[0001] Die Erfindung betrifft ein Tarnsystem zur Infrarot(IR)-Tarnung für Landziele. Sie
eignet sich insbesondere zur Tarnung militärischer Objekte, vor allem Landfahrzeuge,
gegen Wärmebildgeräte und Infrarotsuchköpfe.
[0002] Bei der thermischen Tarnung wird eine Anpassung der vom zu tarnenden Objekt emittierten
Wärmestrahlung auf das Niveau des jeweiligen thermischen Hintergrundes angestrebt.
Dabei wird zum Beispiel versucht, die Temperatur der beobachtbaren Oberflächen durch
konstruktive Maßnahmen (Wärmedämmung, Isolation, Hinterlüftung) zu beeinflussen. Verbesserungen
sind hierdurch im Bereich der aktiven Signatur, d.h. für interne Wärmequellen (Motor,
Getriebe, Energie-aggregate) möglich. Keine befriedigende Lösung wird durch diese
Maßnahmen in bezug auf die solare Erwärmung (passive Signatur) erzielt, da das Erwärmungs-verhalten
militärischer Objekte in der Regel stark von dem eines natürlichen Hintergrundes abweicht.
Lösungsvorschläge, diese Abweichungen durch aktive Nachheizung bzw. Kühlung zu kompensieren,
wie z.B. in
DE 32 17 977 A1 beschrieben, sind vor allem wegen des hohen Energieverbrauchs wenig praktikabel.
[0003] Andere bekannte Lösungsansätze verfolgen das Ziel, die Signaturminderung nicht durch
die Beeinflussung der tatsächlichen Oberflächentemperatur zu erzielen, sondern durch
die Veränderung des Emissionsverhaltens der Oberfläche. Es ist bekannt, daß die Wärmeabstrahlung
eines Körpers nicht nur von seiner Temperatur, sondern auch vom Emissionsgrad ε seiner
Oberfläche bestimmt wird. Der Einsatz niedrig emittierender Oberflächenschichten zur
Infrarottarnung ist bekannt und z.B. in der
DE 30 43 381 A1 und der
EP 0 123 660 A1 beschrieben. Ein Problem bei dieser Art der Tarnung mit niedrig emittierenden Tarnmitteln
besteht darin, daß der IR-Reflexionsgrad ρ bei Reduzierung des Wärmeemissionsgrads
ε prinzipiell nach der Formel ρ = 1 - ε ansteigt, und somit eine erhöhte Reflexion
von Umgebungsstrahlung auftritt. Diese überlagert die Eigenemission, so daß die Wärmeabstrahlung
und somit die beobachtbare Strahlungstemperatur bei der Reduktion des Emissionsgrads
zunehmend auch von den Temperaturen der eingespiegelten Umgebungsflächen (Bodentemperatur,
Himmelstemperatur) abhängt. Als kritisch haben sich besonders Reflexionen aus zenithnahen
Himmelsbereichen erwiesen, da sich die Strahlungstemperaturen je nach Bewölkungszustand
extrem unterscheiden und die Signatur stark beeinflussen können. Ein bekannter Effekt
bei niedrig emittierenden Tarnmitteln ist die Beobachtung von "Cold Spots", d.h. Flächenbereiche
mit einer gegenüber dem Hintergrund zu niedrigen Strahlungstemperatur aufgrund der
Reflexion kalter Himmelsanteile.
[0004] Um diesen Umstand zu berücksichtigen, wird in der
EP 0 250 742 A1 eine Vorrichtung beschrieben, mit der das Emissionsvermögen gesteuert werden kann.
Damit kann die Wärmeabstrahlung eines Objektes durch Steuerung der Wärmereflexions-und
Emissionsanteile mit sehr geringem Energieaufwand in weiten Grenzen nach Wunsch eingestellt
werden. Dadurch ist eine Kontrastminderung der thermischen Abstrahlung gegenüber dem
Hintergrund in hohem Maße möglich.
[0005] Nachteilig ist jedoch der hohe Aufwand zur Realisierung entsprechender Systeme und
die Notwendigkeit für zusätzliche Meß- und Regeleinrichtungen.
[0006] Beim Einsatz von niedrig emittierenden Infrarot-Tarnmitteln müssen die geometrischen
Besonderheiten des zu tarnenden Objekts berücksichtigt werden. Hierbei sind im wesentlichen
zu unterscheiden:
- zum Boden geneigte Flächenbereiche
- horizontale oder zum Himmel geneigte Flächenbereiche
- senkrechte bzw. gering (bis ca. 25°) zum Himmel geneigte Flächenbereiche.
[0007] Grundsätzlich erfordern diese Flächenbereiche unterschiedliche Ausführungsformen
der Tarnmittel. Für den Fall mit überwiegend zum Boden geneigten Flächen können die
bekannten niedrig emittierenden Tarnmittel mit fest eingestelltem und möglichst geringem
Emissionsgrad verwendet werden, da unabhängig vom Beobachtungs-standpunkt die vor
dem Objekt befindlichen Bodentemperaturen reflektiert werden. Die Strahlungstemperatur
des Bodens ist im allgemeinen mit dem restlichen thermischen Hintergrund identisch.
Durch Übertragung dieser Temperatur auf das zu tarnende Objekt kann deshalb eine hohe
Kontrastminderung mit entsprechendem Tarngewinn erzielt werden. Eingesetzt werden
können in diesem Fall die bekannten LE-(=Low Emission) Tarnmittel, wie zum Beispiel
niedrig emittierende Lacke (LEP=Low Emission Paint) oder niedrig emittierende Kunststoffolien
(LEF=Low Emission Foil).
[0008] Für Flächen mit überwiegend horizontaler Ausrichtung sind die bekannten niedrig emittierende
Tarnmittel nicht ohne weiteres einsetzbar. Das Problem besteht darin, daß diese Flächen,
wenn sie beobachtbar sind, immer überwiegend zenithnahe Himmelstemperaturen reflektieren.
Da diese Himmelstemperaturen sehr niedrig sind, dabei jedoch je nach Bewölkungszustand
stark variieren können, resultiert eine extreme Abhängigkeit der reflektierten Wärmeabstrahlung
vom Bewölkungszustand. In vielen Fällen werden deshalb horizontale Flächen, die mit
niedrig emittierenden Tarnmitteln versehen sind, ,,Cold Spots" aufweisen, wenn durch
Reflexion des kalten Himmels die Eigenemission überkompensiert wird. Niedrig emittierendes
Verhalten ist nur in dem Maße erwünscht, wie infolge einer zunehmenden solaren Erwärmung
der Oberfläche eine Reduzierung der thermischen Abstrahlung notwendig wird. Ähnliche
Probleme bestehen bei Flächen, die nach oben ausgerichtet sind (Winkel zur Horizontalen
kleiner ca. 65°). Auch sie können die Himmelsstrahlung reflektieren.
[0009] Es ist deshalb Aufgabe der Erfindung, ein Tarnsystem für im wesentlichen horizontal
oder nach oben ausgerichtete Objektoberflächen zu schaffen, mit der ohne aufwendige
Mess- und Regeleinrichtungen eine effektive Tarnung erreicht werden kann.
[0010] Diese Aufgabe wird mit dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte
Ausführungen sowie ein Tarnverfahren unter Einsatz des erfindungsgemäßen Tarnmittels
sind Gegenstand weiterer Ansprüche.
[0011] Die erfindungsgemäße Lösung sieht vor, dass an der Oberfläche der Tarnvorrichtung
ein Material oder ein Schichtsystem eingesetzt wird, dessen Wärmeemissionsgrad ε(T)
eine starke Temperaturabhängigkeit mit einem negativen Gradienten (dε /dT) aufweist,
im Folgenden als ,thermorefraktives' Material bezeichnet.
[0012] Bekanntlich setzt sich die gesamte von einem Körper ausgehende Wärmemenge Q zusammen
aus der Eigenstrahlung (Produkt aus ε und der vierten Potenz der Oberflächentemperatur
T
o) und der reflektierten Umgebungstrahlung (Produkt aus 1-ε und der vierten Potenz
der Temperatur der eingespiegelten Umgebungszone T
u, hier typischerweise der Himmel)
Die Temperaturen beziehen sich jeweils auf die absolute Temperaturskala.
[0013] Wird der Körper von einem Wärmebildgerät beobachtet, dann bestimmt dieses Gesetz
die Helligkeit und die Kontrastfunktion des einzelnen Bildpunktes und damit die IR-Signatur
des Objektes.
[0014] Bei normalen Oberflächen mit ε → 1 überwiegt die mit der Temperatur stark zunehmende
Eigenstrahlung. Gemäß der Erfindung wird ein negativer Temperaturkoeffizient des Emissionsgrades
eingeführt und damit die Temperaturgang Q(T) so weit wie möglich kompensiert. Wäre
nur die Eigenstrahlung vorhanden, müsste die Bedingung für ε(T) lauten:
da jedoch der Reflexionsterm zu berücksichtigen ist, kann die Funktion ε(T) mit einer
schwächeren Potenz verlaufen. Genauere Abschätzungen zeigen, dass bereits eine lineare
reziporke Funktion
in der Praxis eine sehr brauchbare Tarnwirkung hervorruft.
[0015] Wichtig ist, dass der Emissionsgrad des Gesamtsystems innerhalb eines Temperaturintervalls,
typischerweise etwa 20 bis 40° C, deutlich absinkt, z.B. von Werten ε ≥ 0,7 auf Werte
ε≤ 0,5, z.B. von ε= 0,90 auf ε= 0,5. Die untere Schwelltemperatur des Übergangsbereiches
wird vorteilhafterweise der mittleren Umgebungstemperatur gleichgesetzt.
[0016] Zur praktischen Darstellung eines negativen Temperaturkoeffizienten sind verschiedene
Mechanismen denkbar. Eine mögliche Ausführungsform besteht darin, ein Material mit
einem Nichtmetall-Metall-Phasenübergang (MNM-Übergang) einzusetzen. Bei Umgebungstemperaturen
befindet sich das Material im nichtmetallischen oder halbleitenden Zustand (IR-transparent)
und es liegt - wenn das thermorefraktive Material vor einem hochemittierenden Hintergrund
angeordnet ist - normales, hochemittierendes Verhalten vor. Bei zunehmender solarer
Erwärmung findet ein Übergang in den metallischen Zustand statt (IR-reflektiv), welcher
mit einer Absenkung des Emissionsgrades verbunden ist. Ein für die Erfindung geeignetes
Material, dass den beschriebenen MNM-Übergang zeigt, ist zum Beispiel Vanadiumoxid
(VO
2).
[0017] Eine weitere Ausführungsform für ein thermorefraktives Material besteht im Einsatz
eines zusammengesetzten Mediums, eines Composites, bestehend aus einer IR-transparenten
Matrix, bevorzugt aus Polyolefin (z.B. Polyethylen) und einer eingelagerten zweiten
Komponente. Die zweite Komponente besteht aus einem alternativen organischen oder
polymeren Material mit ebenfalls möglichst guter IR-Transparenz, aber einem unterschiedlichem
Temperaturverlauf der Brechungsindices. Dafür können bevorzugt flüssige, wachsartige
oder teilkristalline Kohlenwasserstoffe eingesetzt werden, aber auch andere Substanzen
mit geringer IR-Absorption im Wellenlängenbereich von 8 bis 12 µm. Die Materialpaarung
von Matrix und Einlagerung ist so abzustimmen, dass die Brechungsindices beider Stoffe
bei Umgebungstemperatur annähernd gleich sind, mit steigender Temperatur aber zunehmend
voneinander abweichen. Ein derartiges System zeigt den gewünschten negativen Temperatureffekt:
Bei niedrigen Temperaturen ist das Material homogen IR-transparent und es liegt -
wenn das thermorefraktive Material vor einem hochemittierenden Hintergrund angeordnet
ist - normales, hochemittierendes Verhalten vor, bei höherer Temperatur tritt zunehmend
Streuung auf, welche zu einer erhöhten Remission und damit zu einer Absenkung des
Emissionsgrades führt. Um den Streueffekt wirksam zu gestalten, sollten die Einlagerungen
deutlich größer als die für die Wärmebild-tarnung relevante Infrarotwellenlänge von
etwa 10 µm ausgeführt werden. Eine geeignete Größe für die Einlagerungen ist insbesondere
der Bereich größer 20 µm.
[0018] Infolge der temperaturabhängigen Selbststeuerung der erfindungsgemäßen Tarnvorrichtung
wird keinerlei zusätzliche Steuerungselektronik wie z.B. Sensoren, Aktoren, Ansteuerungselektronik
und Verkabelung benötigt. Vielmehr stellen sich die für eine effektive Tarnung notwendigen
Emissionsgrade und somit die Strahlungstemperaturen selbständig ein. Auch die genaue,
ortsaufgelöste Bestimmung der Oberflächentemperatur, die bei einer eingangs erwähnten
Tarnvorrichtung gemäß dem Stand der Technik zur Einstellung des Emissionsgrades für
jedes aktiv steuerbare IR-Tarnelement erforderlich ist, entfällt.
[0019] Weitere Vorteile der erfindungsgemäßen Vorteile sind:
- Es wird eine hohe IR-Tarnwirksamkeit für unterschiedlichste Objekte erreicht;
- Die erfindungsgemäße Tarnvorrichtung ist in Form kostengünstiger, robuster Elemente
realisierbar;
- Eine zusätzliche visuelle Tarnung in beliebiger Farbgebung ist möglich.
[0020] Die Erfindung wird unter Bezugnahme auf Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
- Fig. 1
- ein Diagramm des temperaturabhängigen spezifischen Widerstands einer wolframdotierten
VO2-Schicht im Vergleich zu einer undotierten VO2-Schicht;
- Fig. 2
- eine konkrete Ausführung der erfindungsgemäßen Tarnvorrichtung;
- Fig. 3
- eine weitere Ausführung der erfindungsgemäßen Tarnvorrichtung;
- Fig. 4
- die auf die Himmelsstrahlung bzw. auf die Bodenstrahlung entfallenden Anteile der
an der Tarnvorrichtung nach Fig. 3 reflektierten Strahlung in Abhängigkeit von der
Beobachtungsrichtung;
- Fig. 5
- die scheinbare Objekttemperatur in Abhängigkeit von der Beobachtungsrichtung bei Einsatz
einer erfindungsgemäßen Tarnvorrichtung (Kurve b) im Vergleich zu einer bekannten
Tarnvorrichtung (Kurve a).
[0021] Eine erfindungsgemäße Ausführung der Erfindung wird im Folgenden anhand des Vanadiumoxids
(VO
2), das den beschriebenen MNM-Übergang zeigt, näher erläutert. Unterhalb einer bestimmten
Übergangstemperatur ist das Material halbleitend und somit IR-transparent. Auf einem
hochemittierenden Substrat, wie anodisiertem Aluminium oder einer Kunststofffolie,
liegt somit hohes Emissionsvermögen der Gesamtstruktur vor. Bei Erwärmung oberhalb
einer spezifischen Sprungtemperatur findet der Phasenwechsel statt und die VO
2-Schicht zeigt metallisches Verhalten mit hoher IR-Reflektivität. Der Phasenwechsel
findet bei einer Temperatur im Bereich von ca. 68°C statt.
Um diesen Effekt zur IR-Tarnung nutzen zu können, ist eine gezielte Einstellung der
Lage der Übergangstemperatur sowie der Breite ΔT des Übergangsbereichs nötig. Dies
kann durch eine Anpassung der temperaturabhängigen elektrischen Leitfähigkeit des
Vanadiumdioxids und damit verbunden der IR-Reflektivität erreicht werden. Eine Möglichkeit
hierfür ist die Dotierung von VO
2 mit z.B. Wolfram (G.V. Jorgenson, J.C. Lee, Solar Energy Mat. 14(1986)205-214). Fig.
1 zeigt die temperaturabhängige Änderung der Leitfähigkeit einer VO
2-Schicht im Vergleich mit einer wolframdotierten VO
2-Schicht. Wie man sieht, wird die Übergangstemperatur zu niedrigeren Temperaturen
verschoben. Eine Verschiebung bis zu Umgebungstemperaturen ist möglich. Es hat sich
gezeigt, daß auch eine Verbreiterung des Übergangsbereiches durch Variation der Herstellungsparameter
der Schicht möglich ist. Auf diese Weise lässt sich der Emissionsgrad einer Schicht
in Abhängigkeit von der Temperatur in weiten Bereichen einstellen.
[0022] Eine erfindungsgemäße Lösung zur Herstellung einer selbstadaptierenden Tarnung für
horizontale oder nach oben ausgerichtete Flächen, z.B. eines Fahrzeugs, sieht somit
ein Tarnelement mit thermorefraktiver Beschichtung vor, wobei das Emissionsvermögen
der Schicht so eingestellt ist, daß unter Berücksichtigung des Einsatzzwecks des Fahrzeugs
und gegebenenfalls der Jahreszeit, bei Umgebungstemperaturen hochemittierendes Verhalten
vorliegt und bei zunehmender Temperatur die Emission abnimmt.
[0023] Fig. 2 zeigt eine Ausführung der erfindungsgemäßen Tarnvorrichtung. Sie umfasst ein
Trägerblech aus anodisiertem Aluminium, das einen hohen Emissionsgrad aufweist (ε≈1)
aufweist. Das Trägerblech wird mit Abstand zu dem tarnenden Objekt montiert und hinterlüftet
oder auf sonstige Weise gegenüber dem Objekt thermisch isoliert. Dadurch wird eine
Abkopplung der Tarnvorrichtung von der Eigentemperatur des Fahrzeugs bewirkt, d.h.
ihre Eigentemperatur stellt sich weitgehend unabhängig von eventuellen Wärmequellen
des zu tarnenden Objekts ein. Das Trägerblech wird mit der erfindungsgemäßen thermorefraktiven
Schicht beschichtet. Alternativ zur direkten Beschichtung des Blechs ist auch die
Herstellung der thermorefraktiven Schicht auf einer selbstklebenden, temperaturbeständigen
Kunststoffolie, z.B. aus Polyimid, möglich, die dann auf die Trägerschicht geklebt
werden kann. Zur Erhaltung der visuellen Tarnwirkung kann die thermorefraktive Schicht
mit einer IR-transparenten Deckschicht (z.B. einer pigmentierten und mattierten Polyethylenfolien)
versehen werden. Sie bildet den äußern Abschluss des Systems in Richtung auf den Beobachter.
[0024] Der IR-Tarnmechanismus dieser Vorrichtung besteht im Zusammenspiel von drei Effekten:
- Bei geringer Oberflächentemperatur (Nacht, starke Bewölkung mit geringer Sonneneinstrahlung)
ist kein Tarnbedarf vorhanden und der Emissionsgrad der Anordnung ist hoch. Die scheinbare
Oberflächentemperatur ist der umgebenden Lufttemperatur und damit der des Hintergrunds
gut angepasst.
- Bei solarer Erwärmung nimmt die Vorrichtung mit steigender Temperatur geringere Emissionsgrade
an und kompensiert damit die thermische Abstrahlung.
- Da bei Sonnenschein typischerweise geringe Bewölkung und damit niedrige Himmelstemperaturen
vorherrschen, kann das temperaturabhängige Emissionsverhalten der thermorefraktiven
Schicht relativ gut voreingestellt werden und somit die Temperaturkompensation sehr
effektiv stattfinden.
[0025] Die Erfindung kann jedoch nicht nur zur Tarnung von im wesentlichen horizontaler
oder nach oben ausgerichteter Flächen eingesetzt werden. Wie im folgenden näher erläutert
werden wird, kann die erfindungsgemäße Lösung vorteilhaft auch bei der Tarnung von
im wesentlichen senkrechten Flächen (dies schließt gering zum Himmel geneigte Flächen
- bis ca. 25° zur Vertikalen - mit ein) verwendet werden. Dabei ist zu berücksichtigen,
dass die Situation bei überwiegend senkrechten Flächenbereichen eine Mischung der
Verhältnisse bei horizontalen bzw. nach oben ausgerichteten Flächen einerseits und
bei zum Boden geneigten Flächen andererseits ist. Je nach Beobachtungswinkel stammt
die reflektierte Wärmestrahlung überwiegend von bodennahen Bereichen oder aus der
Himmelsstrahlung. Problematisch ist dabei, dass bereits geringe Änderungen des Beobachtungswinkels
(oder äquivalent: geringe Änderung der Flächenneigung, z.B. bei bewegten getarnten
Objekten) eine starke Änderung im Verhältnis dieser Anteile bewirken.
Durch geeignete Oberflächenstrukturen kann eine Zerlegung der senkrechten Fläche in
zum Boden ausgerichtete und zum Himmel ausgerichtet Teilflächen erfolgt, wobei vorteilhafterweise
ein möglichst großer Anteil der an der Tarnvorrichtung reflektierten Strahlung vom
Boden und ein möglichst geringer Anteil von der Himmelsstrahlung stammt. Dabei sollten
die Reflexionsanteile über einen möglichst großen Neigungs-winkelbereich konstant
bleiben. Dies kann durch eine Oberflächenstruktur erreicht werden, die ausschließlich
aus zwei Gruppen von Teilflächen besteht, wobei die Teilflächen der ersten Gruppe
nach unten ausgerichtet sind und mit der Vertikalen einen Winkel α zwischen 5° und
45° bilden und die Teilflächen der zweiten Gruppe nach oben ausgerichtet sind, und
mit der Vertikalen einen Winkel β zwischen 40° und 85° bilden, wobei α+β < 90° ist.
Dabei können die Teilflächen innerhalb derselben Gruppe unterschiedliche Winkel α
bzw. β aufweisen.
Die nach oben ausgerichteten Teilflächen werden mit einem thermorefraktiven Material,
wie oben beschrieben, beschichtet, während die nach unten ausgerichteten Teilflächen
mit einem Material mit niedrigem Infrarot-Emissionsgrad beschichtet werden. Typische
Werte hierfür sind ε≤ 0,5.
[0026] Eine geometrische Struktur, die diese Eigenschaften aufweist, ist in Fig. 3 gezeigt.
Sie besteht aus einer regelmäßigen Folge von Erhebungen mit dreieckigem Querschnitt,
deren Hypothenusen (Länge L) im wesentlichen vertikal ausgerichtet ist. Es handelt
sich um eine Rillenstruktur mit horizontal ausgerichteten asymmetrischen Rillen. Die
Geometrie der Struktur ist durch die Winkel α und β und durch die Strukturgröße L
eindeutig festgelegt. Der Winkel ϕ ist der Blickwinkel eines Beobachters zur Horizontalen.
Geeignete Wertebereiche für die Winkel α,β sind:
α: [5, 45]; bevorzugt [15,25]
β: [50,85]; bevorzugt [55,70].
[0027] Unter Berücksichtigung der Reflexionsverhältnisse der beiden beobachtbaren Teilflächen
bei verschiedenen Winkeln ϕ können die Anteile ermittelt werden, die sich bei unterschiedlichen
Winkeln α und β der Struktur ergeben. Fig. 4 zeigt die prozentualen Anteile der vom
Boden bzw. Himmel bei verschiedenen Beobachtungswinkeln ϕ reflektierten Strahlung
dieser Struktur für eine besonders günstige Geometrie mit α=15° und β=65°. Wie man
sieht, sind über einen großen Winkelbereich die reflektierten Anteile, die vom Himmel
bzw. vom Boden stammen, annähernd konstant, wobei der Bodenanteil wunschgemäß sehr
hoch ist.
[0028] Für maximale Wirksamkeit ist die größere, nach unter gerichtete Teilfläche, die die
Bodenanteile reflektiert, mit einer Schicht mit möglichst geringem Emissionsgrad,
d.h. maximaler IR-Reflektivität, auszustatten. Die kleinere, nach oben gerichtete
Teilfläche reflektiert den Himmel und wird deshalb - wie im weiter oben dargestellten
Fall horizontaler Flächen - mit thermorefraktiven Eigenschaften ausgestattet, so dass
sich bei heißen Flächen ein niedrigerer Infrarot-Emissionsgrad einstellt, das zu einer
gewünschten Absenkung des Strahlungsniveaus der Gesamtanordnung beiträgt.
[0029] Fig. 5 zeigt die Strahlungstemperaturen von zwei Flächen mit gleichem Emissionsvermögen,
die bei verschiedenen Beobachtungswinkeln ϕ gemessen wurden, wobei die mit a gekennzeichnete
Kurve die Messwerte einer unstrukturierten Fläche und die mit b gekennzeichnete Kurve
die Messwerte einer erfindungsgemäßen Struktur wiedergibt. Man erkennt, daß die Strahlungstemperaturen
der unstrukturierten Probe ab einem bestimmten Winkel durch Reflexion einer kalten
Himmelsfläche stark absinkt, während die strukturierte Probe in der gleichen Strahlungsumgebung
wunschgemäß praktisch keine derartige Winkelabhängigkeit zeigt.
[0030] Die Strukturgrößen der Oberflächenstruktur liegen insbesondere zwischen 12µm und
1cm, bevorzugt zwischen 100µm und 1 mm.
[0031] Die Strukturgrößen werden in einer besonders vorteilhaften Ausführung so gewählt,
dass sie größer sind als die Wellenlänge von Infrarot-Strahlung und kleiner als die
Wellenlänge von Radarstrahlung. Ein hierfür geeigneter Größenbereich ist der zwischen
20µm und 1 mm. Dadurch ist sichergestellt, dass der Radarrückstrahlquer-schnitt durch
Mehrfachreflexe nicht negativ beeinflusst wird.
[0032] Zur Erhaltung der visuellen Tarnwirkung kann als äußerer Abschluss der Tarnvorrichtung
eine IR-transparente Deckschicht (z.B. eine pigmentierte und mattierte Polyethylenfolie)
vorgesehen werden.
Darüber hinaus lassen sich zusätzliche Tarneffekte nach dem Prinzip des Flecken-tarnanstrichs
erreichen, in dem auch im Infraroten eine Konturzerreißung eingeführt wird. Dies kann
sehr effektiv durch unterschiedliche Dicken der obenliegenden farbgebenden Deckschicht
erzeugt werden, so dass bei allen Temperaturzuständen des Systems eine fleckenartige
Musterung der Infrarotsignatur überlagert wird.
[0033] Die Herstellung der erfindungsgemäßen (Mikro-)Strukturierung kann je nach Strukturgröße
durch verschiedene gängige Verfahren wie Prägen, Fräsen, Gravieren oder photolithographische
Verfahren erfolgen. Ein entsprechend strukturiertes Werkzeug kann dann z.B. zur Übertragung
der Struktur auf eine - bevorzugt selbstklebende-Kunststoffolie, z.B. durch Heißprägen
in einem Kalander, verwendet werden. Eine hohe IR-Reflexion wird durch Metallisieren
und einer anschließenden IR-transparenten farbgebenden Deckschicht erzeugt. Eine andere
Möglichkeit besteht in einer Lackierung der Struktur mit niedrig emittierendem Tarnlack.
[0034] Bei sehr kleinen Strukturgrößen (L ca. 100µm) ist es auch möglich, eingefärbte Kunststoffolien
aus IR-transparenten Materialien (z.B. Polyolefine wie PE,PP) durch Heißprägen mit
der Struktur zu versehen und den IR-Reflektor durch rückseitige Metallisierung aufzubringen.
Die Strukturierung bewirkt in diesem Fall zusätzlich die notwendige Mattierung zur
Reduzierung des visuellen Glanzes der Kunststoffolie.
[0035] Ein Gesamtsystem zur Tarnung eines Objekts unter Einsatz der erfindungsgemäßen Tarnvorrichtung
weist somit folgenden Aufbau auf:
- Die nach unten gerichteten Flächenbereiche des zu tarnenden Objekts werden mit einem
Material versehen, das einen niedrigen Infrarot-Emissionsgrad aufweist. Typische Werte
hierfür sind ε≤ 0,5.
- Die nach oben oder horizontal ausgerichteten Flächenbereiche des zu tarnenden Objekts
werden mit einem Material versehen, das bei Temperaturerhöhung einen Phasenübergang
von einem metallischen Zustand in einen halbleitenden Zustand durchläuft und somit
seinen Infrarot-Emissionsgrad ohne äußeren Regelmechanismus an die veränderten Umweltbedingungen
anpasst.
- Auf senkrechten Flächenbereichen des zu tarnenden Objekts bewirkt (Mikro-) Strukturierung
die Aufteilung der Fläche in nach oben gerichtete Anteile und nach unten gerichtet
Anteile.
1. Infrarot-Tarnsystem, dadurch gekennzeichnet, dass es ein thermorefraktives Schichtsystem oder ein thermorefraktives Material
umfasst, dessen Wärmeemissionsgrad einen negativen Temperaturkoeffizienten aufweist.
2. Infrarot-Tarnsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der negative Temperaturkoeffizient durch einen Phasenübergang von einem nichtmetallischen
in einen metallischen Zustand erfolgt.
3. Infrarot-Tarnsystem nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Phasenübergangsmaterial aus Vanadiumdioxid besteht, das mit Fremdatomen,
z.B. Wolfram, dotiert ist.
4. Infrarot-Tarnsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der negative Temperaturkoeffizient durch einen temperaturabhängigen Streueffekt
in einem zusammengesetztem Medium entsteht, dessen Komponenten eine geringe IR-Absorption
besitzen und bei Umgebungstemperatur annähernd gleiche Brechungsindices, bei höheren
Temperaturen aber zunehmend divergierende Brechungsindices aufweisen.
5. Infrarot-Tarnsystem nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Matrixkomponente aus einem festen Polymer besteht und Einlagerungen von
festen, wachsartigen oder flüssigen Substanzen enthält.
6. Infrarot-Tarnsystem nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass sie folgenden Aufbau aufweist:
- einen von dem zu tarnenden Objekt thermisch isolierten Träger mit hohem Infrarot-Emissionsgrad;
sowie
- eine Schicht aus dem thermorefraktiven Material, dessen Wärmeemissionsgrad einen
negativen Temperaturkoeffizienten aufweist.
7. Infrarot-Tarnsystem nach einem der vorangehenden Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, dass sie folgenden Aufbau aufweist:
- einen von dem zu tarnenden Objekt thermisch isolierten Träger mit hohem Infrarot-Emissionsgrad;
- eine mit dem Träger verklebte Kunststoffschicht, z.B. aus Polyimid;
- eine Schicht aus dem thermorefraktiven Material, dessen Wärmeemissionsgrad einen
negativen Temperaturkoeffizienten aufweist.
8. Infrarot- Tarnsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, dass sie eine dem Beobachter zugewandte Oberflächenstruktur aufweist, die ausschließlich
aus zwei Gruppen von Teilflächen besteht, wobei die Teilflächen der ersten Gruppe
nach unten ausgerichtet sind und mit der Vertikalen einen Winkel α zwischen 5° und
45° bilden und die Teilflächen der zweiten Gruppe nach oben ausgerichtet sind, und
mit der Vertikalen einen Winkel β zwischen 50° und 85° bilden, wobei α+β < 90° ist,
wobei
- die nach unten ausgerichteten Teilflächen von einem Material mit niedrigem Infrarot-Emissionsgrad
gebildet werden;
- die nach oben ausgerichteten Teilflächen von dem thermorefraktiven Material, dessen
Wärmeemissionsgrad einen negativen Temperaturkoeffizienten aufweist, gebildet werden.
9. Infrarot- Tarnsystem nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als äußerer Abschluss der Infrarot-Tarnvorrichtung eine Infrarot-transparente,
pigmentierte und mattierte Deckschicht aus Kunststoff, z.B. Polyethylen vorhanden
ist.
10. Infrarot- Tarnsystem nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Deckschicht fleckenartige Bereiche unterschiedlicher Dicken aufweist.
11. Verfahren zur Infrarot-Tarnung eines Objekts, dadurch gekennzeichnet, dass die im
wesentlichen horizontal oder nach oben ausgerichteten Flächen des zu tarnenden Objekts
mittels der Tarnvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7 versehen werden.
12. Verfahren zur Infrarot-Tarnung eines Objekts nach Anspruch 11,
dadurch gekennzeichnet, dass
- die nach unten ausgerichteten Flächen des zu tarnenden Objekts mit einer Beschichtung
aus einem Material mit niedrigem Infrarot-Emissionsgrad versehen werden;
- die im wesentlichen senkrecht ausgerichteten Flächen des zu tarnenden Objekts mit
der Tarnvorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 10 versehen werden.