Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft einen umwandlungskontrollierten Nitridaussscheidungshärtenden
Vergütungsstahl mit 15-18 Gew.-% Chrom, welcher sich durch eine optimale Kombination
von Festigkeit, Zähigkeit und Beständigkeit gegen Spannungsrisskorrosion auszeichnet
und welcher sich daher gut in der chemischen Industrie, Verkehrstechnik, Kraftwerkstechnik,
Bautechnik und bei der Kunststoffverarbeitung einsetzen lässt.
Stand der Technik
[0002] Umwandlungskontrollierte martensitisch-härtbare Stähle sind bekannter Stand der Technik,
beispielweise die Legierung 17-5ph mit 15.4 Gew.-% Cr, 4.4 Gew.-% Ni, 0.4 Gew.-% Mn,
0.25 Gew.-% Si, 3.3 Gew.-% Cu, 0.3 Gew.-% Nb und 0.04 Gew.-% C oder die Legierung
14-5 ph mit 14 Gew.-% Cr, 5 Gew.-% Ni, 0.4 Gew.-% Mn, 0.25 Gew.-% Si, 1.6 Gew.-% Cu,
0.25 Gew.-% Nb, 1.5 Mo und 0.05 Gew.-% C. Die Nickel- und Chromgehalte sind dabei
so ausgewogen, dass kein oder nur sehr wenig Delta-Ferrit während der Austenitisierung
auftritt.
[0003] Umwandlungkontrollierte Stähle werden durch martensitische Umwandlung und durch Ausscheidungshärtung
gefestigt. Martensit entsteht durch eine Abschreckbehandlung im Anschluss an die Austenitisierung,
während die Ausscheidungshärtung realisiert wird durch eine Wärmebehandlung des abgeschreckten
Martensits. Daher werden üblicherweise umwandlungskontrollierte Stähle zunächst austenitisiert,
abgeschreckt und im Anschluss bei mittleren Temperaturen wärmebehandelt. Die jeweilige
Gefügeausbildung wird beeinflusst von der Wirkung der Legierungselemente und den Wärmebehandlungsparametem
auf die Umwandlungstemperaturen M
s, M
f und A
c1. M
s ist die Temperatur, bei der die Umwandlung von Austenit zu Martensit während des
Abschreckens beginnt, M
f ist die Temperatur, bei welcher die Umwandlung des Austenits zu Martensit während
des Abschreckens beendet ist und A
c1 ist die Temperatur, bei welcher die Austenitbildung während des Aufheizens beginnt.
[0004] Die M
s-Temperatur der martensitisch-härtbaren Stähle ist hinreichend hoch, so dass ein Grossteil
des während der Austenitisierung vorliegenden Austenits bei gewöhnlicher Abkühlung
auf Raumtemperatur in Martensit umgewandelt werden kann. Die M
s-Temperatur wird ferner durch die Korngrösse und die gelösten Substitutionselemente
beeinflusst, welche eine Ausscheidungshärtung ermöglichen. Je gröber das Korn und
je höher der Anteil gelöster Legierungselemente sind, umso tiefer ist die M
s-Temperatur.
[0005] Der nach einer vollständigen Austenitisierung und anschliessender Abkühlbehandlung
zurückbleibende Restaustenit ist umwandlungsfähig. Falls während einer Anlassbehandlung
Substitutionselemente ausgeschieden werden, kann die M
s-Temperatur des Restaustenits wieder derart zunehmen, dass dieser bei der anschliessenden
Abkühlbehandlung wieder in Martensit umwandelt. Vom Restaustenit ist der Anlassaustenit
zu unterscheiden, welcher nach einer partiellen Austenitisierung, also Glühung im
Ferrit-Austenit-Zweiphasenbereich und anschliessender Abkühlbehandlung zurückbleibt.
[0006] Für eine optimierte Kombination aus Ausscheidungs-Aushärtbarkeit und Korngrössenbegrenzung
werden in konventionellen umwandlungskontrollierten martensitischen Stählen zweierlei
Elemente zulegiert:
1. Nb und C zur Ausscheidungs-Aushärtbarkeit, doch primär zur Korngrössenbegrenzung
2. Cu ausschliesslich zur Ausscheidungshärtung durch Aushärtung
[0007] Massives Kornwachstum setzt als Folge unzureichender Stabilität der Niobkarbide bei
Temperaturen oberhalb 1050°C ein, so dass die Austenitisierung auf diese Temperatur
begrenzt wird. Maximale Ausscheidungshärtbarkeit wird bei Temperaturen um 450 bis
500°C erreicht. Hingegen resultiert eine Anlassbehandlung bei diesen Temperaturen
in sehr kleinen Duktilitäten und insbesondere in einem sehr geringen Widerstand gegen
Spannungsrisskorrosion.
[0008] Anlassaustenit im Gegensatz zu Restaustenit wirkt sich sehr günstig auf die Duktilität
(Zähigkeit) und die Spannungsrisskorrosionsbeständigkeit aus. Er wirkt sich umso günstiger
auf diese Eigenschaften aus, je feiner das vorangehende (ehemalige) Austenitkorn war.
Die Duktilität wird gut durch eine zweifache Austenitisierung gesteigert, wobei die
zweite Austenitisierung bei tieferen Austenitisierungstemperaturen nicht nur der Kornfeinung
(Normalisierung), sondern auch einer begrenzten Ausscheidung von Niobkarbiden dient,
welche zusammen mit der Kornfeinung die M
s-Temperatur weiter erhöht. Anlassaustenit wird beim Anlassen bei Temperaturen zwischen
550 und 650°C gebildet, wobei ein maximaler Gehalt an Anlassaustenit bei Temperaturen
um 600°C erreicht wird.
[0009] Ein erhöhter Anteil an Anlassaustenit wirkt sich günstig auf Festigkeit und Spannungsrisskorrosionsbeständigkeit
aus. Auf der anderen Seite ist speziell bei erhöhten Kohlenstoffgehalten die Bildung
von Anlassaustenit während einer Anlassbehandlung im Bereich zwischen 550 und 650°C
mit einer Sensibilisierung des Austenits verknüpft. Darunter versteht man eine Verschlechterung
der Korrosionsbeständigkeit (insb. gegen interkristalline Korrosion) durch Korngrenzen-Ausscheidung
chromreicher Phasen.
[0010] Die erzielbare Kombination aus Festigkeit und Beständigkeit gegen Spannungsrisskorrosion
wird durch die Tatsache begrenzt, dass die für diese beiden Eigenschaften förderlichen
Gefügeausbildungsformen bei deutlich unterschiedlichen Anlasstemperaturen gebildet
werden, also:
Ausscheidungshärtung |
450 bis 550 °C |
Anlassaustenit |
550 bis 650 °C |
Darstellung der Erfindung
[0011] Die Erfindung versucht, diese Nachteile zu vermeiden. Ihr liegt die Aufgabe zugrunde,
einen martensitisch-härtbaren Stahl, welcher eine verbesserte Kombination von Festigkeit,
Duktilität und Korrosionsbeständigkeit aufweist, anzugeben sowie ein Wärmebehandlungsverfahren
für eine solche Legierung.
[0012] Kern der Erfindung ist ein umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender
Vergütungsstahl mit folgender Zusammensetzung (Angabe in Gew.-%): 15-18 Cr, maximal
0.5 Mn, 4-10 Ni, maximal 15 Co, maximal 4 W, maximal 4 Mo, 0.5-1 V, mindestens eines
aus Nb, Ta, Hf und Zr in der Summe zwischen 0.001-0.1, 0.001-0.05 Ti, maximal 0.5
Si, maximal 0.05 C, 0.13-0.25 N, maximal 4 Cu, Rest Eisen und übliche Verunreinigungen
und der Massgabe, dass das Gewichtsverhältnis von Vanadium zu Stickstoff V/N im Bereich
zwischen 3.5 und 4.2 liegt.
[0013] Der Vorteil der Erfindung besteht darin, dass durch die Wahl der Legierungselemente
neben einer hohen Festigkeit und Duktilität auch eine hohe Korrosionsbeständigkeit
erreicht wird.
[0014] Es ist zweckmässig, wenn der Stahl 1-10 Gew.-% Co aufweist, 0.5-3, vorzugsweise 0.5-1.5
Gew.% Cu; 15-17, vorzugsweise 15.5-16.5 Gew.-% Cr; 0.5-0.7 Gew.-% V, 0.16-0.2 Gew.-%
N; 0.01-0.07 Gew.-% Nb und eine Summe von Mo und W im Bereich 1-6, vorzugsweise 1-4.
Bevorzugte Gehalte an Mo liegen im Bereich von 1.5-3 Gew.-%, an Mn im Bereich von
0.02-0.4 Gew.-%, an Si im Bereich von 0.02-0.25 Gew.-%. Der C-Gehalt beträgt bevorzugt
0.02 Gew.-%.
[0015] Im Einzelnen haben die Legierungselemente folgenden Einfluss:
Chrom
[0016] Chrom ist das für die Korrosionsbeständigkeit wichtigste Legierungselement. Ein zunehmender
Legierungsanteil erhöht indessen den Restaustenitanteil. Oberhalb 17 % Chrom ist eine
martensitische Durchärtbarkeit nicht mehr möglich. Gute Legierungen haben Chromgehalte
zwischen 15 und 17 % zu erwarten. Ein besonders bevorzugter Bereich liegt bei 15.5
bis 16.5 %.
Nickel
[0017] Nickel ist ein austenitstabilisierendes Element und wird zur Unterdrückung von Delta-Ferrit
benutzt. Im Rahmen des gewünschten Legierungsentwurfes sind zu diesem Zwecke mindestens
4 % notwendig. Zunehmende Gehalte senken indessen in die M
s-Temperatur und erhöhen den Restaustenitanteil. Oberhalb 10 % Nickel ist eine martensitische
Durchhärtbarkeit in Gegenwart von ca. 15 % Chrom nicht mehr möglich.
Kobalt
[0018] Kobalt ist ein austenitstabilisierendes Element und wird ebenfalls zur Unterdrückung
von Delta-Ferrit benutzt. Ungleich des Nickels senkt es jedoch die M
s-Temperatur weit weniger, so dass martensitisch-härtbare Legierungen mit Kobaltgehalten
bis 15% entworfen werden können. Ferner verstärkt Kobalt die Ausscheidungshärtbarkeit
durch Molybdän und Wolfram. Unter Berücksichtigung des hohen Kobaltpreises und der
erzielbaren Verbesserungen liegt ein bevorzugter Bereich bei 1 bis 7% Kobalt.
Molybdän und Wolfram
[0019] Beide Elemente tragen durch Mischkristallhärtung an der Festigkeit bei. Bei erhöhten
Gehalten können sie zudem durch Ausscheidungshärtung die Festigkeit massgeblich steigern.
Beide Elemente senken indessen ebenfalls die M
s-Temperatur und erhöhen somit den Restaustenitanteil. Deshalb wird der bevorzugte
Anteil von Molybdän und Wolfram auf insgesamt 6% begrenzt. Es ist ferner bekannt,
dass Molybdän die Korrosionsbeständigkeit verbessert. Daher wird Molybdän gegenüber
Wolfram bevorzugt. Hinsichtlich einer bevorzugten Kombination von Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit
ist der bevorzugte Bereich von Mo bei 1 bis 4 %. Ein besonders bevorzugter Bereich
liegt bei 1.5 bis 3 %.
Vanadium und Stickstoff
[0020] Die Zugabe beider Elemente führt zur Bildung von Vanadiumnitriden, welches zur Komgrössenbegrenzung
wie auch zur Ausscheidungshärtung benutzt werden kann. Die Wirkung ist am stärksten,
wenn diese beiden Elemente stöchiometrisch zueinander legiert werden. Ein bevorzugtes
Verhältnis von V zu N liegt bei 3.5 bis 4.2. Der bevorzugte Gehalt an Stickstoff liegt
im Bereich zwischen 0.16 und 0.20 % und derjenige von Vanadium im Bereich zwischen
0.5 und 7 %.
Titan
[0021] Die Zugabe von Titan führt zur Bildung von Titannitriden. Diese Phase kann massgeblich
zur Kornfeinung und Korngrössenbegrenzung beitragen. Die Zugabe von mehr als 0.05
% Titan führt zur Bildung von wenig wirksamen, groben Titannitriden, weshalb der Anteil
von Titan auf 0.05 % begrenzt werden sollte.
Mangan
[0022] Mangan ist ein austenitstabilisierendes Element. Seine Wirkung zur Unterdrückung
von Delta - Ferrit ist jedoch nicht so stark wie die des Nickels und des Kobalts.
Auf der anderen Seite senkt es stark die M
s-Temperatur. Diese Eigenschaftskombination ist im Rahmen des gewünschten Legierungsentwurfes
sehr ungünstig. Deshalb sollte der Gewichtsanteil von Mangan 0.5 % nicht überschreiten.
Silizium
[0023] Silizium soll ausschliesslich zu Desoxidationszwecken eingesetzt werden. Zu hohe
Gehalte senken indessen die Zähigkeit. Deshalb sollte der Gewichtsanteil von Silizium
auf 0.5 % begrenzt werden.
Kohlenstoff
[0024] Kohlenstoff ist ein zur Unterdrückung des Delta-Ferrits wirksames Element. Andererseits
führt dieses Element zu einer zusätzlichen Absenkung der M
s-Temperatur und muss deshalb auf 0.05 % begrenzt werden. Hinzu kommt, dass Kohlenstoff
während der Anlassbehandlung die Korngrenzenausscheidung von Chromkarbiden fördert
und damit die Korrosionsbeständigkeit verschlechtert (Sensibilisierung). Der Kohlenstoff
sollte daher bevorzugt auf 0.03 % begrenzt werden.
[0025] Weiterhin ist es von Vorteil, wenn die erfindungsgemässen Legierungen folgendermassen
wärmebehandelt werden:
1. Lösungsglühen bei 1050-1250 °C/0.2-10 h, vorzugsweise 1180 °C/2 h, Abkühlung an
Luft auf RT
2. Zwischenglühung bei 640 °C bis 780 °C/0.2-10 h, vorzugsweise 2 h
3. Anlassbehandlung bei 570-630 °C/0.2-5 h, vorzugsweise 600 °C/1 h
[0026] Im Rahmen dieser Wärmebehandlung wird ein erhöhter Volumenanteil an Anlassaustenit
erzeugt, und die Sondernitride werden nicht nur zur Korngrössenbegrenzung bei hohen
Austenitisierungstemperaturen und zur Ausscheidungshärtung genutzt, sondern sie ermöglichen
auch eine feinere Verteilung von Austenitanteilen innerhalb des martensitischen Grundgefüges.
Kurze Beschreibung der Zeichnung
[0027] In der Zeichnung sind mehrere Ausführungsbeispiele der Erfindung dargestellt. Es
zeigen:
- Fig. 1
- ein schematisch dargestelltes Gefügebild der erfindungsgemässen Legierung;
- Fig. 2
- die Abhängigkeit der Härte HV 10 von der Anlasstemperatur für drei erfindungsgemässe
Legierungen (AP39, AP40, AP41) und für die Vergleichslegierung 17-4ph;
- Fig. 3
- die Abhängigkeit der Festigkeit der erfindungsgemässen Legierung AP39 von der Zwischenglühtemperatur
im Vergleich zur Festigkeit der Vergleichslegierung 14-5ph bei unterschiedlichen Anlasstemperaturen;
- Fig. 4
- die Abhängigkeit der Festigkeit der erfindungsgemässen Legierung AP40 von der Zwischenglühtemperatur
im Vergleich zur Festigkeit der Vergleichslegierung 14-5ph bei unterschiedlichen Anlasstemperaturen;
- Fig. 5
- die Abhängigkeit der Festigkeit der erfindungsgemässen Legierung AP41 von der Zwischenglühtemperatur
im Vergleich zur Festigkeit der Vergleichslegierung 14-5ph bei unterschiedlichen Anlasstemperaturen.
[0028] Es sind nur die für das Verständnis der Erfindung wesentlichen Elemente gezeigt.
Wege zur Ausführung der Erfindung
[0029] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen und der Fig. 1 bis
5 näher erläutert.
[0030] Fig. 1 zeigt schematisch das Gefüge einer erfindungsgemässen Legierung. Es ist martensitisch
und gliedert sich in ehemalige Austenitkömer 1, welche in Martensitkristalle (Blöcke)
2 zerlegt sind, die ihrerseits wieder in einen Satz von säulenförmigen Subkömern (Latten)
3 zerlegt sind.
[0031] In dieses Gefüge sind Vanadiumnitride 5 bzw. Vanadium/Niob-Nitride 4 eingebettet.
Diese Nitride haben entweder hohe Austenitisierungstemperaturen überlebt (primäre
Nitride 4) oder wurden in nachfolgenden Wärmebehandlungsetappen gebildet (sekundäre
Nitride 5). Sekundäre Nitride 5 können während einer Reaustenitisierung bei tieferen
Temperaturen als auch während einer Anlassbehandlung des Martensitis 2 gebildet werden.
[0032] In dieses Gefüge sind zusätzlich Austenitkörner 6 eingebettet. Dieser Austenit 6
ist als Anlassaustenit zu verstehen, da er während einer abschliessenden Anlassbehandlung
erzeugt wird und nach Abkühlung auf Raumtemperatur zurückbleibt.
[0033] Die primären Nitride 4 sind etwas gröber als die sekundären Nitride 5, aber beide
Nitridarten 4 und 5 sind sehr gleichmässig verteilt. Durch diese Gleichmässigkeit
wird eine optimierte Härtungswirkung erzielt. Dies geschieht sowohl über Kornfeinung
als auch über Teilchenhärtung. Durch die Gleichmässigkeit und durch die geringe Vergröberungsneigung
der primären Vanadium/Niob-Mischnitride 4 wird Beständigkeit gegen massive Kornvergröberung
bis auf Temperaturen von 1180°C sichergestellt.
[0034] Zwischen Austenitisierungstemperaturen von 730 und 1180 °C besteht eine nicht unwesentliche
Löslichkeitslücke für das Vanadiumnitrid 4. Nitride, welche bei einer Austenitisierung
bei 1180 °C aufgelöst werden, können zu einem grossen Anteil bei einer Reaustenitisierung
zwischen 730 und 850 °C neu ausgeschieden werden. Diese Nitride 5 bleiben hinreichend
fein, so dass sie durch Teilchenhärtung an der insgesamt realisierten Festigkeit beitragen.
Wesentlich ist jedoch, dass mit der Reaustenitisierung eine Kornfeinung verknüpft
ist, welche durch die Anwesenheit der Primärnitride 4 wie auch der sich neu bildenden
Vanadiumnitride 5 wirksam unterstützt wird. Kornfeinung und Neuausscheidung von Nitriden
5 zusammen ermöglichen eine sehr wirksame Steigerung der M
s-Temperatur.
[0035] Anlassaustenit 6 entwickelt sich bei Temperaturen zwischen 550 und 650 °C. Oberhalb
einer Temperatur von 600 °C können Vanadiumnitride 5 leicht in der martensitischen
Matrix 2 ausgeschieden werden und liefern einen bedeutenden Festigkeitsbeitrag. Von
Bedeutung ist, dass der sich bildende Anlassaustenit 6 in seinem Wachstum stark durch
die anwesenden Nitride 4, 5 beeinträchtigt ist. Gelingt es also den Austenit 6 in
einer hohen Keimdichte zu erzeugen, so kann er innerhalb des Martensits 2 und unter
der Wirkung der vorliegenden Nitride 4, 5 gleichmässig und fein verteilt werden. Eine
erhöhte Keimdichte kann durch einen feinen Martensit 2 sichergestellt werden.
[0036] Die Bildung von Chromnitrid ist unterdrückt, da der Stickstoff schon in der vorangehenden
Wärmebehandlungsphase abgebunden wird. Damit bleibt Chrom in Lösung und die Anfälligkeit
auf Sensibilisierung ist gering.
[0037] Die Ausscheidungshärtung kann durch Kupfer weiter gesteigert werden. Eine weitere
Ausscheidungshärtung ist durch das Zulegieren von Molybdän und/oder Wolfram in Kombination
mit Nickel und Kobalt möglich. Die Zugabe von Molybdän kann dabei die Korrosionsbeständigkeit
weiter verbessern.
[0038] Gegenüber den in der Technik bekannten Legierungen weist das Gefüge der erfindungsgemässen
Legierungen eine Reihe von Vorteilen auf:
- Massive Kornvergröberung setzt bei höheren Temperaturen ein. Dadurch können höhere
Austenitisierungstemperaturen angewendet werden, womit auch ein grösserer Volumenanteil
von Sondernitriden in Lösung gebracht werden kann.
- Die Kornfeinung bei der Reaustenitisierung ist durch die Anwesenheit und Neubildung
von Sondernitriden verbessert. Kornfeinung und Neuausscheidung von Nitriden ermöglichen
eine wirksame Steigerung der Ms-Temperatur. Die neugebildeten Nitride liefern einen zusätzlichen Festigkeitsbeitrag
durch Teilchenhärtung.
- Der Anlassaustenit wird als Folge der dicht vorliegenden Nitride in seinem Wachstum
begrenzt. Er kann dadurch gleichmässiger und feiner in das martensitische Grundgefüge
eingebettet werden. Durch die Gleichmässigkeit und Feinheit geht keine Festigkeit
verloren, das Verhältnis Streckgrenze/Zugfestigkeit bleibt hoch.
- Die Vanadiumnitride sind unter den Anlassbedingungen, unter denen der Anlassaustenit
gebildet wird (550 bis 650 °C) hinreichend stabil gegen Vergröberung, so dass mit
der Bildung des Anlassaustenits keine Überalterung der Ausscheidungsphasen verknüpft
ist.
- Die erfindungsgemässe Legierung ist gut gegenüber der Ausscheidung von Chromkarbid
oder Chromnitrid stabilisiert. Damit kann die Korrosionsbeständigkeit hoch gehalten
werden.
[0039] Hervorzuheben ist, dass bei den erfindungsgemässen Legierungen sowohl die Ausscheidungsaushärtung
als auch die Bildung von Anlassaustenit in demselben Temperaturbereich von 550 bis
650 °C umgesetzt werden kann.
[0040] Die Fig. 2 bis 5 zeigen Festigkeits- und Härtewerte der erfindungsgemässen Legierungen
AP39, AP40 und AP41 im Vergleich zu den Refenzlegierungen 14-5ph und 17-4ph. Die chemische
Zusammensetzung der betreffenden Legierungen ist der nachfolgenden Tabelle 1 (n.s.
= nicht spezifiziert) zu entnehmen:
Tabelle 1:
Chemische Zusammensetzung |
|
17-4ph |
14-5ph |
AP39 |
AP40 |
AP41 |
Fe |
Rest |
Rest |
Rest |
Rest |
Rest |
Cr |
15.4 |
14 |
15.2 |
15.1 |
15.0 |
Ni |
4.4 |
5 |
4.3 |
4.4 |
4.4 |
Mn |
0.4 |
0.4 |
0.05 |
0.04 |
0.05 |
Si |
0.25 |
0.25 |
0.18 |
0.14 |
0.16 |
Co |
n.b. |
n.b. |
4.7 |
4.6 |
2.6 |
Cu |
3.3 |
1.6 |
n.s. |
3.4 |
3.4 |
V |
n.s. |
n.s. |
0.6 |
0.6 |
0.64 |
Ti |
n.s |
n.s. |
0.003 |
0.004 |
0.004 |
Nb |
0.3 |
0.25 |
0.04 |
0.04 |
0.04 |
Mo |
n.s. |
1.5 |
1 |
0.9 |
1 |
N |
n.s |
n.s. |
0.16 |
0.16 |
0.16 |
C |
0.04 |
0.05 |
0.02 |
0.02 |
0.02 |
[0041] Die erfindungsgemässen Legierungen wurden folgendermassen hergestellt:
1. Erschmelzen im Vakuum-Induktionsofen bei Umgebungsdruck
2. Homogenisierung bei 1200 °C/10 h
3. Schmieden von Platten bei Temperaturen zwischen 1180 °C und 900 °C
[0042] Fig. 2 zeigt die Anlasskurven der erfindungsgemässen Legierungen AP39, AP40 und AP41,
welche bei 1180 °C/2 h lösungsgeglüht wurden im Vergleich zur kommerziellen Legierung
vom Typ 17-4ph, welche bei 1050 °C/2 h lösungsgeglüht wurde. Alle Versuchsproben mit
einem Vergütungsquerschnitt von 30 mm wurden an Luft abgekühlt. Die Anlasszeit betrug
jeweils 2 Stunden. Es wurde die Vickers Härte HV 10 der untersuchten Proben in Abhängigkeit
von der Anlasstemperatur T aufgetragen. Deutlich ist zu erkennen, dass bei Anlasstemperaturen
oberhalb von 600 °C bei den erfindungsgemässen Legierungen wesentlich höhere Härtewerte
als bei der Vergleichslegierung erreicht werden.
[0043] Für die Ermittlung der Festigkeitswerte der erfindungsgemässen Legierungen AP39,
AP40 und AP41 sowie der Vergleichslegierung vom Typ 14-5ph wurden die in der Tabelle
2 beschriebenen Wärmebehandlungen durchgeführt:
Tabelle 2:
Wärmebehandlungsparameter |
|
14-5ph |
AP39-41 |
|
LZA450 |
LZA550 |
LZA620 |
WB1 |
WB2 |
WB3 |
Lösungsglühen L Zwischen glühen Z |
1050°C |
1050°C |
1050°C |
1180°C/ 2h |
1180°C/ 2h |
1180°C/ 2h |
850°C/2h |
750°C/2h |
750°C/2h |
640°C/2h |
730°C/2h |
780°C/2h |
Anlassen A |
450°C/5h |
550°C/2h |
620°C/2h |
600°C/1h |
600°C/1h |
600°C/1h |
[0044] Die Figuren 3 bis 5 zeigen Festigkeitswerte der erfindungsgemässen Legierungen AP39
(Fig. 3), AP40 (Fig. 4) und AP41 (Fig.5) nach einer Lösungsglühung bei 1180 °C, einer
Zwischenglühung bei 640 °C, 730 °C oder 780 °C, sowie einer abschliessenden Anlassbehandlung
bei 600 °C. Die Festigkeiten (Streckgrenze R
p0.2 und Zugfestigkeit R
m) werden vergleichen mit typischen Werten der aus dem Stand der Technik bekannten
Legierung 14-5ph im Wärmebehandlungszustand LZA450, LZA550 und LZA4620. Die offenen
Symbole beziehen sich dabei auf die Streckgrenze, die geschlossenen Symbole auf die
Zugfestigkeit.
[0045] Alle drei erfindungsgemässen Legierungen weisen nach der abschliessenden Anlassbehandlung
bei 600°C Zugfestigkeitswerte auf, welche nahe oder deutlich oberhalb des oberen Streubandendes
des Stahls vom Typ 14-5ph liegen.
[0046] Die Legierungen A39 und A41 weisen nach der abschliessenden Anlassbehandlung bei
600°C Streckgrenzenwerte, auf welche nahe oder deutlich oberhalb des oberen Streubandendes
des Stahls vom Typ 14-5ph liegen.
[0047] Damit ist gezeigt, dass mit den erfindungsgemässen Legierungen nach einer Anlassbehandlung
von 600°C noch Festigkeitswerte erzielt werden können, für die bei den konventionellen
Legierungen Anlasstemperaturen von etwa 550°C angewendet werden müssen. Dies bedeutet,
dass selbst in demjenigen Temperaturbereich, bei dem sich bevorzugt der Anlassaustenit
bildet, noch hohe Festigkeitswerte erzielt werden können.
[0048] Selbstverständlich ist die Erfindung nicht auf die beschriebenen Ausführungsbeispiele
beschränkt.
Bezugszeichenliste
[0049]
- 1
- Korn
- 2
- Martensit (Blöcke)
- 3
- Subkörner (Latten)
- 4
- Sekundäre Nitride
- 5
- Primäre Nitride
- 6
- Anlassaustenit
- T
- Anlasstemperatur
- Rp0.2
- Streckgrenze
- Rm
- Zugfestigkeit
1. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl gekennzeichnet durch folgende Zusammensetzung (Angabe in Gew.-%): 15-18 Cr, maximal 0.5 Mn, 4-10 Ni, maximal
15 Co, maximal 4 W, maximal 4 Mo, 0.5-1 V, mindestens eines aus Nb, Ta, Hf und Zr
in der Summe zwischen 0.001-0.1, 0.001-0.05 Ti, maximal 0.5 Si, maximal 0.05 C, 0.13-0.25
N, maximal 4 Cu, Rest Eisen und übliche Verunreinigungen und der Massgabe, dass das
Gewichtsverhältnis von Vanadium zu Stickstoff V/N im Bereich zwischen 3.5 und 4.2
liegt.
2. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
1, gekennzeichnet durch 1 bis 10 Gew.-% Co.
3. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
1, gekennzeichnet durch 0.5-3 Gew.-% Cu.
4. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
3, gekennzeichnet durch 0.5-1.5 Gew.-% Cu.
5. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
1, gekennzeichnet durch 15-17 Gew.-% Cr.
6. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
5, gekennzeichnet durch 15.5-16.5 Gew.-% Cr.
7. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
1, gekennzeichnet durch maximal 0.03 Gew.-% C.
8. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
7, gekennzeichnet durch maximal 0.02 Gew.-% C.
9. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
1, gekennzeichnet durch 0.5-0.7 Gew.-% V und 0.16-0.20 Gew.-% N.
10. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
1, gekennzeichnet durch 0.01-0.07 Gew.-% Nb.
11. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
1, gekennzeichnet durch eine Summe von Mo und W im Bereich zwischen 1 und 6 Gew.-%.
12. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
11, gekennzeichnet durch 1-4 Gew.-% Mo.
13. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
12, gekennzeichnet durch 1.5-3 Gew.-% Mo.
14. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
1, gekennzeichnet durch 0.02-0.4 Gew.-% Mn.
15. Umwandlungskontrollierter Nitrid-ausscheidungshärtender Vergütungsstahl nach Anspruch
1, gekennzeichnet durch 0.02-0.25 Gew.-% Si.
16. Verfahren zur Wärmebehandlung eines Vergütungsstahles nach einem der Ansprüche 1 bis
15,
gekennzeichnet durch folgende Schritte:
- Lösungsglühen bei 1050-1250 °C/0.2-10 h, Abkühlung an Luft auf RT
- Zwischenglühung bei 640 °C bis 780 °C/0.2-10 h
- Anlassbehandlung bei 570-630 °C/0.2-5 h.
17. Verfahren zur Wärmebehandlung eines Vergütungsstahles nach Anspruch 16,
gekennzeichnet durch folgende Schritte:
- Lösungsglühen bei 1180 °C/2 h, Abkühlung an Luft auf RT
- Zwischenglühung bei 640 °C bis 780 °C/2 h
- Anlassbehandlung bei 600 °C/1 h.