[0001] Die Erfindung betrifft eine Resonanzplatte in Faserverbund-Bauweise, enthaltend wenigstens
eine aus Langfasern und Trägermaterial bestehende Faserbeschichtung, zur Verwendung
für ein akustisches Musikinstrument, insbesondere ein Streichinstrument.
[0002] Die Erfindung wird im folgenden am Beispiel der Resonanzplatten von Streichinstrumenten
näher beschrieben. Sie ist jedoch auch für andere, mit einem Resonanzkorpus oder Resonanzboden
versehene akustische Musikinstrumente (wie Gitarren und Klaviere) vorteilhaft verwendbar.
[0003] Der Resonanzkorpus eines Streichinstrumentes wird von den beiden Resonanzplatten
(Decke und Boden) und den sie verbindenden Zargen gebildet. Die Decke wird in traditioneller
Weise aus Fichtenholz, der Boden meist aus Ahornholz gefertigt.
[0004] In neuerer Zeit hat man auch bereits versucht, die Resonanzplatten akustischer Musikinstrumente
in Faserverbund-Bauweise herzustellen. Strukturen in Faserverbund-Bauweise bestehen
meist aus Langfasern, die vorzugsweise in bestimmten Richtungen orientiert sind, und
einem Träger- bzw. Matrixmaterial, das im allgemeinen ein duroplastischer oder thermoplastischer
Kunststoff ist.
[0005] Die bisherigen Bemühungen zur Herstellung von für akustische Musikinstrumente bestimmten
Resonanzplatten in Faserverbund-Bauweise zielen durchweg darauf ab, die akustischen
Eigenschaften des zu ersetzenden Holzes möglichst zu kopieren. Beispiele für diese
Versuche im bisher bekannten Stand der Technik geben etwa die DE 37 38 459 A1, EP
0 433 430 B1, US-A 5,895,872 und US-A 5,905,219. So strebt die DE 37 38 459 A1 "eine
dem Holz annähernd gleiche makroskopische Heterogenität" an und nennt als Ziel, daß
"das zusammengesetzte Material ähnliche Eigenschaften wie die Fichte aufweisen" soll.
[0006] Unbefriedigend erscheint an diesen bisher bekannten Resonanzplatten in Faserverbund-Bauweise,
daß sie in akustischer Hinsicht sehr guten, in traditioneller Bauweise gefertigten
Vollholz-Resonanzplatten allenfalls gleichwertig, keinesfalls jedoch überlegen sind.
[0007] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Resonanzplatte in Faserverbund-Bauweise
zu schaffen, die im Vergleich zu ausgezeichneten, in traditioneller Bauweise gefertigten
Vollholz-Resonanzplatten eine deutlich verbesserte akustische Qualität besitzt. Die
erfindungsgemäße Resonanzplatte soll insbesondere unter Beibehaltung der gewohnten
und erwünschten Klangfarbe einer Vollholz-Resonanzplatte eine wesentlich höhere Schalleistung
aufweisen.
[0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Kombination folgender Merkmale erreicht:
a) wenigstens ein aus der Resonanzplatte geschnittener Teststreifen weist einen Qualitätsquotienten
(QM = cL/rho) von mindestens 0,02 m4/sg, vorzugsweise von mindestens 0,04 m4/sg auf, wobei cL die Schallgeschwindigkeit (in m/s) der Longitudinalwellen in Längsrichtung des Teststreifens
und rho die mittlere Gesamtdichte (in g/m3) des Teststreifens ist;
b) der vom Umriß der Resonanzplatte umgrenzte Flächeninhalt der Resonanzplatte ist
so groß gewählt, daß
b1) die Frequenz der Hauptkorpusresonanz (B1-Mode) von Streichinstrumenten in folgenden
Bereichen liegt:
- bei der Violine zwischen 480 und 580 Hz, vorzugsweise zwischen 510 und 550 Hz,
- bei der Viola zwischen 380 und 500 Hz, vorzugsweise zwischen 420 und 460 Hz,
- beim Violoncello zwischen 150 und 210 Hz, vorzugsweise zwischen 170 und 190 Hz,
- beim Kontrabass zwischen 80 und 120 Hz, vorzugsweise zwischen 90 und 110Hz,
b2) die Frequenz der zweittiefsten Korpusresonanz (0,0-Mode) bei der Gitarre zwischen
180 und 240 Hz, vorzugsweise zwischen 190 und 220 Hz, liegt,
b3) die Frequenz der tiefsten Resonanz (0,0-Mode) des Klavier- bzw. Konzertflügelresonanzbodens
zwischen 40 und 60 Hz, vorzugsweise zwischen 45 und 55 Hz, liegt.
[0009] Im einzelnen basiert die Erfindung auf folgenden Überlegungen und Versuchen:
[0010] Schneidet man aus einer Resonanzplatte einen Teststreifen (wie dies bei der Beschreibung
eines Ausführungsbeispieles noch im einzelnen erläutert wird), so läßt sich die akustische
Qualität dieses Teststreifens anhand eines Qualitätsquotienten Q
M beurteilen, der wie folgt definiert ist:

[0011] Hierbei ist CL die Schallgeschwindigkeit (in m/s) der Longitudinalwellen in Längsrichtung
des Teststreifens und rho die mittlere Gesamtdichte (in g/m
3) des Teststreifens.
[0012] Der Qualitätsquotient Q
M ist also umso höher, je größer die Schallgeschwindigkeit der Longitudinalwellen im
Verhältnis zur schwingenden Masse ist. Ein großer Wert von Q
M entspricht somit einem günstigen Masse-Steifigkeits-Verhältnis der Resonanzplatte.
[0013] Bei Fichtenholz ergibt sich aus C
L = 5800 m/s und rho = 400 kg/m
3 ein typischer Qualitätsquotient Q
M = 0,0145 m
4/sg. Als höchster bei Fichtenklangholz erreichbarer Wert wurde bei den der Erfindung
zugrundeliegenden Versuchen QM = 0,016 m
4/sg gemessen. Dieser Wert entspricht den bei Resonanzplatten der berühmtesten Geigenbauer
(wie Antonio Stradivari) vorkommenden Werten. Unterdurchschnittliches Fichtenklangholz
liegt bei Q
M = 0,012 m
4/sg.
[0014] Bei Teststreifen aus Resonanzplatten in Faserverbund-Bauweise kann man demgegenüber
Qualitätsquotienten Q
M von über 0,06 m
4/sg feststellen. Die akustische Materialqualität von Resonanzplatten in Faserverbund-Bauweise
liegt also damit fast viermal so hoch wie die akustische Materialqualität des besten
und lange Zeit gealterten Fichtenklangholzes. Trotz dieser durchaus bekannten Tatsache
ist es bisher jedoch nicht gelungen, Resonanzplatten in Faserverbund-Bauweise zu schaffen,
die unter Einbeziehung aller erforderlichen Aspekte den Vollholz-Resonanzplatten überlegen
sind. Die Gründe für diese Schwierigkeit und der Sinn der erfindungsgemäßen Merkmalskombination
ergeben sich aus den folgenden Betrachtungen.
[0015] Fertigt man eine Resonanzplatte bei gleichbleibenden geometrischen Abmessungen statt
aus Holz in Faserverbund-Bauweise, so ergeben sich aufgrund des wesentlich höheren
Qualitätsquotienten Q
M weit höhere Eigenfrequenzen (Resonanzfrequenzen). Diese Erhöhung der Eigenfrequenzen
führt zu einem unerwünscht scharfen bzw. nasalen Klang und verändert damit die Klangfarben
des Instrumentes ganz nachteilig.
[0016] Man könnte nun daran denken, die zu hohen Eigenfrequenzen einer Resonanzplatte in
Faserverbund-Bauweise dadurch abzusenken (und wieder in Richtung der Eigenfrequenzen
einer herkömmlichen Vollholz-Resonanzplatte zu verschieben), daß die Resonanzplatte
in Faserverbund-Bauweise dünner dimensioniert wird als eine entsprechende Vollholz-Resonanzplatte.
Bei den der Erfindung zugrundeliegenden Versuchen zeigte sich jedoch, daß der Qualitätsquotient
Q
M einer Resonanzplatte in Faserverbund-Bauweise - ganz im Gegensatz zum Qualitätsquotienten
einer herkömmlichen Vollholz-Resonanzplatte - dickenabhängig ist, indem nämlich eine
Verringerung der Plattendicke gleichzeitig auch eine Verkleinerung des Qualitätsquotienten
Q
M zur Folge hat. Verkleinert man also die Dicke einer Resonanzplatte in Faserverbund-Bauweise
(um die Resonanzfrequenzen wieder in den erwünschten Bereich abzusenken), so verkleinert
man damit auch den Qualitätsquotienten Q
M und verliert damit den akustischen Vorzug, den die Faserverbund-Bauweise an sich
gegenüber der traditionellen Holz-Bauweise besitzt.
[0017] Ausgehend von diesen Überlegungen beschreitet die Erfindung daher einen grundsätzlich
anderen Weg, um die Resonanzfrequenzen einer in Faserverbund-Bauweise hergestellten
Resonanzplatte in den gewünschten und von Vollholz-Resonanzplatten gewohnten Bereich
zu legen.
[0018] Bei der erfindungsgemäßen Lösung wird die durch die Faserverbund-Bauweise bedingte
Eigenfrequenzerhöhung (mit der die sehr erwünschte Steigerung des Qualitätsquotienten
Q
M verbunden ist) durch eine solche geometriebedingte Eigenfrequenzerniedrigung kompensiert,
durch die der Qualitätsquotient Q
M nicht nennenswert herabgesetzt wird. Erfindungsgemäß wird zu diesem Zweck der Flächeninhalt
der Resonanzplatte größer dimensioniert als bei einer aus Vollholz gefertigten Resonanzplatte
eines Streichinstrumentes gleicher Klangfarbe. Eine Flächenvergrößerung der Resonanzplatte
hat eine Verschiebung der Eigenfrequenzen nach unten zur Folge. Aufgrund ihrer größeren
Fläche kann die Resonanzplatte dann eine entsprechend größere Dicke erhalten, ohne
daß die Eigenfrequenzen den für die erwünschte und gewohnte Klangfarbe erforderlichen
Bereich nach oben verlassen. Der resultierende Qualitätsquotient Q
M liegt damit deutlich über dem einer nicht vergrößerten, dünneren Platte in Faserverbund-Bauweise.
[0019] Da eine Vergrößerung der schwingenden Fläche gleichzeitig eine Erhöhung der Schallabstrahlung
und damit eine Erhöhung des akustischen Wirkungsgrades des Instrumentes zur Folge
hat, wird bei der erfindungsgemäßen Lösung nicht nur die gewünschte Klangfarbe der
klassischen Streichinstrumente realisiert, sondern es werden darüber hinaus auch die
weiteren, aus der Schallabstrahlung resultierenden klanglichen Eigenschaften, wie
"Tragfähigkeit", "Volumen" und "Dynamik", verbessert. Die erfindungsgemäße Resonanzplatte
gestattet es damit, Instrumente zu bauen, die hinsichtlich der Hörgewohnheiten (Klangfarbenempfinden)
den herkömmlichen, aus Vollholz gefertigten Instrumenten entsprechen, die jedoch hinsichtlich
ihres akustischen Wirkungsgrades den traditionellen Instrumenten deutlich überlegen
sind.
[0020] Würde man bei einem aus Vollholz gefertigten Resonanzkörper eines herkömmlichen Streichinstrumentes
den Flächeninhalt der Resonanzplatten vergrößern, so würde dies die Eigenfrequenzen
des Instrumentes so stark nach unten verschieben, daß sich eine dumpfe ("topfige")
Klangfarbe ergibt. Bei einem herkömmlichen Streichinstrument mit Vollholz-Resonanzplatten
würde eine Plattenverbreiterung aufgrund der geringen Quersteifigkeiten der Vollholzplatten
auch zur Ausbildung von Schwingungsmoden mit engen, parallel liegenden, gegenphasigen
Schwingungsbäuchen führen, die aufgrund hydrodynamischer Kurzschlüsse eine geringe
Schallabstrahlung zur Folge haben (vgl. Cremer, Lothar: "Physik der Geige", Stuttgart
1981, S.341).
[0021] Eine Flächenvergrößerung der Resonanzplatte ist daher erst dann akustisch sinnvoll,
wenn ein Material (wie ein Faserverbundwerkstoff) mit einer gegenüber Holz höheren
Biegesteifigkeit und demzufolge einer höheren Schallgeschwindigkeit verwendet wird.
[0022] Die im Merkmal b) des Anspruches 1 formulierte akustische Bedingung dient der Kontrolle
vergleichbarer Klangfarben. Es handelt sich hierbei im Merkmal b1) um die Frequenz
der Hauptkorpusresonanz, die - entsprechend der einschlägigen Literatur - mit B1-Mode
bezeichnet wird. Im Merkmal b2) ist für die Gitarre die zweittiefste Korpusresonanz
genannt, die mit 0,0-Mode bezeichnet wird. Merkmal b3) betrifft die tiefste Resonanz
des Resonanzbodens von Klavieren bzw. Konzertflügeln, die gemäß ihrer Schwingungsform
ebenfalls mit 0,0-Mode bezeichnet wird.
Die genannten Resonanzen, insbesondere ihre jeweilige typische Schwingungsform, werden
bei den Ausführungsbeispielen noch näher erläutert.
[0023] Bei den der Erfindung zugrundeliegenden Versuchen wurden im Akustiklabor des Erfinders
Modalanalysen von hervorragenden Instrumenten berühmter Geigenbauer (wie Antonio Stradivari
oder Guarneri del Gesu) durchgeführt. Bei Geigen, deren Klangfarben von Künstlern
und geschulten Hörern als angenehm und ausgewogen beurteilt werden, liegt die B1-Mode
stets in einem relativ engen Frequenzband zwischen 510 und 550 Hz. Eine Violine mit
einer B1-Mode deutlich über diesem Frequenzbereich klingt tendentiell rauh und scharf,
während eine Violine mit einer B1-Mode unterhalb dieses Frequenzbereiches eine tendentiell
dumpfe und topfige Klangfarbe besitzt. Die Eigenfrequenz der B1-Mode kann daher als
ein zuverlässiger akustischer Indikator für die Klangfarbe eines Streichinstrumentes
betrachtet werden.
[0024] Zweckmäßige Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
[0025] Diese und weitere Einzelheiten der Erfindung (etwa die Gewinnung, Messung und Auswertung
von Teststreifen) werden im folgenden anhand der Zeichnung näher erläutert.
[0026] Fig. 1 bis 4 zeigen die typische Eigenschwingungsform der Hauptkorpusresonanz (B1-Mode),
wie sie bei Violinen, Bratschen, Violoncelli und Kontrabässen gegeben ist. Teile des
Schrifttums nennen die B1-Mode auch C3-Mode (Jansson) oder B1
+ Mode (Hutchins). Die Mode wird mit Hilfe der experimentellen Modalanalyse meßtechnisch
ermittelt. Bei der experimentellen Modalanalyse werden eine Vielzahl an Übertragungsfunktionen
(Beschleunigung dividiert durch Kraft; bzw. Schwingungsantwort dividiert durch Schwingungserregung)
gemessen, indem das Instrument an einer Vielzahl von über den Korpus verteilten Koordinaten
mittels Impulshämmerchen (z.B. PCB 086C80) angeregt wird. Die Schwingungsantwort wird
mittels Beschleunigungsaufnehmer (z.B. PCB 352B22) am sog. Driving Point gemessen.
Als Driving Point wird das obere Ende der Seitenkante (Baßbalkenseite) des Steges
gewählt. Alle diese Messungen erfolgen im spielfertigen Zustand des Instrumentes,
wobei lediglich die Saiten mittels Schaumstoff derart abgedämpft sind, daß die steilflankigen
Saitenresonanzen bedämpft werden, während die zu bestimmenden Korpusresonanzen des
Instrumentes nicht verändert werden. Abgesehen vom Klavier bzw. Flügel, die in normaler
Standposition vermessen werden, erfolgt die Vermessung der übrigen Musikinstrumente,
in welche die erfindungsgemäße Resonanzplatte eingebaut ist, mit frei-freier Lagerung.
Zweckmäßiger Weise werden die Instrumente dazu im Bereich des Ober- und Unterklotzes
weich auf Schaumstoffkissen gelagert. Die Übertragungsfunktionen werden mittels der
einschlägigen Programme (z.B. STAR Structure) in der für die Modalanalyse üblichen
Weise ausgewertet.
[0027] In Fig. 1 ist die B1-Mode einer Geige mittels Contourplot dargestellt, wobei die
linke Resonanzplatte die Decke 1 und die rechte Resonanzplatte den Boden 2 - jeweils
in der Ansicht von außen - repräsentiert. Der Korpus wird also, obgleich die Messung
im zusammengefügten, spielfertigen Zustand des Instrumentes erfolgt, "aufgeklappt"
dargestellt. Die schwarzen, mit "+" gekennzeichneten Flächenbereiche schwingen gegenphasig
zu den weißen, mit "-" gekennzeichneten, wobei die schwarzen Bereiche der Decke gleichzeitig
mit den schwarzen Bereichen des Bodens nach außen (Richtung Korpus-Äußeres) und nach
einer halben Schwingungsdauer nach innen schwingen. Entsprechendes trifft für die
weißen Bereiche beider Platten zu. Diese Phasenbeziehung ist in Fig. 2 anhand stark
übertriebener Amplituden (fette Linien) dargestellt; sie zeigt einen Querschnitt durch
den Korpus an der in Fig. 1 mit A benannten Linie. Zur Orientierung geben die dünnen
Linien den Ruhezustand des Korpus wieder. Die Einzelheiten der Amplitudenverteilung
können von Instrument zu Instrument variieren; typisch für die Eigenschwingungsform
der B1-Mode sind aber stets folgende Merkmale:
- in Längsrichtung des Bodens 2 verlaufen zwei Knotenlinien 3a und 3b, wobei die linke
Knotenlinie 3a durch den Bereich des Stimmstocks 5 verläuft. Der Mittelbereich des
Bodens 2 schwingt somit gegenphasig zu seinen beiden seitlichen Rändern. Für die B1-Mode
ist diese Querbiegeschwingung des Bodens charakteristisch. Bei einigen wenigen Instrumenten
kann beobachtet werden, daß die beiden Knotenlinien 3a und 3b sich im oberen Bereich
des Bodens 2 bogenartig zusammenschließen.
- die (weiß gezeichnete) untere rechte Backe 4 der Decke 1 schwingt gegenphasig zu dem
den größten Anteil der Deckenfläche einnehmenden (schwarz gezeichneten) Schwingungsbauch
im Bereich des Baßbalkens 6, wobei die Knotenlinie 3c, welche diese gegenphasigen
Schwingungsbäuche trennt, in der Regel durch den unmittelbaren Nahbereich des Stimmstocks
5, und anschließend durch das rechte (mit "f" bezeichnete) f-Loch verläuft, um den
Deckenumriß im Bereich der größten Umrißbreite unten rechts zu verlassen.
[0028] Fig. 3 (Decke) und Fig. 4 (Boden) zeigen zum besseren Verständnis ebenfalls die Eigenschwingungsform
der B1-Mode, nun aber (im Gegensatz zum Contourplot Fig. 1) als Drahtgittermodell,
wobei Fig. 3a und 4a den mit -90° ausgelenkten, Fig. 3c und Fig. 4c den mit + 90°
ausgelenkten Zustand gegenüber dem in Fig. 3b und Fig. 4b dargestellten Ruhezustand
mit 0° zeigen.
[0029] Die in Fig. 5 bis 8 abgebildeten Frequenzgänge stellen die typische Eingangsakzelleranz
einer Violine (Fig. 5), einer Viola (Fig. 6), eines Violoncellos (Fig. 7), sowie eines
Kontrabasses (Fig. 8) dar. Die Eingangsakzelleranz ist jene Übertragungsfunktion,
bei welcher die Schwingungsanregung und die Schwingungsantwort am gleichen Meßpunkt
gemessen werden. Als Meßpunkt ist der oben genannte Driving Point gewählt. Bei der
X-Achse der Eingangsakzelleranz handelt es sich um die Frequenz, bei der Y-Achse um
den Schwingungspegel (Beschleunigung dividiert durch anregende Kraft) in dB. Die verschiedenen
Resonanzen sind als Einzelspitzen deutlich zu erkennen. Bei der Violine und der Viola
(Fig. 5 und 6) bildet die B1-Mode typischer Weise den letzten herausragenden Resonanzgipfel
eines durch die Einhüllende 7 gebildeten Korpusresonanzgebietes. Dieses Resonanzgebiet
ist stets durch einen steilen Einbruch 8 (Antiresonanz) von den höherfrequenten Plattenresonanzspitzen
getrennt. Wie in Fig. 7 erkennbar, bildet die B1-Mode beim Violoncello in der Regel
den höchsten tieffrequenten Resonanzgipfel unterhalb 300 Hz. Die B1-Mode ist beim
Violoncello häufig auch ohne physikalische Meßmethoden durch die sog. Wolfston-Anfälligkeit
desjenigen gestrichenen Tones (besonders auf der C-Saite) auszumachen, dessen Grundfrequenz
der Resonanzfrequenz der B1-Mode entspricht.
[0030] Beim Kontrabaß (Fig. 8) liegt die B1-Mode in der Regel als zweite, der Helmholtzresonanz
Ao folgende Hauptkorpusresonanz im Bereich um 100 Hz. Die Resonanzspitzen der Helmholtzresonanz
Ao und der unterhalb der B1-Mode liegenden T1-Mode sind in Fig. 4 bis 7 als solche
gekennzeichnet.
[0031] Die in Merkmal b2) des Anspruchs 1 genannte zweittiefste Korpusresonanz der akustischen
Gitarre ist in Fig. 9 veranschaulicht. Diese Resonanz wird im Schrifttum [siehe Fletcher
N.H. und Rossing T.D: "The Physics of Musical Instruments", New York 1991] als Mode
mit 0,0-Charakter bezeichnet, da sie weder in Längsnoch in Querrichtung der Decke
9 Knotenlinien aufweist, sondern vielmehr durch einen einzigen Schwingungsbauch je
Resonanzplatte (Decke und Boden) gekennzeichnet ist. Die Verbindung von Hohlraum,
Decke und Boden führt bei der Gitarre zu drei Korpusresonanzen mit 0,0-Charakteristik,
und zwar zur Helmholtzresonanz sowie zu zwei frequenzmäßig eng benachbarten, etwa
100 Hz über der Helmholtzresonanz liegenden Korpusresonanzen. Bei der in Merkmal b2)
genannten Mode handelt es sich um die tieferfrequente dieser beiden letztgenannten
Resonanzen, und damit, da die Helmholtzresonanz die erste Korpusmode der Gitarre ist,
um die zweittiefste Korpusresonanz, bzw. die mittlere der drei Korpusresonanzen mit
0,0-Charakter. Sie unterscheidet sich von der höherfrequenten, dritten Korpusresonanz
mit 0,0-Charakter durch die Phasenlage zwischen Decke und Boden. Decke und Boden schwingen
bei der in Merkmal b2) genannten Resonanz gleichphasig (in gleiche Raumrichtung),
sodaß sich der Korpus wie eine dicke Platte als Ganzes verbiegt; bei der höherfrequenten,
dritten 0-0-Korpusmode schwingen dagegen Decke und Boden gegenphasig, führen also
eine "atmende" Bewegung des Korpus aus. Die Schwingungsform der in Merkmal b2) genannten
Mode ist in Fig. 9 durch Linien gleicher Amplituden 10 illustriert. Diese sind um
den Bereich des Steges 12 herum zentriert und beschreiben einen Schwingungsbauch,
der etwa die Form des unteren Umrißbereiches der Resonanzplatte einnimmt [vgl. Richardson,
B.E."The acoustical development of the guitar" in: Catgut Acoust. Soc. J. Vol. 2,
No. 5 (Series II) May 1994; S. 5; Fig. 4b].
[0032] Im Merkmal b3) handelt es sich um die tiefste Resonanz des Resonanzbodens des Klaviers
bzw. Konzertflügels. Diese Resonanz wird entsprechend ihrer Schwingungsform ebenfalls
mit 0,0-Mode bezeichnet. Ihre Schwingungsform ist durch Linien gleicher Amplituden
10 in Fig. 10 dargestellt [vgl.: Kindel: "Modal Analysis and finite element analysis
of a piano soundboard" M.S.thesis, University Cincinnati. Zitiert aus: Fletcher N.H.
und Rossing T.D: "The Physics of Musical Instruments", New York 1998, S. 382].
[0033] Die Messung des in Anspruch 1, Merkmal a) genannten Qualitätsquotienten Q
M wird zweckmäßig wie folgt vorgenommen:
[0034] Aus der Fläche der Resonanzplatte werden Streifenelemente 14 herausgeschnitten. Die
Proportionen eines Streifenelementes sind dabei wie folgt von der mittleren Dicke
(D
m) des Streifenelementes abgeleitet: Die Länge L des Streifens entspricht der 25-fachen
Dicke D
m, die Breite B des Streifens entspricht der 5-fachen Dicke D
m.
[0035] Es wird daraufhin meßtechnisch die Schallgeschwindigkeit C
L der Longitudinalwellen in Längsrichtung des Streifenelementes (Streifens) bestimmt.
Für diese Messung wird die im Bereich der Körperschallmessung etablierte Resonanzmethode
angewandt. Sie ist in Fig. 11 veranschaulicht:
[0036] Der Streifen 14 wird in den beiden Knotenlinien (n
1 und n
2) seiner ersten Biegeeigenfrequenz elastisch auf Gummizügen oder Schaumstoffkeilen
15 gelagert (frei-freie Randbedingungen). Der Streifen wird über Luftschall sinusförmig
angeregt. Dazu wird im Abstand von etwa 5 mm unterhalb eines der beiden Streifenenden
ein Miniaturlautsprecher 16 positioniert, der an einen Leistungsverstärker 17 angeschlossen
ist. Das sinusförmige Signal wird von einem Sinusgenerator 18 generiert. Die Schwingungsantwort
des auf diese Weise sinusförmig angeregten Streifens wird mit Hilfe eines Schallpegelmessers
19 abgenommen. Dazu wird das Mikrofon 20 des Schallpegelmessers in einem Abstand von
ca. 1 mm oberhalb des dem Lautsprecher gegenüber liegenden Streifenendes positioniert.
Am Sinusgenerator 18 wird die Frequenz allmählich so weit erhöht, bis die Eigenfrequenz
der ersten Biegeeigenschwingung des Streifens durch das zugehörige Pegelmaximum des
Pegelgipfels am Schallpegelmesser abgelesen werden kann. (Die geringe Eigenfrequenzabweichung
infolge der Dämpfung kann an dieser Stelle vernachlässigt werden). Die dem Pegelmaximum
dieses Resonanzgipfels entsprechende Frequenz f
2;0 (in Hz) wird notiert. (Bedeutung der Indizierung f
n;m: Anzahl der in Querrichtung des Streifens verlaufenden Knotenlinien n=2; Anzahl der
Knotenlinien in Längsrichtung m=0; Die entsprechende Eigenschwingungsform ist mittels
der (gestrichelten) Linien maximaler Auslenkung 21 in Fig. 11 symbolisiert).
[0037] Die Schallgeschwindigkeit (c
L) der Longitudinalwellen (in m/s) ist wie folgt definiert:

[0038] Darin ist L die Streifenlänge (in m), D
m die mittlere Streifendicke (in m), sowie f
2;0 die Resonanzfrequenz (in Hz). (Sofern die Streifendicke gemäß Anspruch 5 nicht konstant
ist, wird über die unterschiedlichen Dicken gemittelt und eine mittlere Streifendicke
D
m angesetzt.)
[0039] Die mittlere Gesamtdichte rho des Streifens errechnet sich aus rho = m/V. Darin ist
m die Gesamtmasse (in g) und V das Gesamtvolumen (in m
3) des Streifens. Das Gesamtvolumen V wird durch Abmessen der Streifendimensionen (Streifenlänge
L (in m), Streifenbreite B (in m), sowie der mittleren Streifendicke D
m (in m)) entsprechend V = L * B * Dm bestimmt.
[0040] In Fig. 12 ist der der Erfindung zugrundeliegende, physikalisch wesentliche Zusammenhang
der Dickenabhängigkeit des Qualitätsquotienten QM dargestellt: Auf der X-Achse ist
die Streifendicke D
m (in mm), auf der Y-Achse der Qualitätsquotient QM (in m
4/sg) aufgetragen. Die mit A (Ahorn) und F (Fichte) bezeichneten Kurven stellen den
Qualitätsquotienten der herkömmlicher Weise für Resonanzplatten verwendeten Holzarten
dar. Es zeigt sich, daß er dickenunabhängig ist und in dieser Testreihe für Fichte
bei 0.0155 m
4/sg und für Ahorn bei 0.0067 m
4/sg lag. Die mit VS bezeichnete Kurve zeigt den Qualitätsquotienten Q
M für die als Faserverbund-Sandwich gefertigten Teststreifen der erfindungsgemäßen
Resonanzplatte. Deutlich ist die Verschlechterung dieses Quotienten Q
M bei Verringerung der Streifendicken unter 4 mm erkennbar. Je nach Materialbeschaffenheit
der Kernplatte und des Faserverbund-Werkstoffs (Faser-Flächengewicht; Harzgehalt u.s.w),
sowie je nach Kernplattenaussparungen und Faserbeschichtung (Richtung und Dichte)
erhält man unterschiedliche Kurven VS, d.h. unterschiedliche Abhängigkeiten des Qualitätsquotienten
QM von der Plattendicke. Gemäß Anspruch 2 wird die Dicke der Resonanzplatte so dimensioniert,
daß der Qualitätsquotient Q
M wenigstens eines aus der Resonanzplatte geschnittenen Teststreifens wenigstens 90%
des mit dem gewählten Faserverbund-Werkstoff erzielbaren Maximalwertes aufweist. Diese
90%-Linie 28 ist in Fig. 12 für den dort zugrundegelegten Faserverbund-Werkstoff eingezeichnet.
[0041] Die Funktion VS in Fig. 12 macht sofort einsichtig, daß eine Kompensation der Eigenfrequenz-Erhöhungen
der Resonanzplatte durch Verkleinerung ihrer Dicke zu einer Verschlechterung der akustischen
Qualität führt. Erfindungsgemäß wird demgegenüber die klanglich notwendige Eigenfrequenz-Erniedrigung
durch eine Vergrößerung des vom Umriß der Resonanzplatte umgrenzten Flächeninhalts
erreicht. Die Fig. 13 und 14 zeigen dafür ein Ausführungsbeispiel. Da die Breite der
Resonanzplatte in erster Näherung in zweiter Potenz in die Eigenfrequenzen eingeht,
kann bereits eine relativ geringe Verbreiterung des Umrisses 23 der erfindungsgemäßen,
mit Faserverbundbeschichtung 24 aufgebauten Resonanzplatte um etwa 5% gegenüber dem
herkömmlichen Umriß 22 (gestrichelt gezeichnet) die geforderte Frequenzverschiebung
bewerkstelligen.
[0042] Die Kernplatte 26 der Resonanzplatte weist, wie in Fig. 14 an einem Segment dargestellt,
gemäß Anspruch 4 Aussparungen 27 auf, wobei das Gesamtvolumen aller Aussparungen höchstens
80 %, vorzugsweise zwischen 20 und 45 % des von Material erfüllten Gesamtvolumens
der Kernplatte beträgt. Dieses Merkmal gestattet eine Verbesserung des Masse-Steifigkeits-Verhältnisses
der Resonanzplatte. Gemäß Anspruch 5 besitzt das in Fig. 14 dargestellte Segment der
Resonanzplatte eine unterschiedliche Dicke D. Gemäß Anspruch 6 weist es eine multidirektionale
Faserbeschichtung auf, die aus nicht parallel angeordneten Fasern 25 besteht.
1. Resonanzplatte in Faserverbund-Bauweise, enthaltend wenigstens eine aus Langfasern
und Trägermaterial bestehende Faserbeschichtung, zur Verwendung für ein akustisches
Musikinstrument, insbesondere ein Streichinstrument,
gekennzeichnet durch die Kombination folgender Merkmale:
a) wenigstens ein aus der Resonanzplatte geschnittener Teststreifen weist einen Qualitätsquotienten
(QM = cL/rho) von mindestens 0,02 m4/sg, vorzugsweise von mindestens 0,04 m4/sg auf, wobei cL die Schallgeschwindigkeit (in m/s) der Longitudinalwellen in Längsrichtung des Teststreifens
und rho die mittlere Gesamtdichte (in g/m3) des Teststreifens ist;
b) der vom Umriß der Resonanzplatte umgrenzte Flächeninhalt der Resonanzplatte ist
so groß gewählt, daß
b1) die Frequenz der Hauptkorpusresonanz (B1-Mode) von Streichinstrumenten in folgenden
Bereichen liegt:
- bei der Violine zwischen 480 und 580 Hz, vorzugsweise zwischen 510 und 550 Hz,
- bei der Viola zwischen 380 und 500 Hz, vorzugsweise zwischen 420 und 460 Hz,
- beim Violoncello zwischen 150 und 210 Hz, vorzugsweise zwischen 170 und 190 Hz,
- beim Kontrabass zwischen 80 und 120 Hz, vorzugsweise zwischen 90 und 110 Hz,
b2) die Frequenz der zweittiefsten Korpusresonanz (0,0-Mode) bei der Gitarre zwischen
180 und 240 Hz, vorzugsweise zwischen 190 und 220 Hz, liegt,
b3) die Frequenz der tiefsten Resonanz (0,0-Mode) des Klavier- bzw. Konzertflügelresonanzbodens
zwischen 40 und 60 Hz, vorzugsweise zwischen 45 und 55 Hz, liegt.
2. Resonanzplatte nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch eine solche Dicke der Resonanzplatte, daß für den vorgegebenen Faserverbund-Werkstoff
der Qualitätsquotient QM wenigstens eines aus der Resonanzplatte geschnittenen Teststreifens wenigstens 90%
des mit diesem Faserverbund-Werkstoff erzielbaren Maximalwerts aufweist.
3. Resonanzplatte nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine Kernplatte und wenigstens eine aus Langfasern und Trägermaterial bestehende
äußere Faserbeschichtung enthält.
4. Resonanzplatte nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Kernplatte innerhalb der durch den Umriß der Resonanzplatte umgrenzten Fläche
wenigstens eine Aussparung aufweist, wobei das Gesamtvolumen aller Aussparungen höchstens
80 %, vorzugsweise zwischen 20 und 45 %, des von Material erfüllten Gesamtvolumens
der Kernplatte beträgt.
5. Resonanzplatte nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß einzelne Bereiche der Kernplatte eine unterschiedliche Dicke aufweisen.
6. Resonanzplatte nach Anspruch 1, daß die Faserbeschichtung einlagig und zugleich multidirektional
ist.