(19)
(11) EP 1 146 301 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.10.2001  Patentblatt  2001/42

(21) Anmeldenummer: 01108734.3

(22) Anmeldetag:  06.04.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7F25J 3/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 12.04.2000 DE 10018200

(71) Anmelder: Linde Gas Aktiengesellschaft
82049 Höllriegelskreuth (DE)

(72) Erfinder:
  • Voit, Jürgen, Dipl.-Phys.
    86938 Schondorf (DE)

(74) Vertreter: Imhof, Dietmar 
Linde AG Zentrale Patentabteilung Dr.-Carl-von-Linde-Strasse 6-14
82049 Höllriegelskreuth
82049 Höllriegelskreuth (DE)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zur Gewinnung von Drückstickstoff durch Tieftemperaturzerlegung von Luft


(57) Das Verfahren und die Vorrichtung dienen der Gewinnung von Druckstickstoff durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in einem Rektifiziersystem, das eine Drucksäule (4) und eine Niederdrucksäule (5) aufweist. Einsatzluft (1, 3) wird in einem Hauptwärmetauschersystem (2) abgekühlt und in die Drucksäule (4) eingeleitet. Eine sauerstoffhaltige flüssige Fraktion (11) wird aus der Drucksäule (4) entnommen und mindestens zum Teil in die Niederdrucksäule (5) eingespeist. Gasförmiger Stickstoff (18) aus der Niederdrucksäule (5) wird im Verflüssigungsraum eines Kopfkondensators (17) durch indirekten Wärmeaustausch mit einer im Verdampfungsraum des Kopfkondensators (17) verdampfenden Flüssigkeit (13) mindestens teilweise kondensiert. Flüssiger Stickstoff wird aus dem Verflüssigungsraum des Kopfkondensators (17) oder aus der Niederdrucksäule (5) abgezogen, in flüssigem Zustand auf einen Druck gebracht (21), der den Druck der Niederdrucksäule (5) übersteigt, anschließend verdampft und als gasförmiges Druckstickstoffprodukt (29) abgeführt. Der flüssig auf Druck gebrachte Stickstoff (22) tritt beim Verdampfen in indirektem Wärmeaustausch (2) mit mindestens einem Teil der Einsatzluft (1).




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von Druckstickstoff durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in einem Rektifiziersystem, das eine Drucksäule und eine Niederdrucksäule aufweist, wobei bei dem Verfahren Einsatzluft in einem Hauptwärmetauschersystem abgekühlt und in die Drucksäule eingeleitet wird, eine sauerstoffhaltige flüssige Fraktion aus der Drucksäule entnommen und in die Niederdrucksäule eingespeist wird, gasförmiger Stickstoff aus der Niederdrucksäule im Verflüssigungsraum eines Kopfkondensators durch indirekten Wärmeaustausch mit einer im Verdampfungsraum des Kopfkondensators verdampfenden Flüssigkeit mindestens teilweise kondensiert wird und bei dem flüssiger Stickstoff vom Verflüssigungsraum des Kopfkondensators oder aus der Niederdrucksäule abgezogen, in flüssigem Zustand auf einen Druck gebracht wird, der den Druck der Niederdrucksäule übersteigt, anschließend verdampft und als gasförmiges Druckstickstoffprodukt abgeführt wird.

[0002] Ein derartiges Verfahren ist aus WO 9819122 bekannt. Hier wird insbesondere am Kopf der Niederdrucksäule gewonnener Stickstoff flüssig auf Druck gebracht, verdampft und als gasförmiges Druckstickstoffprodukt gewonnen. Die Verdampfung wird in einem Produktverdampfer durchgeführt, der mit Gas aus einer der Säulen beheizt wird. Dieser Prozeß ist an sich sehr günstig, erfordert aber einen separaten Wärmetauscher als Produktverdampfer; außerdem liegt der Produktdruck durch den Betriebsdruck der Säulen des Rektifiziersystems fest.

[0003] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art und eine entsprechende Vorrichtung anzugeben, die wirtschaftlich besonders günstig sind, insbesondere durch besonders geringe Apparatekosten und/oder durch eine höhere Flexibilität hinsichtlich des Produktdrucks.

[0004] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß der flüssig auf Druck gebrachte Stickstoff beim Verdampfen in indirekten Wärmeaustausch mit mindestens einem Teil der Einsatzluft tritt.

[0005] Mindestens ein Teil der Einsatzluft muß dabei selbstverständlich auf einen entsprechend hohen Druck verdichtet werden, wie es bei Innenverdichtungsverfahren üblich ist. Im Gegensatz zu bekannten Verfahren mit Innenverdichtung von Stickstoff (siehe z.B. EP 716280 A2) wird der flüssige Stickstoff jedoch nicht der Drucksäule, sondern der Niederdrucksäule (beziehungsweise deren Kopfkondensator) entnommen, was demgegenüber eine verbesserte Ausbeute an Druckstickstoff ermöglicht.

[0006] Das "Hauptwärmetauschersystem" ist bei der Erfindung im einfachsten Fall durch einen einzelnen Wärmetauscherblock realisiert, in dem die Einsatzluft abgekühlt und die gasförmigen Produktfraktionen angewärmt werden. Es kann aber auch durch mehrere parallel und/oder seriell verbundene Wärmetauscherblöcke gebildet werden, von denen in mindestens einem der flüssig auf Druck gebrachte Stickstoff in indirektem Wärmeaustausch mit mindestens einem Teil der Einsatzluft tritt und dabei verdampft wird.

[0007] Bei dem Verfahren kann der Stickstoff auch unter überkritischem Druck gewonnen werden, so daß "verdampfen" auch "pseudo-verdampfen" bedeuten kann. Im Falle eines überkritischen Produktdrucks führt die Druckerhöhung also vom flüssigen in den überkritischen Zustand.

[0008] Falls gewünscht, kann der Drucksäule ein gasförmiger Stickstoffstrom entnommen und als weiteres gasförmiges Stickstoffprodukt gewonnen werden.

[0009] Es ist günstig, wenn bei dem Verfahren ein sauerstoffhaltiger Strom aus dem Verdampfungsraum des Kopfkondensators und/oder aus einem unteren Bereich der Niederdrucksäule arbeitsleistend entspannt wird. Dadurch kann die Kälte gewonnen werden, die für den Ausgleich von Austausch- und Isolationsverlusten und gegebenenfalls für die Produktverflüssigung benötigt wird.

[0010] Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung zur Gewinnung von Druckstickstoff gemäß Patentanspruch 5.Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten der Erfindung werden im folgenden anhand von in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispielen näher erläutert. Hierbei zeigen:
Figur 1
ein erstes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens und einer entsprechenden Vorrichtung mit arbeitsleistender Entspannung von Restgas aus dem Kopfkondensator der Niederdrucksäule und
Figur 2
ein abgewandeltes Ausführungsbeispiel mit arbeitsleistender Entspannung von Gas aus dem unteren Bereich der Niederdrucksäule.


[0011] Bei dem Verfahren der Figur 1 wird verdichtete und gereinigte Luft 1 in einem Hauptwärmetauscher 2 abgekühlt und einer Drucksäule 4 unter einem Druck von 8,4 bar zugeleitet (3). Das Rektifiziersystem weist außerdem eine Niederdrucksäule 5 auf, die mit einem Druck von 4,3 bar betrieben wird und mit der Drucksäule über einen gemeinsamen Kondensator-Verdampfer (Hauptkondensator) 6 in wärmetauschender Verbindung steht. Ein Teil 8 des am Kopf der Drucksäule entnommenen Stickstoffs wird im Hauptkondensator 6 verflüssigt und über die Leitungen 9 und 10 als Rücklauf auf die Drucksäule und über 160, 15, 161 auf die Niederdrucksäule 5 aufgegeben. Sumpfflüssigkeit 11 der Drucksäule wird nach Unterkühlung 15 als sauerstoffreiche flüssige Fraktion mindestens teilweise in die Niederdrucksäule 5 eingedrosselt (12). Der Rest der unterkühlten sauerstoffreichen flüssigen Fraktion wird über das Ventil 163 in den Verdampfungsraum des Kopfkondensators 17 der Niederdrucksäule 5 entspannt. Die Sumpfflüssigkeit 13 der Niederdrucksäule 5 wird entspannt (16) und anschließend in den Verdampfungsraum des Kopfkondensators 17 der Niederdrucksäule 5 eingeführt. In dessen Verflüssigungsraum kondensiert gasförmiger Stickstoff 18 vom Kopf der Niederdrucksäule 5; das Kondensat 19 wird zu einem ersten Teil in die Niederdrucksäule zurückgeleitet und dort als Rücklauf verwendet.

[0012] Ein anderer Teil 20 des flüssigen Stickstoffs 19 aus dem Kopfkondensator 17 wird entweder wie in Figur 1 dargestellt aus der Niederdrucksäule entnommen oder direkt aus der Leitung 19 abgezweigt. (Alternativ ist auch eine Entnahme einige Böden unterhalb des Kopfs der Niederdrucksäule 5 möglich). Dieser flüssige Stickstoff 20 wird in flüssigem Zustand auf einen erhöhten Druck (im Beispiel 9 bar) gebracht (Pumpe 21), über Leitung 22 zum Hauptwärmetauscher 2 geführt und dort unter dem erhöhten Druck verdampft und angewärmt. Das warme Stickstoffgas wird schließlich als Druckprodukt 29 abgeführt. Es kann gegebenenfalls in gasförmigem Zustand weiter verdichtet und falls gewünscht mit direkt aus der Drucksäule abgezogenem Druckstickstoff 27, 28 vermischt werden. In dem Beispiel stammen ca. 60 % des gesamten Druckstickstoffprodukts (28+29) aus der Niederdrucksäule 5.

[0013] Kälte wird hier durch arbeitsleistende Entspannung von Restgas gewonnen, indem mindestens ein Teil 150 des unreinen Sauerstoffs 31 aus dem Kopfkondensator 17 der Niederdrucksäule 5 in einer Entspannungsmaschine 133 von einer Zwischentemperatur des Hauptwärmetauschers 2 aus arbeitsleistend entspannt wird. Das Turbinenabgas 151 wird wieder im Wärmetauscher 2 angewärmt und als Restgas 152 abgeführt beziehungsweise zur Regenerierung einer Vorrichtung für die Reinigung der Einsatzluft verwendet. Die in der Entspannungsmaschine 133 gewonnene mechanische Energie kann an einen Generator abgegeben oder zur Verdichtung einer Prozeßfraktion verwendet werden, vorzugsweise durch direkte mechanische Kopplung der Entspannungsmaschine 133 mit einem nicht dargestellten Verdichter.

[0014] Figur 2 unterscheidet sich dadurch von Figur 1, daß der Einsatz für die Turbine 133 nicht vom Kopfkondensator der Niederdrucksäule, sondern vom Hauptkondensator 6 stammt. Dazu wird sauerstoffhaltiges Gas 31' unmittelbar über dem Sumpf der Niederdrucksäule 5 abgezogen.

[0015] Die beiden Säulen 4, 5 können auch nebeneinander angeordnet sein. In diesem Fall würde der Hauptkondensator am Kopf der Drucksäule 4 angeordnet und über eine Flüssig- und eine Dampfleitung mit dem unteren Ende der Niederdrucksäule verbunden.


Ansprüche

1. Verfahren zur Gewinnung von Druckstickstoff durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in einem Rektifiziersystem, das eine Drucksäule (4) und eine Niederdrucksäule (5) aufweist, wobei bei dem Verfahren Einsatzluft (1, 3) in einem Hauptwärmetauschersystem (2) abgekühlt und in die Drucksäule (4) eingeleitet wird, eine sauerstoffhaltige flüssige Fraktion (11) aus der Drucksäule (4) entnommen und mindestens zu einem Teil in die Niederdrucksäule (5) eingespeist wird, gasförmiger Stickstoff (18) aus der Niederdrucksäule (5) im Verflüssigungsraum eines Kopfkondensators (17) durch indirekten Wärmeaustausch mit einer im Verdampfungsraum des Kopfkondensators (17) verdampfenden Flüssigkeit (13) mindestens teilweise kondensiert wird und bei dem flüssiger Stickstoff (20) aus dem Verflüssigungsraum des Kopfkondensators (17) oder aus der Niederdrucksäule (5) abgezogen, in flüssigem Zustand auf einen Druck gebracht (21) wird, der den Druck der Niederdrucksäule (5) übersteigt, anschließend verdampft und als gasförmiges Druckstickstoffprodukt (29) abgeführt wird, dadurch gekennzeichnet, daß der flüssig auf Druck gebrachte Stickstoff (22) beim Verdampfen in indirekten Wärmeaustausch (2) mit mindestens einem Teil der Einsatzluft (1) tritt.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß aus der Drucksäule (4) ein gasförmiger Stickstoffstrom (27) entnommen und als weiteres gasförmiges Stickstoffprodukt (28) gewonnen wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein sauerstoffhaltiger Strom (31, 31') aus dem Verdampfungsraum des Kopfkondensators (17) und/oder aus einem unteren Bereich der Niederdrucksäule (5) arbeitsleistend entspannt (133) wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß ein weiterer Teil der sauerstoffhaltigen flüssigen Fraktion (11, 163) aus der Drucksäule (4) und/oder eine flüssige Fraktion (13) aus der Niederdrucksäule (5) in den Verdampfungsraum des Kopfkondensators (17) wird.
 
5. Vorrichtung zur Gewinnung von Druckstickstoff durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in einem Rektifiziersystem, das eine Drucksäule (4) und eine Niederdrucksäule (5) aufweist, mit einer Einsatzluftleitung (1, 3), die durch einen Hauptwärmetauschersystem (2) in die Drucksäule (4) führt, mit einer Leitung (11) für eine sauerstoffhaltige flüssige Fraktion, die von der Drucksäule (4) in die Niederdrucksäule (5) führt, mit einem Kopfkondensator (17), dessen Verflüssigungsraum mit einem oberen Bereich der Niederdrucksäule (5) verbunden (18) ist, mit einer Flüssigstickstoffleitung (20, 22), die vom Verflüssigungsraum des Kopfkondensators (17) der Niederdrucksäule (5) oder von einem oberen Bereich der Niederdrucksäule (5) über Mittel (21) zur Druckerhöhung einer Flüssigkeit zum Hauptwärmetauschersystem (2) führt und in Strömungsverbindung mit einer Druckproduktleitung (29) steht.
 




Zeichnung







Recherchenbericht