[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Innenbeschichtung eines Waffenrohres, auf
dessen innere Oberfläche mindestens in einem Teilbereich mindestens eine Schicht eines
Schichtwerkstoffes zur Vermeidung von Erosionen aufgebracht wird.
[0002] In der Waffentechnik bewirken leistungsgesteigerte Munitionsarten aufgrund ihrer
beim Abschuß entstehenden hohen Gastemperaturen und Strömungsgeschwindigkeiten, insbesondere
bei den aus Stahl bestehenden Waffenrohren, starke Erosionen, die das jeweilige Waffenrohr
bereits vor Erreichen seiner Ermüdungslebensdauer verschleißen. Es ist bereits bekannt,
die entsprechenden Waffenrohre zwecks Vermeidung derartiger Erosionen mit einer Hartchromschicht
zu versehen. Dabei wird der Hartchrom elektrolytisch an der inneren Oberfläche des
Waffenrohres abgeschieden.
[0003] Nachteilig ist bei diesem bekannten Verfahren unter anderem, daß die elektrolytisch
abgeschiedenen Hartchromschichten der leistungsgesteigerten Munition nicht standhalten.
An den sich dadurch ergebenden Chromausbrüchen entstehen nach und nach starke Erosionen.
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Innenbeschichtung eines
Waffenrohres anzugeben, mit dem zur Vermeidung von Erosionen hochschmelzende Schichtwerkstoffe
auf die innere Oberfläche des Waffenrohres aufgebracht werden können, wobei die auf
dem Waffenrohr aufgebrachte Beschichtung insbesondere eine hohe Haftfestigkeit besitzen
soll.
[0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Weitere
vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung offenbaren die Unteransprüche.
[0006] Der Erfindung liegt im wesentlichen der Gedanke zugrunde, die Innenbeschichtung des
jeweiligen Waffenrohres durch Sprengplattieren vorzunehmen. Dabei wird ein aus dem
entsprechenden Schichtwerkstoff bestehendes blech- oder folienförmiges Teil mit einem
Sprengstoff versehen und derart in das Waffenrohr eingebracht, daß zwischen der zu
plattierenden inneren Rohroberfläche und dem blech- oder folienförmigen Teil ein spaltförmiger
Raum verbleibt, so daß nach Zündung des Sprengstoffes das Schichtmaterial zur Rohroberfläche
hin beschleunigt und mit dem Material der Rohroberfläche (
kalt"-) verschweißt werden.
[0007] Ein wesentlicher Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, daß hochschmelzende
Werkstoffe, wie Niob, Molydän, Tantal, Hafnium, Vanadin, Wolfram, Zirkonium oder deren
Legierungen, in Schichtdicken von einigen zehntel Millimetern bis zu einigen Millimetern
auf die innere Oberfläche des Waffenrohres aufgebracht werden können, ohne daß eine
schmelzmetallurgische Wechselwirkung zwischen beiden Materialien stattfindet. Es sind
daher auch Verbindungen zwischen dem Waffenrohr und dem jeweiligen Schichtwerkstoff
möglich, die untereinander keine Löslichkeit besitzen, die bei hohen Temperaturen
intermetallische Phasen bilden oder die sehr stark abweichende Schmelzpunkte besitzen.
[0008] Vorteilhafterweise kommt es bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zu keiner Aufschmelzung
des jeweiligen Rohrwerkstoffes und somit zu keiner Legierungsbildung zwischen dem
Rohr- und dem Schichtwerkstoff. Außerdem bildet sich unterhalb des Schichtmaterials
keine Wärmeeinflußzone aus. Schließlich besteht beim Sprengplattieren die Möglichkeit,
auf einfache Weise Mehrlagenschichten aufzubringen, ohne daß die einzelnen Schichtwerkstoffe
in schmelzmetallurgische Wechselwirkung treten.
[0009] Der Schichtwerkstoff kann sowohl auf der gesamten Rohrinnenfläche als auch selektiv
aufgetragen werden. In beiden Fällen ist allerdings zu beachten, daß das Waffenrohr
vor dem Beschichtungsvorgang an die entsprechende Wandstärke des aufzubringenden Schichtwerkstoffes
angepaßt werden muß, d.h., der zu beschichtende Rohrabschnitt muß einen Durchmesser
besitzen, der dem Kaliberdurchmesser zuzüglich der doppelten Wandstärke des aufzubringenden
Schichtwerkstoffes entspricht.
[0010] Bei einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung wird das aus dem Schichtwerkstoff
bestehende blech- oder folienförmige Teil mit Ausprägungen versehen, die nach dem
Einbringen des Teiles in das Waffenrohr als Abstandshalter dienen.
[0011] Bei einer weiteren Ausführungsform der Erfindung wird auf der der Rohroberfläche
abgewandten Seite des aus dem Schichtwerkstoff bestehenden blech- oder folienförmigen
Teiles ein zylinderförmiger Körper angeordnet, derart, daß zwischen dem zylinderförmigen
Körper und dem blech- oder folienförmigen Teil ein Zwischenraum verbleibt, in welchem
vorzugsweise ein pulverförmiger Sprengstoff eingebracht wird.
[0012] Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus dem folgenden anhand
von Figuren erläuterten Ausführungsbeispiel. Es zeigen:
- Fig. 1
- einen zu beschichteten Rohrabschnitt eines Waffenrohres vor dem Einbringen des Schichtwerkstoffes
in das Waffenrohr;
- Fig. 2
- das in Fig. 1 dargestellte Waffenrohr nach Einbringen des Schichtwerkstoffes und des
Sprengstoffes in das Waffenrohr;
- Fig. 3 und 4
- den in den Fig. 1 dargestellten Rohrabschnitt nach Durchführung der Innenbeschichtung
sowie nach einer mechanischen Nachbearbeitung.
[0013] In den Fig. 1-4 ist mit 1 ein Waffenrohr bezeichnet, welches in einem Teilbereich
2 mit einem hochschmelzenden Metall, z.B. Niob, beschichtet werden soll. In dem zu
beschichtenden Teilbereich 2 weist das Waffenrohr 1 gegenüber dem Kaliberdurchmesser
ein Übermaß 3 auf. Vor dem Plattieren wird die innere Rohroberfläche 4 gereinigt,
so daß sie schmutz- und fettfrei ist.
[0014] Zur Beschichtung der Rohroberfläche 4 wird das Waffenrohr 1 zunächst in einem Stützrohr
5 angeordnet, um insbesondere bei dünnwandigen Waffenrohren eine Aufweitung des Waffenrohres
bei dem Plattiervorgang zu verhindern (Fig. 2). Anschließend wird der gegebenenfalls
zwischen dem Stützrohr 5 und dem Waffenrohr 1 verbleibende Zwischenraum 5, z.B. mit
Beton, Epoxidharz oder Wasser, welches anschließend zu Eis abgekühlt wird, ausgefüllt.
[0015] In das Waffenrohr 1 wird dann ein rohrförmiger Körper 6 eingebracht (Fig. 2), auf
dem sowohl Sprengstoff 7 als auch ein aus dem Schichtwerkstoff bestehendes blechförmiges
Teil (Blechrohr) 8 angeordnet sind. Dabei stützt sich das blechförmige Teil 8 über
Abstandshalter 9 an der Rohroberfläche 4 ab, so daß zwischen dem blechförmigen Teil
8 und der Rohroberfläche 4 ein spaltförmiger Raum 10 verbleibt.
[0016] Die Länge 11 des blechförmigen Teiles 8 ist aufgrund der zu berücksichtigenden Einlauf-
und Auslaufvorgängen der Detonationsfront etwas größer als die Länge 12 des zu plattierenden
Teilbereiches 2.
[0017] Zur Durchführung des Plattiervorganges wird der Sprengstoff 7 mittels eines an dem
Sprengstoff angeordneten Zünders 13 gezündet, derart, daß sich über den gesamten Umfang
eine gleichmäßige Detonationsfront ausbildet, die sich in Richtung der Rohrlängsachse
14 ausbreitet und über die gesamte Länge 11 des aus dem Schichtwerkstoff bestehenden
blechförmigen Teiles 8 läuft. Der Schichtwerkstoff wird an der Detonationsfront stark
beschleunigt und trifft auf die innere Rohroberfläche 4 auf, so daß die Materialien
miteinander kalt verschweißen. Eine genaue Untersuchung der Bindeebene zwischen den
beiden Werkstoffen hat außerdem ergeben, daß dieser Bereich wellenförmig ausgebildet
und daher gegenüber einer geraden Bindeebene größer ist, was die Haftung des Schichtwerkstoffes
an der Oberfläche des Waffenrohres noch verbessert.
[0018] Der Plattiervorgang wird im wesentlichen durch die Art und die Menge des Sprengstoffes
7 (Detonationsgeschwindigkeit, Druckentwicklung etc.), die Art und Wandstärke des
auf dem Schichtwerkstoff bestehenden blechförmigen Teiles 8 sowie dem Abstand 15 zwischen
dem Schichtwerkstoff und der Rohroberfläche 4 bestimmt.
[0019] Nach dem Aufbringen der Schicht 16 des Schichtwerkstoffes auf den Teilbereich 2 (Fig.3)
erfolgt eine mechanische Nachbearbeitung, da die Schicht 16 eine relativ rauhe Oberfläche
17 aufweist. Die zunächst auf das Waffenrohr 1 aufzutragende Schichtdicke 18 der Schicht
16 muß daher größer sein als die Schichtdicke 19 der Schicht 20 des fertigen Waffenrohres
(Fig.4).
[0020] Die Erfindung ist selbstverständlich nicht auf das vorstehend beschriebene Ausführungsbeispiel
beschränkt. So kann beispielsweise das Waffenrohr 1 vor dem Beschichtungsvorgang evakuiert
werden, wobei das Waffenrohr z.B. selbst als Vakuumkammer dient. Hierdurch kann ein
Teil des sich ausdehnenden Gasvolumens aufgefangen werden und die bremsende Wirkung
der zwischen Schichtwerkstoff und Rohrwerkstoff verdrängten Luft eingeschränkt werden.
[0021] Um die Haftfestigkeit des Schichtwerkstoffes an der inneren Oberfläche des Waffenrohres
noch weiter zu verbessern, kann es vorteilhaft sein, statt nur einer Schicht eines
Schichtwerkstoffes mehrere Schichten gleicher oder unterschiedlicher Schichtwerkstoffe
nacheinander auf die innere Oberfläche des Waffenrohres durch mehrfaches Plattieren
aufzubringen.
[0022] Bei der Verwendung von Metallfolien hat es sich als vorteilhaft erwiesen, wenn die
Folie auf ein dünnes Trägerrohr, z.B. aus Metall, Kunststoff, Pappe o.dgl., ein- oder
mehrlagig aufgewickelt und diese Anordnung dann wie das in dem vorstehenden Ausführungsbeispiel
beschriebene Blechrohr gehandhabt wird. Dabei besteht die Möglichkeit, verschiedene
Folien in der Wicklung zu kombinieren, so daß sich nach dem Plattieren die gewünschte
Schichtfolge auf der Oberfläche des Waffenrohres ergibt. Auch ein alternierender Wechsel
von unterschiedlichen Werkstoffen ist denkbar.
Bezugszeichenliste
[0023]
- 1
- Waffenrohr
- 2
- Teilbereich
- 3
- Übermaß
- 4
- Rohroberfläche
- 5
- Stützrohr
- 5'
- Zwischenraum
- 6
- zylinder- bzw. rohrförmiger Körper
- 7
- Sprengstoff
- 8
- Teil
- 9
- Abstandshalter
- 10
- spaltförmiger Raum
- 11
- Länge (Teil)
- 12
- Länge (Teilbereich)
- 13
- Zünder
- 14
- Rohrlängsachse
- 15
- Abstand
- 16
- Schicht
- 17
- Oberfläche
- 18
- Schichtdicke
- 19
- Schichtdicke
- 20
- Schicht
1. Verfahren zur Innenbeschichtung eines Waffenrohres (1), auf dessen innere Rohroberfläche
(4) mindestens in einem Teilbereich (2) mindestens eine Schicht (20) eines Schichtwerkstoffes
zur Vermeidung von Erosionen aufgebracht wird, mit den Merkmalen:
a) der Schichtwerkstoff wird durch Sprengplattieren auf die innere Rohroberfläche
(4) des Waffenrohres (1) aufgebracht, wobei
b) ein aus dem Schichtwerkstoff bestehendes blech- oder ein folienförmiges Teil (8)
derart in das Waffenrohr (1) eingebracht wird, daß zwischen der zu plattierenden Rohroberfläche
(4) und dem Teil (8) ein spaltförmiger Raum (10) verbleibt;
c) das aus dem Schichtwerkstoff bestehende Teil (8) auf seiner der Robroberfläche
(4) abgewandten Seite mit einem Sprengstoff (7) versehen wird und
d) der Sprengstoff (7) gezündet wird, so daß das dabei entstehende Schichtmaterial
zur Rohroberfläche (4) hin beschleunigt und mit dem Material des Waffenrohres (1)
kaltverschweißt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Schichtwerkstoff Niob, Molybdän, Tantal, Hafnium, Vanadin, Wolfram, Zirkonium
oder deren Legierungen verwendet werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das blech- oder folienförmige Teil (8) mit Ausprägungen versehen wird, die nach
dem Einbringen des Teiles (8) in das Waffenrohr (1) als Abstandshalter dienen.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß auf der der Rohroberfläche (4) abgewandten Seite des aus Schichtwerkstoff bestehenden
blech- oder folienförmigen Teiles (8) ein zylinderförmiger Körper (6) angeordnet wird,
derart, daß zwischen dem zylinderförmigen Körper (6) und dem blech- oder folienförmigen
Teil (8) ein Zwischenraum verbleibt, in welchem sich der Sprengstoff (7) befindet.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß in dem Zwischenraum zwischen dem blech- oder folienförmigen Teil (8) und dem
zylinderförmigen Körper (6) pulverförmiger Sprengstoff (7) eingebracht wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß zum Aufbringen mehrerer Schichten aus dem gleichen oder aus unterschiedlichen
Schichtwerkstoffen der Plattiervorgang entsprechend der Anzahl der aufzubringenden
Schichten mehrfach wiederholt wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß zum Aufbringen mehrerer Schichten aus unterschiedlichen Schichtwerkstoffen mehrere
Folien aus den unterschiedlichen Schichtwerkstoffen in das Waffenrohr (1) eingebracht
werden und der Plattiervorgang dann durch Zünden des entsprechenden Sprengstoffes
(7) durchgeführt wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Plattiervorgang im Vakuum durchgeführt wird.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß das Waffenrohr (1) in einem Stützrohr (5) angeordnet wird, welches eine Aufweitung
des Waffenrohres (1) bei dem Plattiervorgang verhindert.