[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von Druckstickstoff durch Tieftemperaturzerlegung
von Luft in einem Rektifiziersystem, das eine Drucksäule und eine Niederdrucksäule
aufweist, wobei bei dem Verfahren Einsatzluft in einem Hauptwärmetauschersystem abgekühlt
und in die Drucksäule eingeleitet wird, eine sauerstoffhaltige flüssige Fraktion aus
der Drucksäule entnommen und in die Niederdrucksäule eingespeist wird, gasförmiger
Stickstoff aus der Niederdrucksäule im Verflüssigungsraum eines Kopfkondensators durch
indirekten Wärmeaustausch mit einer im Verdampfungsraum des Kopfkondensators verdampfenden
Flüssigkeit mindestens teilweise kondensiert wird und bei dem flüssiger Stickstoff
vom Verflüssigungsraum des Kopfkondensators oder aus der Niederdrucksäule abgezogen,
in flüssigem Zustand auf einen Druck gebracht wird, der den Druck der Niederdrucksäule
übersteigt, anschließend verdampft und als gasförmiges Druckstickstoffprodukt abgeführt
wird.
[0002] Ein derartiges Verfahren ist aus WO 9819122 bekannt. Hier wird insbesondere am Kopf
der Niederdrucksäule gewonnener Stickstoff flüssig auf Druck gebracht, verdampft und
als gasförmiges Druckstickstoffprodukt gewonnen. Die Verdampfung wird in einem Produktverdampfer
durchgeführt, der mit Gas aus einer der Säulen beheizt wird. Dieser Prozeß ist an
sich sehr günstig, erfordert aber einen separaten Wärmetauscher als Produktverdampfer;
außerdem liegt der Produktdruck durch den Betriebsdruck der Säulen des Rektifiziersystems
fest.
[0003] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten
Art und eine entsprechende Vorrichtung anzugeben, die wirtschaftlich besonders günstig
sind, insbesondere durch besonders geringe Apparatekosten und/oder durch eine höhere
Flexibilität hinsichtlich des Produktdrucks.
[0004] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß der flüssig auf Druck gebrachte Stickstoff
beim Verdampfen in indirekten Wärmeaustausch mit mindestens einem Teil der Einsatzluft
tritt.
[0005] Mindestens ein Teil der Einsatzluft muß dabei selbstverständlich auf einen entsprechend
hohen Druck verdichtet werden, wie es bei Innenverdichtungsverfahren üblich ist. Im
Gegensatz zu bekannten Verfahren mit Innenverdichtung von Stickstoff (siehe z.B. EP
716280 A2) wird der flüssige Stickstoff jedoch nicht der Drucksäule, sondern der Niederdrucksäule
(beziehungsweise deren Kopfkondensator) entnommen, was demgegenüber eine verbesserte
Ausbeute an Druckstickstoff ermöglicht.
[0006] Das "Hauptwärmetauschersystem" ist bei der Erfindung im einfachsten Fall durch einen
einzelnen Wärmetauscherblock realisiert, in dem die Einsatzluft abgekühlt und die
gasförmigen Produktfraktionen angewärmt werden. Es kann aber auch durch mehrere parallel
und/oder seriell verbundene Wärmetauscherblöcke gebildet werden, von denen in mindestens
einem der flüssig auf Druck gebrachte Stickstoff in indirektem Wärmeaustausch mit
mindestens einem Teil der Einsatzluft tritt und dabei verdampft wird.
[0007] Bei dem Verfahren kann der Stickstoff auch unter überkritischem Druck gewonnen werden,
so daß "verdampfen" auch "pseudo-verdampfen" bedeuten kann. Im Falle eines überkritischen
Produktdrucks führt die Druckerhöhung also vom flüssigen in den überkritischen Zustand.
[0008] Falls gewünscht, kann der Drucksäule ein gasförmiger Stickstoffstrom entnommen und
als weiteres gasförmiges Stickstoffprodukt gewonnen werden.
[0009] Es ist günstig, wenn bei dem Verfahren ein sauerstoffhaltiger Strom aus dem Verdampfungsraum
des Kopfkondensators und/oder aus einem unteren Bereich der Niederdrucksäule arbeitsleistend
entspannt wird. Dadurch kann die Kälte gewonnen werden, die für den Ausgleich von
Austausch- und Isolationsverlusten und gegebenenfalls für die Produktverflüssigung
benötigt wird.
[0010] Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung zur Gewinnung von Druckstickstoff
gemäß Patentanspruch 5.Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten der Erfindung werden
im folgenden anhand von in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispielen näher
erläutert. Hierbei zeigen:
- Figur 1
- ein erstes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens und einer entsprechenden
Vorrichtung mit arbeitsleistender Entspannung von Restgas aus dem Kopfkondensator
der Niederdrucksäule und
- Figur 2
- ein abgewandeltes Ausführungsbeispiel mit arbeitsleistender Entspannung von Gas aus
dem unteren Bereich der Niederdrucksäule.
[0011] Bei dem Verfahren der
Figur 1 wird verdichtete und gereinigte Luft
1 in einem Hauptwärmetauscher
2 abgekühlt und einer Drucksäule
4 unter einem Druck von 8,4 bar zugeleitet (3). Das Rektifiziersystem weist außerdem
eine Niederdrucksäule 5 auf, die mit einem Druck von 4,3 bar betrieben wird und mit
der Drucksäule über einen gemeinsamen Kondensator-Verdampfer (Hauptkondensator) 6
in wärmetauschender Verbindung steht. Ein Teil 8 des am Kopf der Drucksäule entnommenen
Stickstoffs wird im Hauptkondensator 6 verflüssigt und über die Leitungen 9 und 10
als Rücklauf auf die Drucksäule und über 160, 15, 161 auf die Niederdrucksäule 5 aufgegeben.
Sumpfflüssigkeit 11 der Drucksäule wird nach Unterkühlung 15 als sauerstoffreiche
flüssige Fraktion mindestens teilweise in die Niederdrucksäule 5 eingedrosselt (12).
Der Rest der unterkühlten sauerstoffreichen flüssigen Fraktion wird über das Ventil
163 in den Verdampfungsraum des Kopfkondensators 17 der Niederdrucksäule 5 entspannt.
Die Sumpfflüssigkeit 13 der Niederdrucksäule 5 wird entspannt (16) und anschließend
in den Verdampfungsraum des Kopfkondensators 17 der Niederdrucksäule 5 eingeführt.
In dessen Verflüssigungsraum kondensiert gasförmiger Stickstoff 18 vom Kopf der Niederdrucksäule
5; das Kondensat 19 wird zu einem ersten Teil in die Niederdrucksäule zurückgeleitet
und dort als Rücklauf verwendet.
[0012] Ein anderer Teil 20 des flüssigen Stickstoffs 19 aus dem Kopfkondensator 17 wird
entweder wie in Figur 1 dargestellt aus der Niederdrucksäule entnommen oder direkt
aus der Leitung 19 abgezweigt. (Alternativ ist auch eine Entnahme einige Böden unterhalb
des Kopfs der Niederdrucksäule 5 möglich). Dieser flüssige Stickstoff 20 wird in flüssigem
Zustand auf einen erhöhten Druck (im Beispiel 9 bar) gebracht (Pumpe 21), über Leitung
22 zum Hauptwärmetauscher 2 geführt und dort unter dem erhöhten Druck verdampft und
angewärmt. Das warme Stickstoffgas wird schließlich als Druckprodukt 29 abgeführt.
Es kann gegebenenfalls in gasförmigem Zustand weiter verdichtet und falls gewünscht
mit direkt aus der Drucksäule abgezogenem Druckstickstoff 27, 28 vermischt werden.
In dem Beispiel stammen ca. 60 % des gesamten Druckstickstoffprodukts (28+29) aus
der Niederdrucksäule 5.
[0013] Kälte wird hier durch arbeitsleistende Entspannung von Restgas gewonnen, indem mindestens
ein Teil 150 des unreinen Sauerstoffs 31 aus dem Kopfkondensator 17 der Niederdrucksäule
5 in einer Entspannungsmaschine 133 von einer Zwischentemperatur des Hauptwärmetauschers
2 aus arbeitsleistend entspannt wird. Das Turbinenabgas 151 wird wieder im Wärmetauscher
2 angewärmt und als Restgas 152 abgeführt beziehungsweise zur Regenerierung einer
Vorrichtung für die Reinigung der Einsatzluft verwendet. Die in der Entspannungsmaschine
133 gewonnene mechanische Energie kann an einen Generator abgegeben oder zur Verdichtung
einer Prozeßfraktion verwendet werden, vorzugsweise durch direkte mechanische Kopplung
der Entspannungsmaschine 133 mit einem nicht dargestellten Verdichter.
[0014] Figur 2 unterscheidet sich dadurch von Figur 1, daß der Einsatz für die Turbine 133 nicht
vom Kopfkondensator der Niederdrucksäule, sondern vom Hauptkondensator 6 stammt. Dazu
wird sauerstoffhaltiges Gas 31' unmittelbar über dem Sumpf der Niederdrucksäule 5
abgezogen.
[0015] Die beiden Säulen 4, 5 können auch nebeneinander angeordnet sein. In diesem Fall
würde der Hauptkondensator am Kopf der Drucksäule 4 angeordnet und über eine Flüssig-
und eine Dampfleitung mit dem unteren Ende der Niederdrucksäule verbunden.
1. Verfahren zur Gewinnung von Druckstickstoff durch Tieftemperaturzerlegung von Luft
in einem Rektifiziersystem, das eine Drucksäule (4) und eine Niederdrucksäule (5)
aufweist, wobei bei dem Verfahren Einsatzluft (1, 3) in einem Hauptwärmetauschersystem
(2) abgekühlt und in die Drucksäule (4) eingeleitet wird, eine sauerstoffhaltige flüssige
Fraktion (11) aus der Drucksäule (4) entnommen und mindestens zu einem Teil in die
Niederdrucksäule (5) eingespeist wird, gasförmiger Stickstoff (18) aus der Niederdrucksäule
(5) im Verflüssigungsraum eines Kopfkondensators (17) durch indirekten Wärmeaustausch
mit einer im Verdampfungsraum des Kopfkondensators (17) verdampfenden Flüssigkeit
(13) mindestens teilweise kondensiert wird und bei dem flüssiger Stickstoff (20) aus
dem Verflüssigungsraum des Kopfkondensators (17) oder aus der Niederdrucksäule (5)
abgezogen, in flüssigem Zustand auf einen Druck gebracht (21) wird, der den Druck
der Niederdrucksäule (5) übersteigt, anschließend verdampft und als gasförmiges Druckstickstoffprodukt
(29) abgeführt wird, dadurch gekennzeichnet, daß der flüssig auf Druck gebrachte Stickstoff (22) beim Verdampfen in indirekten Wärmeaustausch
(2) mit mindestens einem Teil der Einsatzluft (1) tritt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß aus der Drucksäule (4) ein gasförmiger Stickstoffstrom (27) entnommen und als weiteres
gasförmiges Stickstoffprodukt (28) gewonnen wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein sauerstoffhaltiger Strom (31, 31') aus dem Verdampfungsraum des Kopfkondensators
(17) und/oder aus einem unteren Bereich der Niederdrucksäule (5) arbeitsleistend entspannt
(133) wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß ein weiterer Teil der sauerstoffhaltigen flüssigen Fraktion (11, 163) aus der Drucksäule
(4) und/oder eine flüssige Fraktion (13) aus der Niederdrucksäule (5) in den Verdampfungsraum
des Kopfkondensators (17) wird.
5. Vorrichtung zur Gewinnung von Druckstickstoff durch Tieftemperaturzerlegung von Luft
in einem Rektifiziersystem, das eine Drucksäule (4) und eine Niederdrucksäule (5)
aufweist, mit einer Einsatzluftleitung (1, 3), die durch einen Hauptwärmetauschersystem
(2) in die Drucksäule (4) führt, mit einer Leitung (11) für eine sauerstoffhaltige
flüssige Fraktion, die von der Drucksäule (4) in die Niederdrucksäule (5) führt, mit
einem Kopfkondensator (17), dessen Verflüssigungsraum mit einem oberen Bereich der
Niederdrucksäule (5) verbunden (18) ist, mit einer Flüssigstickstoffleitung (20, 22),
die vom Verflüssigungsraum des Kopfkondensators (17) der Niederdrucksäule (5) oder
von einem oberen Bereich der Niederdrucksäule (5) über Mittel (21) zur Druckerhöhung
einer Flüssigkeit zum Hauptwärmetauschersystem (2) führt und in Strömungsverbindung
mit einer Druckproduktleitung (29) steht.