(19)
(11) EP 1 079 018 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.02.2001  Patentblatt  2001/09

(21) Anmeldenummer: 00117363.2

(22) Anmeldetag:  23.08.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7D06P 1/62, D06P 5/15, D06L 3/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 24.08.1999 DE 19940068

(71) Anmelder: BASF AKTIENGESELLSCHAFT
67056 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Schneider, Reinhard, Dr.
    67136 Fussgönheim (DE)
  • Maier, Peter
    70197 Stuttgart (DE)
  • Beckmann, Eberhard, Dr.
    67435 Neustadt (DE)
  • Karl, Ulrich, Dr.
    67061 Ludwigshafen (DE)

(74) Vertreter: Isenbruck, Günter, Dr. et al
Patent- und Rechtsanwälte, Bardehle-Pagenberg-Dost-Altenburg-Geissler-Isenbruck Theodor-Heuss-Anlage 12
68165 Mannheim
68165 Mannheim (DE)

   


(54) Verfahren zum Aufhellen von gefärbtem Textilmaterial


(57) Beschrieben wird ein Verfahren zum Aufhellen bzw. zur teilweisen Entfärbung von mit Küpen- oder Schwefelfarbstoffen gefärbten Textilmaterialien, bei dem das Material in neutralem oder schwach sauren Medium mit Aminoalkansulfinsäuren behandelt wird, sowie Zubereitungen der Aminoalkansulfonsäuren zur Durchführung dieses Verfahrens.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Aufhellen bzw. zur teilweisen Entfärbung von mit Küpen- oder Schwefelfarbstoffen gefärbten Textilmaterialien, bei dem das Material in neutralem oder schwach saurem Medium mit Aminoalkansulfinsäuren behandelt wird, sowie Zubereitungen der Aminoalkansulfinsäuren zur Durchführung dieses Verfahrens.

[0002] Bei der Küpen- und Schwefelfärberei werden Textilmaterialien, die aus Zellulosefasern, wie Baumwolle, Leinen, Hanf oder aus Zelluloseregeneratfasern wie Modalfasern oder Zellwolle (Viskosereyon) bestehen, oder die solche Fasern neben anderen, insbesondere synthetischen Fasern, wie z.B. Polyesterfasern, enthalten, z.B. Baumwolltextilien oder Baumwolle/Polyester-Mischtextilien, in alkalischem Medium mit verküpten Küpen- oder Schwefelfarbstoffen behandelt. Nach dem Aufziehen des verküpten Farbstoff auf die Zellulosefasern wird das Textilmaterial neutral gespült und anschließend reoxidiert.
Unter Verküpung versteht man die Überführung bestimmter, in Wasser unlöslicher Farbstoffe (Küpenfarbstoffe oder Schwefelfarbstoffe) durch Reduktion in alkalischem Medium in eine wasserlösliche Hydro- oder Leukoverbindung, deren Anion eine ausreichende Affinität zur Fasern aus natürlicher oder regenerierter Zellulose, beispielsweise zu Baumwollfaser oder Reyon, besitzt. Bei der Reoxidation der Leukoverbindung, beispielsweise durch "Verhängen an der Luft" wird in der Zellulosefaser der unlösliche Farbstoff in feinster Verteilung zurückgebildet und garantiert somit eine hochgradige Wasch- und Reib- und Lichtechtheit.

[0003] Die Küpen- und Schwefelfärberei eignet sich für Textilien in jedem Verarbeitungsstadium, d.h. sowohl für Flächengebilde, wie Gewebe, Gewirke, Vliese, als auch für Garne. In der Regel werden Textilmaterialien in Form der unverarbeiteten Flächengebilde gefärbt; es ist jedoch auch ohne weiteres möglich, Kleidungsstücke aus den genannten Textilmaterialien zu färben. Die Küpen- und Schwefelfärberei kann auch als Druckverfahren ausgestaltet werden. Dabei werden verdickte Küpen aus Küpen- oder Schwefelfarbstoffen eingesetzt, der bedruckte Stoff einer Wärmebehandlung, z.B. durch Dämpfen, unterzogen, und anschließend wie beim Färben gefinished.

[0004] Die Garnfärberei wird überwiegend dann ausgeführt, wenn textile Flächengebilde mit speziellen Effekten, z. B. Bicoloreffekten hergestellt werden sollen. Ein sehr bekanntes Textilmaterial mit einem solchen Spezialeffekt sind die sogenannten Denim-Gewebe. Zur Herstellung dieses Textilmaterials werden die Garne, die im späteren Gewebe die in Längsrichtung der Gewebebahn verlaufenden Kettfäden bilden sollen, in einer bestimmten Farbe gefärbt, die Garne für die quer verlaufenden Schußfäden werden in einer anderen Farbe gefärbt oder bleiben ungefärbt. Anschließend werden die Garne auf Webstühlen verwebt.

[0005] Für die Herstellung von strapazierfähiger Arbeitskleidung, und heutzutage insbesondere für die Herstellung von Blue Jeans, wird im allgemeinen ein grobes Baumwollgewebe (Denim) verwendet, das üblicherweise mit dem Küpenfarbstoff Indigo gefärbt wird. Um das typische Aussehen einer Blue Jeans zu erreichen, werden im allgemeinen vor dem Weben nur die Kettfäden eingefärbt und der Schuß bleibt farblos. Nach dem Weben und der Konfektionierung wird es häufig gewünscht, daß das Kleidungsstück wieder teilweise entfärbt wird. Hierbei sollen lediglich exponierte Stellen des Kleidungsstückes entfärbt werden, beispielsweise die Nähte. Weiterhin soll dabei auch der ausgeprägte Farbkontrast zwischen den gefärbten Kettfäden und den farblose Schußfäden erhalten bleiben, d.h. letztere dürfen beim Aufhellen nicht anbluten. Wünschenswert ist häufig auch ein besonderer optischer Effekt, wie z.B. der "used look" oder daß nur exponierte, stärker beanspruchte Stellen aufgehellt werden.

[0006] Die teilweise nachträgliche Entfernung von Farbstoff kann beispielsweise mechanisch durch Auswaschen in Anwesenheit von Bimsstein, enzymatisch durch die teilweise Zerstörung der Cellulose oder chemisch durch Veränderung oder Zerstörung des Farbstoffes (Abziehen) erfolgen. Häufig angewendet wird das Stone Wash ― Verfahren, bei dem das Gewebe mechanisch mit Bimsstein und/oder Cellulasen behandelt wird. Das Stone Wash ― Verfahren ist zeitraubend und aufwendig, weil die Bimssteine wieder aus der Ware entfernt werden müssen, was zumindest teilweise manuell erfolgt. Die Steine bewirken Abrasionen an den Maschinen und es fallen größere Mengen Schlamm an, die entsorgt werden müssen. Der so erzielte optische Effekt ist sehr gut aber die aufhellende Wirkung ist nur gering, so daß in der Regel zusätzlich noch ein Bleichverfahren ausgeführt wird.

[0007] Die Bleiche kann enzymatisch, oxidativ oder reduktiv erfolgen.

[0008] Ökologisch besonders vorteilhaft ist die enzymatische Bleiche mit Hilfe von Laccasen, wie sie beispielsweise in der WO 97 25 469 beschrieben wird. Der hohe Preis der Enzyme macht dieses Verfahren jedoch in der allgemeinen Praxis der Textilveredler unrentabel.

[0009] Zur oxydativen Entfernung von Farbstoffen eignen sich beispielsweise starke Oxydationsmittel wie Alkalihypochlorit, Ozon oder Alkalipermanganat. Nachteilig bei den oxidativen Verfahren ist jedoch die starke Faserschädigung und, vor allem bei Verwendung von Hypochloriten, die ungünstigen ökologischen Aspekte (AOX).

[0010] Trotz dieser Nachteile wird die oxydative Farbstoffzerstörung heute üblicherweise mit Hypochlorit durchgeführt.

[0011] Zur reduktiven Entfernung von Küpen- und Schwefelfarbstoffen eignen sich verschiedene Reduktionsmittel, allerdings, soweit nur eine teilweise Entfernung des Farbstoffs gewünscht wird, mit spezifischen Einschränkungen.

[0012] Sehr starke Reduktionsmittel, wie z.B. Alkalidithionit oder Thioharnstoffdioxid sind ungeeignet, weil sie viele Küpenfarbstoffe, insbesondere z.B. Indigo, viel zu schnell und vollständig, z.T. schlagartig, verküpen. Dadurch wird viel zu viel Farbstoff unkontrolliert abgezogen. Schwache Reduktionsmittel hingegen, wie Glukose oder Hydroxyaceton, verlangen eine relativ hohe Arbeitstemperatur, einen hohen pH-Wert, d.h. relativ viel Alkali- (z.B. Natrium- oder Kalium-) hydroxid und eine hohe Konzentration des Reduktionsmittels. Zudem ist die Einwirkungszeit relativ lang. Darüber hinaus sind organische Reduktionsmittel, wie z. B. Glukose, insbesondere wegen ihres hohen chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB-Wert), im Abwasser nicht mehr erwünscht. Außerdem muß eine hoher Aufwand zum Neutralwaschen getrieben werden. Trotz dieser Probleme werden milder reduktiv wirkende Bleichmittel, wie z.B. Glucose erforderlichenfalls noch immer eingesetzt (JP 96-270034).

[0013] Der von der Kette abgelöste Küpenfarbstoff soll die farblosen Schußfäden nicht anbluten, d. h. anfärben, was gerne unter reduktiven Bedingungen, beispielsweise in Anwesenheit von alkalischer Glukoselösung, eintritt. Daher setzt man der Waschflotte üblicherweise sogenannte Abziehmittel dazu, die das Anfärben durch den gelösten Farbstoff vermindern oder vermeiden können, da der gelöste Farbstoff im allgemeinen zu dem Abziehmittel eine größere Affinität hat als zu der Faser.

[0014] Ein verbessertes reduktives Bleichverfahren, bei dem als Bleichmittel Hydroxyalkansulfinsäuren eingesetzt werden, ist in der DE-A-19 708 973 beschrieben worden. Nachteilig bei diesem Verfahren ist, daß ebenfalls in stark alkalischem Medium gearbeitet werden muß, das dabei auftretende backstaining und der damit verbundene geringe Farbkontrast.

[0015] Es stellte sich daher die Aufgabe, ein Verfahren bereitzustellen zum kontrollierten Entfärben oder Aufhellen von mit Küpen- oder Schwefelfarbstoffen gefärbten Textilmaterialien, bei dem die bezeichneten Nachteile vermieden bzw. verringert werden und bei dem, insbesondere beim Teilentfärben (Aufhellen) von Denimgeweben, ein optimaler Farbkontrast (wash down effect) relativ sicher, schnell und umweltverträglich erreicht wird.

[0016] Überraschenderweise wurde gefunden, daß diese Aufgabe durch das im Folgenden beschriebene erfindungsgemäße Textilveredelungsverfahren gelöst werden kann.

[0017] Ein Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zur kontrollierten, vorzugsweise teilweisen, Entfärbung (Aufhellung) von mit Küpenfarbstoffen oder Schwefelfarbstoffen gefärbtem oder auch bedrucktem Textilmaterial, insbesondere von Denim-Geweben, durch Behandlung der aufzuhellenden oder zu entfärbenden Textilmaterialien mit einer oder einer Mischung mehrerer Verbindungen (Aminoalkansulfinaten) der Formel I

        R13-zN(CR2R3-SO2M)z     (I)

worin

z für eine der Ziffern 1, 2 oder 3 steht,

R1

a) für den Fall, daß z für 1 oder 2 steht, Wasserstoff, Alkyl mit 1 bis 18 C-Atomen oder HOCH2CH2- bedeutet,

b) für den Fall, daß z für 2 steht, zusätzlich OH bedeutet und

c) für den Fall, daß z für 1 steht, entweder beide Reste R1 unabhängig voneinander eine der unter a) genannten Bedeutungen haben oder einer der Reste R1 eine der unter a) genannten Bedeutungen und der andere die unter b) genannte Bedeutung hat,

R2 und R3 gleich oder verschieden sind und Wasserstoff oder Alkyl mit 1 bis 4 C-Atomen bedeuten und gemeinsam nicht mehr als 4 C-Atome haben, und

M für ein Äquivalent eines ein- oder zweiwertigen Metallatoms steht,

im pH-Bereich von 4 ― 7 und gewünschtenfalls anschließendes Nachbehandeln mit Wasserstoffperoxid.

[0018] Für das erfindungsgemäße Verfahren bevorzugte Verbindungen der Formel I sind solche, in denen z für 2 oder 3 insbesondere für 3 steht, weiterhin solche, in denen R1 Wasserstoff bedeutet oder ein für R1 stehender Alkylrest nicht mehr als 10 insbesondere nicht mehr als 4 C-Atome aufweist.
Bevorzugt sind auch Verbindungen der Formel I, in denen R2 und R3 unabhängig voneinander Wasserstoff, Methyl oder Ethyl bedeuten und gemeinsam höchstens 3 vorzugsweise nur 2 C-Atome aufweisen. Bevorzugte für M stehende Metalle sind Alkali- und Erdalkalimetalle und Zink. Besonders bevorzugt sind solche Verbindungen, in denen eine Kombination der oben genannten bevorzugten Merkmale vorliegt, wie z.B. eine Verbindung der Formel I, in der R1, R2 und R3 Wasserstoff bedeuten.

[0019] Die Verbindungen der Formel I können als Individuen eingesetzt werden. Vorteilhafter ist es aber, Mischungen dieser Verbindungen einzusetzen, in denen die Indizes z unterschiedliche Bedeutungen haben, und zwar insbesondere solche, in denen die verschiedenen Verbindungen in dem Mischungsverhältnis vorliegen, die ihrer Gleichgewichtskonzentration in einem wäßrigen System aus Verbindungen der Formel I, dem Amin oder Hydroxylamin der Formel R13-zNHz und einem Hydroxyalkansulfinat der Formel HO-CR2R3-SO2M entspricht, wobei R1, R2, R3 z und M die oben genannten Bedeutungen haben und das Molverhältnis von Schwefel enthaltenden Verbindungen zu Stickstoff enthaltenden Verbindungen im Bereich von 0,2 bis 1,1, vorzugsweise 0,25 bis 1,0, insbesondere 0,3 bis 0,5 liegt.

[0020] Selbstverständlich können für das erfindungsgemäße Verfahren auch Mischungen von Verbindungen der Formel I eingesetzt werden, die sich bezüglich der Bedeutungen der Reste R1 und/oder R2 und/oder R3 unterscheiden.

[0021] Die Aminoalkansulfinate der Formel I können auch vorteilhafterweise in Mischung mit den entsprechenden Aminoalkansulfonaten eingesetzt werden wobei diese in einem Verhältnis Aminoalkansulfinsäure : Aminoalkansulfonsäure von 3:1 bis 1:3, vorzugsweise von 1,5:1 bis 1:1,5 insbesondere von ca. 1:1 vorliegen.

[0022] In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird das Textilmaterial zusätzlich und vorteilhafterweise gleichzeitig mit Farbstoffrückhaltemitteln, die auch als

Abziehmittel" bezeichnet werden, und/oder Dispergiermitteln und/oder Tensiden behandelt. Diese sind insgesamt in einer Menge von 0,5 bis 10,0 g/l, vorzugsweise 1 bis 5 g/l einzusetzen. Durch diese Zusätze wird vor allem verhindert, daß der andersfarbige ― oder im Fall von Denim-Ware der ungefärbte ― Schuß durch den in Lösung gegangenen Farbstoff angefärbt (

angeschmutzt") wird. Beispiele für derartige Zusätze sind Polyvinylpyrrolidon, Naphthalinsulfonsäure-Formaldehyd-Kondensate, Ölsäurealkoxylate oder Fettsäurealkoxylate.

[0023] Zweckmäßigerweise wird das erfindungsgemäße Verfahren bei erhöhter Temperatur, vorzugsweise bei 40-100°C, insbesondere bei 60-95°C, speziell bei 75-90°C unter neutralen oder schwach sauren Bedingungen, vorzugsweise bei einem pH-Wert von 4 bis 7 insbesondere von 5 bis 7 bei einem Flottenverhältnis von 1:5 bis 1:50 vorzugsweise von 1:10 bis 1:20 ausgeführt. Zur pH-Einstellung können bekannte Säuren, wie Zitronensäure, Essigsäure oder Phosphorsäure verwendet werden. Zur pH-Stabilisierung kann auch eine Puffersystem z.B. Phosphorsäure/Alkaliphosphat oder Zitronensäure/Alkalicitrat, typischerweise in einer Menge von etwa 2 g/l zugesetzt werden. Die Verbindungen der Formel I werden in einer Konzentration von 0,001 bis 0,3 Mol/l, vorzugsweise 0,01 bis 0,1 Mol/l bezogen auf Sulfinat eingesetzt.

[0024] Unter den beschriebenen Arbeitsbedingungen beträgt die Bleichdauer je nach dem gewünschten Aufhellungsgrad in der Regel 5 bis 30 Minuten, vorzugsweise 10 bis 20 Minuten.

[0025] Die abziehende Wirkung der Verbindungen der Formel I kann einfach gesteuert werden. Die Aufhellung nimmt mit zunehmender Temperatur, mit zunehmender Bleichmittelkonzentration und mit abnehmendem pH-Wert zu. Wählt man starke Bleichbedingungen, so ist es mit dem erfindungsgemäßen Verfahren möglich, die stone wash-Zeit erheblich zu verkürzen.

[0026] Vor der Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist die zu bleichende Ware zweckmäßigerweise zu entschlichten. Zu diesem Zweck eignet sich z.B. eine übliche enzymatische Entschlichtung. Ferner kann die Ware vor der Bleiche einem Stone Wash-Prozeß unterworfen werden. Der Stone Wash-Prozeß wird üblicherweise mit Bimsstein und/oder Cellulasen durchgeführt. Die Bleiche kann jedoch auch zusammen mit dem stone washing durchgeführt werden.

[0027] Gewünschtenfalls kann die erfindungsgemäß gebleichte Ware auch noch einer oxydativen Nachbehandlung unterzogen werden. Hierzu kann das gebleichte Textilmaterial beispielsweise bei 80 bis 95 °C und einem Flottenverhältnis von 1 : 5 bis 1 : 20 ( z.B. 1 : 10), 5 bis 15 Minuten ( z.B. 10 Minuten), mit 2 bis 8 g/l ( z.B. 4 g/l ) Natriumhydroxidlösung von 38 °Bé, 2 bis 5 g/l 50 gew.-%igem Wasserstoffperoxid und 0,5 bis 5 g/l ( z.B. 1 g/l ) Farbstoffrückhaltemittel, Dispergiermittel und/oder Tensid behandelt werden.

[0028] In einem weiteren Nachbehandlungsschritt kann die Ware wie üblich mit Weichmachern nachbehandelt werden.

[0029] Zur weiteren Vereinfachung der Anwendung können den Lösungen der Sulfinate, oder den Lösungen der oben beschriebenen Gleichgewichtsgemische und/oder deren Mischungen mit den entsprechenden Aminoalkansulfonsäuren auch verfahrensspezifische Hilfsmittel, wie z.B. die oben genannten Farbstoffrückhaltemittel, Dispergiermittel und/oder Tenside zugesetzt werden. Auch diese Zubereitungen sind ein Gegenstand der vorliegenden Erfindung.

[0030] Die für das erfindungsgemäße Bleichverfahren einzusetzenden Aminoalkansulfinate der Formel I, die oben beschriebenen Gleichgewichtsgemische und die Kombination dieser Substanzen mit den entsprechenden Aminoalkansulfonaten eignen sich auch zur Herstellung von Ätzdrucken auf Färbungen von Küpen- und Schwefelfarbstoffen. Für die Durchführung des Ätzdruckes werden den neutralen oder schwach sauren Lösungen der Sulfinate, oder den Lösungen der oben beschriebenen Gleichgewichtsgemische und/oder deren Mischungen mit den entsprechenden Aminoalkansulfonsäuren bekannte Verdickungsmittel zugesetzt und die so erhaltenen Ätzdruckpasten in dem gewünschten Design auf die zu ätzende Färbung aufgedruckt, einer Wärmebehandlung unterzogen und wie üblich fertiggestellt. Das Verfahren eignet sich insbesondere dann, wenn der Ätzdruck im neutralen oder schwach sauren pH-Bereich ausgeführt werden soll und/oder wenn keine Weißätzung gewünscht wird, sondern Halbtonmuster geätzt werden sollen.

[0031] Als Verdicker zur Herstellung der Ätzdruckpasten können alle zur Herstellung derartigen Druckpasten bekannten natürlichen und synthetischen Substanzen eingesetzt werden, wie z.B. Johannisbrotkernmehl, Salze der Polyacrylsäure oder Benzinverdickungen.

[0032] Die Herstellung der Aminoalkansulfinsäure erfolgt nach allgemein bekannten Verfahren (Vergl. EP-A-914516), beispielsweise durch Umsetzung von Natriumdithionit mit 2 Mol eines Aldehyds oder Ketons der allgemeinen Formel R2COR3, worin R2 und R3 die oben genannten Bedeutungen haben, wobei eine Mischung von Hydroxyalkansulfinat- und ―sulfonat erhalten wird, aus der gewünschtenfalls das Sulfinat zur weiteren Umsetzung isoliert werden kann. Das erhaltene Sulfinat, vorzugsweise aber direkt das bei der Umsetzung des Aldehyds bzw. des Ketons mit Alkalidithionit erhaltene Reaktionsgemisch, wird, gewünschtenfalls bei leicht erhöhter Temperatur, in einem geeigneten Lösungsmittel , vorzugsweise im wäßrigen Medium, mit Ammoniak, einem Amin oder einem Hydroxylamin der Formel R13-zNHz, worin R1 und z die oben genannten Bedeutungen hat, im Molverhältnis 0,2 bis 1,1, vorzugsweise 0,25 bis 1,0, insbesondere 0,3 bis 0,5 kondensiert. Hierbei entsteht eine Lösung des Aminoalkansulfinats oder ― falls ohne Zwischenisolierung des Hydroxyalkansulfinats gearbeitet wurde ― einer Mischung von Aminoalkansulfinat und Aminoalkansulfonat, aus der das Aminoalkansulfonat abgetrennt werden kann. (Vergl. K. Reinking, E. Dehnel, H. Labhardt in Ber. 38, (1905), S. 1069-1080). Zweckmäßigerweise werden jedoch die Aminoalkansulfinate, aus ihrer wäßrigen Lösung nicht isoliert und auch das Sulfonat nicht abgetrennt, sondern das erhaltene Reaktionsgemisch direkt in der erhaltenen Form für das erfindungsgemäße Verfahren eingesetzt. Diese Lösungen haben eine sehr gute Lagerstabilität und für den Anwender den Vorteil, daß das umständliche Auflösen einer Festsubstanz in Wasser entfällt sondern nur eine Verdünnung der wäßrigen Lösung auf Anwendungskonzentration erforderlich ist. Außerdem wird dadurch eine automatische Prozessteuerung des Verfahrens möglich.

[0033] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich für das teilweise Ausbleichen (Aufhellen) von Färbungen und Drucken mit Küpen- und Schwefelfarbstoffen. Farbstoffe, deren Färbungen oder Drucke erfindungsgemäß gebleicht werden können, finden sich im

Colour Index" in den Bänden

Vat Dyes" und

Sulfur Dyes". Geeignet für das Bleichen nach dem erfindungsgemäßen Verfahren sind beispielsweise Färbungen mit indigoiden Farbstoffen, wie z. B. Indigo, Dibromindigo, Indigocarmin, Tetrabromindigo, Tetrachlorindigo oder Thioindigo; mit anthrachinoiden Farbstoffen, wie z. B. Indanthren Blau BC, Indanthren Braun NG, Indanthren Brillantgrün FFB, Indanthren Brillantorange GK, Indanthren Brillantorange GR, Indanthren Brillantorange RK, Indanthren Brillantrosa R, Indanthren Brillantviolett R extra, Indanthren Dunkelblau BOA, Indanthren Goldorange G, Indanthren Grau M, Indanthren Olivgrün B, Indanthren Rot RK, Indanthren Rot FBB oder Indanthren Rotviolett RH; oder mit Schwefelfarbstoffen, wie z. B. Immedialreinblau, mit den insbesondere für blaue Arbeitskleidung wichtigen Hydronblau-Typen, Indocarbon CL und Schwefelschwarz T.

[0034] Für die Behandlung nach dem erfindungsgemäße Verfahren sind vor allem Färbungen mit indigoiden Farbstoffen, insbesondere mit Indigo, bevorzugt.

[0035] Gegenüber herkömmlichen Verfahren hat das erfindungsgemäße Bleichverfahren eine Reihe wesentlicher Vorteile:

[0036] Die Bleichmittel der Formel I wirken reduktiv und sind daher ausgesprochen faserschonend. Durch die Arbeitsweise im neutralen bis schwach sauren Medium entfällt die sonst erforderliche kostspielige und ökologisch unvorteilhafte Neutralisation.

[0037] Die Aminoalkansulfinsäuren der Formel I bzw. ihre Salze allein oder in den oben näher beschriebenen Ausführungsformen eignen sich für das erfindungsgemäße Verfahren in vorteilhafter Weise, vor allem weil ihre Reaktivität zwischen den schwachen Reduktionsmitteln, wie Glukose oder Hydroxyaceton, und den starken Reduktionsmitteln, wie Hydrosulfit (Natriumdithionit) oder Thioharnstoffdioxid, liegt. Hierdurch wird das gefärbte Textilmaterial insbesondere unter den erfindungsgemäßen Bedingungen im allgemeinen bis zu ca. 80-90% - gewünschtenfalls ungleichmäßig - entfärbt.

[0038] Das Wiederaufziehen (backstaining) des abgelösten Farbstoffs, z.B. des Indigos, auf die Fasern insbesondere auf einen gegebenenfalls vorhandenen andersfarbigen oder ― im Fall von Denim-Ware ungefärbten ― Schuß ist gering d.h. ein solcher Schuß wird im wesentlichen nicht angeschmutzt und es wird gegebenenfalls ein sehr guter Kontrast zwischen Kettfärbung und Schuß erhalten. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren kann folglich der sogenannte "wash down"-Effekt besonders gut, einfach und wirtschaftlich erreicht werden. Dadurch ist das erfindungsgemäße Verfahren insbesondere für den Einsatz in der Jeans-Wäscherei geeignet.

[0039] Überraschend ist auch, daß sich der Anteil des Küpen- oder Schwefelfarbstoffs, insbesondere des Indigos, der sich nach dem Ablösen wieder auf der Faser abgelagert hat, leicht, z.B. durch eine oxidative Nachbehandlung mit Wasserstoffperoxid entfernen läßt, wenn die Bleiche erfindungsgemäß durchgeführt wird. Diese Entfernung des auf den Fasern abgelagerten Indigos findet statt, obwohl Wasserstoffperoxid allein nicht geeignet ist, Indigofärbungen aufzuhellen.

[0040] Die oxidative Nachbehandlung mit Wasserstoffperoxid ist somit eine bevorzugte Ausführungsform der vorliegenden Erfindung, die vorzugsweise dann eingesetzt wird, wenn es auf sehr geringes backstaining ankommt, wenn in konzentrierter Flotte gearbeitet werden soll oder wenn mit einer einzigen Wäsche eine sehr starke Aufhellung erzielt werden soll.

[0041] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung von Aminoalkansulfinaten der Formel I oder der oben beschriebenen Mischungen derselben zur, vorzugsweise teilweisen, Entfärbung (Aufhellung) von mit Küpen- oder Schwefelfarbstoffen gefärbten Textilmaterialien.

[0042] Noch ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist Verwendung von Aminoalkansulfinaten der Formel I oder der oben beschriebenen Mischungen derselben zur Herstellung von Ätzdrucken insbesondere im Halbtonbereich.

[0043] Das folgende Ausführungsbeispiel veranschaulicht die Erfindung ohne sie zu beschränken.

Beispiel



[0044] Eine Trommelwaschmaschine wird mit 5 kg entschlichteten und stonegewaschenen Jeanshosen, 100 l Wasser, 2 g/l eines Ölsäureethoxylats und 1,5 g/l Eisessig beschickt, gestartet, auf 85 °C aufgeheizt und nach Erreichen der Temperatur mit 15 ml einer 50 gew.-%igen Lösung beschickt, die im gleichen Molverhältnis jeweils mit 0,33 Mol-% Ammoniak kondensiertes Hydroxymethansulfinat und Hydroxymethansulfonat enthält. Es stellt sich ein pH-Wert von 6,2 ein, der im Verlauf des Bleichprozesses inerhalb von 15 Minuten auf 6,5 ansteigt. Danach wird die Bleichflotte bei drehender Trommel heiß abgelassen und die Ware mit kaltem Wasser einmal gespült. Einige Exemplare der so behandelten Hosen werden getrocknet, die anderen im Flottenverhältnis von 1 : 10 mit einer Flotte enthaltend 5 g/l Wasserstoffperoxid 50 gew.-%ig, 1 g/l Ölsäureethoxylat und 4 ml Natronlauge 38 °Bé 10 Minuten bei 90 °C behandelt. Anschließend wird einmal mit Wasser, das 0,5 g/l Zitronensäure und 3g/l eines handelsüblichen Weichgriffmittels enthält, gespült und getrocknet.

[0045] Alle in der beschriebenen Weise behandelten Jeans-Hosen, zeigen einen auffälligen "used look" und sehr guten Kontrast zwischen Schuß- und Kettfäden. Es ist keinerlei Schädigung des Gewebes zu erkennen. Die Innentaschen der nicht oxidativ nachbehandelten Hosen zeigen eine leichte Blaufärbung, die Innentaschen der mit Wasserstoffperoxid nachbehandelten Hosen sind rein weiß.


Ansprüche

1. Verfahren zur kontrollierten, teilweisen Entfärbung von mit Küpenfarbstoffen oder Schwefelfarbstoffen gefärbtem oder auch bedrucktem Textilmaterial, insbesondere von Denim-Geweben, durch Behandlung der aufzuhellenden oder zu entfärbenden Textilmaterialien mit einer oder einer Mischung mehrerer Verbindungen (Aminoalkansulfinaten) der Formel I

        R13-zN(CR2R3-SO2M)z     (I)

worin

z für eine der Ziffern 1, 2 oder 3 steht,

R1

a) für den Fall, daß z für 1 oder 2 steht, Wasserstoff, Alkyl mit 1 bis 18 C-Atomen oder HOCH2CH2- bedeutet,

b) für den Fall, daß z für 2 steht, zusätzlich OH bedeutet und

c) für den Fall, daß z für 1 steht, entweder beide Reste R1 unabhängig voneinander eine der unter a) genannten Bedeutungen haben

oder einer der Reste R1 eine der unter a) genannten Bedeutungen und der andere die unter b) genannte Bedeutung hat,

R2 und R3 gleich oder verschieden sind und Wasserstoff oder Alkyl mit 1 bis 4 C-Atomen bedeuten und gemeinsam nicht mehr als 4 C-Atome haben, und

M für ein Äquivalent eines ein- oder zweiwertigen Metallatoms steht,

im pH-Bereich von 4 ― 7 und gewünschtenfalls anschließendes Nachbehandeln mit Wasserstoffperoxid.
 
2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß eine oder mehrere Verbindungen der Formel I eingesetzt werden, in denen z für 3 und R1, R2 und R3 für Wasserstoff stehen.
 
3. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß Mischungen von Verbindungen der Formel I eingesetzt werden, in denen die Indizes z unterschiedliche Bedeutungen haben, und zwar insbesondere solche, in denen die verschiedenen Verbindungen in dem Mischungsverhältnis vorliegen, die ihrer Gleichgewichtskonzentration in einem wäßrigen System aus Verbindungen der Formel I, dem Amin oder Hydroxylamin der Formel R13-zNHz und einem Hydroxyalkansulfinat der Formel HO-CR2R3-SO2M entspricht, wobei R1, R2, R3 z und M die oben genannten Bedeutungen haben und das Molverhältnis von Schwefel enthaltenden Verbindungen zu Stickstoff enthaltenden Verbindungen im Bereich von 0,2 bis 1,1 liegt.
 
4. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 3 dadurch gekennzeichnet, daß Mischungen von Verbindungen der Formel I mit den entsprechenden Aminoalkansulfonaten eingesetzt werden, in denen das Verhältnis von Aminoalkansulfinsäure mit Aminoalkansulfonsäure ca. 3:1 bis ca. 1:3 ist.
 
5. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 4 dadurch gekennzeichnet, daß das Textilmaterial zusätzlich, vorzugsweise gleichzeitig, mit einem oder mehreren weiteren Hilfsmitteln aus der Gruppe der Farbstoffrückhaltemittel (Abziehmittel), und/oder Dispergiermittel und/oder Tenside , vorzugsweise insgesamt in einer Menge von 0,5 bis 10,0 g/l, behandelt wird.
 
6. Verfahren gemäß Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Verhältnis von Aminoalkansulfinat und weiteren Hilfsmitteln im Bereich von 20 : 1 bis 5 : 1 liegt.
 
7. Verfahren gemäß den Ansprüchen 5 und 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Abziehmittel Polyvinylpyrrolidon, Ölsäurealkoxylat oder Fettsäurealkoxylat ist.
 
8. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Verbindungen der Formel I in Form einer Druckpaste auf die zu bleichende Färbung aufgedruckt werden.
 
9. Zubereitungen zur Ausführung des Verfahrens des Anspruchs 1 umfassend Lösungen der Sulfinate der Formel I und/oder Gleichgewichtsgemische gemäß Anspruch 3 und/oder Mischungen mit den entsprechenden Aminoalkansulfonsäuren gemäß Anspruch 4, sowie verfahrensspezifische Hilfsmittel, insbesondere Farbstoffrückhaltemittel, Dispergiermittel und/oder Tenside.
 
10. Verwendung von Aminoalkansulfinaten der Formel I oder von Mischungen derselben gemäß den Ansprüchen 3 und/oder 4 zur, vorzugsweise teilweisen, Entfärbung (Aufhellung) von mit Küpen- oder Schwefelfarbstoffen gefärbten Textilmaterialien.
 
11. Verwendung von Aminoalkansulfinaten der Formel I oder von Mischungen derselben gemäß den Ansprüchen 3 und/oder 4 zur Herstellung von Ätzdrucken im neutralen oder schwach sauren pH-Bereich.
 





Recherchenbericht