(19)
(11) EP 1 076 208 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.02.2001  Patentblatt  2001/07

(21) Anmeldenummer: 00115837.7

(22) Anmeldetag:  24.07.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7F23J 13/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 10.08.1999 DE 19936746

(71) Anmelder: ERLUS BAUSTOFFWERKE AG
84088 Neufahrn (DE)

(72) Erfinder:
  • Dendl, Peter, Dr.
    93049 Regensburg (DE)
  • Interwies, Jan
    84034 Landshut (DE)
  • Lienert, Matthias
    84088 Neufahrn (DE)

(74) Vertreter: LOUIS, PÖHLAU, LOHRENTZ & SEGETH 
Postfach 3055
90014 Nürnberg
90014 Nürnberg (DE)

   


(54) Verfahren zur Erzeugung einer Dampf- und Feuchtigkeitssperre in einem keramischen Kamin-Rauchrohr


(57) Ein Verfahren zur Erzeugung einer Dampf- und Feuchtigkeitssperre in einem keramischen Kamin-Rauchrohr, bei dem die Innen- und/oder Außenfläche des Rauchrohrs mit einer ein anorganisch-organisches Hybridpolymer oder ein Fluorsilan enthaltenden Flüssigkeit behandelt und anschließend getrocknet wird.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung befaßt sich mit einem Verfahren zur Erzeugung einer Dampf- und Feuchtigkeitssperre in keramischen Kamin-Rauchrohren und entsprechend behandelte Rauchrohre.

[0002] Das in der Heiz- und Feuerungstechnik bestehende Bestreben, die Abgastemperatur des Rauchgases möglichst weit zu senken, um den Heizwert des Brennmaterials voll auszunutzen, erschwert die Ableitung des Rauchgases durch Schornsteine. Denn infolge der niedrigen Rauchgastemperatur ist der Auftrieb des Rauchgases gering, so daß in den Fällen besonders niedriger Rauchgastemperatur, nämlich bei Heizwertgeräten, durch Überdruck im Rauchrohr dafür Sorge getragen werden muß, daß das Rauchgas rasch genug abtransportiert wird. Weiterhin tritt aufgrund der niedrigen Rauchgastemperatur über eine beträchtliche Länge des Rauchrohrs Kondensation auf, bei der aus dem Rauchgas aggressive Bestandteile in dampfförmiger und flüssiger Form austreten.

[0003] Flüssiges und dampfförmiges Kondensat wandert durch das poröse Kapillargefüge keramischer Rauchrohre nach außen und tritt an der Außenseite des Rauchrohrs als Feuchtigkeit auf, die durch verschiedene Maßnahmen beseitigt werden muß. So ist es bekannt, bei dreischaligen Kaminen, in denen das Rauchrohr von einer Wärmedämmschicht umgeben ist, Hinterlüftungskanäle in der Wärmedämmschicht vorzusehen, um ein Eindringen der Feuchtigkeit in die Wärmedämmschicht zu verhindern. Häufig sind am Kaminfuß auf der Außenseite des Rauchrohrs Auffangschalen oder dergleichen zur Aufnahme von außen herablaufendem Kondensat vorgesehen. Eine weitere bekannte Maßnahme besteht darin, in keramischen Rauchrohren von vornherein eine Sperre gegen das Hindurchtreten von Dampf und Feuchtigkeit aus dem Rauchgas aufzubauen. Dies erfolgt entweder durch Erzeugung einer Glasur zumindest auf der Rauchrohrinnenwand oder durch ein Silikonisieren, um dadurch das keramische Kapillargefüge "abzudichten". Das Aufbringen einer Glasur ist relativ aufwendig und auch nicht in allen Fällen wirkungsvoll, weil die Glasur spröde ist und daher Sprünge oder Beschädigungen erfahren kann, durch die Feuchtigkeit hindurchtreten kann. Da außerdem Rauchrohre ab und zu durch den Kaminkehrer ausgebrannt werden, wobei die Temperatur vorübergehend sehr rasch auf bis zu 1000° C ansteigen kann, muß durch diesen Wärmestoß mit Sprüngen in der Glasur gerechnet werden, der ihre Funktion als Feuchtigkeitssperre beseitigt. Die Silikonisierung hat den Nachteil, daß sie die Wirkung als Feuchtigkeitssperre nur bei relativ niedrigen Rauchgastemperaturen (160 bis 200° C) sicher beibehält und ihre Anwendbarkeit an Rauchrohren daher beschränkt ist. Außerdem behindert die durch das Silikonisieren erzielte Polysiloxan-Schicht auf dem Rauchrohr die Anwendung von Verbindungsmaterialien wie Mörtel oder Kleber, die zum Verbinden von Rauchrohrabschnitten miteinander oder zum Anbringen von Abzweigungen, Anschlußstutzen oder dergleichen benötigt werden.

[0004] Die vorliegende Erfindung befaßt sich mit einem solchen Verfahren zur Erzeugung einer Feuchtigkeitssperre in keramischen Rauchrohren, wobei ihr die Aufgabe zugrunde liegt, das Verfahren einfach zu gestalten und die Wirksamkeit der Feuchtigkeitssperre temperaturmäßig und zeitlich erheblich auszudehnen.

[0005] Erfindungsgemäß wird dies durch das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 erreicht.

[0006] Als anorganisch-organische Hybridpolymere kommen Verbindungen in Betracht, die ein molekulares oder nanostrukturiertes Basismaterial mit anorganischen und organischen Elementen aufweisen (vgl. "First European Workshop, on Hybrid Organic-Inorganic Materials - Centre National de la Recherche Scientifique, Château de Bierville, 8.-10. November 1993). Solche Hybridpolymere sind bekannt unter dem Markennamen ORMOCER des Fraunhofer-Instituts für Silikat ISC, Würzburg oder durch die Firma nanogate GmbH, Saarbrücken. Hergestellt werden die Hybridpolymere überwiegend durch Hydrolyse und Kondensation von Kieselsäureestern und Metallalkoholaten als Grundmaterialien. Spezielle Eigenschaften erhalten diese Systeme durch den Einbau von organisch modifizierten Kieselsäurederivaten in das Silikat-Netzwerk. Dadurch können gezielt erwünschte Eigenschaften eingestellt werden und außerdem bewirken die organischen Anteile den Aufbau eines organischen Polymer-Netzwerks.

[0007] Die Hybridpolymere können in Wasser oder Lösemitteln dispergiert oder gelöst werden, so daß das Auftragen auf die zu behandelnde Oberfläche mit den üblichen Beschichtungstechniken wie Tauchen, Schleudern, Gießen oder Spritzen möglich ist. An das Auftragsverfahren schließt sich ein Trocknungs- oder Härtungsprozeß an, der durch thermische Behandlung oder mit Hilfe von UV- oder Wärmestrahlung durchführbar ist. Je nach Bestimmungsart der Hybridpolymere kann die thermische Behandlung und Trocknung zwischen Raumtemperatur und 400°C durchgeführt werden.

[0008] Da die die Hybridpolymere aufbauenden Teilchen eine Größe im Nano-Bereich haben und daher in das keramische Kapillargefüge leichter und tiefer als Polysiloxane eindringen können, ist es bei entsprechend ausreichender Einwirkungsdauer der das oder die Hybridpolymere enthaltenen Flüssigkeit möglich, die Hybridpolymere als Feuchtigkeitssperre nicht nur als Schicht an der Rauchrohroberfläche, sondern auch über mehrere Millimeter tief in dem oberflächennahen Kapillargefüge auszubilden. Dadurch können die Poren des Kapillargefüges verstopft werden, so daß die unter der Oberfläche befindliche Feuchtigkeitssperre selbst dann wirksam bleibt, wenn die auf der Oberfläche befindliche Hybridpolymerschicht beschädigt sein sollte.

[0009] Nach Anspruch 2 kommen erfindungsgemäß zur Erzeugung einer Dampf- und Feuchtigkeitssperre an keramischen Rauchrohren auch Fluorsilane zum Einsatz. Als Fluorsilane kommen fluoralkylfunktionelle Silane in Betracht, die mit Wasser unter Hydrolyse und Abspaltung von Ethanol zu einem reaktiven Silanol reagieren, wobei das Silanol chemisch an ein anorganisches Substrat gebunden werden kann. Durch chemische Reaktion mit der zu behandelnden Oberfläche wird eine Si-O-Bindung an die Oberfläche ausgebildet. Daran schließt sich eine Quervernetzung unter Ausbildung eines Siloxan-Netzwerks an. Die Fluorsilane ergeben außerordentlich dünne Schichten im Nanometerbereich, die in den Porenöffnungen des Kapillargefüges der keramischen Oberfläche und auf den freien Flächen des Kapillargefüges nahe der Oberfläche im Inneren des Keramikkörpers aufgebaut werden.

[0010] Fluorsilane der beschriebenen Art sind im Handel unter dem Markennamen DYNASYLAN F 8261 (in Abwandlungen davon unter F 8262 und F 8263) der Firma Sivento Chemie GmbH, Düsseldorf, erhältlich.

[0011] Die Fluorsilane können mit Wasser und Lösemitteln, z. B. Ethanol, gemischt werden, so daß das Auftragen auf die zu behandelnde Oberfläche mit den üblichen Beschichtungstechniken wie Tauchen, Sprühen, Streichen oder Polieren möglich ist. An das Auftragverfahren schließt sich ein Trocknungs- oder Vernetzungsprozeß an, der durch thermische Behandlung oder mit Hilfe von UV- oder Wärmestrahlung durchführbar ist. Die thermische Behandlung kann zwischen 80 und 150°C durchgeführt werden. Günstiger ist jedoch ein Einbrennvorgang bei Temperaturen bis 600°C, weil sich gezeigt hat, daß dadurch ohne ins Gewicht fallende Herabsetzung der durch das Fluorsilan erhaltenen hydrophoben Eigenschaft eine erhebliche Steigerung der mechanischen Belastbarkeit, wie Abriebfestigkeit, mit einhergeht.

[0012] Die geschilderten Hybridpolymere und Fluorsilane halten Temperaturen bis zu 600°C stand, d. h. Temperaturen, die zumindest bei Hausschornsteinen nicht oder selten überschritten werden.

[0013] Es hat sich gezeigt, daß die im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens eingesetzten Hybridpolymere und Fluorsilane eine hohe mechanische Widerstands- und Haftfestigkeit an der keramischen Oberfläche des Rauchrohrs entfalten. Das beruht offenbar darauf, daß Komponenten des Silikat-Netzwerks dieser Verbindungen eine Bindung an SiO2-Reste des Rauchrohr-Keramikmaterials eingehen, die zu der beträchtlichen Haftfestigkeit führt. Die Hybridpolymere können weiterhin auch durch den Einbau von die Oberflächenenergie heraufsetzenden Gruppen oder Radikalen so ausgelegt werden, daß die Haftung von Mörtel und Kleber als Verbindungsmaterialien nicht beeinträchtigt, sondern eher gefördert wird. Darüber hinaus beschleunigt das bekannte hydrophobe Verhalten der Hybridpolymere und Fluorsilane das Ablaufen von flüssigem Kondensat an der Innenwand des Rauchrohrs und die Mitnahme von Festkörperteilchen wie Ruß oder dergleichen.

[0014] Obwohl das Auftragen der Hybridpolymere und Fluorsilane mit unterschiedlichen Auftragverfahren durchführbar ist, eignet sich hierfür die Behandlung der Rauchrohre im Tauchverfahren am besten. Dadurch werden die Außen- und Innenflächen des Rauchrohrs beschichtet. Es kann jedoch daran gedacht werden, zur Herabsetzung von Materialkosten das Beschichten der Rauchrohre auf deren Innenfläche zu beschränken, was mit einem Sprühverfahren durchgeführt werden kann. Da sich gezeigt hat, daß das Keramikmaterial bei erhöhter Temperatur die die Hybridpolymere bzw. das Fluorsilan enthaltende Flüssigkeit stärker und bis hin zur Sättigung damit aufnimmt, wird zweckmäßig in beiden Fällen das Rauchrohr auf eine Temperatur von beispielsweise 150°C aufgeheizt.


Ansprüche

1. Verfahren zur Erzeugung einer Dampf- und Feuchtigkeitssperre in einem keramischen Kamin-Rauchrohr, bei dem die Innen- und/oder Außenfläche des Rauchrohrs mit einer ein anorganisch-organisches Hybridpolymer enthaltenden Flüssigkeit behandelt und anschließend getrocknet wird.
 
2. Verfahren zur Erzeugung einer Dampf- und Feuchtigkeitssperre in einem keramischen Kamin-Rauchrohr, bei dem die Innen- und/oder Außenfläche des Rauchrohrs mit einer ein Fluorsilan enthaltenden Flüssigkeit behandelt und anschließend getrocknet wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Rauchrohr während einer Zeitdauer behandelt wird, die ein Eindringen der Flüssigkeit in das keramische Kapillargefüge des Rauchrohrs erlaubt.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Rauchrohr in der Flüssigkeit getaucht wird.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Innenfläche des Rauchrohrs mit der Flüssigkeit besprüht wird.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Rauchrohr vor oder bei dem Behandlungsvorgang aufgeheizt wird.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Rauchrohr auf eine Temperatur von 150°C aufgeheizt wird.
 
8. Rauchrohr, das auf der Innen- und/oder Außenfläche mit einem anorganisch-organischen Hybridpolymer beschichtet ist.
 
9. Rauchrohr, das auf der Innen- und/oder Außenfläche mit einem Fluorsilan beschichtet ist.
 
10. Rauchrohr nach Anspruch 8 oder 9,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Hybridpolymer bzw. das Fluorsilan in einer oberflächennahen Schicht des keramischen Kapillargefüges enthalten ist.
 





Recherchenbericht