[0001] Die Erfindung betrifft einen Hochleistungsantrieb mit in einer Hülse angeordnetem
Treibladungspulver und einem pyrotechnischen Anzünder zur Anzündung des Treibladungspulvers,
wobei der Anzünder einen Anzündsatz und gegebenenfalls eine Verstärkerladung enthält,
und ein Verfahren zum Anzünden eines solchen Hochleistungsantriebs.
[0002] Die heute verwendete Anzündung von Treibladungspulver in großkalibriger Munition
geschieht überwiegend mittels eines pyrotechnischen Anzünders, welcher axial im Heck
der Munition untergebracht ist. Nach Auslösung mittels eines elektrischen oder mechanischen
Impulses erfolgt die Umsetzung der pyrotechnischen Anzündmischung und es werden unter
großem Druck glühende Partikel in das Treibladungspulverbett verbracht, welche die
Treibladung anzünden. Die Anzündschwaden strömen aufgrund der Geometrie des Treibladungsanzünders
radial durch Löcher im Metallmantel des Anzünders nach außen. Bei entsprechender Konstruktion
hat die Partikelströmung auch eine axiale Komponente. In den meisten Fällen jedoch
ist der erste Teil der Anzündung aufgrund der Dimensionen des Ladungsraumes moderner
Munition auf den hinteren Teil des Pulverbettes beschränkt.
[0003] Diese Beschränkung kann zu ungünstigen innenballistischen Verhältnissen führen und
durch lokale, extreme Drucksteigerungen eine Zerstörung der Rohrwaffe bewirken.
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Hochleistungsantrieb nach Anspruch
1 so zu verbessern, daß die innenballistischen Verhältnisse bei der Anzündung wesentlich
verbessert sind und dadurch auch kompakte Ladungsaufbauten mit hoher Ladungsdichte
sicher anzuzünden sind.
[0005] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst,
- daß in der Hülse mehrere Anzünder angeordnet sind,
- daß alle Anzünder über eine programmierbare elektronische Einheit verfügen, in der
eine individuelle Adresse gespeichert ist,
- daß die Anzünder über eine zwei- oder mehradrige Busleitung mit einem Anzündstück
verbunden sind und
- daß das Anzündstück an einen Feuerleitrechner anschließbar ist.
[0006] Hierdurch kann das Treibladungspulver gezielt an vorher wählbaren Punkten angezündet
werden. Die Anzahl und die zeitliche Abfolge der Anzündungen wird so bestimmt, daß
es selbst unter extremen Umweltbedingungen zu keinen ungünstigen innenballistischen
Verhältnissen (z. B. negative Differenzgasdrücke) kommen kann.
[0007] In bevorzugter Ausführungsform ist im Anzünder ein Temperatursensor zur Messung der
Temperatur des Treibladungspulvers angeordnet.
[0008] Die Abstimmung der Anzündung geschieht durch den Feuerleitrechner, der mit den einzelnen
Anzündern über die Busleitung kommuniziert, z. B. die Temperatur an den einzelnen
Anzündpunkten mißt und dann nach einem vorher festgelegten Schema über die Anzahl,
zeitliche Reihenfolge und räumliche Verteilung der auszulösenden Anzünder bzw. Anzündpunkte
entscheidet.
[0009] Vorteilhafterweise sind in der elektronischen Einheit abrufbare Merkmale des Treibladungspulvers
gespeichert.
[0010] Die Anzünder sind fest mit der Innenseite der Hülse verbunden und sind in bevorzugter
Ausführungsform in auf der Innenseite der Hülse verlaufenden Stegen eingebettet.
[0011] Die Hülse ist entweder voll-, teil- oder unverbrennbar ausgebildet.
[0012] Die Busleitung führt zu einem zentralen Anzündstück, welches bevorzugt in den stirnseitigen
Verschlußdeckel der Hülse eingebettet ist.
[0013] Das Anzündstück enthält einen Zündverteiler und eine Kontaktschraube.
[0014] Bevorzugt wird der erfindungsgemäße Hochleistungsantrieb für Panzerbord- oder Artilleriemunition
verwendet.
[0015] Ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Anzünden eines Hochleistungsantriebs, wie beschrieben,
zeichnet sich durch einen oder mehrere der nachfolgend genannten Schritte aus:
- Ermitteln der Temperatur des Treibladungspulvers und Weiterleitung an den Feuerleitrechner,
- Auslesen individueller in der elektronischen Einheit 10 gespeicherter Merkmale des
Treibladungspulvers und Weiterleitung dieser Daten an den Feuerleitrechner,
- Bestimmung im Feuerleitrechner der Anzahl und der zeitlichen Abfolge der zu zündenden
Anzünder 9 und Programmierung dieser Anzünder (9),
- Aussenden eines Zündimpulses an die Anzünder 9.
[0016] Die Erfindung ist daher durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
[0017] Im Innenraum der Patrone befinden sich mehrere Anzünder, welche fest mit der Innenseite
der Patronenhülse verbunden sind und radial oder unter anderen Winkeln in das Pulverbett
anzünden.
[0018] Die Anzünder können in mehreren, entlang der Innenseite der Patrone verlaufenden,
Stegen eingebettet sein, um so eine Beschädigung durch Treibladungspulverkörner beim
Rütteln der Patrone zu verhindern.
[0019] Die Patronenhülse selbst kann voll-, teil- oder unverbrennbar sein.
[0020] Die Anzündnester sind über eine zwei- oder mehradrige Busleitung mit einem Anzündstück
verbunden.
[0021] Im Anzünder befindet sich eine intelligente elektronische Einheit, welche über einen
Feuerleitrechner programmiert werden kann. Außerdem enthält jeder Anzünder eine gespeicherte
Adresse und einen Temperatursensor. Dadurch kann die Temperatur im Treibladungspulverbett
an den Feuerleitrechner weitergegeben werden. Im Speicher des Anzünders können außerdem
noch Merkmale des Treibladungspulvers gespeichert werden zur Abfrage und Korrektur
des Feuerleitrechners.
[0022] Durch die Busleitung können die Anzünder einzeln angesprochen oder programmiert werden,
z.B. ob sie beim Anzündimpuls auslösen oder nicht.
[0023] Besonders eignet sich diese Mehrpunktanzündung für Hochleistungsantriebe, speziell
für Panzerbord- und Artilleriemunition.
[0024] Es ist mit dieser Mehrpunktanzündung möglich, sehr kompakte Ladungsaufbauten mit
hoher Ladungsdichte anzuzünden, welche durch einen konventionellen Treibladungsanzünder
nicht mehr durchdrungen werden können.
[0025] Weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus den Figuren, die nachfolgend beschrieben
sind. Es zeigt:
- Fig. 1a
- schematisch eine Patronenhülse mit erfindungsgemäßer Mehrpunktanzündung,
- Fig. 1b
- einen Schnitt quer durch die Patronenhülse nach Fig. 1 a,
- Fig. 1c
- den Ausschnitt A aus Fig. 1b vergrößert dargestellt und
- Fig. 2
- einen Ausschnitt ähnlich Fig. 1c mit einzelnen Details.
[0026] Fig. 1b zeigt schematisch in perspektivischer Sicht eine Patronenhülse 1 mit einem
Verschlußdeckel 2. Zur besseren Übersicht ist der Verschlußdeckel 2 -auch Stummelhülse
genannt- von der Patronenhülse 1 abgezogen.
[0027] Auf der Innenseite der Patronenhülse 1 sind in Umfangsrichtung gleichmäßig verteilt
drei Stege 3 angeordnet, die sich in Längsrichtung der Patronenhülse 1 über deren
gesamte Länge erstrecken. Bei der Fertigung der Patrone wird die Patronenhülse 1 vollständig
mit Treibladungspulver gefüllt, so daß die Stege 3 in das Treibladungspulver hineinragen.
In der Figur 1a ist das Treibladungspulver aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht
eingezeichnet. In den Stegen sind der Reihe nach einzelne Anzünder 9 für das Treibladungspulver
eingebettet.
[0028] Miteinander verbunden sind die Anzünder 9 über eine ein- oder mehradrige Busleitung
4, die von den drei Stegen 3 zu einem Anzündstück 11 im Verschlußdeckel 2 der Patronenhülse
1 führt. Für jeden Steg 3 ist eine Busleitung 4 vorgesehen. Das Anzündstück 11 besteht
aus einem Zündverteiler 7 und einer Kontaktschraube 8. Wenn die Patrone verschossen
werden soll, wird auf das Anzündstück 11 ein nicht gezeigtes Kontaktelement aufgesetzt,
welches mit einem nicht gezeigten Feuerleitrechner elektrisch verbunden ist. Hierdurch
steht der Feuerleitrechner mit den einzelnen Anzündern 9 in Verbindung und kann Daten
ein- und auslesen.
[0029] Fig. 1 b zeigt einen Schnitt quer durch die Patronenhülse 1 nach Fig. 1a. Es sind
gut die drei Stege zu erkennen, die um 120 ° versetzt zueinander angeordnet sind und
in denen die Anzünder 9 eingebettet sind.
[0030] Fig. 1c zeigt den Ausschnitt A aus Fig. 1b vergrößert dargestellt mit schematisch
eingezeichnetem Anzünder 9. Ein Anzünder 9 besteht aus einem Anzündsatz 5 und gegebenenfalls
einer Verstärkerladung 6. Mit dem Bezugszeichen 4 ist die Busleitung angedeutet. Nicht
gezeigt ist die elektronische Einheit.
[0031] Fig. 2 zeigt einen Ausschnitt ähnlich Fig. 1c, jedoch mit einzelnen Details.
[0032] Erfindungsgemäß ist in jedem Anzünder 9 eine elektronische Einheit 10 angeordnet,
z. B. ein Chip mit integrierter Schaltung oder eine Platine mit elektronischen Bauelementen.
Die Busleitung 4 ist mit dieser elektronischen Einheit 10 verbunden. Auf dieser Einheit
10 oder in dieser ist ein Zündelement angeordnet, welches bei der Anzündung den Anzündsatz
5 anzündet, der wiederum die Verstärkerladung 6 anzündet. Die dadurch erzeugten Anzündschwaden
zünden dann das Treibladungspulver an.
[0033] Nicht gezeigt ist, daß in der elektronischen Einheit 10 ein Temperatursensor angeordnet
ist oder ein Temperatursensor mit der Einheit 10 verbunden ist. Außerdem ist nicht
gezeigt, daß in der Einheit 10 Merkmale des Treibladungspulvers gespeichert werden
können.
[0034] Vor der Anzündung überprüft der Feuerleitrechner die Temperatur an den Anzündpunkten
und bestimmt daraus, welche Anzünder 9 angezündet werden sollen oder nicht. Der Feuerleitrechner
programmiert anschließend die Anzünder 9 bzw. die einzelnen elektronischen Einheiten
10 entsprechend. Wird bei der Anzündung ein Zündimpuls ausgesendet, werden dann nur
die gewünschten Anzünder 9 angezündet.
1. Hochleistungsantrieb mit in einer Hülse (1) angeordnetem Treibladungspulver und einem
pyrotechnischen Anzünder (9) zur Anzündung des Treibladungspulvers, wobei der Anzünder
(9) einen Anzündsatz (5) und gegebenenfalls eine Verstärkerladung (6) enthält, dadurch
gekennzeichnet,
- daß in der Hülse (1) mehrere Anzünder (9) angeordnet sind,
- daß alle Anzünder (9) über eine programmierbare elektronische Einheit (10) verfügen,
in der eine individuelle Adresse gespeichert ist,
- daß die Anzünder (9) über eine zwei- oder mehradrige Busleitung (4) mit einem Anzündstück
(11) verbunden sind und
- daß das Anzündstück (11) an einen Feuerleitrechner anschließbar ist.
2. Hochleistungsantrieb nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß im Anzünder (9)
ein Temperatursensor zur Messung der Temperatur des Treibladungspulvers angeordnet
ist.
3. Hochleistungsantrieb nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß in der elektronischen
Einheit (10) abrufbare Merkmale des Treibladungspulvers gespeichert sind.
4. Hochleistungsantrieb nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß
die Anzünder (9) fest mit der Innenseite der Hülse (1) verbunden sind.
5. Hochleistungsantrieb nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß
die Anzünder (9) in auf der Innenseite der Hülse (1) verlaufenden Stegen (3) eingebettet
sind.
6. Hochleistungsantrieb nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß
die Hülse (1) voll-, teil- oder unverbrennbar ausgebildet ist.
7. Hochleistungsantrieb nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß
das Anzündstück (11) in den stirnseitigen Verschlußdeckel (2) der Hülse (1) eingebettet
ist.
8. Hochleistungsantrieb nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß
das Anzündstück (11) einen Zündverteiler (7) und eine Kontaktschraube (8) enthält.
9. Hochleistungsantrieb nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß
die Hochleistungsantriebe für Panzerbord- oder Artilleriemunition verwendet werden.
10. Verfahren zum Anzünden eines Hochleistungsantriebs nach einem der Ansprüche 1 bis
9, gekennzeichnet durch einen oder mehrere der nachfolgend genannten Schritte:
- Ermitteln der Temperatur des Treibladungspulvers und Weiterleitung an den Feuerleitrechner,
- Auslesen individueller in der elektronischen Einheit (10) gespeicherter Merkmale
des Treibladungspulvers und Weiterleitung dieser Daten an den Feuerleitrechner,
- Bestimmung im Feuerleitrechner der Anzahl und der zeitlichen Abfolge der zu zündenden
Anzünder (9) und Programmierung dieser Anzünder (9),
- Aussenden eines Zündimpulses an die Anzünder (9).