Flugkörpers.

[0048] In Fig.4 sind entsprechende Teile mit den gleichen Bezugszeichn versehen wie in Fig.3. Im Gegensatz zu Fig.3 bilden in Fig.4 die Relativgeometrie 74 und die Flugkörperdynamik 90 zusammen die Regelstrecke, die durch einen Block 96 zusammengefaßt ist. Flugführung 84 und Autopilot 86 bilden zusammen den

Regler" des äußeren Regelkreises.

[0049] Ein Ansatz für die Integration der Regelung und Lenkung kann darin bestehen, daß die Struktur (Neuro, Fuzzy, Neuro-Fuzzy) für das betreffende Element vorgegeben wird. Dem schließt sich eine Optimierung der Parameter dieser Struktur und evtl. auch der Struktur selbst mit Hilfe genetischer oder evolutionärer Algorithmen an. Dabei kann so vorgegangen werden, daß zunächst eine Regelungsfunktion in den linearen Bereichen der Strecke optimiert wird und dieses unter schrittweiser Ausdehnung auf den nichtlinearen Einsatzbereich erweitert wird. Anschließend wird dieser Prozeß in ähnlicher Weise für die Lenkung durchgeführt.

[0050] Das Ergebnis der genetischen Optimierung eines neuronalen Netzes zur Identifikation der Dynamik eines Flugkörpers ist in Figur 5 als Beispiel für die Leistungsfähigkeit dieser Methode gezeigt.

[0051] In Fig.5 ist durch Block 100 die Flugkörper-Dynamik symbolisiert. Diese Flugkörper-Dynamik ist nichtlinear und zeitvariabel. Diese Flugkörper-Dynamik 100 soll durch genetische =ptimierung auf ein neuronales Netz 102 abgebildet werden. Das neuronale Netz 102 hat 7 Prozessoreinheiten und 28 Gewichte. Block 104 symbolisiert die

Chromosome" der genetischen Optimierung. Block 106 zeigt den Vorgang der genetischen Optimierung: Durch Block 108 ist eine Anfangspopulation dargestellt. Diese wird genetischen Operatoren unterworfen, die hier als

Reproduktion" 110,

Partnerpool" 112,

Kreuzung" 114 und

Mutation" 116 gekennzeichnet sind. Block 118 symbolisiert bei der

Kreuzung" den Vater, Block 120 die

Mutter". Es ergibt sich eine

Nachwuchs-Population" 122, welche die Ausgangspopulation 108 verändert, wie durch Schleife 124 dargestellt ist. Die

Kinder" sind Zustände des neuronalen Netzes 102.

[0052] Block 126 zeigt in einer Simulation wie nach 8572

Generationen" einmal die Flugkörper-Dynamik 100 und einmal das neuronale Netz auf Stufeneingänge reagiert. Die Antworten auf Stufeneingänge sind praktisch übereinstimmend.

[0053] Ein Ziel kann durch einen Zustandsvekor xT repräsentiert werden, der sich mit der Zeit nach einer nichtlinearen Zustandsgleichung

entwickelt und mit den durch das Sensorsystem 82 (Sucher) meßtechnisch zugänglichen Größen durch eine ebenfalls nichtlineare Beziehung

zusammenhängt; darin sind w und v zufällige System- bzw. Meßrauschprozesse.

[0054] Durch Linearisierung der zuvor genannten Zusammenhänge und Annahme normalverteilter weißer oder farbiger Rauschprozesse für w und v läßt sich mit Hilfe von Kalman-Filtern ein Schätzwert xT und die zugehörigen Kovarianz des Schätzfehlers berechnen.

[0055] Probleme dieses Ansatzes liegen in der notwendigen Initialisierung des Kalman-Filters (xT (0)) sowie in der Tatsache, daß bei einem reinem IR-Sensor die meßbare Information für eine Schätzung des Zielzustandsvektors nicht ausreicht. Deshalb wird bei IR-Flugkörpern überwiegend auf die Zielmodellierung verzichtet und proportional zur Sichtlinie und deren zeitlicher Änderung gelenkt.

[0056] Eine Möglichkeit zur Abhilfe besteht zunächst in der passiven Gewinnung von Initialisierungsinformation (z.B. Abstand Flugkörper-Ziel) durch Verarbeitung von Sichtlinieninformation mehrerer Flugkörper vor dem Abschuß. Damit kann dann auch bei IR-Flugkörpern eine Zielmodellierung u.U. sinnvoll sein, wobei sich die Schätzung jedoch auf eine reine Prädiktion reduziert. Diese kann wiederum dadurch verbessert werden, daß im Zielmodell Zustände enthalten sind, die die Manövrierfähigkeit des Zieles beschreiben (analytisches Vorwissen über die Zielkinematic). Es ist grundsätzlich denkbar, für jedes potentielle Ziel einen derartigen Schätzer/Prädiktor einzuführen. Der damit verbundene Rechenaufwand ist jedoch erheblich und steht einer Echtzeit Implementierung entgegen. In zukünftigen IR-Suchern erscheint eine Laser-Komponente realisierbar. Damit stünde eine Abstandsinformation zur Verfügung, allerdings wegen der begrenzten Reichweite des Lasers wohl nur im Endanflug.

[0057] Darüber hinaus wird an Methoden gearbeitet, um mit abbildenden IR-Suchern Änderungen des Abstands zu bestimmen. Bei weitreichenden Flugkörpern ist über die Radar-Suchkomponente eine (aktive) Abstandsinformation verfügbar.

[0058] Der Schritt in Richtung auf ein erweitertes Zielmodell ist besonders interessant, wenn außer den zuvor genannten Maßnahmen ein Suchkopf mit Multi-Sensorik verwendet wird. Derartige Sucher werden angesichts zu erwartender hochentwickelter Ziele mit ihren Gegenmaßnahmen notwendig.

[0059] Durch die erweiterte Zielmodellierung soll eine Verbesserung der LGC und/oder ILGC erreicht werden, indem relevantes verfügbares Wissen über potentielle Ziele in Echtzeit genutzt wird. Dieses Wissen umfaßt z.B. a priori Wissen über das Zielverhalten, das sich in linguistischen Regeln oder in der Kenntnis der Manövriereigenschaften manifestiert. Dieses Wissen wird im allgemeinen nur spärlich verfügbar sein. Trotzdem erscheint auch die Nutzung dieses Wissens sinnvoll, indem z.B. in einem ersten Lösungsansatz Mehrfach-Hypothesen über Zielmanöver und Bewegung aufgestellt und on-line unter Verwendung der hier betrachteten wissensbasierte Elemente verarbeitet werden.

[0060] Ein konzeptioneller Entwurf eines solchen erweiterten Zielmodells ist in Fig.6 dargestellt.

[0061] Das erweiterte Zielmodell ist in Fig.6 durch einen Block 128 dargestellt. Das Zielmodell 128 erhält Zielsensordaten, wie durch einen Pfeil 130 dargestellt ist. Weiterhin erhält das Zielmodell vorliegende Informationen über Eigenschaften und Verhalten möglicher Ziele. Das ist in Fig.6 durch einen Pfeil 132 dargestellt. Das Zielmodell liefert Informationen an die Flugführung 84. Das ist durch Pfeil 134 dargestellt.

[0062] Mit 136.1 bis 136.n sind dynamische, neuronale Netzwerke bezeichnet. In diesen neuronalen Netzwerken sind Informationen über verschiedene mögliche Ausweichmanöver eines potentiellen Zieles gespeichert. Diese Informationen beruhen auf Vorwissen über die Eigenschaften des Zieles. Es sind im allgemeinen Kenntnisse darüber verfügbar, welche Ausweichmanöver ein bestimmtes

feindliches" Flugzeug oder verschiedene solche Flugzeuge beim Anflug eines Flugkörpers ausführen können und in der Regel ausführen. Diese Ausweichmanöver werden als

Hypothesen" in den neuronalen Netzwerken 136.1 bis 136.n gespeichert. Zu diesem Zweck werden die Netzwerke mit einer Analyse der Ergebnisse von optimalen Ausweichmanövern des Ziels trainiert.

[0063] Mit 138.1 bis 138.m sind neuronale Netwerke bezeichnet, die in der nächsthöheren Ebene als nichtlineare Filter und Prädikatoren ausgelegt sind. Die Ausgänge aller neuronalen Netzwerke 136.1 bis 136.n werden auf alle neuronalen Netzwerke 138.1 bis 138.m aufgeschaltet. Diese Netzwerke 138.1 bis 138.m benutzen die Zielsensordaten x und die Ausgänge der

Hypothesen"-Netzwerke 136.1 bis 136.n. Die Netzwerke 138.1 bis 138.m prüfen, wie die verschiedenen

Hypothesen" mit den tatsächlich beobachteten Sensordaten übereinstimmen und schätzen daraus den Zielzustandsvektor xT in Echtzeit. Die Netzwerke 138.1 bis 138.m sind mit den Daten einer SDRE- oder erweiterten Kalmanfilter-Auslegung off-line trainiert.

[0064] Die Ausgangsgrößen der Netzwerke 138.1 bis 138.m werden einer Inferenzeinheit 140 zugeführt. Die Inferenzeinheit 140 ist als fuzzy-neuronales Netz ausgeführt, um für den Inferenzprozess wichtiges heuristisches Wissen in Form von linguistischen Regeln berücksichtigen zu können. Die Inferenzeinheit korreliert die Informationen und führt eine Schlußfolgerung bezüglich des besten verfügbaren Schätzwertes des Zustandsvektors xT des Ziels durch. Dieser Schätzwert wird dann zur Weiterverarbeitung für die Lenkung als Ausgangsgröße zur Verfügung gestellt.

[0065] Es kann sinnvoll oder sogar notwendig sein, im Rahmen der lernenden Flugführung und Regelung oder der integrierten, lernenden Flugführung und Regelung unterschiedliche dynamische Verhalten des Flugkörpers in den wissensbasierten Elementen der Lenkung und Regelung abzubilden und damit autonom verfügbar zu haben. Das ist in Fig.7 durch Vermehrfachung der betreffenden Blöcke Flugführung 84, Autopilot 86 und Flugkörperdynamik 90 angedeutet. Ansonsten entspricht Fig.7 im wesentlichen der Fig.4 und entsprechende Teile sind mit den gleichen Bezugszeichen versehen wie dort.

[0066] Mit dieser Fähigkeit ist es möglich, die Flugkörperdynamik in Abhängigkeit vom Flugzustand autonom und on-line zu verändern.

[0067] So kann z.B. im Endanflug zu Gunsten einer höherenManövrierfähigkeit bis an die Grenzen der Stabilität gegangen werden, ggf. unter Aufgabe der aerodynamischen Stabilität bei einem entsprechend konfigurierten Flugkörper. Darüberhinaus ermöglicht diese Fähigkeit die Implementierung einer Auto-Rekonfigurierung der Lenkung und Regelung im Falle von Fehlern an Subsystemen, z.B. Bias Ruder Stellsystemen.

[0068] Die hier unter Bezugnahme auf die Figuren 4 bis 7 beschriebene Ausführung der Flugfügrung und Regelung mit lernfähigen Strukturen ist auch für sich, d.h. ohne die in Fig. 1 beschriebene Integration der Systeme von Flugzeug und Flugkörper anwendbar.


Ansprüche

1. Lenk-, Navigations- und Regelsystem für zielverfolgende Flugkörper (12) mit Sensor- und Signalverarbeitungsmitteln (14,16,18,20,22 bzw. 28,30) im Flugzeug (10), Sensor- und Signalverarbeitungsmitteln (42,44 bzw. 40) im Flugkörper (12) und Datenübertragungsmitteln (52) zwischen Flugzeug (10) und Flugkörper (12), dadurch gekennzeichnet, daß die Sensor- und Signalverarbeitungsmittel (14,16,18,20,22 bzw. 28,30) im Flugzeug (10) und die Sensor- und Signalverarbeitungsmittel (42,44 bzw. 40) im Flugkörper (12) durch die Datenübertragungsmittel (52,54) zu einem zusammenwirkenden System für die Lenkung, Navigation und Regelung des Flugkörpers (12) integriert sind.
 
2. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die flugzeugseitigen Sensor- und Signalverarbeitungsmittel (14,16,18,20,22 bzw. 28,30) und die flugkörperseitigen Sensor- und Signalverarbeitungsmittel (42,44 bzw. 40) über eine Schnittstelle (52) im Startgerät miteinander in Datenaustausch stehen.
 
3. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die flugzeugseitigen Sensor- und Signalverarbeitungsmittel (14,16,18,20,22 bzw. 28,30) und die flugkörperseitigen Sensor- und Signalverarbeitungsmittel (42,44 bzw. 40) über drahtlose Datenübertragungsmittel ("Data Link" 54) miteinander in Datenaustausch stehen.
 
4. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß über die drahtlosen Datenübertragungsmittel (54) Daten von Dritter Seite auf den Flugkörper (12) aufschaltbar sind.
 
5. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die flugzeugseitigen Sensor- und Signalverarbeitungsmittel (14,16,18,20,22 bzw. 28,30) Mittel (28) zur Ziel-Detektion, -Identifikation und - Verfolgung enthalten, auf welche flugzeugseitige Sensoren (14,16,18,20,22) aufgeschaltet sind.
 
6. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß flugzeugseitig eine Einheit (30) zur Missionsplanung und -kontrolle vorgesehen und einerseits mit den Mitteln (28) zur Ziel-Detektion, -Identifikation und -Verfolgung und andererseits mit dem Flugkörper (12) in Datenaustausch stehen.
 
7. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die flugkörperseitigen Sensor- und Signalverarbeitungsmittel (42,44 bzw. 40) eine Missionskontrolleinheit (40) enthalten, auf welche Daten von dem Flugzeug (10) über die Schnittstelle (52) und/oder die drahtlosen Datenübertragungsmittel (54) aufschaltbar sind.
 
8. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß auf die Missionskontrolleinheit (40) Daten von Radarsensoren (42,44) aufschaltbar sind.
 
9. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, daß auf die Missionskontrolleinheit (40) kombinierte Daten von einer Trägheitsmeßeinheit (46) und einem Satellitennavigations-Empfänger (48) aufschaltbar sind.
 
10. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach einem der Ansprüche 7 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die flugkörperseitige Missionskontrolleinheit (40)

(a) Mittel (53) zur Daten- und Sensorfusion zur Erzeugung von Zielvektoren, zur Situationserkennung und zur Erzeugung eines Situationsvektors aufweist, wobei die Komponenten der Zielvektoren und des Situationsvektors Größen sind, die zur Charakterisierung des Ziels bzw. der Situation dienen, sowie

(b) Mittel (55) zur Entscheidung und Planung.


 
11. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Mittel (55) zur Entscheidung und Planung Lenksignale auf Lenkmittel (58) aufschalten, welche in Lenk- und Regelmitteln einen Autopiloten (60) ansteuern.
 
12. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß die Lenk- und Regelmittel einen Machzahlregler (62) enthalten, der von dem Autopiloten (60) ansteuerbar ist.
 
13. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, daß die Flugkörperdynamik (90) und die Relativgeometrie (74) von Flugkörper (12) und Ziel in lernfähigen Mitteln zur Flugführung und Regelung integriert sind.
 
14. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, daß für die Elemente Strukturen (Neuro, Fuzzy, Neuro-Fuzzy) vorgegeben sind, deren Parameter anschließend optimierbar sind.
 
15. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, daß die Optimierung durch genetische Algorithmen erfolgt.
 
16. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, daß die Optimierung durch evolutionäre Algorithmen erfolgt.
 
17. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, daß die flugkörperseitigen Signalverarbeitungsmittel in lernfähigen Strukturen (98) integriert einen Flugführungs-Rechner (84) und einen Autopiloten (86) enthalten.
 
18. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 17, dadurch gekennzeichnet, daß der Flugführungsrechner

(a) eine Bank von dynamischen neuronalen Netzwerken (136.1 ... 136.n) enthält, die das Wissen über die optimalen Ausweichmanöver potentieller Ziele abbilden, sowie

(b) die Ausgänge dieser neuronalen Netzwerke (136.1 ... 136.n) einer Bank von neuronalen oder fuzzy-neuronalen Netzwerken (138.1 ... 138 .m) einer darüberliegenden Ebene zugeführt werden, die als nichtlineare Schätzer/Filter/Prädikatoren unter Verwendung von Zielsensordaten den Zielzustandsvektor (xT) in Echtzeit schätzen.


 
19. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach Anspruch 18, dadurch gekennzeichnet, daß die Ausgangsgrößen der Netzwerke (138.1 ...138.m) der darüberliegenden Ebene auf eine Inferenzeinheit (140) aufgeschaltet sind, welche die Informationen korrelieret und eine Schlußfolgerung hinsichtlich des besten verfügbaren Schätzwertes des Zielzustandsvektors (xT) durchführt und diesen zur Weiterverarbeitung für die Lenkung als Ausgangsgröße zur Verfügung stellt.
 
20. Lenk-, Navigations- und Regelsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, daß unterschiedliches dynamisches Verhalten des Flugkörpers in wissensbasierten Elementen der Lenkung und Regelung abgebildet und damit autonom verfügbar ist (Fig.7).
 




Zeichnung



















Recherchenbericht