[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Tiefziehen von Blechformteilen,
bei welchem die Blechformteile in mindestens einem Tiefzug in einer Tiefziehpresse
unterworfen werden.
[0002] Bei bekannten Verfahren und Vorrichtungen zum Tiefziehen von Blechformteilen werden
aus den unterschiedlichsten Metallen oder Legierungen bestehende Bleche in einer oder
mehreren Stufen in sogenannten Tiefziehpressen umgeformt. Dabei wird das Blech mittels
eines Stempels in eine Matrize gezogen, während seine Ränder durch einen Niederhalber
festgehalten werden.
[0003] Sowohl beim einstufigen als auch beim mehrstufigen Tiefziehen des Blechmaterials
tritt während der Verformung der Fall auf, daß durch eine zu starke Kaltverfestigungen
und die damit einhergehenden Verringerungen der Dehnbarkeit das Tiefziehen nicht in
einem Arbeitsschritt und/oder nicht in der gewünschten Tiefe erfolgen kann, ohne daß
Materialdefekte entstehen. Diese Problematik tritt insbesondere bei zu hoher Kaltverfestigung
neigenden Aluminiumlegierungen wie beispielsweise AlMg oder AlMgMn auf.
[0004] In begrenztem Umfang können diese Beschränkungen des Tiefziehvorgangs dadurch beseitigt
werden, daß die noch nicht vollständig tiefgezogenen Blechformteile einem zwischengeschalteten
Entfestigungsglühen unterworfen werden.
[0005] Bei den aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren und Vorrichtungen werden hierzu
die Blechformteile aus der Tiefziehpresse entnommen und einer Ofenglühung unterworfen.
Dies erfordert eine Unterbrechung des Umformvorgangs und regelmäßig vor der Ofenglühung
eine vorgeschaltete Entfettung. Dieses zwischengeschaltete Entfestigungsglühen ist
bei Blechformteilen für Großserien problematisch, da derartige Großserienteile in
der Regel vom Band auf einer Stufenpresse bis zum fertigen Blechformteil verformt,
beschnitten und gelocht werden. Ein zwischengeschaltetes Entfestigungsglühen in einem
separaten Ofen würde hierbei zu einer aus Kostengründen nicht akzeptablen Unterbrechung
des Umformprozesses führen. Darüber hinaus ist bei der Ofenglühung zur Entfestigung
das Risiko vorhanden, daß bei nicht exakter Temperaturführung es in gering verformten
Bereichen des Blechformteils zu unerwünschter Grobkornbildung kommt, wenn sich aufgrund
einer nicht exakten Temperaturführung die Temperaturen beim Entfestigungsglühen im
Rekristallisationsglühbereich bewegen. Schließlich führt das Ofenglühen zur Entfestigung
auch dazu, daß Bereiche der Blechformteile, in denen Kaltverfestigungen erwünscht
sind wieder entfestigt werden, was die Funktionalität der bearbeiteten Blechformteile
reduziert.
[0006] Ausgehend von dem erläuterten Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde,
ein Verfahren bzw. eine Vorrichtung zum Tiefziehen von Blechformteilen zur Verfügung
zu stellen, mit der unerwünschte Kaltverfestigungen während des Tiefziehens ohne Unterbrechung
des Umformvorgangs vermieden werden können.
[0007] Erfindungsgemäß ist die zuvor hergeleitete und aufgezeigte Aufgabe für ein Verfahren
zum Tiefziehen von Blechformteilen dadurch gelöst, daß die Blechformteile in der Tiefziehpresse
örtlich begrenzt entfestigungsgeglüht werden. Dieses erfindungsgemäße örtlich begrenzte
Entfestigungsglühen gewährleistet, daß in besonders stark kaltverfestigten Bereichen
der Blechformteile eine gezielte Entfestigung ohne Unterbrechung des Umformvorgangs
erfolgen kann, ohne daß andere Bereiche des Blechformteils, in denen beispielsweise
Kaltverfestigungen erwünscht sind, gleichzeitig entfestigt werden und ohne daß es
in gering verformten Bereichen durch eine nicht exakte Temperaturführung beim Entfestigungsglühung
zur Grobkornbildung kommt.
[0008] Das erfindungsgemäße örtlich begrenzte Entfestigungsglühen in der Tiefziehpresse
kann bei einem einstufigen Tiefziehvorgang während des eigentlichen Tiefziehens erfolgen
oder in einer Stufenpresse besonders einfach dadurch verwirklicht werden, daß bei
mehrstufigem Tiefzug in einer Stufenpresse die Blechformteile in einer Leerstufe entfestigungsgeglüht
werden. Durch das Entfestigungsglühen in einer Leerstufe läßt sich die Funktionalität
des Ziehwerkzeuges von der einer Heizvorrichtung zum Entfestigungsglühen trennen.
[0009] Besonders vorteilhaft wird das erfindungsgemäße Verfahren dadurch ausgestaltet, daß
zum Entfestigungsglühen die Strahlenergie eines Laserstrahls verwandt wird. Beim laserunterstützten
Entfestigungsglühen wird das Blechformteil beispielsweise in einer Leerstufe einer
Stufenpresse örtlich begrenzt geglüht. Das Laserlicht läßt sich über Lichtwellenleiter
relativ einfach zu den gewünschten Bereichen der Blechformteile leiten und ermöglicht
einen optimalen Entfestigungsglühvorgang, da sehr hohe Energiedichten und damit sehr
hohe Aufheizraten gewährleistet werden können und da eine gute räumliche und zeitliche
Steuerbarkeit des Laserstrahls möglich ist, so daß eine örtlich eng begrenzte Erwärmung
des Blechformteils erzielt wird. Als besonders geeignete Lasertypen sind hier der
Nd:YAG-Laser und der CO
2-Laser (CO
2-Laser sind nicht zum Einsatz in Verbindung mit Lichtwellenleitern geeignet) zu nennen.
Die Integration des Laserstrahls über einen Lichtwellenleiter in eine Leerstufe des
Werkzeugsatzes einer Stufenpresse stellt eine prozeßsichere Vorgehensweise dar und
erlaubt somit eine wirtschaftliche Fertigung mit der beschriebenen Verbesserung der
Umformbarkeit durch Entfestigung des Materials an kritischen Stellen während des Fertigungsablaufes
vom Coil zum fertigen Blechformteil.
[0010] Dadurch, daß das Blechformteil durch die Strahlenergie zeitlich und räumlich variabel
entfestigungsgeglüht wird, läßt sich ein an das jeweilige Blechformteil optimal angepaßtes
Entfestigungsprofil erzeugen. Zur räumlich variablen Verteilung der Strahlenergie
des Laserstrahls wird der Laserstrahl entweder stärker gestreut oder über den zu entfestigenden
Bereich bewegt.
[0011] Alternativ oder kumulativ zum Entfestigungsglühen mit Hilfe eines Lasers wird das
erfindungsgemäße Verfahren dadurch weiter ausgestaltet, daß das Blechformteil zum
Entfestigungsglühen örtlich begrenzt induktiv erwärmt wird. Eine Induktionsspule läßt
sich einfach herstellen und beispielsweise in ein Ziehwerkzeug einer Tiefziehpresse
integrieren. Beim Einsatz einer Induktionsspule zum Entfestigungsglühen ist in der
Regel eine Abschirmung gegenüber der Tiefziehpresse und anderen Teilen eines eventuell
eingesetzten Werkzeugsatzes notwendig, um Verluste der Induktionsleistung bzw. Belastungen
der Werkstoffe der Presse bzw. des Werkzeugsatzes zu verringern bzw. zu vermeiden.
[0012] Insbesondere bei einem einstufigen Tiefziehvorgang wird das erfindungsgemäße Verfahren
dadurch vorteilhaft ausgestaltet, daß zum Entfestigungsglühen die durch Wärmeleitung
aus einem beheizten Ziehwerkzeug auf das Blechformteil übergehende Wärme verwandt
wird. Diese Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahren ermöglicht die einfache
Realisation des Entfestigungsglühens auch beim einstufigen Tiefziehen. Es ist allerdings
auch möglich, bei einstufigen Tiefziehvorgängen durch in den Tiefziehwerkzeugen vorgesehene
Lichtwellenleiter zum Entfestigungsglühen die Strahlenergie eines Laserstrahles oder
die durch eine Induktionsspule erzeugten Wirbelströme zu verwenden.
[0013] Die Auswahl der möglichen Heizvorrichtungen zur Lieferung der notwendigen Wärmeenergie
zum Entfestigungsglühen hängt ganz von den Anforderungen beim Tiefziehen des jeweiligen
Blechformteiles ab.
[0014] Vorrichtungsmäßig wird die oben hergeleitete und aufgezeigte Aufgabe für eine Vorrichtung
zum Tiefziehen von Blechformteilen mit mindestens einem Ziehwerkzeug dadurch gelöst,
daß mindestens eine die Blechformteile örtlich begrenzt entfestigungsglühende Heizvorrichtung
vorgesehen ist. Eine derartige Vorrichtung eignet sich insbesondere zur Verwendung
in einem erfindungsgemäßen Verfahren mit den zuvor beschriebenen möglichen Ausgestaltungen
und gewährleistet die bereits in Verbindung mit den Verfahren beschriebenen Vorteile
beim Tiefziehen von Blechformteilen.
[0015] Eine besonders vorteilhafte Ausgestaltung erfährt die erfindungsgemäße Vorrichtung
dadurch, daß ein Leerstufen aufweisender Werkzeugsatz zum mehrstufigen Tiefziehen
in mindestens einer Leerstufe mindestens eine Heizvorrichtung aufweist. Die Integration
der Heizvorrichtung in eine Leerstufe eines Werkzeugsatzes zu mehrstufigem Tiefziehen
ermöglicht eine Entkopplung der Vorrichtungen zum Tiefziehen und zum Heizen.
[0016] Es gibt nun eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Ausgestaltung des erfindungsgemäßen
Verfahrens bzw. der erfindungsgemäßen Vorrichtung zum Tiefziehen von Blechformteilen.
Hierzu wird beispielsweise einerseits verwiesen auf die den Patentansprüchen 1 und
7 nachgeordneten Patentansprüche und andererseits auf die Beschreibung eines Ausführungsbeispiels
in Verbindung mit der Zeichnung. In der Zeichnung zeigt
- Fig. 1
- im Schnitt ein Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zum Tiefziehen
von Blechformteilen nach einem ersten Tiefzug,
- Fig. 2
- im Schnitt das Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zum Tiefziehen
von Blechformteilen während einer ersten Leerstufe und
- Fig. 3
- im Schnitt das Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zum Tiefziehen
von Blechformteilen nach einem zweiten Tiefzug.
[0017] Das in Fig. 1 dargestellte Ausführungsbeispiel einer Vorrichtung zum Tiefziehen von
Blechformteilen weist eine erste Matrize 1, einen Niederhalter 2 und einen ersten
Stempel 3 zur Durchführung des ersten Tiefzuges auf. Bei diesem ersten Tiefzug wird
das in einem nicht dargestellten Stanzgitter an ebenfalls nicht dargestellten Stegen
gehaltene Blech 10 vom ersten Stempel 3 in die erste Matrize 1 gezogen. Vor diesem
ersten Tiefzug läuft bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel ein Band in eine Stanze,
in der die Bleche 10 aus dem Band gestanzt werden. Dabei sind zwischen den Blechen
10 und dem verbleibenden Stanzgitter Stege vorgesehen, um die Bleche 10 zur weiteren
Verarbeitung, in der Regel bis zum Abschluß des Tiefziehens, besser durch die verschiedenen
Tiefzugstufen transportieren zu können.
[0018] Bei dem in Fig.1 dargestellten ersten Tiefzug kommt es bei Blechen, die aus zur Kaltverfestigung
neigenden Metallen, wie zum Beispiel aus Aluminium, bestehen, zu Kaltverfestigungen,
insbesondere in den Bereichen des Bleches 10 in der Nähe des Randes und der Übergänge
zum Boden der ersten Matrize 1.
[0019] Während des in Fig. 2 dargestellten Leerzuges, in dem das Blech 10 aus der ersten
Matrize herausgehoben ist und nur vom nicht dargestellten Stanzgitter gehalten wird,
werden erfindungsgemäß die verstärkt zur Kaltverfestigung neigenden Bereiche 5 mit
Hilfe eines Lasers 6 entfestigungsgeglüht. Hierzu wird der Laser 6 bzw. ein mit einem
Laser verbundener Lichtwellenleiter auf die Bereiche 5 gerichtet um dort örtlich und
zeitlich begrenzt so viel Wärme in das Blechformteil einzubringen, daß ein Entfestigungsglühen
stattfindet. Hierzu kann der Laser 6 nacheinander auf die Bereiche 5 gerichtet werden
oder es können auch mehrere Laser vorgesehen sein, die ein paralleles Entfestigungsglühen
der ein weiteres Tiefziehen verhindernden oder erschwerenden kaltverfestigten Bereiche
5 gleichzeitig gewährleisten.
[0020] Bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel ist der Tiefzug rotationssymmetrisch, so
daß das Entfestigungsglühen vorteilhafterweise durch eine Rotation des Lasers 6 gegenüber
einer Rotationsachse 7 erfolgt. Hierbei überstreicht der Laser 6 die kaltverfestigten
Bereiche 5 gleichmäßig.
[0021] In Fig. 3 ist schließlich dargestellt, daß das Blechformteil mit Hilfe eines zweiten
Stempels 8 in eine zweite Matrize 9 weiter tiefgezogen wird, ohne daß nach dem ersten
Tiefzug vorhandene Kaltverfestigungen diesen Tiefzug entscheidend erschweren.
[0022] Gegenüber der ersten Stufe des Tiefzuges gewährleistet die zweite Stufe eine Verkleinerung
der Biegeradien des Bleches 10 am oberen Rand (R2<R1) und am Übergang zum Boden (r2<r1).
Dabei wird der mittlere Durchmesser verringert (D2<D1). Es werden also die schon beim
ersten Tiefzug stark verformten, also auch kaltverfestigten Bereiche 5 nochmals stark
verformt. Dies ist nur möglich, wenn die betroffenen Bereiche 5 vor der zweiten Stufe
entfestigungsgeglüht worden sind. Die ebenfalls kaltverfestigten Bereiche mit den
Radien r1 bzw. r2 werden gezielt nicht entfestigungsgeglüht, da die hier vorhandene
Kaltverfestigung während des zweiten Tiefzugs vorteilhaft ist.
[0023] Bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zum
Tiefziehen von Blechformteilen entfällt, wie ohne weiteres ersichtlich, der Durchlauf
durch einen Ofen zum Zwecke des Entfestigungsglühens zur Vorbereitung weiterer Tiefzugstufen.
1. Verfahren zum Tiefziehen von Blechformteilen, bei welchem die Blechformteile in mindestens
einem Tiefzug in einer Tiefziehpresse hergestellt werden,
dadurch gekennzeichnet, daß die Blechformteile in der Tiefziehpresse örtlich begrenzt entfestigungsgeglüht
werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß bei mehrstufigem Tiefzug in einer Stufenpresse die Blechformteile in einer Leerstufe
entfestigungsgeglüht werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß zum Entfestigungsglühen die Strahlenergie eines Laserstrahls verwandt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, daß das Blechformteil durch die Strahlenergie zeitlich und räumlich variabel entfestigungsgeglüht
wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß das Blechformteil zum Entfestigungsglühen örtlich begrenzt induktiv erwärmt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, daß zum Entfestigungsglühen die durch Wärmeleitung aus einem beheizten Ziehwerkzeug
auf das Blechformteil übergehende Wärme verwandt wird.
7. Vorrichtung zum Tiefziehen von Blechformteilen mit mindestens einem Ziehwerkzeug (1,2,3,7,8,9),
insbesondere zur Verwendung in Verbindung mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche
1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine die Blechformteile örtlich begrenzt entfestigungsglühende Heizvorrichtung
(6) vorgesehen ist.
8. Vorrichtung nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet, daß ein Leerstufen aufweisender Werkzeugsatz zum mehrstufigen Tiefziehen in mindestens
einer Leerstufe mindestens eine Heizvorrichtung (6) aufweist.