(19)
(11) EP 1 101 814 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.05.2001  Patentblatt  2001/21

(21) Anmeldenummer: 00124100.9

(22) Anmeldetag:  07.11.2000
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C10J 3/46, C10J 3/48
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 02.11.1999 DE 19952755

(71) Anmelder: Noell-KRC Energie- und Umwelttechnik GmbH
04435 Schkeuditz (DE)

(72) Erfinder:
  • Hackel, Heinz, Dipl.-Ing.
    18106 Rostock (DE)
  • Reuther, Christian, Dipl.-Ing.
    09599 Freiberg (DE)
  • Schingnitz, Manfred, Dr.-Ing.
    09599 Freiberg (DE)

(74) Vertreter: Lüdtke, Frank, Dipl.-Ing. et al
Konrad-Adenauer-Strasse 44
30853 Langenhagen
30853 Langenhagen (DE)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zur Verwertung kohlenstoffhaltiger Rest- und Abfallstoffe


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verwertung halogenbelasteter kohlenstoffhaltiger Rest- und Abfallstoffe durch Vergasung im Flugstrom unter Zuführung eines freien Sauerstoff enthaltenden Vergasungsmittels bei gleichzeitiger Gewinnung von halogenhaltigen Wertstoffen bei Temperaturen höher als 1100 °C, dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren mehrstufig durchgeführt wird, und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren nach dem Oberbegriff des ersten Patentanspruches und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens. Die Erfindung ist überall dort anwendbar, wo halogenbelastete kohlenstoffhaltige Rest- und Abfallstoffe unter Erzeugung eines kohlenmonoxid- und wasserstoffhaltigen Gases bei gleichzeitiger Gewinnung von halogenhaltigen Wertstoffen zu verwerten sind.

[0002] Unter halogenbelasteten kohlenstoffhaltigen Rest- und Abfallstoffen sind mit organischen oder anorganischen Halogenverbindungen belastete Kohlenwasserstofföle, chlorhaltige Kunststoffe, halogensalzinfiltrierte kohlenstoffhaltige Materialien, mit Halogenverbindungen belastete Klärschlämme, verunreinigte Halogenwasserstoffsäuren sowie verunreinigte Halogenkohlenwasserstoffe oder deren Mischungen zu verstehen.

[0003] Es ist bekannt, halogen- und kohlenstofhaltige Rest- und Abfallstoffe unter Nutzung der entstehenden Wärme sowie zur Gewinnung halogenhaltiger Wertstoffe zu verbrennen oder zu vergasen.

[0004] Bei der Verbrennung besteht jedoch die Gefahr der Bildung von hochtoxischen Substanzen, die sowohl das Abgas oder auch gewonnene Wertstoffe, wie beispielsweise Salzsäure, belasten. So führen bereits geringe Gehalte von polychlorierten Biphenylen, wie vielfach in Altölen aus elektronischen Einrichtungen und Hydraulikanlagen gefunden, zur Gefahr der Bildung von extrem toxischen polychlorierten Dibenzodioxinen (PCDD) und Dibenzofuranen (PCDF). Eine zusammenfassende Darstellung ist gegeben in "Dioxine - Entstehung, Verteilung und Eintrag in die Umwelt", Prof. Dr. Hutzinger, Nov. 1990, Universität Bayreuth.

[0005] In der Technik der Gaserzeugung ist die Verwertung halogenbelasteter Rest-und Abfallstoffe langjährig bekannt. So beschreibt DE 41 09 231 C2 ein Verfahren zur Verwertung halogenbelasteter kohlenstoffhaltiger Abfallstoffe, in dem diese gemeinsam mit Sauerstoff in der Flamme eines Flugstromvergasers unter Bildung eines CO- und H2-reichen sowie halogenwasserstoffhaltigen Gases umgesetzt werden. Der Flugstromvergaser besteht aus einer Reaktionskammer, dem eine Quenchung des heißen Vergasungsgases nachgeordnet ist (J. Carl, P. Fritz, Noell-Konversionsverfahren, EF-Verlag für Energie und Umwelttechnik GmbH 1996). Im Reaktionsraum herrscht ein Druck von 26 bar. Die für den Prozess notwendigen Temperaturbedingungen im Reaktionsraum werden durch Regelung des Verhältnisses von Sauerstoff zu Rest- und Abfallstoff gesteuert. Es wird eine Temperatur am Ausgang des Reaktionsraumes von 1350 °C bis 1400 °C eingestellt. Durch die begrenzte Umsatzgeschwindigkeit der Rest- und Abfallstoffe und die unvollständige Durchmischung der Reaktionspartner infolge der hohen Zähigkeit der Gasphase verläuft der Vergasungsprozess in diesem Einkammerreaktor entgegen dem thermodynamischen Gleichgewicht nicht vollständig.
Während des Vergasungsprozesses gebildeter Ruß sowie Reste von höhermolekularen organischen und halogenorganischen Verbindungen erfordern eine aufwendige Aufbereitung des Vergasungsgases und beeinträchtigen die Qualität und Verwertbarkeit der halogenhaltigen Wertstoffe wie beispielsweise Salzsäure, die durch Absorption von Chlorwasserstoff in Wasser in Quench- und nachfolgenden Waschprozessen gewonnen wird. Weiterhin führen die im Vergasungsprozess gebildeten Ruß-und Reststoffe zur Korrosion der Anlage.

[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Möglichkeit der Vergasung nach dem Prinzip der partiellen Oxydation im Flugstrom für die Verwertung halogenhaltiger Rest- und Abfallstoffe zu nutzen und ein vielseitig einsetzbares kohlenmonoxid- und wasserstoffhaltiges Gas und hochqualitative Wertstoffe, wie Halogenwasserstoffsäuren oder Halogensalze, so zu erzeugen, dass aus dem Halogengehalt des Einsatzmaterials resultierende Umweltbelastungen für Atmosphäre, Wasser und Boden durch toxische Stoffe vermieden und Korrosionen in der entsprechenden Anlage weitgehend eingeschränkt bleiben.

[0007] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren nach dem kennzeichnenden Merkmal des ersten Patentanspruches und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens gelöst.
Unteransprüche geben vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung wieder.

[0008] Das erfindungsgemäße Verfahren geht davon aus, dass halogenenthaltende und kohlenstoffhaltige Rest- und Abfallstoffe in einem fließfähigen Zustand und ein freien Sauerstoff enthaltendes Vergasungsmittel in Form einer Flammenreaktion bei einem erhöhten Druck mehrstufig zu einem kohlenmonoxid-, wasserstoff- und halogenwasserstoffhaltigen Rohgas umgesetzt werden.

[0009] Erfindungsgemäß wird das bei einer Temperatur von mindestens 1100 °C in einer ersten Reaktionskammer erzeugte Rohgas, das noch nicht umgesetzte Bestandteile aufweist, weiteren Reaktionskammern zugeführt, in denen durch die Strömungsführung eine intensive Durchmischung erfolgt, die zum weiteren Umsatz der noch nicht vergasten Bestandteile führt. Zur Steuerung der Reaktion kann den nachgeordneten Reaktionskammern zusätzlich freien Sauerstoff enthaltendes Vergasungsmittel zugeführt werden.

[0010] Die Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens weist mindestens zwei oder mehr hintereinander angeordnete Reaktionsräume auf. Diese können unterschiedlich groß sein und durch sich verengende Querschnitte oder geteilte Zwischenböden voneinander abgegrenzt sein. Sie können auch in eigenen, miteinander verbundenen Druckkörpem angeordnet sein.
Die Erfindung wird durch drei Ausführungsbeispiele und eine dazugehörende schematische Darstellung erläutert. Die Figuren zeigen:
Figur 1
die schematische Darstellung eines Vergasungsreaktors zur Vergasung halogenbelasteter Rest- und Abfallstoffe mit drei Reaktionskammern und Sauerstoffzuführung in der zweiten Reaktionskammer,
Figur 2
die schematische Darstellung eines Vergasungsreaktors mit konstruktiv getrennten Reaktionskammern,
Figur 3
die schematische Darstellung eines Vergasungsreaktors mit Unterteilung der Reaktionskammern durch geteilte Bodenplatten.


[0011] Die Fig. 1 zeigt einen Vergasungsreaktor für den Betrieb bei hohen Temperaturen. Der obere Reaktionsraum 2 ist mit einem Brenner 1 vorgesehen. Diesem Brenner 1 wird über Förderleitungen der halogenhaltige Rest- oder Abfallstoff und technischer Sauerstoff zugeführt. Beide Komponenten reagieren unter Bildung einer Flamme innerhalb des Reaktionsraumes 2 miteinander, wobei CO-, H2- und halogenwasserstoffhaltiges Gas erzeugt wird. Im Reaktionsraum 2 herrscht ein Druck >2 bar. Die für den Prozess notwendigen Temperaturen im Reaktionsraum werden durch Regelung des Verhältnisses von Sauerstoff zu Einsatzstoff gesteuert Es wird eine Temperatur am Ausgang des Reaktionsraumes 2 größer als 1100 °C eingestellt. Zur weiteren Reaktion der noch nicht in CO, H2 und Halogenwasserstoff umgesetzten Bestandteile wird das heiße Vergasungsgas in den zweiten und dritten Reaktorraum 2 übergeleitet, wo sich durch intensive Durchmischung die restliche Umsetzung der noch nicht vergasten Bestandteile vollzieht. Zur Unterstützung der Reaktion kann im zweitwn und dritten Reaktorraum 2, hier beispielhaft gezeigt, über Zuführungskanäle 6 zusätzlich ein freien Sauerstoff enthaltendes Vergasungsmittel zugeführt werden. Das CO-, H2- und halogenwasserstoffhaltige Gas verlässt über die Austrittsvorrichtung 5 die letzte Reaktionskammer 2 und gelangt in die nachfolgenden Kühl-, Wasch-und Reinigungssysteme.

[0012] Die Fig. 2 zeigt drei Reaktoräume 3, die nicht in einem einheitlichen Druckgefäß untergebracht sind, sondern in drei einzelnen Druckgefäßen 3, die miteinander verbunden sind. Der Vorgang der Vergasung vollzieht sich in der im Beispiel 1 aufgeführten Weise.

[0013] Die Fig. 3 zeigt drei Reaktionsräume 2 in einem einzigen Reaktor. Die Reaktionsräume 2 werden hierbei innerhalb eines einheitlichen Druckgefäßes durch geteilte Bodenplatten 4 getrennt. Die Zuführung der Vergasungsmedien sowie die Abführung 5 der Vergasungsprodukte 5 erfolgen wie in Fig. 1 beschrieben.


Ansprüche

1. Verfahren zur Verwertung halogenbelasteter kohlenstoffhaltiger Rest-und Abfallstoffe durch Vergasung im Flugstrom unter Zuführung eines freien Sauerstoff enthaltenden Vergasungsmittels bei gleichzeitiger Gewinnung von halogenhaltigen Wertstoffen bei Temperaturen höher als 1100 °C bei Drucken größer Atmosphärendruck, besonders zwischen 2 und 20 bar, in einem Flugstromreaktor, dadurch gekennzeichnet, dass im Reaktor dem Vergasungsraum (2) Mischkammern (3) nachgeschaltet sind, in denen vergleichbare Temperatur- und Druckverhältnisse herrschen wie im Vergasungsraum (2) und in denen eine Nachvergasung von im Vergasungsraum (2) gebildeten Ruß und anderer die Reinheit des Vergasungsgases beeinträchtigende Störstoffe wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die chlorfrei oder chlorhaltig sein können, stattfindet.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das freien Sauerstoff enthaltende Vergasungsmittel dem Vergasungsraum (2) und einer oder mehreren Mischkammern (3) und/oder (4) zugeführt wird.
 
3. Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens nach Anspruch 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
dem Reaktorraum (2) eine Mischkammer (3) nachgeordnet ist.
 
4. Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens nach Anspruch 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
dem Reaktorraum (2) zwei Mischkammern (3, 4) nachgeordnet sind.
 
5. Vorrichtung nach den Ansprüchen 3und 4,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Vergasungsraum (2) und die Mischkammern (3, 4) unterschiedlich groß sind.
 
6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 3 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Vergasungsraum (2) und die Mischkammern (3, 4) durch sich verengende Querschnitte voneinander abgegrenzt sind.
 
7. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 3 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, dass
sich der Vergasungsraum (2) und die Mischkammern (3, 4) in eigenen, untereinander verbundenen Druckkörpern (3) befinden.
 
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 3 bis 7,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Vergasungsraum (2) und die Mischkammern (3, 4) durch geteilte Zwischenböden (4) voneinander abgegrenzt sind.
 




Zeichnung